
- Der Zauber ist verflogen
Nach dem Wahlsieg Donald Trumps legte der US-Aktienmarkt in der Hoffnung auf einen Abbau von Regulierungen und Steuersenkungen ordentlich zu. Doch die vom Trump-Kabinett fortan verbreite Unsicherheit hat jetzt nicht nur die Märkte, sondern auch die Wirtschaft erschreckt. Was ist da los?
Jedem Anfang wohne ein Zauber inne, meinte Hermann Hesse. So war es auch im Verhältnis des US-Aktienmarkts mit dem frisch gewählten US-Präsidenten Trump. Nach einer fulminanten Rally in den Jahren 2023 und 2024 legte der „Benchmark“ Index S&P 500 nach Trumps Sieg am 6. November noch einmal zu. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten am 20. Januar dieses Jahres brachte eine weitere Welle des Optimismus, so dass der Index am 19. Februar ein Allzeithoch erreichte. Doch von da an gings bergab. Was ist geschehen?
Die Langzeit-Rally des US-Aktienmarkts hatte zwei Treiber: Die enorme Robustheit der US-Wirtschaft, verbunden mit einem beeindruckenden Anstieg der Produktivität, und die technologische Führerschaft von US-Unternehmen im Bereich der künstlichen Intelligenz. Als Sahnehäubchen kamen ab September 2024 Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve dazu. Einen ersten Kratzer bekam der „amerikanische Exzeptionalismus“ jedoch Ende Januar, als die Nachricht die Runde machte, dass das chinesische Unternehmen DeepSeek den US-Unternehmen mit einem kostengünstigeren „Large-Language-Model“ Konkurrenz machen könnte. Der zweite Kratzer kam von der Fed, die den Schwung aus den Zinssenkungen nahm. Die Inflation hatte sich als hartnäckiger erwiesen als die Notenbanker gedacht hatten. Doch den größten Blechschaden verursachte Donald Trump.
Stimmung im Sinkflug
Der Markt hatte sich von Trump den Abbau von Regulierungen und Steuersenkungen erhofft. Sein Gerede über Zölle nahmen Investoren nicht wörtlich. Vielleicht waren das ja nur Drohungen, um die Handelspartner der USA zur Öffnung ihrer Märkte, Mexiko zur Eindämmung illegaler Grenzübertritte und Kanada zur energischen Bekämpfung des grenzüberschreitenden Drogenhandels zu bringen. Immerhin hatten die Märkte während Trumps erster Amtszeit floriert. Doch statt einer gezielten Deregulierung und Steuersenkungen verursachte Elon Musk Chaos im öffentlichen Dienst, während Trump scheinbar wahllos mit Zollankündigungen und teilweiser Rücknahme dieser Ankündigungen um sich warf. Das sah nicht nach dem Beginn eines neuen „Gilded Age“ aus. Vielmehr ähnelten Trump und Musk Don Quijote und dessen Knappen Sancho Pansa - und die neue US-Politik dem Kampf des Ritters von der traurigen Gestalt gegen Windmühlen.
Doch während Don Quijote ein liebenswerter Träumer ohne Einfluss war, ist Donald Quijote der „mächtigste Mann der Welt“. Die von ihm verbreite Unsicherheit hat nicht nur die Märkte, sondern auch die Wirtschaft erschreckt. Noch signalisieren die Konjunkturindikatoren keine unmittelbare Gefahr, aber die Stimmung der Verbraucher und Unternehmer ist im Sinkflug. Schlechte Stimmungen im Markt und in der Wirtschaft könnten sich aufschaukeln, und die Wirtschaft in die Rezession und den Markt in den Abschwung ziehen. Noch ist die Hoffnung nicht gestorben, dass die schlechte Reaktion des Marktes auf seine bisherigen Aktionen Trump zur Vernunft bringen könnte. Der „Trump-Put“ ist nicht gänzlich abgeschrieben. Doch je schwerhöriger sich Donald Quijote zeigt, je wilder Sancho Pansa Musk agiert, desto geringer die Aussicht auf „Reflexivität“ – die Rückkoppelung vom Markt zur Politik.
Anstieg des DAX
Von den Leiden des US-Markts hat vor allem der deutsche Aktienmarkt profitiert. Seit letzten November ist der Aktienindex DAX (in US-Dollar umgerechnet) bis zum 14. März um beinahe 20 Prozent gestiegen, während der S&P 500 um ein Prozent gefallen ist. Die übrigen Märkte Europas und der „Emerging Markets“ konnten jedoch nicht im gleichen Umfang profitieren. Der STOXX 600 Index, der auch britische und Schweizer Unternehmen enthält, ist immerhin um acht Prozent gestiegen, der FTSE-Index für die Eurozone jedoch um sechs Prozent gefallen. Der MSCI-Index für die „Emerging Markets“ blieb unverändert.
Der Anstieg des DAX ist auf den ersten Blick umso erstaunlicher, als die deutsche Wirtschaft mit drei Rezessionsjahren die rote Laterne unter den großen Industrieländern hält. Doch die im DAX enthaltenen Unternehmen hängen von der deutschen Wirtschaft nur in mäßigem Umfang ab. Sie erzielen rund drei Viertel ihrer Umsätze im Ausland und beschäftigen dort um die sechzig Prozent ihrer Mitarbeiter. Wer also meint, die Weltwirtschaft bleibe robust, aber befürchtet, Trumps irrlichternde Politik würde dem Wirtschaftsstandort der USA schaden, könnte im deutschen DAX eine Alternative zum amerikanischen Markt sehen. Mit Umschichtungen in den DAX lässt sich das US-Risiko also bis zu einem gewissen Grad diversifizieren. Angesichts der viel geringeren Marktkapitalisierung des DAX ist die Möglichkeit zur Diversifizierung allerdings begrenzt.
Donald Trumps geopolitische Disruption hat in Deutschland und Europa einen Schock ausgelöst. Der designierte Kanzler Friedrich Merz hat das Wahlversprechen einer soliden Finanzpolitik einkassiert und verhandelt mit der SPD und den Grünen über die größte Schuldenaufnahme seit der Wiedervereinigung. Aktien europäischer Rüstungsunternehmen sind im Höhenflug. Inwieweit die deutsche Schuldenorgie jedoch den gesamten Aktienmarkt beeinflussen wird, hängt davon ab, in welchem Umfang der mit der Verschuldung verbundene Anstieg der Zinsen die kurzfristig positiven Effekte höherer Staatsausgaben auf das Wirtschaftswachstums neutralisieren wird. Außerdem ist unklar, inwieweit der beginnende Zollkrieg Trumps mit dem Rest der Welt die globalen Umsätze der deutschen Unternehmen bremst.
Geopolitische Disruption
Nicht zuletzt ist die Frage ungeklärt, ob eine Regierung Merz die Versprechungen des Wahlkämpfers Merz von Steuerreform und Deregulierung umsetzen wird. Friedrich Merz könnte sich als der größte „Umfaller“ in der Geschichte der deutschen Politik erweisen. Ohne grundlegende Reformen wird der geplante Fiskalimpuls in der Wirtschaft jedoch nur einen Zuckerrausch auslösen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine nachhaltige „Outperformance“ des DAX gegenüber dem Welt- oder US-Aktienmarkt fraglich.
Nach der Rückkehr von seiner Abenteuerreise erkrankt Don Quijote an einem Fieber. Auf dem Sterbebett erkennt er, dass er einer Wahnvorstellung gefolgt ist. Man kann nur hoffen, dass Donald Quijote zur gleichen Einsicht früher kommt. Vielleicht erschreckt ihn die Reaktion des US-Aktienmarkts doch noch. Vielleicht bekommt er schließlich Angst, dass bei den Mid-term-Wahlen im November 2026 die republikanische Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses verloren geht, wenn er seinen Kampf gegen die Windmühlen weiterführt. Vielleicht muss aber alles erst noch viel schlechter werden, bevor es wieder besser werden kann. Immerhin gibt es einen kleinen Trost für die Aktionäre: Sinken die Bewertungen der Aktien heute, steigt die für die Zukunft erwartete Rendite.
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Einfach nur durch Zollankündigungen und Rücknahmen. Außerdem hat er Kanada motiviert einen Teil des scheren Erdöls, dass die amerikanischen Raffinerien so dringend brauchen um es mit dem leichten Erdöl aus den USA zu mischen, lieber an China Verkauft. So etwas beflügelt die Inflation und hemmt das Wirtschaftswachstum. Nun gibt es Zyklen an der amerikanischen Börse nach denen die Börsenkurse im Merz immer eine DIP haben, bevor sie zu einer langen Rallye ansetzen. Momentan wartet alles darauf, ob sich die schlechten Vorzeichen zu einer handfesten Rezession, eventuell auch Stagflation verdichten, oder die Wirtschaft wieder anzieht. Momentan sieht es eher nach einem Abfluss an Investitionsmitteln Richtung Europa aus. Rationales Handeln im Umfeld des Marktes ist ja auch ein Faktor im kaufmännischen Kalkül.
So ungerne man es hierzulande auch zugeben mag:
Trump hat Merz nicht dazu gezwungen, jedes einzelne Wahlversprechen zu brechen und sich aus parlamentarischer Sicht fragwürdiger Taktiken zu bedienen, um einen gewaltigen Schuldenberg anzuhäufen.
Stattdessen hat er die Deutschen erneut dazu gebracht, unter Beweis zu stellen, dass sie jederzeit bereit sind, in kopflosen Aktionismus zu verfallen und sämtliche Prinzipien und Werte abzuräumen, derer sie sich bis dahin gerühmt haben.
CDU, SPD, Grüne und große Teile der Medienwelt leiden scheint's an einer gefährlichen Borderline-Störung, besser gesagt: lassen die Bevölkerung darunter leiden. Jeder Ärger eine Krise, jede Krise ein Quasi-Notstand. Pragmatismus? Teurer Luxus!
Trump, so viel Schaden er in den USA auch anrichten mag, ist dabei nach wie vor der Narr, der die Schattenseiten der westlichen Systeme kenntlich macht - und von deren Eliten in erster Linie dafür gehasst wird.
Da wird spekuliert was das Zeug hält und alles Mögliche in die Politik hineininterpretiert und wenn was schief geht, waren es natürlich wie immer alle anderen, aber nie man selbst. Ich gebe zu, ich verstehe nicht viel von der Aktienwelt, aber eines habe schon begriffen. Immer geht es darum, spekulativ irgendwelche Prognosen zu machen, die irgendjemand reicher machen sollen. " Sein Gerede über Zölle nahmen Investoren nicht wörtlich. " Ach nee jetzt, man nimmt Trump mal ernst und mal nicht? Sorry, aber selbst dran schuld. Ob Trump immer da richtige und sagt und meint, ja da kann man durchaus unterschiedliche Meinungen haben, aber seine Ankündigungen nicht ernst nehmen? Das ist blauäugig und dumm. Auch wenn er mal etwas zurückrudert. Aber wenn er was ankündigt, macht er es erst einmal und läßt sich selten dazu bringen etwas zurückzunehmen. Auch wenn er versucht hat, Trump zu kopieren. Es wird so kommen. "Friedrich Merz könnte sich als der größte „Umfaller“ in der Geschichte erweisen." Jo
Auch mein Portfolio hatte ich in Erwartung dieses Wahlausgangs auf Trump eingestellt und wurde belohnt. Und mein Bauchgefühl, Investition und Gewinne beide nachher rauszuziehen hat ebenfalls richtig gelegen.
Merz steht für eine konservative, wirtschaftsliberale Politik, jedenfalls seinem Wesen nach.
Er hatte zwei Optionen: 1. die trumpische AfD dazu zu verwenden, das umzusetzen und sie dabei gleichzeitig einzuhegen - sie müsste dann ja Entscheidungen mit begründen statt fundamental alles mit ihren teilwahren Halbsätzen zu kritisieren. Oder 2. die jetzt gewählte AfD-Isolation als Selbstzweck betreiben und dafür die Wahrscheinlichkeit einer großen FDP innerhalb der Ampel 2.0 zu sein als groß erscheinen zu lassen.
Das historische Schuldenpaket wäre eine gute Sache, würde davon das Land auf- und umgebaut, dass es in Europa wieder führend ist und auch militärisch vorne. Das bekäme der Wirtschaft. Aber das wird wahrscheinlich auch nichts.
Donald Quijote kämpft nicht gegen Windmühlen, sondern sitzt selbst am Antriebsrad. Rückschläge oder Widerspruch sind bei ihm nicht eingepreist. "Ritter von der traurigen Gestalt" sind die US-Demokraten, die denselben als Hoffnungsträger aufgeboten hatten und unfähig sind, das Pelosi/Harris/Obama-Regiment abzuschütteln. Nach dem Vorbild von 1939 wird es in Kürze die ukrainische Teilung geben. Gefahr für Putin droht eher vom "lächelnden Dritten" in Fernost, der sich in der asiatischen Geschichte besser auskennt als der Hobby-Historiker aus St. Petersburg.