Christian Lindner widmet seine volle Aufmerksamkeit seinem Smartphone
Bei Christian Lindner ist Bedenken „second“. Ob er sich das gut überlegt hat? / picture alliance

FDP - Keine Bedenken und leider auch kein Denken

Kolumne: Grauzone. Bei der FDP ist digital „first“, Bedenken sind „second“. Das ist nicht nur Sprachpanscherei, sondern demonstrativ zur Schau gestellter Anti-Intellektualismus. Wer Gedankenlosigkeit zur Tugend erhebt, den kann man auch nicht ernst nehmen

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Klar, Bedenken sind uncool. Bedenken sind spießig. Bedenken sind unmodern. Wer lässig erscheinen will, so richtig hipp und auf der Höhe der Zeit, der gibt sich optimistisch, der kennt keine Probleme, sondern nur Herausforderungen. Denn Bedenken haben nur die Ängstlichen und Verzagten. Und wer gilt schon gerne als ängstlich oder verzagt? Ergebnis: Die Nassforschen bestimmen den Takt der Gesellschaft. Aufgabe der Politik, zumal in einer Demokratie, wäre es eigentlich gegenzusteuern. Denn Demokratie ist organisierte Entschleunigung. Das macht sie mitunter mühsam. Darin aber liegt auch ihr Wert: Entscheidungen nicht über das Knie zu brechen, Probleme gründlich zu diskutieren und mögliche Folgen einer Entscheidung abzuschätzen.

Doch Politik ist ein Teil unserer Gesellschaft. Das macht sie anfällig für die Unsinnigkeiten des Zeitgeistes. Sogar der glücklose Martin Schulz wirbt damit, dass die Zukunft neue Ideen braucht (und einen, der sie durchsetzt). Es spricht eigentlich schon wieder für ihn, dass er dabei so bieder und verzagt von der Plakatwand lächelt und damit die Botschaft konterkariert, bevor man sie überhaupt gelesen hat.

Die FDP will neu denken

Die selbsternannte Avantgarde jeder Modernisierung ist jedoch die FDP. Also findet sich auf jedem ihrer Plakate neben dem smarten Christian Linder die zukunftsfrohe Botschaft „Denken wir neu“. Wie dieses neue Denken aussehen wird, bekommt man ehrlicherweise auch gleich verraten: ziemlich gedankenlos nämlich. Das neue Denken, so lernt der Wähler, ist gar kein Denken. Oder im Jargon der FDP: „Bedenken second.“

Nun könnte man über das Verkrampfte, Verspannte und Aufgesetzte dieses Slogans (vollständig lautet er: „Digital first. Bedenken second“) noch lachen. Auch die Anspielung auf Donald Trumps „America first“, mag als misslungener Ironieversuch durchgehen. Schlimmer ist da schon die dümmliche Sprachpanscherei, die hier betrieben wird, die allerdings zur Botschaft dieses Plakates nur all zu gut passt. Denn was hier proklamiert wird, ist demonstrativ zur Schau gestellter Anti-Intellektualismus: Nachdenken ja, aber vielleicht morgen. Überlegen schon, doch lieber später. Und hier liegt das eigentliche Ärgernis. Denn Bedenken sind das Ergebnis des Nachdenkens. Wer Bedenken zurückstellen möchte, der spricht sich im Grunde dafür aus, zwischenzeitlich mal das Gehirn auszuschalten. Was dabei herauskommt, illustriert das sinnige Sprüchlein gleich an sich selbst.

Gedankenlosigkeit als Tugend

Eine Politik, die Gedankenlosigkeit zur Tugend erhebt, mag auf der Höhe der Zeit sein. Ernst zu nehmen ist sie nicht. Auch wenn die Vorbehalte gegen Bedenkenträger, geistige Unbeweglichkeit und Innovationsfeindschaft, auf die der flotte Slogan anspielt, nachvollziehbar sind: Im Umkehrschluss der Gedankenlosigkeit zu huldigen, ist nicht nur albern, sondern demaskiert, was hinter der penetranten Fortschritts-Rhetorik tatsächlich steckt: die dumpfe Logik der Werbeindustrie, nach der das neueste Waschmittel noch reiner, noch weißer und noch strahlender wäscht als seine Vorgänger.

Und wer ist schon gegen reinere Wäsche? Doch Werbung und Realität sind zwei Dinge. Nur in der Welt der Werbung gibt es einen permanenten Fortschritt, der nicht zu hinterfragen ist. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Politische Entscheidungsträger sollten das wissen. Zumal wenn es um eine so zentrale Frage wie die Digitalisierung geht, die unsere Gesellschaft in einer Weise verändern wird, wie zuvor nur die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts.

Der dümmliche Slogan „Digital first. Bedenken second“ zeigt unfreiwillig, wie sehr man bei der FDP die Logik der Konsumgüterwerbung verinnerlicht hat und diese mit der Realität verwechselt. „Think before you print“, lautet ein beliebter Hinweis, mit dem der Papierverbrauch im Computerzeitalter eingedämmt werden soll. Ob er ökologisch wirkungsvoll ist, darf bezweifelt werden. Der FDP jedoch stünde er als neues Motto nicht schlecht zu Gesicht.

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Andreas Müller | Sa., 26. August 2017 - 10:25

Weniger sprachverliebt und frei raus: dieser Kommentar huldigt dem bildungsbürgerlichen Stillstand und tobt sich an einem Slogan aus. Ist "Grauzone" intelligenter und nicht auch ein wenig bemüht "hipp"? Geschmacksache. Was man kriegt, wenn man FDP wählt weiß man. Eigentlich sollte Herr Grau dankbar sein für die Vorlage, so sind schnell ein paar Zeilen Kommentar gleichsam aus dem philosophischen Rückenmark heruntergetippt. PAsst schon, denn die berufliche Nische des Kommentators ist nun mal die kleine Kolumne. Wahlen muss er nicht gewinnen.

Ursula Schneider | Sa., 26. August 2017 - 10:36

nicht erklärt hätten, lieber Herr Grau, hätte ich ihn überhaupt nicht verstanden.
Na ja, nicht jeder ist so richtig hipp und auf der Höhe der Zeit ...

Christa Maria Wallau | Sa., 26. August 2017 - 11:20

Erneut legen Sie den Finger in eine Wunde, die andere nicht einmal b e me r k e n, lieber Herr Grau. Danke.

Die blinde Begeisterung für alle technisch u. zivilisatorisch neuesten Errungenschaften gehört sozusagen zum Glaubensbekenntnis vieler Menschen, die ansonsten jeglichem "Glauben"
(= Religion), den sie für irrational u. total veraltet halten, abgeschworen haben.
"Fortschrittsglaube" ist ihnen quasi zur Ersatzreligion geworden.
Statt mit den gleichen kritischen Maßstäben, wie sie sie bei Religionen ansetzen, an alle
modernen Lebensentwürfe (Ideologien) heranzugehen, "erhebt" die FDP - wie Sie richtig konstatieren - "die Gedankenlosigkeit zur Tugend".
Es steht zu befürchten, daß Herr Lindner mit seinen Sprüchen durchaus auf die Zustimmung vieler - vor allem jüngerer - Menschen stößt.

NACHDENKEN / BEDENKEN ist nicht "cool"!

Wenn es uns Älteren nicht gelingt, einen starken u. überzeugenden Konservativismus dagegen zu setzen, sehe ich ziemlich schwarz für die Zukunft.

Karin Zeitz | Sa., 26. August 2017 - 11:58

hat jetzt zwar mit Christian Lindner ein junges sympathisches Gesicht an der Spitze. Das allein genügt aber nicht, viele Wähler für diese Partei zu gewinnen. Mit ihren Wahlkampfslogans verfällt sie aber immer wieder in die Fehler der Vergangenheit, mit denen sie auf kritisch denkende Menschen abschreckend gewirkt hat und jetzt wieder wirkt. Der Slogan “Digital first, Bedenken second“ führt die Slogans vergangener Wahlkämpfe “Partei der Besserverdienenden“ und “Spaßpartei“ passgenau fort und zeigt eben gerade nicht, dass gemäß Lindners Motto “neu gedacht“ wird. Außerdem wird sich die FDP aufgrund ihres Wahlprogrammes als Mehrheitsbeschaffer bei allen Parteien (außer der AfD) anbiedern, weil sie ganz offensichtlich wieder mit regieren möchte.

Thomas Nuszkowski | Sa., 26. August 2017 - 12:05

Die Lindner-FDP steht für die pure Oberflächlichkeit. Bei Lindner habe ich den Eindruck, er steht den ganzen Tag vor dem Spiegel und macht Selfies - ein Selfie selfmade man gewissermaßen. Mit Politik hat das alles und die FDP natürlich nichts zu tun. Daher sollte man diese Truppe sich lieber weiter um sich selbst kreisen lassen. Bei der Lösung unserer großen Probleme werden Lindner & Co keine Rolle spielen.

Diese Partei hat noch nie zur Lösung der Probleme
beigetragen! Die wahren das Problem und Die sind
bis Heute das Problem. Sie sind wie das Herbslaub
das von den Bäumen fällt und vom Wind in jede
ixbeliebige Richtung geweht wird!

Rolf B. Greven | Sa., 26. August 2017 - 12:19

Noch hinzufügen könnte man, dass die arg herunter gekommene Diskussionskultur in diesem Lande, wo es nur noch darum geht, die Bösen von den Guten zu trennen, um inhaltliche Argumente zu vermeiden, genau zu diesen Plakataussagen des Herrn Lindner passt.
Wer beim Ringen um akzeptable Lösungen von Problemen von vorne herein davon ausgeht, dass es nur Pro geben darf und kein Contra, hat von Demokratie offensichtlich eine sehr eingeschränkte Vorstellung.

Norbert Wings | Sa., 26. August 2017 - 12:25

Die FDP wendet sich, meiner Meinung nach mit Recht, gegen die schon fast berufsmäßige Bedenkenträgerei, die sämtliche Projekte und Initiativen in unserem Land behindern, verzögern oder oft sogar gleich zu Beginn stoppen.
Man kann natürlich immer über Stil und Botschaften des Plakatwahlkampfes streiten (Dies übrigens bei allen wahlkämpfenden Parteien). Aber gerade die FDP hat nach dem desaströsen Wahlergebnis 2013 einen respektablen Neuanfang geschafft, der nicht nur bei den letzten Landtagswahlen zu guten Wahlergebnissen geführt hat sondern auch von Seiten der FDP zu einer konstruktiven Herangehensweise im politischen Diskurs geführt hat. Erste Erfolge dieser Herangehensweise kann man ja in Rheinland-Pfalz bereits besichtigen. All dies ist ohne eine offene Diskussion innerhalb der Partei und mit den betroffenen Institutionen und Bürgern nicht möglich. Leider hatte ich bei diesem Artikel aber den Eindruck, dass einige wieder kurz vor der Wahl in das alte "FDP Bashing" zurückfallen.

Also, auch ich habe sofort verstanden, dass es im FDP-Slogan gegen die Bedenkenträger geht. Digital steht symbolisch für das Neue, an das wir uns heranwagen, ohne es sofort in Bedenken zu ersäufen. Dieses Neue ist konsensfähig, kein Reizthema wie zB Fracking oder Gentechnik. Nur ein Philosoph kann übrigens auf die Idee kommen, dass Bedenken irgendwas mit Nachdenken zu tun haben (im Gegensatz zu Etwas bedenken= über etwas in Musse nachdenken). Die FDP-Kampagne arbeitet (vielleich erfolglos, aber doch innovativ)mit Anspielungen und geistigen Kurzschlüssen, daneben ist sie dadurch frei von konkreten Versprechungen, ohne langweilig zu wirken. Wir werden sehen, ob sie ihre (genau definierte) Zielgruppe, zu der nicht Herr Grau gehört, erreicht.

robert renk | Sa., 26. August 2017 - 12:39

sie haben recht Herr Grau ( wie so oft )
Dennoch erscheint mir eine Koalition zwischen Union und FDP wie ein Sonnenstrahl nach langen Regentagen. Die GroKo hat abgewirtschaftet, eine Beteiligung der Grünen etwas Alptraumhaftes.
Linke und AFD sind wenn überhaupt, nur in der Opposition vorstellbar.
So werden die abgeklärte Frau Merkel und der smarte Jüngling Lindner zu Hoffnungsträgern des Landes, das hat was irrwitziges.

Ursula Schneider | Mo., 28. August 2017 - 15:00

Antwort auf von robert renk

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag, H.-U. Rülke, zeigte wenig Interesse an einer Koalition, als er in einem Presse-Gespräch sagte: "Frau Merkel hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie jedes Abkommen bricht, wenn es ihr nutzt." Und Landesvorsitzender Theurer dazu: "Im Rückblick teile ich die Kritik,dass der Umgang der Union sowie der Kanzlerin mit uns in der schwarz-gelben Koalition selten so war, wie wir uns das gewünscht hätten."

Vielleicht könnte sich der "smarte Jüngling" Lindner ja besser durchsetzen.

Yvonne Walden | Sa., 26. August 2017 - 12:40

Wer da glaubt, die führenden Figuren der FDP haben hinzugelernt, muß sich enttäuscht abwenden.
Guido Westerwelle hatte seinerzeit - gemeinsam mit dem Waffenlobbyist Möllemann - aus der FDP eine Spaßpartei formen wollen.
Das ist gründlich mißlungen.
Die Parteioberen um den heutigen Vorsitzenden Lindner haben also nichts hinzugelernt.
Eine politische Partei sollte klare Ziele und Wege aufzeigen. Sprücheklopfen sollte sie anderen überlassen.
Es wäre also mehr als überraschend, wenn diese FDP bei den Wählerinnen und Wählern soviel Zuspruch und Anerkennung findet, daß sie in den künftigen Deutschen Bundestag einziehen kann.
Allein um politischer Ämter willen sollte keine Politikerin und kein Politiker gewählt werden. Etwas politische Substanz wäre schon wünschenswert, nein eigentlich Grundvoraussetzung für Vertrauenswürdigkeit.

Martin Reims | Sa., 26. August 2017 - 12:45

Wahlkampfbotschaften sind immer vereinfachend und manchmal platt.
Die Wahlkampfslogans der FDP heben sich aber meiner Meinung nach wohltuend von den Plattitüden besonders der großen Parteien ab.
Man kann, mann sollte über die ein oder andere Aussage der FDP streiten und ich empfehle dem Autor dies zu tun.
Ich habe es getan und habe selten bei Politikern im Wahlkampf soviel reflektive Nachdenklichkeit erfahren.
Die FDP hat ihren Neustart geschafft und ich werde sie wählen, weil ich der Meinung bin dass in unser Parlament neben Sozialisten, Grüne, Sozial- und Christdemokraten auch Freidemokraten gehören.

Willi Mathes | Sa., 26. August 2017 - 12:52

Chapeau Herr Grau, wieder erfrischend erhellend !

Allerdings, betrifft " sinnvolles " ( Nach ) Denken alle Menschen.
Schon Goethe wußte, daß alles Gescheite schon gedacht ist, man solle es nur nochmal denken ! O. Wilde befand, " Das Denken ist Gott sei Dank " nicht ansteckend !

Christian Brouer | Sa., 26. August 2017 - 14:22

Auf ein Wahlplakat gehen eben für einen Slogan nur ein paar Worte. Die Botschaft ist dennoch nicht falsch. Verglichen mit der Weltgemeinschaft (und die bestimmt wie sich die Welt verändert, nicht wir) wagen wir zu wenig und sind zu verzagt was die Chancen der digitalen Welt angeht. Das zieht sich durch alle großen Parteien und die grün angehauchte Zivilgesellschaft (zu der ich mich grundsätzlich auch zähle). Etwas mehr Silicion Valley Mut braucht unsere Gesellschaft, denn wir können nicht mehr nur von den Innovationen der Gründerzeit (1850-1870) leben, die die großen DAX Firmen der heutigen Zeit hervorgebracht haben. Einzig SAP ist eine DAX Firma, die wirklich nach dem 2. Weltkrieg neu gegründet wurde. Dies ist aber auch schon 45 Jahre her, also fast ein halbes Jahrhundert (1972). Wollen wir unseren Wohlstand trotz aller Demographieprobleme (wir leben "zu lange") bewahren, dann muss Deutschland sehr viel innovativer werden, was die digitale Welt angeht.

Christoph Kuhlmann | Sa., 26. August 2017 - 16:31

Auch nichthandeln ist handeln. Wer dynamische Prozesse aufhalten will, bis auch der letzte Bedenkenträger kapiert hat worum es überhaupt geht, der hat bereits entschieden, dass dieses Land kein Standort für innovative Technologien sein kann.

Günter Schaumburg | Sa., 26. August 2017 - 21:07

In jeder Partei, in der Wirtschaft, bei den Medien in der Verwaltung: Narzissten, Narzissten, Nar-
zissten. Wer Zeit hat, Hans-Joachim Maaz kugeln.

gabriele bondzio | Sa., 26. August 2017 - 22:00

Habe Lindner letztlich bei der Sendung "Anne Will"-gemeinsam mit Opperman, Kauder und Weidel gesehen. Seine Überheblichkeit und das Anbiedern an Kauder, war schon sehenswert. Die althergebrachten Sprüche der Herrn konnte man vergessen.Also habe ich auf Mimik/Gestik geachtet. Unter körperlichen Einsatz,ist Lindner wie Rumpelstilzchen, um das eine oder andere Feuer getanzt.So richtig hipp, wie sie sagen. Lindner könnte ich mir gut als Vertreter der Werbeindustrie vorstellen. Mit der Digitalisierung, wird ein stetiger Arbeitsplatzabbau einher kommen. Der geistige Beweglichkeit erfordert und die trifft, die sie nicht haben. Aber auf diese Leute kann Lindner sowieso verzichten. Was ich ihm gutschreibe, sind seine Angriffe auf Vorratsdatenspeicherung und den Staatstrojaner. Ansonsten ein über-aufgeregter Typ, der die FDP auf Biegen und Brechen im Bundestag sehen will.

Mahdi Sameh | Sa., 26. August 2017 - 22:01

Sehr geehrter Herr Grau,

die gedankliche und mithin inhaltliche Leere dessen was die Parteien im deutschen Bundestag befindlichen abzusondern pflegen, gemahnt an einen Blindflug ohne jedes System und jede geistige Nutzlast (frei nach Georg Schramm, alias Lothar Dombrowski).
Möglicherweise wird die FDP diesen Parteienkreis nach der kommenden Wahl ergänzen. Sie hebt sich von den anderen Parteien nun dadurch ab, dass sie ihren geistigen Tiefflug enthemmter und fulminanter vorträgt als dies bei anderen Parteien der Fall ist, gewissermassen auf unterem Schlagerniveau.

Bernd Milke | Sa., 26. August 2017 - 22:03

Die Wahlwerbung der FDP "Digital First Bedenken Second" spricht meiner Ansicht nach das konkrete Problem der mangelnden Umsetzung einer digitalen Infrastruktur an. Aus welchem Grund der Autor aus dieser Werbung ableiten möchte, dass den Liberalen das Denken abhanden kommt ja sogar eine Gedankenlosigkeit unterstellt, zeigt sich in seiner Deutung der Werbung mit den Worten dümmlich und albern.
Denn das ist der Slogan keineswegs. Wahlslogans auf Plakaten haben die schwierige Aufgabe, mit wenigen Worten eine deutliche Botschaft zu vermitteln. Genau das erfolgt hier. Wer Lindner wählt, wird ein zügigeres Voranschreiten der Umsetzung der Digitalisierung erwarten können. Das Problem wird klar angesprochen und ebenso die Priorität des Wahlwerbers. Ich würde mir mehr solche Kurzbotschaften in der Wahlwerbung gibt, als das "Sie kennen mich ja" wünschen. Der Versuch, aus gerade diesem Wahlslogan eine intellektuelle Herabwürdigung der Liberalen zu konstruieren, scheitert hier kläglich.

Reiner Kraa | Sa., 26. August 2017 - 22:07

Es sieht nach wie vor nicht so aus. Dabei könnten wahrhaft Liberale der Motor für Deutschlands Zukunft sein. Die FDP aber ist das, was sie bisher immer war, nämlich ein Steuergeschenkbastelverein für Apotheker, Pharmaindustrie, Hotellerie, atomare und fossile Versorger usw., usw.
Die bezahlen sie und dafür setzen sie sich ein.
Deutschland muss nach wie vor auf eine wahrhaft libereale Kraft warten.

Bernd Fischer | Sa., 26. August 2017 - 22:21

"„Think before you print“, lautet ein beliebter Hinweis, mit dem der Papierverbrauch im Computerzeitalter eingedämmt werden soll."

Ha,ha,ha.....eine verlogene, seit Einführung des PC-Zeitalters in den den Anfängen der neunziger Jahren , eine unsinnige Behauptung das sich der Papierverbrauch um die Hälfte reduziert .

Umgekehrt ist es der Fall, verdoppelt hat er sich wenn nicht so gar verdreifacht hat.

Ja...ja unsere Experten von damals, den gönne ich ihren Ruhestand.

So manch einer von den "Experten" schmunzelt vielleicht heute darüber was er damals so als "Hellseher" abgesondert hat.

Peter Lierhaus | So., 27. August 2017 - 07:03

Ist es unintelligent wenn man zuerst den Versuch macht, und dann über das Ergebnis nach-denkt. Vieles von dem es wir heute als Fortschritt prima finden, wurde von Leuten initiiert, die sich über Bedenken hinweg setzten.
Und freie Gedanken sind eine Voraussetzung für eine freie Gesellschaft.
Der Autor könnte besser die Bremswirkung der Grossspenden aus der Wirtschaft an alle Parteien monieren. Aber dann könnte er bei seinem Rundumschlag auch Freunde treffen. Und noch schlimmer - Inserenten.
Solch ein Mut verlangt neues denken...

Bernd Stanke | So., 27. August 2017 - 09:15

...Think before you print...
(bin wirklich kein FDP-Wähler)

Daniel Sunnus | So., 27. August 2017 - 09:16

"Sieh dich um, bedenke, dass auch du ein Mensch bist", lautete zu Zeiten der römischen Republik der Zuruf jenes Staatssklaven, der den Triumphator auf dessen Wagen beim Triumphzug begleitete.

Bedacht bewahrt vor Hybris.

helmut armbruster | So., 27. August 2017 - 09:24

man kann sich 50 Jahre zurück die Wahlplakate der deutschen Parteien anschauen und der erste Eindruck ist:
50 Jahre dasselbe. Nichts hat sich geändert. Noch unterhalb des Niveaus der Waschmittelwerbung. Banalitäten u. Selbstverständlichkeiten, ja sogar blanker Unsinn, werden als das non plus Ultra versprochen.
Jedes Wahlplakat ist für einen Menschen, der auch nur ein bisschen denkt, eine Beleidigung seines Intellekts. Und das seit 50 Jahren.
Politik auf Waschmittelniveau.
Ist das notwendig?
Kann man den Wähler nur so erreichen?
Offenbar ist es wirksam, sonst hätten sich die Parteien in 50 Jahren eine bessere Werbung einfallen lassen. Dabei wissen die Parteien sehr wohl, dass es gar nicht um Inhalte geht, sondern nur um Stimmenfang.
Es ist nicht schön, was sich da abspielt.

Gisela Fimiani | So., 27. August 2017 - 10:37

Der Spruch, Herr Grau, ist entlarvend. Gibt er doch Auskunft darüber, wofür FDP Politiker ihre Wähler halten: für dumm und oberflächlich. Der Souverän wird degradiert zum dummen, einfältigen Ignoranten, den es mit entsprechenden Botschaften zu erziehen und manipulieren gilt. Diese ist für mich die eigentlich erschreckende Bloßlegung, welche aber leider nicht nur auf die FDP zutrifft.

Dr. Roland Mock | So., 27. August 2017 - 12:27

Ich denke, die FDP hat schlicht Angst, sich inhaltlich zu positionieren, um auf der Zielgerade zum Wiedereinzug in den Bundestag ja keinen Wähler zu verschrecken. Schade auch. Ich kenne eine Menge Leute, die definitiv nicht mehr CDU wählen werden und permanent am überlegen sind, ob sie der FDP wieder eine Chance geben sollen. In der Hoffnung, Schwarz-Grün oder Jameika zu verhindern und die CDU mithilfe einer schwarz-gelben Regierung wieder auf den "bürgerlichen", sprich linksabgewandten, Pfad zurückzuführen. Bescheuerte Wahlplakate schrecken die eher ab. Mich übrigens auch.

Manfred Gimmler | So., 27. August 2017 - 16:36

Bereits seit langem vertrete ich in meinem sozialen Umfeld die Auffassung, daß der überaus flexible Christian Lindner nichts anderes als ein Marketing-Fuzzi ist, der aus der FDP eine “Magenta-Company” macht.

Die "Piekfeinen", denen bereits seit Jahren Merkels Politik auf die Nerven geht, die aber aus Feigheit nicht offen ihre Sorgen und Bedenken artikulieren und lieber im Hauptstrom mitschwimmen, die hat er längst am Kanthaken. Mit ihrem "Feingefühl" für Modisches fallen sie auf seine "schicke" Kampagne herein, die sich jedoch nach einem Abstraktionsprozeß auf ein
"JETZT WIEDER VERFÜGBAR: MARKETING-GEDÖNS" reduziert.

Auch wenn die “Piekfeinen” 2017 indirekt wieder die Problemverschieberin Merkel wählen, werden sie wenigstens mit der Wahl der FDP den unangenehmen Zustand kognitiver Dissonanzen etwas erträglicher gestalten können. Zudem droht ja etwa mit der Wahl der AFD die Gefahr, zum Prekariat gezählt zu werden.
Also: WOHLGEFÜHL FIRST. ZUKUNFT DER JUGEND SECOND

Ulrike Wiegand | So., 27. August 2017 - 20:14

habe ein paar Flyer vorliegen und mir nach der Lektüre des Kommentars hier nochmals die Website der FDP angeschaut. Ich finde diesen Satz nicht. Was ich sehe ist eine moderne Kampagne, die junge Wähler ansprechen soll, fundierte Aussagen zu den aktuell relevanten Themen macht und sich erfrischend von den verstaubten, austauschbaren Sätzen der Konkurrenten abhebt. Von daher erscheint mir der Exkurs -mit Verlaub- weit hergeholt .

Karl Kuhn | Mo., 28. August 2017 - 09:28

Die FDP gefällt sich seit Jahren in der Rolle der Digitalisiererin der Klassenzimmer. Mehr abgrundtiefe Dummheit und Lebensferne geht kaum noch. Erst kürzlich ist wieder eine Studie erschienen, die zugeben musste, dass Computer in Klassenzimmern den Lernerfolg der Kinder signifikant schmälern. Bekannt ist das schon seit vielen, vielen Jahren. In welcher Blase leben eigentlich FDP-Funktionäre, dass die sowas nicht mitkriegen? Haben die selbst keine Kinder?

Achim Scharelmann | Mo., 28. August 2017 - 09:30

Die FDP will neu denken, das sollen sie lieber sein lassen, denn Liberalismus endet, wie auch andere politische Weltanschauungen immer dort, wo sie das Sagen haben und deshalb kann man diese Gruppe ebenso in die Reihe der Phantasten einordnen, wie viele andere auch, denn die grenzenlose Freiheit gibt es nicht, allenfalls für die Mächtigen und das kann durchaus auch begrenzt sein. Wer antritt um unter dieser Flagge auschließlich Mehrheitsbeschaffer zu sein, der sollte sich mal fragen, wieso Millionen Wähler dieses Geschäftsmodell ignorieren, wenn es doch dem Einzelnen vermeintliche grenzenlose Freiheit anbietet. Freibier für jeden, das glaubt doch kein Mensch und das ist deren Problem.

Bernhard Jasper | Mo., 28. August 2017 - 11:29

Der Mensch lebt immer in der Gegenwart, nicht in der Zukunft. Leben ist jedoch Bewegung. Es gab und gibt Entwicklungen (durch Erfindungen, etc.), die alles mit Dynamik aufzulösen scheinen. Oft ist diese Auflösung schon die neue Form oder Gestalt.

Oft empfinden wir es als Bedrohung, die Einengung des Lebensspielraums, ebenso auch durch die Macht und Herrschaft anderer. Eigentlich ist es immer die Angst vor Veränderung (Umgestaltung). Der Mensch will die Grenze, die Begrenzung. Auch was verloren scheint, wollen wir wiedererlangen. Die Bewahrung mit neuen Mitteln gehört ebenso dazu, ebenso Umsturz und Abenteuer. Jedoch sind wir so konstruiert, dass wir in ständiger Rastlosigkeit dauernd nach Neuem streben. Wir suchen sogar diesen Prozess, die Veränderung, denn nur so sind wir mit uns auch identisch (Identität).
Jedoch können wir nicht wissen was wir tun, sondern erfahren es erst durch die Geschichte. Eines weiß der Mensch jedoch mit letzter Gewissheit - dass er sterben muss.

Ulli Ramps | Mo., 28. August 2017 - 12:52

Nun, "Mutti" ist auch in vielen Punkten viel widersprüchlicher und schwerer erträglich.
Schulz ... nein, aus Mitleid bekommt der meine Stimme nicht.
Eine vernünftige Alternative mit Lucke ist auch weg, durch den Rechtsruck und Knallschargen wie Gauland, Höcke etc. unwählbar, die Vernunft dort auch flöten.
Grüne Verbote und Gebote für alles und jeden - dann hätte man die SED bundesweit machen können, die konnten das besser.
Deren Nachfolge ist ebenfalls unwählbar.

Also ...? Die "Grauen Panther"? Es bleibt doch als Stimme der Vernunft, die auch tatsächlich Mutti hier und da mal einen "Einspruch!" hinknallen kann (und nicht mehr wie der Extrementtäuscher Westerwelle zu allem "Ja und Amen" sagt), nur noch die FDP.

Ja, leider - aber so ist das in einer Demokratie.

Na ja lieber Herr Ramps, warum nicht, Ergraute haben doch mathematisch sowieso das Sagen. Also, sollten Sie doch gleich regieren, nicht wahr? ;-)

Das Gute als Alternativprojekt ist doch auch schon da. DIE PARTEI, sowohl dafür als auch dagegen, was wolln wir mehr?

Gottfried Meier | Mo., 28. August 2017 - 14:15

Auch die Linken haben ein schönes Wahlplakat mit dem Slogan: "Kinder". Wie wär´s mit: "Himmel"? Oder: "Hölle"? Oder "Doofe"? Oder von der CSU/CDU: Merkel? Ach, das glaub ich, gibt´s schon.

Mit dieser Wahl bin ich echt überfordert.

Joachim Fehr | Mo., 28. August 2017 - 14:38

Schade, Herr Grau hat erstaunlicherweise in die alte Mottenkiste gegriffen und vier Worte vom Plakattext zum Generalangriff benutzt. Es stellt sich die Frage ob eine solche Kritik dem Ciceroniveau entspricht. Wer, was zugegebenermaßen Zeit erfordert, das Wahlprogramm der FDP gelesen hat, kann sehr gut beurteilen, dass die FDP eine Zukunftsversion entwickelt hat, die sich wohltuend von den Mitbewerbern unterscheidet. Feststeht die Digitalsierung kommt, ob wir es wollen oder nicht. Dies ist die erste Erkenntnis. Dazu bedarf es zwangsläufig einer kritisch positiven Einstellung mit einem entsprechenden Gestaltungswillen, der mit Sachverstand auch die berechtigten Bedenken aufnimmt und durch einen ganzen Katalog an begleitenden Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern ihren Freiraum, ihre persönliche Freiheit schützt. Das Programm der FDP ist deshalb zukunftsfähiger als der Einheitsbrei von CDUSPD, mehr in der Mitte der Gesellschaft im Unterschied zu den Linken und der AfD oder den Grünen.

Bernhard Jasper | Mo., 28. August 2017 - 15:42

Stellen wir uns vor, Roboter stellen in Zukunft alle unsere Produkte in perfekter Form her, sie können nicht mehr verbessert und weiterentwickelt werden. Auch ein Roboter würde dann diesen Beitrag hier schreiben. Bei Pressemitteilungen geht das schon heute.

Die Frage ist doch, was passiert dann eigentlich? Naja, da wird es dann spannend. Der Mensch muss sich dann mit anderen Dingen des Lebens beschäftigen, was Roboter in Zukunft niemals können werden. Aber wir müssen doch alle Geld verdienen, könnte man entgegnen. An dieser Stelle wird es dann richtig spannend für eine Volkswirtschaft.

Zustimmung Herr Kuhlmann. „Maschinenstürmer“ gab es zu allen Zeiten. Sie haben diese dynamischen Prozesse und Entwicklungen jedoch niemals aufgehalten.

Hanno Woitek | Mo., 28. August 2017 - 18:31

die ideale FDP, wunderbar noch ergänzt durch Frau Katja Suding: Das ideale Plattitüden-Künstlerpaar.
Gern gewählt von den selbst ernannten Eliten unseres Gemeinwesens.
Hanno Woitek

Hanno Woitek

Robert Müller | Di., 29. August 2017 - 10:41

"Bedenken second" Eigentlich ist schon klar was damit gemeint ist: Es ist gegen die sogenannten "Bedenkenträger" gerichtet. Das sind die Leute, die Moratorien bei Gentechnik, KI, Schiefergas, etc. fordern.

Ich finde es positiv, wenn diese Links-Alternative Technikangst weniger Bedeutung in der Politik haben würde, aber ist das von einer 10% Partei machbar? Ich glaube nicht. Es ist imho eher so, dass die FDP hier ein Macherimage aufbaut, wozu "Digital first" auch passt. Wobei ich nicht glaube, dass das an Trumps Slogan anspielt. Im Medienbereich gab es mal die Idee, dass offline - also Zeitungen - zuerst kommen und online danach. "Digital first" könnte also bedeuten, dass offline nur noch für die wenigen Leute da ist, die nicht online sind, etwa ältere Leute. Das wäre dann so ähnlich wie in den stark digitalisierten Ländern im Baltikum oder Skandinavien, wo z.B. Behördengänge digital erfolgen können.

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 29. August 2017 - 17:38

Inhaltlich hat sich die FDP gegenüber der letzten Regierungsbeteiligung nicht gross verändert, die Köpfe sind nur andere geworden. Voraussichtlich wird Merkel die Partei in eine Koalition mit der CDU/CSU und den Grünen zwingen. Ich prognostiziere, daß die kommenden Jahre ähnliche Schicksalsjahre für D. werden wie 1989/90.

Christa Maria Wallau | Do., 31. August 2017 - 11:49

Antwort auf von Dr. Lothar Sukstorf

... ich teile Ihre Befürchtungen und Prognose.
Leider verfügen die GRÜNEN über eine zu große,
geistig irregeleitete Stammwählerschaft, um aus dem
Bundestag rauszufliegen. Sie werden also
w i e d e r einmal zum "Zünglein an der Waage" werden,
mit einem viel zu großen und unzulässigen
Einfluß auf die politischen Entscheidungen. Da kann dann
auch die FDP als dritte Kraft nicht viel dran ändern; denn
Merkel ist ja eine "halbe" Grüne.

Thoralf Krüger | Do., 31. August 2017 - 12:10

In Zeiten von „smart home“, „smart Auto“ und „smart was weiß ich noch was“ merke ich immer mehr, dass ich dann doch das Analoge liebe.
Meine „analoge Frau“ meine „analogen Kinder“ mein alten „analogen VW-Bus“ und einen einfachen analogen Lichtschalter….

Mich erreicht diese Werbung jedenfalls nicht, sie stößt mich eher ab. Aber nachdem sich das Steuersenkungsparadigma der Westerwelle-FDP ausgelutscht hat, muss halt ein neues, diesmal hippes Paradigma her.
Letztendlich geht es Lindner nur darum, in ein Ministeramt zu kommen...