Wahlurnen in Russland / picture alliance

Russische Präsidentschaftswahlen - Auf der Suche nach Unregelmäßigkeiten

Die Russen wählen am Sonntag ihren neuen und wahrscheinlich alten Präsidenten: Wladimir Putin. Auch dieses Mal entsenden OSZE und EU Wahlbeobachter. Aber wonach genau halten sie Ausschau?

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Yves Bellinghausen ist freier Journalist, lebt und arbeitet in Berlin und schreibt für den Cicero.

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Die EU und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schicken mehrere Hundert Wahlbeobachter zum Präsidentschaftswahlkampf nach Russland, auch um etwaige Wahlmanipulationen zu dokumentieren. Aber wie gehen sie dabei vor? Wir haben einige Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt:

Was machen Wahlbeobachter?
Es kommt darauf an, in welches Land die Wahlbeobachter fahren. In den westlichen, zumeist gefestigten Demokratien sind die Wahlbeobachtermissionen häufig sehr klein. Bei der vergangenen Bundestagswahl beispielsweise waren nur drei Wahlbeobachter in Deutschland. Sie haben sich die Parteienfinanzierung angeschaut und notiert, ob alle Parteien gleichermaßen in den Medien vorkommen. In Ländern Osteuropas, wo aus Sicht der OSZE noch größere demokratische Defizite vorherrschen, sind solche Missionen häufig größer. In Russland etwa sind einige Hundert Beobachter im Einsatz. Sie gehen auch in die Wahllokale und untersuchen, ob es Unregelmäßigkeiten gibt.

Was sind Unregelmäßigkeiten?
Als unregelmäßig bezeichnet man in der Wahlbeobachter-Szene erstmal nur Vorgänge, die nicht dem jeweiligen nationalen Wahlgesetz entsprechen. Steht in einem Wahlgesetz etwa, dass alle Bürger über 18 Jahren eine Stimme haben, dann sind Mehrfachabstimmungen etwa eine Unregelmäßigkeit. Würde ein Wahlgesetz – hypothetisch – besagen, dass nur Frauen wählen gehen dürfen, wäre es eine Unregelmäßigkeit, wenn auch Männer wählen gingen. Politologen würden sagen: Der Begriff Unregelmäßigkeit ist deskriptiv, nicht normativ. 

Sind Wahlbeobachter über das Wahlgesetz hinaus kritisch?
Ja, denn in einer abschließenden Empfehlung werden von der OSZE auch  grundsätzliche demokratische Defizite gerügt. Normativ, sozusagen. Als Grundlage gibt die OSZE „internationale Standards“ an, wie zum Beispiel den OSCE Commitments, denen alle Mitgliedstaaten zugestimmt haben.

Wie könnten Wahlen manipuliert werden?
Grundsätzlich kann zwischen direkter und indirekter Wahlmanipulationen unterscheiden werden. Also indem direkt die Ergebnisse einer Wahl verändert werden oder indem zuvor ungleiche Bedingungen für die Kandidaten geschaffen werden. Viele heutige Autokraten manipulieren Wahlen indirekt, etwa indem sie die Opposition, unterdrücken, Druck auf die Medien ausüben oder den Staatsapparat für den Wahlkampf nutzen. Der Wahlprozess an sich kann dann verhältnismäßig gerecht ablaufen.

Wie demokratisch ist Russland?
Russland wird häufig als prototypische Autokratie beschrieben, in der die Wahlen vor allem indirekt manipuliert werden. Bei vergangenen Parlamentswahlen, im Jahr 2016 etwa, seien die Unregelmäßigkeiten am Wahltag selbst weit weniger problematisch gewesen als der Wahlkampf, sagte die OSZE damals. So habe sich die Zivilgesellschaft starken Repressalien ausgesetzt gesehen und nicht alle Kandidaten hätten den gleichen Zugang zu den Wahlen gehabt. Außerdem seien die Medien vom Staat kontrolliert gewesen.

Sind offensichtliche Diktaturen aus der Mode gekommen?
Irgendwie schon. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama hat nach dem Ende der Sowjetunion beschrieben, dass der freie Markt und die Demokratie nun nicht mehr aufzuhalten seien, was nicht gestimmt hat. Er hat aber insofern Recht behalten, als dass sich kaum ein Land der Welt noch Diktatur schimpfen lassen will. Selbst Nordkorea hält alle fünf Jahre Wahlen ab. Bei der vergangenen Wahl konnte Kim Jong-Un ein fabelhaftes Ergebnis von 100 Prozent einfahren. In allen Wahlkreise trat seine Partei an. Wer nicht wählen wollte, wurde zu Hause aufgesucht und ins Wahllokal gebeten. 

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Jürgen Winzig | So., 18. März 2018 - 13:56

gefährlich für die Rechtmäßigkeit der russischen Wahlen dürfte es erst werden, wenn Bremer Schulklassen oder Qualitätsauszähler aus NRW dort
die Wahlstimmen bearbeiten dürfen.

FranzWeiler | Mo., 19. März 2018 - 15:23

Wie oft hat sich Amerika in Wahlen anderer Länder eingemischt ohne zur Verantwortung gezogen zu werden?was ist mit den Wahlbedingungen im eigenen Land?
Eine Panne nach der anderen.
Wahllokale für Schwarze und Minderheiten werden an falschen Orten angegeben oder sind gar nicht vorhanden etc.,etc.
Und gerade solche aundemokratischen Länder Massen sich an ,andere zu beobachten und zu kritisieren.Einfach nur lächerlich....