Teilnehmer der 34. "Schlickschlitten-Wältmeisterschaften" und Ostfriesischen Wattspiele 2017 schieben im Watt vor dem ostfriesischen Upleward (Niedersachsen) ihren Schlickschlitten.
Auch wer sich dem Mainstream entzieht, kann im Morast hängenbleiben / picture alliance

Gesellschaft - Auch außerhalb des Mainstreams kann man ertrinken

Kolumne: Schöne Aussicht. Der Mainstream ist für viele ein reißender Strom, für andere ein modriges Gewässer. Doch sich wirklich von ihm befreien kann nur, wer auch die Hysterie überwindet

Matthias Heitmann

Autoreninfo

Matthias Heitmann ist freier Publizist und schreibt für verschiedene Medien. Kürzlich hat er das Buch „Entcoronialisiert Euch! Befreiungsschläge aus dem mentalen Lockdown“ veröffentlicht. Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de.

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Wir leben in emotionalisierten Zeiten: Wut, Empörung, Entsetzen, Fassungslosigkeit, Angst und Betroffenheit prägen das Klima – und dies nicht nur an den politischen Rändern der Gesellschaft. Bedachtheit im Umgang mit Problemlagen und eine rationale Analyse von Herausforderungen gelten zumeist als überflüssiger Luxus. Es eilt! Und wenn etwas eilt, hat man keinen Spielraum für Erörterung und Widerspruch. Wer in Krisenzeiten zur Ruhe mahnt, gilt als Beschwichtiger und potenzieller Verharmloser. Die Frage, warum alles so eilig ist, wird gerne mit dem Verweis auf den Megatrend „Beschleunigung“ erklärt – freilich, ohne diesen zu hinterfragen: Wir glauben, keine Zeit zu haben, um zu klären, ob und warum alles immer schneller wird oder ob es uns nur so vorkommt. Das Gefühl, überrollt zu werden, ist real. Woher es kommt, ist ja letztlich auch egal, oder?

Geschwindigkeit ist relativ

Nein, ist es nicht egal. Unsere Wahrnehmung von Geschwindigkeit ist relativ. Es kommt darauf an, von wo aus man sie betrachtet. Dass sich die Erde mit rasanter Geschwindigkeit um sich selbst dreht, spüren wir nicht. Die eigene Grundgeschwindigkeit spielt eine Rolle, aber auch die eigene Einstellung und Erfahrung. Fahranfänger können in ihrer ersten Fahrstunde bei einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern kaum die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Aber selbst für erfahrene Autofahrer fühlen sich bei 150 Stundenkilometern in einem Kleinwagen schneller an als in einem SUV. Je aktiver und einflussreicher die eigene Rolle, je direkter der Zugriff und je größer Zuversicht und Zutrauen, desto weniger erscheinen uns Geschwindigkeit und Veränderung als bedrohlich. Je mehr wir uns aber als ohnmächtige und gefährdete Objekte von Veränderung sehen, desto unangenehmer und beängstigender wirkt sie auf uns.

Auf die Gesellschaft übertragen bedeutet das: Je mehr sich Menschen von den großen Entwicklungen „abgehängt“ fühlen, desto mehr nehmen sie diese als Bedrohung war. Als eine solche „große Entwicklung“ gilt zum Beispiel die Globalisierung: In der Reaktion auf diesen Megatrend vereinen sich das Gefühl beängstigender Beschleunigung, der Verlust regionaler und menschlicher Bezüge, die empfundene Entfremdung und die eigene Hilflosigkeit zu einer Geisteshaltung, in der die Offenheit für andersartige Standpunkte rapide abnimmt. Um solchen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, schwimmen viele Menschen im Strom gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse mit und bewegen sich auch inhaltlich innerhalb dieser Grenzen. Wenn ihnen das gelingt, relativiert sich das Gefühl für die eigene Geschwindigkeit, vorausgesetzt, man vertraut der Strömung. Doch die Anzahl derer, die genau dies nicht mehr können oder wollen, wächst. Wie Schiffbrüchige klammern sie sich an den Rändern des Mainstreams an allem fest, was Halt verspricht. Und die Nachfrage nach Halt steigt.

Strom oder Strudel?

Doch das ist nur eine mögliche Sichtweise. Denn das, was viele als rasante Beschleunigung wahrnehmen, die alles wegreißt und entwurzelt, ist in den Augen anderer nichts als sumpfiges, stehendes Gewässer: ohne jede Strömung und ohne jede Hoffnung auf Bewegung. Ihnen ist das „Weiter-so“ als Symbol des Stillstands und der Stagnation zuwider. Der Ausbruch ist für sie eine Befreiung aus dem lähmenden Phlegma der Alternativlosigkeit, und sie wünschen sich, dass Probleme nicht mehr verschleppt und ausgegessen, sondern endlich ihrer Dringlichkeit entsprechend angegangen werden. Es ist interessant zu beobachten, wie unterschiedlich Interpretationen sein können: Was den Einen zu schnell geht, scheitert für die Anderen daran, dass sich überhaupt nichts bewegt. Zuweilen verschwimmen sogar beide Lesarten. Und auch für diese Kombination gibt es ein Vorbild: Eine starke Strömung, die sich nicht vom Fleck bewegt, nennt man: Strudel. Und auch in einem Strudel kann man ertrinken.

Dass Menschen sich den Automatismen der gesellschaftlichen Bewegung widersetzen, ist durchaus gut. Die wachsende Bereitschaft, nicht mehr einfach nur mitzuschwimmen – ob nun stromabwärts oder im Kreis, ist dabei zweitrangig –, kann eine Bereicherung der gesellschaftlichen Vielfalt bedeuten. Es zeigt, dass mehr Menschen selbst wieder mitentscheiden wollen, wohin die eigene Reise geht. Wichtig ist nur, dass man am Ende nicht im Morast hängenbleibt oder wieder ins Wasser zurückfällt, sondern auf den eigenen Füßen zum Stehen kommt und sich dann seinen eigenen Weg sucht. Ob jemand den Mainstream als reißenden Strom oder als stehendes Gewässer wahrnimmt, wird man an dem Weg ablesen können, den er nach der erfolgreichen „Flucht“ einschlägt.

Hysterie ist ein Produkt der Alternativlosigkeit

Heute ist es en vogue, die Abkehr vom Mainstream in Form drastischer und zuweilen hysterischer Überspitzungen zu begründen mit dem Ziel, Menschen aufzurütteln. Das ist nachvollziehbar, und dennoch erweckt dieser Hang zur politischen Dramatisierung einen falschen Eindruck: Er suggeriert, dass Politik vorrangig auf einem gepflegten Nichtstun basiert und darauf, dass man lieber sich selbst reden hört als Entscheidungen trifft. Ich halte das für eine gefährlich einseitige Einschätzung, denn so erscheinen Zuspitzung, Hysterie und auch Unbedachtheit als probate Mittel im Ringen um positive Veränderungen. Tatsächlich aber ist genau die zu beobachtende Hysterie ein Produkt der jahrelang gepredigten Alternativlosigkeit: Gründliche Erörterungen und die Bereitschaft zur kontroversen Diskussionen erschienen lange Jahre als unnötig und überflüssig und waren unerwünscht – und zwar nicht etwa aus Mangel an Zeit, sondern aus dem Mangel an Alternativen.

Ein genauerer Rückblick auf die Politik der Alternativlosigkeit der vergangenen Jahre zeigt zudem, dass auch hier das Motiv des „Zeitmangels“ sehr gezielt eingesetzt wird, um Debatten abzuwürgen. Das bekannteste Beispiel dürfte der deutsche Atomausstieg sein, der 2011 von der Merkel-Regierung nach dem Reaktorunfall an der japanischen Ostküste beschlossen wurde. Das Handeln der Regierung in dieser Situation erinnert an das Verhalten von blutigen Fahranfängern, die erstmals mit einem Problem konfrontiert werden: Hektische und unbedachte Umsteuerungsbewegungen wider jede Logik tragen nicht zur Lösung von Problemen bei, sondern schaffen grundlos neue. Ähnlich amateurhaft agierte die Regierung Merkel im Sommer 2015, als sie sich davor scheute, die Bevölkerung angesichts der sich auf dem Balkan sammelnden Flüchtlingsströme inhaltlich vom eigenen Kurs überzeugen zu wollen – offenbar aus hysterischer Angst davor, man könne daran scheitern. Der glaubhaft beschwörbare Zeitdruck kam der Regierung gelegen, um der notwendigen Diskussion aus dem Wege zu gehen.

Für eine neue Mündigkeit jenseits der Hysterie

Hysterie und Dramatisierung sind also keineswegs nützliche „Gegengifte“ im Kampf gegen den politischen Mainstream, im Gegenteil: Viele Menschen argumentieren zwar, dass die aktuelle Missbrauchsdebatte nach Jahren des Stillschweigens und Aussitzens ein zu begrüßender Aufbruch in Richtung von mehr Gerechtigkeit und Transparenz sei. Doch das um sich greifende „#meetoo-Phänomen“ zeigt die gefährlichen Konsequenzen einer zügellosen Hysterisierung: Es ist atemberaubend, welche moralische Aufwertung die eigentlich vielfach skeptisch beäugten politischen Autoritäten erfahren, wenn Menschen jedes Gespür für das wirkliche Ausmaß von Problemen verlieren. In der gegenwärtigen Missbrauchs-Massenpanik genügt mittlerweile ein einfaches Fingerheben, um der scheinbar unangefochtenen Gruppe der „Opfer“ beizutreten – ebenso wie ein einfacher Fingerzeig genügt, um Sicherheitsbehörden auf „Täter“ anzusetzen. In einem so aufgeheizten Klima sind Dissens und Diskurs fast unmöglich.

Die um sich greifende Opferorientierung ist die Fortsetzung der im Mainstream gelernten unkritischen Anpassung an das scheinbar Alternativlose – und sie holt viele Mainstream-Flüchtlinge endgültig zurück ins Obrigkeitsdenken. #meetoo zeigt, wie wichtig die Befreiung aus dem Mainstream ist. Aber das allein reicht nicht. Auch der Hang zur Hysterie, der immer auch von einem anerzogenen Gefühl der Ohnmacht gespeist wird, muss überwunden werden. Dies vor allem, um nicht an den Rändern des Mainstreams politischen Schlepperbanden in die Hände zu fallen, die Angst und Schrecken verbreiten, um die Menschen in genau der Opferrolle zu bestärken, der sie eigentlich entfliehen wollten. Dieser Hysterie zu widerstehen, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine neue Unabhängigkeit und eine neue Mündigkeit im Denken.

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Holger Stockinger | So., 12. November 2017 - 08:48

Der Neuzeitmensch steht Schlange vor neuesten Apps von Apple. Mit drei Handys läßt sich die Arbeitszeit verkürzen, verspricht Mister Zuckermann.

Ala Facebook verdient jeder Weltbürger nicht weniger als die Fratze seiner Visage, ob das Mutti Merkel gefällt, werden Hofreiter und Trittin Tschameikanisch bestätigen. Keine blaue Bluse garantiert soviel Schwachsinn wie GRÜNE stündlich garantieren ...

Holger Stockinger | So., 12. November 2017 - 08:56

neue Stromtrassen gründen?

Die GRÜNEN bleiben bei der Habermas schen Dialektik: Wo Röhren nicht kommunizieren, muss Eisenstein auf den Balkon: "Schwanz zeigen gegen Kaktus!"

Vive la fünftes Geschlecht! Komedian Harmonist unterschreibt

Werner Peters | So., 12. November 2017 - 10:18

Um in Ihrem Bild mit dem Strom zu bleiben verweise ich auf die viel genutzte Erklärung von Politikern nach verlorenen Wahlen: man habe vergessen, die Menschen "mitzunehmen", will sagen sie aus dem trüben Wasser aufzufangen und ins Boot zu hieven. Das Dumme ist nur, viele wollen in diesem Boot und auf diesem Fluss gar nicht mitgenommen werden, weil sie überzeugt sind, in gefährliche Gewässer (Strudel) zu kommen.

Tomas Poth | So., 12. November 2017 - 10:22

Die öffentliche Diskussion ist durch einen Mangel an wirklich offener, frei von religiös/ideologischen Standpunkten, geführter Erörterung gekennzeichnet und läuft ständig in das Abwürgen eben wegen alternativlos festgesetzter Positionen. Auch eine große Mehrheit von Experten zu einem bestimmten Thema kann irren und die geringe Minderheit in der Analyse zu dem selben Problem könnte recht haben. Geschichtliches Beispiel: Die Erde ist eine Scheibe.

Stefan Jess | So., 12. November 2017 - 10:41

"Je mehr wir uns aber als ohnmächtige und gefährdete Objekte von Veränderung sehen, desto unangenehmer und beängstigender wirkt sie auf uns."

Ach was. Einfach mal in philosophischen Grundlagenwerken stöbern.

Wer sieht was für einen halbgaren Kram Stirner, Kierkegaard, Marx und Nietzsche als Reflektionen ihrer Zeit verfasst haben, der sieht wieder klarer.

Die menschliche Geschichte ist nun mal kein Ponyhof. Ab und an schwappen die Wellen höher, da muss man durch.

Sich deshalb gleich als "ohnmächtiges Objekt" sehen?

Meine Sache ist das nicht. ;-)

Christa Wallau | So., 12. November 2017 - 11:21

... sind ab und zu sehr notwendig.
Daher möchte ich mich bei dem Autoren dieses Essays, Herrn Heitmann, ausdrücklich für seine Ausführungen bedanken.

Ja, es stimmt: Hysterie und Dramatisierung sind
n i e geeignete Verhaltensweisen, um zu vernünftigen Entscheidungen zu gelangen.

Wir wurden jedoch in den letzten Jahren von einer Kanzlerin regiert, die entweder dramatisierte (Atomausstieg, Klimarettung, Euro-Rettung /"Stirbt der Euro, dann stirbt Europa!") oder aber das genaue Gegenteil tat: Sie verharmloste!
(2015-Masseneinwanderung/"Wir schaffen das!")

Da darf man sich nun nicht wundern, daß die
Reaktionen darauf nicht ruhig und abgewogen erfolgen, sondern auch eine gewisse Dramatik und Panik aufweisen, zumal ja eine grundlegende
Änderung des Kursen immer noch nicht abzusehen ist: MERKEL BLEIBT JA!

Wieviel Kollateralschäden sollen denn die klarsichtigen Bürger auf dem Weg in eine
"neue Unabhängigkeit und eine neue Mündigkeit im Denken" vorher noch in Kauf nehmen?

Sepp Kneip | So., 12. November 2017 - 11:48

Der politische Mainstrream, der zur Zeit alles mitreißt, was zu bequem oder unfähig ist, sich dem entgegen zu stellen, ist keine vom Himmel geschickte Zeiterscheinung. Zugegeben, sich dem entgegen zu stellen oder gar gegen diesen Strom zu schwimmen, ist sehr schwer. Dieser Mainstream wurde ganz bewusst, gleich einem Fluss, in einen Kanal gezwängt, der kaum Möglichkeiten eines Entrinnens lässt. Wer dennoch einen Halt findet und sich aus dieser Strömung befreien kann, wird als Abtrünniger geächtet.

Ganz konkret auf unsere derzeitige Situation angewendet, werden die nicht mit dem Strom Schwimmenden als "Rechte", was immer das auch sein soll, gebrandmarkt. Aber Gott sei Dank scheint dieser, den Mainstream leitenden Kanal, Flutungsdellen bekommen zu haben, die es immer mehr Menschen ermöglichen, diesen Kanal zu verlassen. Die große Zahl derjenigen, die bei den letzten Wahlen dem "Strom der Etablierten" entronnen sind, beweist das. Man hat erkannt, wohin dessen Weg führt.

Robert Müller | So., 12. November 2017 - 12:14

Als Beispiele für die "Politik der Alternativlosigkeit" werden der zweite Atomausstieg und die Flüchtlingspolitik genannt. Erstaunlicherweise fehlt in dieser Liste Merkels Eurokrisenpolitik, wobei genau da der Begriff der Alternativlosigkeit geprägt wurde. Ich denke deshalb, dass diese Kritik eine verkleidete politische Kritik ist und keine gesellschaftliche Kritik. Warum kann man sich nicht als politisch andersdenkender Mensch outen, sondern muss das verstecken? Übrigens, ich finde das „#meetoo-Phänomen“ sehr gut, weil da ein weiterer Sumpf ans Tageslicht kommt, wobei der diesmal nicht die AfD stärkt, sondern den Feminismus. Diese Uneindeutigkeit - welche politische Haltung gerade "richtig" ist - wird man aushalten müssen. In "wilden" Flüssen gibt es oft gar keinen Hauptstrom (englisch: mainstream), sondern mehrere Ströme, die nur bei Flut zu einen einzigen Hauptstrom zusammenfließen. Vielleicht ist das der neue Zeitgeist?

Klaus Dittrich | So., 12. November 2017 - 13:14

„In der gegenwärtigen Missbrauchs-Massenpanik genügt mittlerweile ein einfaches Fingerheben, um der scheinbar unangefochtenen Gruppe der „Opfer“ beizutreten – ebenso wie ein einfacher Fingerzeig genügt, um Sicherheitsbehörden auf „Täter“ anzusetzen. In einem so aufgeheizten Klima sind Dissens und Diskurs fast unmöglich.“

Ein ähnliches Bild bietet die „Rassismus“-Debatte – dass dieser Begriff in einer nebulösen Wolke mit „Nationalismus“, „Ethnozentrismus“ etc. verwabert, sei nur am Rand erwähnt.
Wer Opfer ist, erfährt Aufmerksamkeit – und wer möchte diese nicht. Sei es aus purem Mangel an dieser, sei es aus berechtigter Rache, sei es aus Neid etc. – wer nicht selbst Opfer ist (oder sich so bezeichnet), sucht sich schnellstmöglich Opfer zur Solidarisierung mit ihnen. Und die sog. sozialen Medien bieten die Gewähr dafür.
Rationalität? Fehlanzeige.

Stefan Jess | Mo., 13. November 2017 - 10:58

Antwort auf von Klaus Dittrich

Sehr guter Kommentar.

Opfermandantschaft in Verbindung mit dem Umformen unserer Sprache (ergo Gedanken) ist eine gefährliche Mode geworden.

Fiel mir gerade heute morgen auch wieder auf, als ich einen Kommentar von Diez bei SPON las.

Die Tyrannei der Tugend schreitet weiter voran. Orwell und Rousseau lassen grüssen.

Winfried Sautter | So., 12. November 2017 - 13:24

"Wer in der Herde läuft, muss Ärschen folgen" (Karl Kraus). S´war immer so ...

Werner Schick | So., 12. November 2017 - 14:13

Werter Herr Heitmann,
wer bei einem brennenden Haus von den Feuerwehrleuten erwartet, dass sie ihre Aufgabe mit großem Bedacht tun, der hat die wahre Dimension der Probleme dieses Landes bei weitem noch nicht erkannt. Sie sollten es eigentlich realistischer einschätzen können, es sei denn sie gehören zu der Spezies von Journalisten, die man Realitätsverweigerer nennt.

Christa Wallau | Mo., 13. November 2017 - 22:25

Antwort auf von Werner Schick

... lieber Herr Schick!
Wenn das Haus brennt, hat man wahrhaftig nicht mehr viel Zeit zum
abwägenden Nachdenken und bedächtigem Handeln. Dann muß alles sehr schnell gehen! Und natürlich gibt es dabei auch Kollateralschäden.
Aber es ist nicht die Feuerwehr, die dafür die Verantwortung trägt, sondern es sind
die Brandstifter!
MfG C. Wallau

Torsten Knecht | So., 12. November 2017 - 14:39

"Mainstream" zu Ende gedacht und konkret umgesetzt wäre: Volksentscheid!

Das haben wir nicht. Wir haben auch keine politische Lobby der Ausgegrenzten. Wir haben eine Wirtschaftslobby die den Gesetzesmächtigen sagt, wo es lang geht in und mit der Gesellschaft. Und weil die meisten abhängige Beschäftigte sind, werden sie das Lied singen, dessen Brot sie essen! Ob sie das aber wirklich so meinen und wollen, wie sie sagen (müssen, um ihren Job zu behalten), darf bezweifelt werden.

Wer die Mär von der angeblich unüberlegten Aktion Merkels 9/15 glaubt, der ist nicht umfassend informiert über die Vorab-Aktionen der BAMF und den Interessen der IHK und anderen Wirts-Lobby-Vereinen.

Markus Michaelis | So., 12. November 2017 - 14:44

Ich finde, dass der Artikel die Situation gut beschreibt. Es gibt sehr verschiedene Menschen, Denkweisen, Vorlieben. Aus meiner Sicht ist ein "Mainstream" und Demokratieverständnis in Deutschland im Moment in ein paar Sackgassen. Es werden zum Einen Fakten überbetont und damit suggeriert, dass große Probleme daher kommen, dass "böse" Menschen Fakten nicht sehen. Das stimmt, aber größere Probleme kommen daher, dass Interessen und subjektive Weltsichten aufeinandertreffen und diesen Diskussionen weicht man mit der übertriebenen Faktenkonzentration aus. Ein damit verbundener anderer Punkt ist, dass oft mehr darüber geredet wird, was objektiv und moralisch "richtig" ist. Darum geht es aber nicht soviel wie suggeriert wird. Es geht um Interessen und subjektive Weltsichten. Die sind erstmal nicht falsch oder richtig, sondern gleichberechtigt und verschieden. Mit dieser gleichberechtigten Buntheit gehen wir nicht gut um. Auch wie man darin eine willkürliche gemeinsame Linie findet.

Dimitri Gales | So., 12. November 2017 - 20:16

gibt es in grosser Zahl, überall in Europa. Ich bin perfekt dreisprachig, ich weiss über die öffentliche Meinung in den europäischen Ländern einigermassen Bescheid. Das Problem ist nur - und ich bin nicht der Einzige, der das moniert -, es passiert nichts, es ändert sich nichts, so als ob das oder die Systeme, in denen wir leben, aus Stahlbeton sind. Das scheint auch so zu sein: Interessengruppen der Finanz-und Wirtschaftswelt haben unbeachtet von der entpolitiserten Öffentlichkeit jahrzehntelang ihre Bastionen aufgebaut und profitieren davon. Sie lenken Teile der Presse und beeinflussen das Politmilieu. Und das Volk, verstört durch die Ereignisse ein Europa und der Welt wird immer ratloser und orientierungsbedürftiger - eine Chance für neue politische Bewegungen.
Ich kenne kultivierte, intelligente Leute, die angesichts dessen die "innere Emigration" vorziehen, den Rückzug ins Private, was in manchen Fällen mit einem gewissen Zynismus begleitet wird.

Im Kern geht es um Macht und Herrschaftsabsicherung. Insofern stimmte ich Ihnen zu, Herr Gales. Das ansteigende Frustpotential, die kein "weiter so" wollen, ist da. Aber die Schalthebel der Macht sind so verteilt, dass eine Umwälzung von unten kaum möglich ist.

Ergänzend hierzu die Rolle des Staates als "stählernes Gehäuse", das die moderne Herrschaft erst ermöglicht. Staatsbeamte sowie Politiker haben ein Eigeninteresse, was ihre Privilegien und Macht betrifft. Die schaffen sich nicht selber ab. Darum will Merkel auch keine direkte Demokratie zu lassen u. immer weiter und weiter regieren. Das ist nicht durch Hysterie sondern nur durch machtpolitisches Kalkül (am Souverän vorbei) möglich.

denn, was wie jetzt noch wie Stahlbeton aussieht - ich betone aussieht - ist vielleicht nur Fassade und es genügt ein geringes Etwas und die Sache stürzt ein. Denken Sie an den Zusammenbruch des Ostblocks und der DDR. Wer hätte jemals gedacht, dass es so schnell geht.
Ich bin ebenfalls mehrsprachig und möchte deshalb für Sie noch ein spanisches Sprichwort zitieren: Lo que no ocurre en una vita ocurre en un rato (= was in einem ganzen Leben nicht geschieht, kann in einem einzigen Augenblick geschehen).

Claudia Martin | Mo., 13. November 2017 - 03:57

Da kenne ich mich nicht aus. Was soll das sein? Was ist jetzt gerade Mainstream? Die Lügenpresse? Goering- Eckardt? Die Migranten? Cicero. Der FC Bayern? Natürlich Angela Merkel! Oder doch nicht? Oder ist das genau das Problem? Es gibt aktuell gar keinen Mainstream. Sieht man ja bei Jamaika. Die könnten sich doch einfach auf den Mainstream einigen? Sie finden ihn aber nicht.

Markus Starkenberg | Mo., 13. November 2017 - 08:56

„Doch sich wirklich von [ihm = dem Mainstream] befreien kann nur, wer auch die Hysterie überwindet.“

Was wollen uns diese Wörter sagen? Gut ist mal, Herr Heitmann, dass Sie konzedieren, dass der Mainstream derzeit hysterisch ist. Vor allem die veröffentlichte Meinung in den entsprechenden Medien. Der Tenor folgt der Regel: totschweigen und skandalisieren (Kepplinger).

Wenn man Ihrem Ratschlag folgt, soll man nicht mit gleicher Hysterie-Münze zurückzahlen? Zustimmung! Aber man kann auch verlangen, dass die Mainstreammedien wieder zur redlichen Berichterstattung zurückkehren. Hajo Friedrichs kann man nicht oft genug zitieren. Sagen was ist, ohne zu skandalisieren. Und ohne totschweigen wichtiger Zusatzinformationen.

Enrico Stiller | Mo., 13. November 2017 - 09:14

sind die Kennzeichen einer sich infantilisierenden politischen Kultur in Deutschland. Das Setzen in Zusammenhänge, Beachten des rechten Maßes, Berücksichtigung konkurrierender Prinzipien oder der Kosten für Moralpolitik - alles aus der Mode gekommen. Bedenkenträger werden jetzt sofort mit der Moralkeule niedergemacht - auf jedem Gebiet. Es ist ein Paradies für Menschen, die "virtue signalling" gut beherrschen, aber in rational-abwägendem Denken sagen wir mal, "nicht ganz so gut" sind. Das Ergebnis - unsere gegenwärtige Politik - sieht entsprechend aus. Motto: 'Kinder an die Macht!'

Gundi Vabra | Mo., 13. November 2017 - 09:32

muss im Elternhaus erlernt werden.
Der Erziehungsstil des Ignorierens, Wegschauens und sofortiger Wunscherfüllung ist Gift für die Ausbildung streitbarer Argumentation, denn diese wird nicht eingeübt. Wer als Kind sämtlichen Willen im vorauseilendem Gehorsam der Eltern erreicht ohne dafür zu streiten tut sich im Erwachsenenleben damit schwer.
Wenn Argumente fehlen, Gegenmeinungen noch nie gehört und sich Mensch um die eigene Achse dreht muss in Hysterie ausgewichen werden. Verstärkt wird dies auch durch die moralisierende Erziehung in den Schulen. Nirgends ist die Indoktrination stärker als dort, Diskussionen gegen die Meinung des Lehrers werden erstickt, nicht selten mit schlechteren Noten abgestraft. Nicht zielführend ist das um einen politisch und sozial klar denkenden, für und wider abwägen zu könnenden Menschen zu erziehen.

Stellen wir uns mal vor, heute sitzt unsere Politelite beieinander und diskutiert das Thema Migration / Obergrenze. Es geht also konkret um die Frage, können wir unbegrenzt (ohne Obergrenze) "Flüchtlinge" aufnehmen und versorgen. Im Klartext : was auch immer es kostet, wir haben es und bezahlen es.
Morgen sitzen die gleichen Leute beieinander und streiten z.B. ob eine Kindergelderhöhung um 3 oder 5 Euro finanzierbar ist.
Kann man sich so einen absurden Quatsch in einer vernünftigen Familie oder einem halbwegs gut geführten Unternehmen vorstellen ? Ich nicht....
Fällt so ein Unsinn Journalisten nicht auf ?
Mein Tipp an die Politelite : schaut mal was Risikomanagement ist. Könnte weiterhelfen...

Richtig. Leider fällt nicht nur den Journalisten nichts auf. Aber gegen das vorherrschende Gutmenschentum ist nichts auszurichten. Wir werden den eingeschlagenen Weg (Europa, Migranten) bis zum Ende gehen. Warum? Die Politiker, Journalisten, Bürger müssten ja ansonsten einen bzw. mehrere Fehler zugeben. Macht keiner. Braucht man ja auch nicht. Die Schuldigen sind bereits jetzt schon gefunden: immer die Anderen. Die Gutmenschen können ja per Definition gar nicht schuld sein. Sie sind ja gut.

Dr. Lothar Sukstorf | Mi., 15. November 2017 - 10:31

Antwort auf von Claudia Martin

das Gutsein reicht noch nicht, sie haben auch immer recht. Vor allem das grüne ZK und Politbüro. bei den Medien ist dies Heribert Prantl, sitzend zur Rechten Gottes, direkt neben Jesus...

Olaf Metzger | Mo., 13. November 2017 - 16:14

aus China "nur tote fische schwimmen mit dem strom"

Torsten Knecht | Mo., 13. November 2017 - 18:34

Antwort auf von Olaf Metzger

"Wer der Herde hinterherläuft, hat nur Ärsche vor sich." Karl Kraus

Dr. Lothar Sukstorf | Do., 16. November 2017 - 12:02

...auf dem Jetstream kommen Flieger bestens - spritsparend - voran. Mainstream hingegen ist nur etwas fürs 'Deplacement vertical' !