Wie erneuerungsfähig ist die EU? Wolodymyr Selenski spricht im EU-Parlament zu den Abgeordneten / dpa

Europäische Union - Die EU müsste sich bei einem Ukraine-Beitritt neu erfinden

In Brüssel und in manchen westlichen Mitgliedsstaaten hat sich eine politische Kultur durchgesetzt, die man als postdemokratischen Liberalismus bezeichnen kann. Dem haben in den vergangenen Jahren einige Länder Ostmitteleuropas, allen voran Ungarn und Polen, ihre Version einer „illiberalen“ Demokratie entgegengesetzt. Eine weitere Osterweiterung der EU könnte daher bereits schwelende Konflikte eskalieren lassen. Spricht das gegen einen Beitritt der Ukraine? Nicht per se.

Portraet Ronald G. Asch

Autoreninfo

Ronald G. Asch hatte den Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Freiburg inne

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Anfang Mai schlug der französische Präsident Macron nach seiner Wiederwahl vor, die EU in ihrer jetzigen Form, statt sie ständig zu erweitern, um eine Konföderation von assoziierten Staaten zu ergänzen. Mit diesem Vorschlag wollte Macron vermutlich vor allem eine Aufnahme der Ukraine, wie sie jetzt weithin gefordert wird, vermeiden oder zumindest in eine sehr ferne Zukunft verschieben. In der Tat ist es richtig, dass die EU sich mit der Integration der Ukraine leicht übernehmen könnte, so wie sie sich faktisch schon mit früheren Projekten wie namentlich dem Euro übernommen hat.

Für Macron mag freilich die Überlegung hinzukommen, dass die ukrainische Landwirtschaft eine gefährliche Konkurrenz für die französischen Bauern darstellen würde. Sein Vorschlag stieß jedoch in Ostmitteleuropa sofort auf starke Ablehnung. Es ist daher sehr zweifelhaft, dass er eine Chance hat, auch nur ernsthaft diskutiert zu werden. Das ist bedauerlich, denn eine weitere Osterweiterung der EU würde diese ohne Zweifel vor enorme Probleme stellen.

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Karl-Heinz Weiß | So., 29. Mai 2022 - 17:40

Die EU hat Konflikte bisher durch die Methode Merkel gelöst-durch endlose Konferenzen und letztendlich durch das Scheckbuch. Ein Staatenbund mit weitgehend souveränen 27 Mitgliedern hat in der Weltgeschichte noch nie auf Dauer funktioniert. Schon derzeit ist die überbürokratisierte EU faktisch handlungsunfähig. Und zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation droht ein jahrzehntelanger Grenzkonflikt. Wie soll ein solches Land in die EU als Vollmitglied eingebunden werden ?

...mit Korruption. Die Ukraine, der korrupteste Staat Europas. Selenskyj wird den
Teufel tun, dies zu ändern. Ich säge mir doch den Ast nicht ab auf dem ich sitze.
Man lernt immer dazu: "Chinas erpresserische, schnelle Zermürbungstaktik ein Traum". Und Europa steht stramm.

Christa Wallau | So., 29. Mai 2022 - 17:50

wird nur so lange bestehen, wie Deutschland
und die wenigen anderen Netto-Zahler-Länder zuverlässig blechen und als solvente Gläubiger den Wert des Euros halbwegs stabil halten können.
Danach ist sowieso Schluß mit lustig!
Wie es nach einer massiven Inflation weitergehen soll bzw. wird, steht in den Sternen.

Bisher sehe ich - außer in Deutschland - jedenfalls nirgendwo in Europa begeisterte Bürger, die sich nach Auflösung ihres Nationalstaates und einem Aufgehen in den "Vereinigten Staaten von Europa" sehnen, erst recht nicht in den Ländern des ehem. Ostblocks. Deshalb steht zu erwarten, daß es eher Rückschritte geben wird als Fortschritte in Richtung auf einen europäischen Zentralstaat hin.
Ich würde das begrüßen; denn echte Demokratie läßt sich ansonsten überhaupt nicht mehr praktizieren. Zentralismus dient ausschließlich Wirtschaftinteressen und einem Denken u. Handeln in Machtkategorien, nicht jedoch dem einzelnen Bürger, dessen Wohl u. Wehe immer unwichtiger wird.

Tomas Poth | So., 29. Mai 2022 - 19:04

Die derzeitige EU würde ich eher als "postdemokratischen Sozialismus" einordnen denn als Liberal.
Was ist denn "Liberal" an dem Brüsseler Verordnungs- und Kontrollmonster?
Die nächste undemokratische Aktion, die "Resolution zur Rolle von Kultur Bildung, Medien und Sport bei der Bekämpfung von Rassismus" ist der nächste Angriff auf unsere Freiheit, und vom Titel her ein Euphemismus, der den Eingriff in die veröffentlichte Meinung die Kontrolle zum vorgeschriebenen Sprech&Schreib einleitet!
Diese EU kann man nur noch verlassen, auflösen und auf den Status EWG zurück bauen.
Ein Bund souveräner Staaten der die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede nicht schleift, das brauchen wir. Es wird "Buntheit" und "Vielfalt" gepredigt, aber ein sozialistischer Einheitsschnitt, ein uniformes Gebilde von der EU umgesetzt.

Ingo Frank | So., 29. Mai 2022 - 19:59

woher das ganze Geld kommen soll, dieses riesige „Gebilde EU“ am Leben zu erhalte?
Deutschland wird als bisheriger Oberzahlmeister & Schuldenhaftungsweltmeister in den nächsten Jahren durch seine derzeitig selbstzerstörerische Politik diese Rolle nicht mehr ausfüllen können. Wer denn? Entzieht man einer Maschine die Energie, wird sie langsamer und bleibt am Ende stehen. Das ist ein Naturgesetz und unumstößlich. Alle „Großreiche“ der Menschheitsgeschichte sind bisher wieder zerfallen. Warum sollte die EU bestehen bleiben, oder eine Ausnahme sein?
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Bernhard Marquardt | Mo., 30. Mai 2022 - 01:26

Die EU-Kommission veröffentlichte am Mittwoch, den 30.09.2020, einen Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in allen 27 Mitgliedstaaten.
Ernsthafte Bedenken zur Unabhängigkeit der Justiz werden zu Recht für Polen und Ungarn angemahnt, in unterschiedlichen Facetten auch in Bulgarien, Rumänien, Kroatien und der Slowakei.
Eine elementare Grundlage der Gewaltenteilung in einem demokratischen Rechtsstaat ist die Unabhängigkeit der Justiz. Im Bericht der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsländer findet sich jedoch kein Hinweis auf die eklatant mangelnde Unabhängigkeit der Justiz in Deutschland.
Die für Rechtsstaatlichkeit zuständigen Kommissionen unter Vera Jurova und Didier Reynders geben auch auf dezidierte Nachfrage zu dem ihnen offenbar peinlichen Thema beharrlich keine Auskunft. Insbesondere angesichts der durchaus berechtigten Diskussion um Rechtstaatlichkeit in anderen Ländern.
Allerdings muss Rechtstaatlichkeit für alle gelten, sonst ist sie nur schnödes Blendwerk.

René Maçon | Mo., 30. Mai 2022 - 05:00

Wie ein Springteufel tauchte Ursula von der Leyen nach den letzten EU-Wahlen auf, wurde zum Kommissionspräsidenten auf und startete ihre ökologistische Agenda namens "Green Deal". Die Agenda wurde nicht während des Wahlkampfs, sondern danach vorgestellt! Eine dreiste Missachtung demokratischer Grundprinzipien.

Ähnliche Tendenzen sind auf Ebene der Mitgliedstaaten zu beobachten. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht im Namen eines "zukünftigen Souveräns" die Wählerschaft suspendiert und ein nationales CO2-Budget auf der Grundlage einer nicht repräsentativen Auswahl von Studien zum Klimawandel eingeführt. Die Frage, warum die Wählerschaft ihr Entscheidungsrecht über Fragen, die auch zukünftige Generationen betreffen, verloren hat, wurde im Urteil des Gerichts noch nicht einmal diskutiert.

Wer den Verdacht äußert, dass diese Entwicklungen irgendwie zusammenhängen und mit der Person Angela Merkel und ihrem Netzwerken zu tun haben, wird zum Verschwörungstheoretiker degradiert..

Urban Will | Mo., 30. Mai 2022 - 06:28

Russland Teile d Ukraine dauerhaft besetzt halten, bzw. annektieren, bzw. per „Volksabstimmung“ oder wie auch immer „unabhängige“ Republiken schaffen, also Teile d Ukraine de Fakto loslösen, was wiederum d Westen wohl niemals so anerkennen wird, dann steht die EU vor dem Problem, zusammen mit d Ukraine eben auch diese Gebiete „aufzunehmen“, die ja nun mal aus ihrer Sicht zur Ukraine gehören.
Dann wird es richtig „lustig“ (bitte nicht wörtlich nehmen).
Irgendwie vermisst man auf Seiten dieses EU-Stadls eine gewisse Reife, die sich i d R in Form eines realistischen Blickes auf die gegebenen Fakten äußert.

gabriele bondzio | Mo., 30. Mai 2022 - 08:19

Rechtsstaatlichkeit und Demokratie"...ich bitte sie Herr Asch.
Dieser Wert ist spätestens nach der Flüchtlingskrise auf den absteigenden Ast.
In immer kürzerer Zeit ( Klima-, Flüchtlings-, Energie-, Euro-, Covid-Krise) wird unsere bisherige Welt aus allen Angeln gehoben.

Für die Machtfrage (siehe Spur des Geldes) sind demokratische Prozesse ein (unbedingt zu überwindendes) Hinternis.

Das hat uns ja nun die Pandemie mit dem, weit überzogenen Freiheitsentzug des Bürgers, überdeutlich vor Augen geführt.

Siehe auch: "In der Krise gedeiht die Autokratie – und mit ihr das Unrecht" (ET)... vom Bundestagsabgeordneten Matthias Moosdorf.

Vollmitgliedschaft Ukraine in der EU passt doch auch vorzüglich in das Geschäft...„Wenn Du jemandem Kopfschmerztabletten verkaufen willst, so musst Du ihm auch die Kopfschmerzen verkaufen."

"Es ist so viel einfacher, Menschen gegen einen Feind zu versammeln – als hinter einer Idee."
Erasmus von Rotterdam hatte dieses Zitat schon damals im Kopf.

Norbert Heyer | Mo., 30. Mai 2022 - 08:42

Allein über einen beschleunigten Eintritt der Ukraine in die EU nachzudenken, zeigt ganz deutlich: Die Politik ist emotional gesteuert und nicht rational. Wer die ständigen Forderungen des ukrainischen Präsidenten und seines Statthalters in Deutschland für schwere Waffen und damit Kriegseintritt strikt ablehnt, kann ein solches Land doch nicht ernsthaft in die EU aufnehmen. Wurden nicht auch schon finanzielle Forderungen für einen Wiederaufbau gefordert? Warum sollen immer die Deutschen für alles haften, was andere verbockt haben? Diese Ukraine ist eine unreine Demokratie im Aufbau und würde die bisherigen Probleme der EU nur multiplizieren. Ich habe den Eindruck, dass wir einen derartigen Crash-Kurs in allen Bereichen fahren, aus dem es keinen Ausweg mehr gibt. Es scheint auch beschlossene Sache zu sein, dass der Krieg erst dann endet, wenn der europäische Kontinent ganz unten angekommen ist. Es herrscht eine unheilvolle Selbstmörder-Politik in allen Bereichen. Hoffentlich irre ich …

Ernst-Günther Konrad | Mo., 30. Mai 2022 - 08:56

@ Karl Heinz Weiß - die Merkel Methode wird ihr Ende finden, wenn D deindustrialisiert und wirtschaftlich am Boden nicht mehr zahlen kann. Sie haben natürlich recht. Das Scheckbuch wird keine Deckung mehr haben. @ Christa Wallau - wieder voll Zustimmung@ Tomas Poth - wie man das politisch nennt, wäre am Ende egal. Sie schreiben völlig richtig, dieses Desaster ist nur zu lösen, wenn man back to the roots, wieder zurück zur EWG findet@ Bernhard Marquardt - die Frage und ihre Ausführungen treffen den Punkt. Ist D überhaupt noch rechtsstaatlich? Keine unabhängige Justiz, Ausgrenzung von Kritikern und Parteien. Wahlfälschungen. Gleiches Recht für alle in 27 Staaten, dann vielleicht 28? @ Rene Macon - und der Griff nach der Souveränität nationalen Rechts geht weiter - UvdL ist genau deshalb dort, wo sie ist @ Urban Will - die EU würde sich die permanente Kriegsgefahr unmittelbar an Land ziehen. Ihre Überlegungen sind völlig richtig. Und die Ukraine jetzt wird auf nichts verzichten wollen.

Gerhard Lenz | Mo., 30. Mai 2022 - 09:38

und meint, ein isolationistisches, nationalistisches oder gar Putin-freundliches Deutschland wäre die bessere Wahl, lebt entweder in einer Höhle und hat den Schuss nicht gehört, oder ist in ihrer/seiner eigenen Denkfabrik gefangen.

Mit "Deutschland, Deutschland!"-Gekreische alleine kann man im 21. Jahrhundert nicht überleben. Im Verhältnis zu den immer aggressiver auftretenden Großmächten ist Deutschland (so wie Frankreich oder auch Großbritannien) nicht mehr als ein hilfloser Hans-Wurst dem Wohlwollen der USA, China oder Russlands völlig ausgeliefert.

In manchen Köpfen mag ja noch immer die Idee vom eigentlich "überlegenen deutschen Wesen" herumspuken, so lächerlich das auch war und ist.
Mehr denn je brauchen wir heute ein vereintes, integriertes Europa, dass sich selbst helfen kann - und sicher kein unverbindliches, nebulöses Europa der Nationen, das sich einmal im Jahr zum freundlichen Kaffeetrinken trifft, in dem aber sonst jedes Land alleine vor sich hin wurschtelt.

Rebeca Bok | Mo., 30. Mai 2022 - 14:12

Entpolitisierung? No way, Sir ;)
Assaf Inbari rehabilitiert Isaiah Berlin als echten Liberalen in den falschen Klamotten eines Pluralisten: The 20th century's greatest liberal was anything but a pluralist.

Vielleicht ein Geburtsfehler von "LGBTQIAbc"-Initiativen des späten 20. Jh., sich beliebig etikettieren und mißbrauchen zu lassen im Namen von "Pluralismus"-Agendarum, sich zu Gruppen-"Identitäten", zur Buchstaben-"Community" degradieren zu lassen - statt, wie schon Jahrhunderte zuvor, als Ur-Liberalismus zu bestehen, einen society-affirmativen Individualismus stets verteidigend, vertiefend statt "ergänzend". Das Motto des gesellschaftsgewandten Individuums lautet vielmehr: Individualismus-für-Alle, denn Pluralismus-für-Jedermann.

Wäre Frau Nyke Slawik Bundespräsidentin anstelle von Herrn FWS gewesen - sie hätte mit Herrn Duda im Sonderzug nach Kiew viel bewegen können und 'Der Osten' hätte sie herzlich willkommen geheißen. Ein ganzer deutscher Blumenstrauß verpasster Chancen!

Hans Süßenguth-Großmann | Di., 31. Mai 2022 - 10:48

hat das beste Studienobjekt vor Augen. Das "Heilige Römische Reich" hat Jahrhunderte bestanden, obwohl seine Teilstaaten sich untereinander Kriege geliefert haben. Es war so etwas wie die Friedensverhandlungen in Permanenz, weil man sich im Reichstag auf neutralen Boden traf. Die Kleinteiligkeit und Vielfalt war und ist das Kennzeichen Europas, das vor und nach dem Imperium Romanum bestand. Ein "Imperium Brüsselum" wird UvdL nicht schaffen können und daher müsste die versuchte Richtlinien Kompetenz der Kommission eingeschränkt werden. Auch die grünen Weltbeglückungsideen sollten nicht so ernst genommen werden. Mir hat der Streit um NS2 gezeigt wie souverän D ist und das ist mir eindeutig zu wenig Souveränität für uns. Daher kein Beitritt der UA bevor das Verhältnis zu Russland geklärt ist