Wladimir Putin
Wahlsieger Wladimir Putin / picture alliance

Pressestimmen zur Russland-Wahl - „Es gab keine Wahlen“ – „Ein Abbild staatlicher Stabilität“

Die internationale Presse ist in ihrer Bewertung der Wahlen in Russland gespalten. Die von Präsident Wladimir Putin postulierte Einigkeit der russischen Gesellschaft existiere nicht, schreiben die einen. Die anderen meinen, die Russen stünden hinter Putin, weil er Russland wieder zu einer Weltmacht gemacht habe

Cicero Cover 01-25

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Le Monde (Frankreich)

Der russische Präsident Wladimir Putin ist am Sonntag mit 76,67 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden, nachdem mehr als 99 Prozent der Stimmen ausgezählt waren. Das ist das beste Ergebnis, das er in 18 Amtsjahren erreichen konnte. (…) Die Wahlkommission gab Montagmorgen bekannt, dass die Wahlbeteiligung bei 67,4 Prozent lag. Das ist nah an dem Ergebnis von 2012, wo sie 65,27 Prozent betrug. (…) Die Nichtregierungsorganisation Golos, die auf Wahlbeobachtung spezialisiert ist, zeigte auf ihrer Internetseite eine Karte des Wahlbetrugs, die zu Beginn des Nachmittags bereits 2.033 Unregelmäßigkeiten feststellte, wie etwa das Befüllen von Urnen, Fälle von Mehrfach-Wahlgängen oder die Behinderung der Arbeit der Wahlbeobachter.

Verdomosti (Russland)

Wer gegen Korruption, gegen die aggressive Politik auf der internationalen Bühne, gegen die grenzenlosen Ausgaben für Armee und Sicherheit, gegen die Politik des Protektionismus und Isolationismus und gegen eine archaische Art der Staatsführung votieren wollte, konnte niemandem seine Stimme geben. Kandidaten, die eine echte Alternative hätten darstellen können, wurden nicht zugelassen. Und was die Wahlbeobachter (der Opposition und von NGOs) betrifft: Die Organisation der Wahl hätte ihre Arbeit sinnlos gemacht, selbst wenn man sie formell zugelassen hätte. Es gab keine Wahlen.

Standart (Bulgarien)

Der Westen sieht alles, was in der russischen Politik passiert, voreingenommen kritisch. Das liegt daran, dass die westlichen Demokratien institutionell und politisch starken dynamischen Prozessen unterworfen sind, welche die jahrhundertealten Grundfesten des Staates und der politischen Prozesse ständig hinterfragen. Während deswegen im Westen immer mehr Verfall und Unsicherheit zu beobachten sind, bleibt Russland ein Abbild staatlicher Stabilität. (…) Die Russen stehen hinter Putin, weil er Russland wieder zu einer Weltmacht gemacht hat, die es zu fürchten und zu respektieren gilt. Das kann ihm keiner nehmen.

Eesti Päevaleht (Estland)

Es war zu sehen, dass selbst Leute, die sich politisch nicht interessieren oder engagieren, zufrieden in ihrer großen Heimat leben. Garderobenfrauen, Kartenkontrolleure, Bedienungen, Kassierer – sie leben in der größten Stadt Europas, dem Herzen des Imperiums. (...) Neben den Zarinnen und Zaren, so entdecke ich in Moskau, gehören heute zu den anerkannten Staatsführern auch Lenin, Stalin und Putin. Sie sind die bedeutendsten Zaren des letzten Jahrhunderts. Breschnew und Gorbatschow sind aus der Geschichte verschwunden.

Die Presse (Österreich)

Die russische Gesellschaft ist gespalten. Sie teilt sich in jene Bevölkerungsgruppen, die am öffentlichen Leben teilnehmen und diejenigen, die sich aus dem politischen Leben zurückgezogen haben, für die die Wahlen keinerlei Glaubwürdigkeit haben. Mit letzteren besteht keine Kommunikation mehr, sie werden im besten Fall ignoriert. Nun könnte man sagen: Das ist doch höchst angenehm für die Behörden, so können sie noch leichter regieren. Kurzfristig gesehen stimmt das sicher. Doch längerfristig riskiert der Kreml damit eine Entfremdung des gut ausgebildeten, städtischen, mobilen Teils der Gesellschaft. Die von Putin postulierte Einheit und Einigkeit der Gesellschaft sind nicht nur leere Worte, sie sind gefährliche Worte.

Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)

Die Medien tun so, als stehe der Westen kurz vor kriegerischen Handlungen gegenüber Russland. Die Auswirkungen des Giftanschlags auf den früheren Doppelagenten Sergei Skripal in Großbritannien bestärkten das Publikum in diesem Gefühl. Der herausragende Sieg, zu dem es angesichts der bewusst marginalisierten demokratischen Opposition auch keine Manipulationen gebraucht hätte, dürfte es den wenigen Andersdenkenden noch schwerer machen. Zugleich zeigt er umso deutlicher das Fehlen einer Alternative zu Putin auf. Lässt dieser nicht die Verfassung ändern, tritt er im Mai seine vorerst letzte Amtszeit an. Nach außen und innen ist angesichts dessen gewiss nicht mit mehr Milde im Kreml zu rechnen.

The Guardian (Großbritannien)

Die vergangenen sechs Jahre haben den Konflikt zwischen Russland und dem Westen verstärkt. Aber Putin ist aus seiner dritten Amtszeit viel stärker hervorgegangen, als er 2012 war. Er hat sein Image als Führer einer Generation gestärkt, der alle außer seinen größten Gegnern eingeschüchtert und Schritte unternommen hat, Russlands Größe mit kontroversen Schritten wie der Annexion der Krim wieder zu beleben.  

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 19. März 2018 - 11:52

ersteinmal nichts ein.
Liebe le Monde, muss man sich die merken und ist auch sichergestellt, dass es sich nicht um eine Verlängerung von Organisationen des Milliardärs und `Philanthropen´ Soros handelt?

Gisela Fimiani | Mo., 19. März 2018 - 13:13

Die Überschrift dieses Beitrages, kann sich auch auf Deutschland beziehen lassen.

Ich fürchte, Sie schiessen sehr weit über das Ziel. An der deutschen Verfassungswirklichkeit gibt es viel zu kritisieren, an den Wahlen auch. Aber, D ist kein vormoderner Machtstaat, ohne Rechtsstaat und ohne Gewaltenteilung, wie dies bei RU der Fall ist. Unseren Vorfahren der letzten 200 Jahre sei Dank.

Gisela Fimiani | Mi., 21. März 2018 - 13:12

Antwort auf von Bernhard K. Kopp

Ich erbitte genaues Lesen. Ich bezog mich auf die ÜBERSCHRIFT, in der von Russland nicht die Rede war. Auch in D gab es Wahlen ohne Veränderung.

Bernhard K. Kopp | Mo., 19. März 2018 - 15:33

So steht es im Guardian. Die 'Jahre' haben natürlich nichts getan, nur Putin und der Westen (USA) haben, gemeinsam, den Konflikt verstärkt, der spätestens seit 2004 durch westliches Handeln virulent wurde und seitdem blieb. In England beginnt gerade eine neue Untersuchungsrunde in Salsbury - Platzeck hat dazu sehr richtig gesagt, dass wir den 'Täter' schon erschossen haben, bevor die Ermittlungen auch nur annähernd abgeschlossen sind. Wenn es um Russland geht, dann gilt diese 'westliche' Vorgangsweise offensichtlich als richtig.

istvan polgar | Mo., 19. März 2018 - 15:54

Putyin ist der Sieger.Einfach-die russen halten zusammen!

Kostas Aslanidis | Mo., 19. März 2018 - 18:33

Antwort auf von istvan polgar

Jelzin, der das Land an Westkonzerne verkauft, oder den "Edelmann" Chodorkowski". Aber die Russen wollen sich nicht plündern lassen. Darum schäumen die Habgierigen

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 20. März 2018 - 11:14

Antwort auf von istvan polgar

über alle Parteigrenzen hinweg.
Es geht um eine politische Kultur in Deutschland, zu der Ostdeutschland mit seiner friedlichen Revolution 1989 aufgeschlossen hat und die es allmählich von ganz Deutschland einfordert.
Ich will keine aufpolierte Neuauflage der DDR.
Dafür gehe ich auf andere Parteien zu, die der SPD sonst ferner liegen als normalerweise die Grünen und Linken, als da wäre die FDP und die CDU.
Ich respektiere die AfD, aber eher aus der Ferne und vor allem, weil, wer auch immer den vielen Wählern mit problematischen Zielen voransteht, es diese Wähler gibt, die m.E. von Merkel, wohl auch Gauck zu "Dunkeldeutschland" gemacht wurden.
Das kann ich nicht akzeptieren angesichts vieler Kommender, auch wenn in der Partei Einiges sowohl unausgegoren, wie evtl. düster ist.
Schön, wie Frau Wallau darüber schreibt.
Diese politische Intelligenz vermute ich bei den meisten AfD-Wählern.
Sie "wissen", was sie wollen, sie wollen sich nicht demokratisch separieren, sondern einbringen

Kostas Aslanidis | Mo., 19. März 2018 - 15:57

ist nur erbärmlich. Bewiesene 100de von Millionen Toten in von ihm provozierten Kriegen, aber sich als Moralapostel aufbrausen. Sind die über 100 Millionen nicht genug. Was ist das Ziel, die 200 Millionen

Guido Schilling | Mo., 19. März 2018 - 18:54

ein einziger Mensch zur Wahl gegangen wäre, das Ergebnis sähe genauso aus. Die Wahlzettel lagen schon im Keller parat.

Karin Zeitz | Di., 20. März 2018 - 10:53

dass es in Russland Wahlen gab und die außenpolitischen Kommentatoren gut damit beschäftigt waren, Fehler, Fälschungen und undemokratisches Verhalten zu suchen und zu finden. Sonst hätten sie sich womöglich mit dem türkischen Angriff auf Afrin auseinandersetzen müssen, um ihre Spalten zu füllen. Zum Glück werden die Angriffe auf türkische Kulturvereine und Moscheen in Deutschland in den Polizeistatistiken automatisch in der Rubrik "rechte Straftaten" erfasst, so dass auch in dieser Hinsicht das Weltbild gewahrt bleibt.