Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der Liberalen und als Regierungschef angekündigt, 06.01.2025 / picture alliance

Trudeau tritt ab - Das Ende eines Politiker-Typus

Der Rücktritt von Justin Trudeau in Kanada erscheint wie ein Zeichen für das Ende einer Epoche. Er stand für die unpolitische Politik der guten Gesinnung und des schönen Scheins. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Ferdinand Knauß

Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Ein vom kanadischen Sender CBC auf der Straße befragter Bürger brachte den tieferen Grund für den Rücktritt von Premierminister Justin Trudeau vielleicht ganz gut auf den Punkt: Es sei eben alles sehr „tough“ jetzt und Trudeau habe sich nicht als ein Anführer mit Weitblick erwiesen. Dass die Zeiten hart werden, spüren die Menschen in Kanada und überall sonst in den westlichen Gesellschaften. Und in harten Zeiten werden eben auch harte, zähe, durchsetzungsstarke Regierungspolitiker gebraucht, tough guys. Aus nordamerikanischer Perspektive ist man versucht zu ergänzen: Typen wie Trump eben. Oder besser: Typen, die es mit ihm aufnehmen können und die Interessen ihrer Länder und deren Bürger knallhart vertreten. 

Dass Trudeau ein solcher tough guy nicht ist, hat er vermutlich sogar selbst irgendwie eingesehen und seine Konsequenz daraus gezogen. Das ist klüger, als sich durch eine verlorene Wahl demütigen zu lassen. Schließlich hatte Trudeau eine lange Regierungszeit (seit November 2015) – und war über Kanadas Grenzen hinaus eine Art Lichtgestalt in einer Ära, die nicht zufällig der Spätphase der Regierungszeit Angela Merkels entsprach. Auch Merkel war eben gerade kein tough guy. Wenn es darum ging, Interessen ihrer christdemokratisch-bürgerlichen Wähler und Deutschlands generell zu vertreten, wählte sie stets den weichen Weg des freundlichen Gesichts. Mit Folgen, unter denen Deutschland jetzt in eine multiple Krise abgedriftet ist.

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G. Lenz | Mi., 8. Januar 2025 - 18:24

Höchstens in gesellschaftspolitischen Fragen war Trudeau progressiv. Einen Großteil seiner Popularität verdankte er schlicht der Tatsache, dass er sich so fundamental von dem libertär-reaktionären Trump unterschied und eben sympathisch und nicht mürrisch wirkte, eine Art "Sunnyboy" eben. Übertragen auf die politische Situation in Deutschland wäre Trudeau auf dem - fast nicht mehr vorhandenen - linken Flügel der FDP zu Hause, also da, wo ein in die Jahre gekommener Gerhart Baum ziemlich isoliert und sehr weit entfernt von der "Kaufmannsgilde" um Lindner und Kubicki noch immer ausharrt.
Linke sind eher in der sozialdemokratischen New Democratic Party oder bei den Greens zu finden.

Trudeaus Stern begann zu verblassen, als auf der anderen Seite der Grenze ein Demokrat einzog und der Egomane Trump endgültig Vergangenheit schien. Damit hatte sich der Bedarf an Hoffnungsträgern wie Trudeau wohl erstmal erledigt.
Wirtschaftspolitisch waren Liberale und Konservative kaum zu unterscheiden.

Hallo Herr Lenz, ich sage nur Schwab, mehr braucht man zu Trudeau nicht zu sagen! Diese Linken Jung Global Player, fallen einer nach dem anderen, wie Dominosteine!! Auch sie werden es noch Lernen dauert nur ein bisschen länger bei ihnen! Die Woke Linksgrüne Zeit neigt sich dem Ende, Weltweit!!

G. Lenz | Do., 9. Januar 2025 - 12:11

Antwort auf von Gerald Gfröschl

Pflegen Sie ruhig Ihre Verschwörungstheorien. Sonst könnte eines Tages Ihr Weltbild zusammenbrechen.

Martin | Mi., 8. Januar 2025 - 18:42

Hat hoffentlich korrekt gegendert, als er seinen Rücktritt verkündete. Mit Schaudern erinnert man sich, wie dieser Moralapostel seine Bürger meinte belehren zu müssen, wenn er mit ihnen sprach.
Das ist so ein richtiger schönwetterpräsident gewesen, den man sich leisten kann, wenn man keine anderen ernsthaften Sorgen und Probleme hat. Gendern, pro armutsmigration, woke sein, lgbtq gedöns, "klimaschutz " - das sind dekadente luxusprobleme, die man sich leisten können muss. Und die man den Menschen gegen ihren Willen aufzwingen muss, der Mehrheit zumindest.
Wenn die Zeiten hart werden, die Wirtschaft zurückgeht, es ans eingerichtet geht, der Wohlstand zurückgeht, dann sind solche schönwetterpräsidenten nicht mehr gefragt. Weil sie bei den harten Fakten und Themen versagen und keine sinnvollen Lösungen ihrer Bevölkerung anbieten. Im übrigen war er in einer Koalition. Ich hoffe, dass dieser links-grün-woke Politikstil damit endet. Afuera, hr. Trudeau. Mit predigten gewinnt man nicht

Martin | Mi., 8. Januar 2025 - 18:51

Diese selbsternannten calvinistischen Tugend- und Moralapostel mit ihrem missionarischen Eifer immer suspekt geblieben. Allen wollten sie ihre Ideologie aufzwingen.
Das hat mich stets an das Regime calvins, den wohlfahrtsausschuss des jakobinerclubs oder die jim Jones Sekte erinnert. Dahinter versammelte sich dann auch die ganze linke Industrie der Apokalypse.
Ich bin froh, wenn solche Politiker a la trudeau endlich weg sind. Niemand muss sich von solchen Leuten ihre Gesinnungsmoral aufzwingen lassen.

Volker Naumann | Mi., 8. Januar 2025 - 19:02

Eine, an die ich mich erinnere und eine andere mit einem freundlichen Gesicht.

Zum Artikel meine volle Zustimmung und die Hoffnung, dass die Grünen nicht nur sehr spät dran sein werden, sondern zu spät kommen, und damit folgerichtig vom Leben bestraft werden.

MfG

Karl-Heinz Weiß | Mi., 8. Januar 2025 - 19:23

Es gibt durchaus einen gewichtigen Unterschied zwischen Trudeau und Habeck: der Kanadier konnte sich auf ein Wählervotum stützen. Die GRÜNEN in Deutschland haben seit Jahren ein Potential von 10%. Und dennoch besitzen sie in den Medien immer noch die Deutungshoheit. Diese deutsche "Besonderheit" geht hoffentlich mit dem 23.2. zu Ende. Markus Söder hat dieses "Muss" begriffen, Friedrich Merz und mehrere CDU-Ministerpräsidenten immer noch nicht.

Henri Lassalle | Mi., 8. Januar 2025 - 19:39

Die deutschen Wähler sollten sich mal fragen, weshalb sie immer die gleiche Typologie von Politkandaten wählen: Reine Parteikarrieren, Leute mit Verwaltungsprofile, fachlich Inkompetente, menschelnde Ideologen und Demagogen......Die Liste ist lang.
Die Zeiten sind in der Tat rauer und in mancher Hinsicht auch gefährlicher geworden für Wohlstand u Sicherheit. Entsprechend sollte das Profil eines veritablen Leaders sein. Aber wenn ich mir das Panoptikum der jetzigen Politszene ansehe, dann muss ich unwillkürlich an einen bekannten Satz von Heinrich Heine denken, der beim Denken an Deutschland um den Schlaf gebracht wird.

Henri Lassalle | Do., 9. Januar 2025 - 16:03

Antwort auf von Volker Naumann

Stimmt. Seine Präsidenten-Karriere begann mit glänzendem Firnis und Vorschusslorbeeren, jetzt endet sie als Shakespeare-Drama. Er profitierte vom totalen Debakel der Sozialisten unter Francois Hollande, er nutzte die Gunst der Stunde.

Volker Peters | Mi., 8. Januar 2025 - 21:18

Wir haben eine so große, unkündbare Beamtenblase geschaffen, die meint, es sich leisten zu können, uns Robert zu wählen.

Markus Michaelis | Mi., 8. Januar 2025 - 21:44

Ich glaube nicht, dass es mit diesem Gegensatz ausreichend beschrieben ist. Die Vertreter der "Guten Gefühle" waren auf ihre Art auch "Tough Guys" - man ist gegen alles, was den richtigen Ansichten widersprach, auch robust vorgegangen, wenn auch nicht so robust, wie ein Trump oder andere. Ich denke, der kritische Punkt war eher die Vorstellung soetwas wie die guten, richtigen Werte für die Menschheit zu vertreten. Das war nicht nur eine Nummer zu groß, es war auch anmaßend, weil die Welt nicht von diesen Werten vertreten werden wollte. Die Welt ist vielseitiger und gegensätzlicher. Dafür hatten die Vertreter der guten Gefühle letztlich kein Konzept - es gibt wahrscheinlich, zumindest im Moment, auch keines, weil die Welt einfach nicht so einheitlich ist, wie es die guten Gefühle glauben machen wollten.

Es bleiben natürlich viele Anliegen der guten Gefühle trotzdem richtig, mindestens berechtigt - aber eben nur neben vielen anderen Sichtweisen und Strömungen.

Lisa Werle | Mi., 8. Januar 2025 - 22:16

Alles gesagt zu diesem Politiker-Typus der sog. 'Young-Leader-Berufenen' aus dem WEF-Umfeld. Die zerschellen alle so nach und nach an der Realität, einschließlich Habeck, Baerbock & Co. Das haben die letzten 3 Jahre eindeutig und zu unserem Nachteil bewiesen. Gelernt will er haben, der gute Habeck??? Man muss sich nur die jüngste Habecksche Wahlkampf-Eskapade des 'Bündniskanzlers' am Münchner Siegestor anschauen, nahe dem Aufmarschplatz der Nationalsozialisten, um zu wissen, dass das glatt gelogen ist. Statt dessen: größenwahnsinnig, arrogant, ein totalitärer Gestus scheint durch. Die Grünen haben offensichtlich den Verstand verloren.

Christoph Kuhlmann | Do., 9. Januar 2025 - 00:10

..wird Minderheit. Wer den Bereich des Sagbaren verließ, wurde in der veröffentlichte Meinung zur reaktionären Minderheit. Konflikte und Widersprüche ausgeblendet. Ein ganz normales sozialpsychologisches Gruppenphänomen auf globaler Ebene. Die Meinungen gleichen sich an. Wenn es gesellschaftliche Gültigkeit hätte, bräuchte es keine Demokratie. Demokratie ist ja die Verlagerung von Kampf und Streit in die Parlamente. Die massenmediale Vermittlung durch Schulen, Universitäten, Zeitungen, Radio und Fernsehen machte den Westen blind, gegenüber der Zerstörung der Grundlagen der eigenen Kultur. Sie alle verbreiteten Normen, waren aber nicht in der bereit, die Folgen dieser Normen abzusehen. Ein gigantisches soziales Experiment ahistorischer Akteure, welches leider das Kriterium der Wissenschaftlichkeit nicht erfüllt. Schließlich beruhte es auf Blind Spots und der vollkommene Verantwortungslosigkeit gegenüber tradierten, bewährten Kollektiven.

Ernst-Günther Konrad | Do., 9. Januar 2025 - 10:07

Ja Herr Knauss, da mag ich Ihnen zustimmen. Er dürfte tatsächlich erkannt haben, das Abwahl und Proteste gegen ihn schlimmer sind als Rücktritt. Und das zollt im Respekt, da könnten sich manche Politiker in der westlichen Welt und besonders in Deutschland eine dicke Scheibe abschneiden. Das Blatt wendet sich langsam. Der woke Irrsinn, die links-grünen Allmachts- und Weltrettungsgedanken schwinden und müssen der Realität und den Wahrheiten weichen. Und das ist erst der Anfang. Einst unterstützten Soros und Gates auch in Deutschland Zeitungen und Organisationen und trieben den woken Schwachsinn voran. Doch jetzt ändert sich vieles. Die Meinungsmogule haben sich aufgemacht, die Meinungsfreiheit zu retten und sich gegen das System zu positionieren und sieh da, auch die amerikanische Wirtschaft dreht sich plötzlich und wendet sich von Klima Lügen und Gender Gaga ab. Medien beginnen zaghaft die Berichterstattung zu neutralisieren und Haltungsjournalisten kündigen. Gut Ding will Weile haben.

S. Kaiser | Do., 9. Januar 2025 - 17:45

Dieser Ausspruch kommt nicht von ungefähr. Es findet eine Zeitenwende statt, und alle spüren es. Und ja, womöglich naht nun das Ende des Erfolges vorgeblich sympathischer und empathischer Politiker-Typen, wobei Trudeau weder das eine noch das andere war.
Mit Trump ist wieder ein Rauhbein an die Macht gekommen, und seine Brüder und Schwestern im Geiste sind ebenso wenig konziliant. Eine Jacinda Ardern, Trudeaus abgestürztem Zwilling in NZ, hat nichts mit einer Meloni gemein. Unvergessen Melonis Gesichtsausdruck auf dem G7 Gipfel, als Trudeau sie vor der Presse über Minderheitenrechte belehren wollte.
Habeck wird selbst intuitiv spüren, dass seine Chancen 2021 ungleich besser gewesen wären, und dass sich das Zeitfenster für ihn geschlossen hat. Jetzt beißt ihn die Quotenregelung der Grünen. Vielleicht rührt auch daher die Intensität, mit welcher die Kampagne durchgedrückt wird. Man will es nicht wahrhaben, rückt zusammen und fährt nochmal alle Geschütze auf. Too little, too late ...

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