
- „... und er keinen Ruf von anderen Unis bekommt“
Die Universität Würzburg ist Schauplatz einer Intrige linker Studenten gegen zwei Historiker und gegen die Wissenschaftsfreiheit generell. Die Universitätsleitung scheint das Canceln mindestens zu tolerieren. Jetzt schaltet sich die bayerische Landesregierung ein.
Universitäten sind oft Schauplätze besonders hintertriebener Intrigen. Dann geht es um Ideologie oder um persönliche Machtkämpfe. Das kennt man auch aus der Belletristik, wo Romane mit entsprechender Thematik fast schon ein eigenes Genre bilden. Was jedoch derzeit an der Universität Würzburg vonstattengeht, stellt Uni-Romane wie „Stoner“ (John Williams) oder „Der menschliche Makel“ (Philipp Roth) in den Schatten.
Das Ziel der dortigen Intrige – der Vorwurf lautet: „neurechte Diskursverschiebung“ – sind der Inhaber des Lehrstuhls für Neueste Geschichte, Peter Hoeres, und dessen Mitarbeiter Benjamin Hasselhorn. Hoeres ist ein international renommierter Historiker, der unter anderem mit einer Geschichte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Bekanntheit erlangte. Hasselhorn, derzeit auf einer Stelle als Akademischer Rat, ist zweifach promoviert in den Fächern Theologie und Geschichte und hat sich im letzten Jahr fristgemäß habilitiert. Seine Habil-Arbeit wurde als herausragend beurteilt. Nun steht für Hasselhorn sein guter Ruf und damit die Chance auf eine Berufung als Professor auf dem Spiel. Kurz: Einem aussichtsreichen Nachwuchswissenschaftler droht die Vernichtung der beruflichen Existenz.
Akteure sind die Vertreter linker Hochschulgruppen im Studierendenparlament (StuPa) und möglicherweise Teile des Präsidiums der Universität, die deren Vorwürfe gegen Hoeres und Hasselhorn zumindest tolerieren, jedenfalls offenkundig vorrangig und wohlwollend mit den Vorwerfern kommunizierten – und nur widerwillig oder gar nicht mit den Beschuldigten. Nicht die Fürsorgepflicht gegenüber den eigenen Mitarbeitern, deren Ruf und damit berufliche Existenz in Gefahr ist, und auch nicht die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit scheinen das vorrangige Anliegen der Universitätsführung zu sein, sondern die Beschwichtigung oder sogar die implizite Erfüllung des ideologisch motivierten Wunsches linker beziehungsweise eher linksradikaler Studenten, politisch missliebige Dozenten zu diskreditieren und institutionell kaltzustellen.
Eine Pressemitteilung der Universität vom Donnerstag legt diesen Schluss nahe. Demnach hat Universitätspräsident Paul Pauli „eine Taskforce aus Juristen und Kommunikatoren eingesetzt“, die „bislang keinerlei Anhaltspunkte für irgendein straf- oder disziplinarrechtlich relevantes Verhalten“ feststellt. Aber darum ging es auch gar nicht. Indem Pauli diese Taskforce überhaupt einsetzt und meint, betonen zu müssen, dass seine Universität „jede Form von Extremismus, Antisemitismus oder Diskriminierung entschieden ablehnt“ und außerdem ankündigt, „einen ergänzenden Lehrauftrag im Fach Neueste Geschichte“ zu erteilen, erweckt er den Eindruck, dass an Hoeres‘ Lehrstuhl eben doch nicht alles in Ordnung sei. Von dem Schmutz, mit dem Hoeres und Hasselhorn beworfen wurden, soll – wie im lateinischen Sprichwort „semper aliquid haeret“ – eben ein wenig hängenbleiben. Die Fürsorgepflicht verlangt aber klarzustellen, dass kein Grund für jegliche Beanstandung besteht.
Die bayrische Landesregierung will den „Hochschulfrieden wahren“
Die Affäre schlägt mittlerweile auch medial so hohe Wellen, unter anderem durch ein Interview von Hoeres in Cicero, dass sich sogar die Landesregierung eingeschaltet hat. Die Universitätsabteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst hat, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt, Hoeres und Universitätspräsident Pauli in der kommenden Woche zu einem Gespräch nach München gebeten: „mit dem Ziel, den Hochschulfrieden zu wahren und die Freiheit von Forschung und Lehre zu gewährleisten“. Um zu verstehen, was im beschaulichen Würzburg wirklich geschah, muss man einige Monate zurückblenden.
Anfang Dezember 2024 erfahren Hoeres und Hasselhorn von Gerüchten über Vorwürfe von Studenten gegen sie. Am 6. Dezember schreibt Hoeres deswegen per Mail an den Dekan der Philosophischen Fakultät Thomas Baier (der E-Mail-Verkehr und die anderen genannten Dokumente liegen Cicero vor). Baier berichtet von „anonymen Anschuldigen“, darunter der schlimmsten: „tendenziell NS-verherrlichend“.
Der Dekan stellt – dem Dienstweg entsprechend – Kontakt zum Vizepräsidenten Andreas Dörpinghaus her, den Hoeres nun um ein klärendes Gespräch bittet, um über die rufschädigenden Anschuldigungen überhaupt informiert zu werden und sie detailliert entkräften zu können. Er bittet, auch Hasselhorn zu beteiligen. Dörpinghaus antwortet erst nach zehn Tagen und vertröstet Hoeres auf Anfang Januar. Außerdem bittet er Hoeres, „vielleicht noch Informationen zukommen zu lassen, um welche Anschuldigungen es geht“. Obwohl Hoeres ja selbst nur indirekte, mündliche Kenntnis dieser Vorwürfe hatte, während Dörpinghaus selbst höchstwahrscheinlich über diese informiert gewesen sein musste.
Dörpinghaus, der wohl Zeit gewinnen wollte, geht also in die Weihnachtsferien und schlägt schließlich am 13. Januar ein Telefonat vor. Zu diesem kommt es am 21. Januar, aber Dörpinghaus lässt Hasselhorn nicht teilhaben, ignoriert dessen Bitte. In dem Telefonat versucht er offenbar, Hoeres zu beruhigen, und verspricht, den genauen Inhalt der Vorwürfe schriftlich darzulegen. Hasselhorn fragt per Mail zehn Tage später nach. Keine Reaktion. Erst am 16. Februar teilt er Hasselhorn mit, dass er sich an Hoeres wenden solle.
Während Dörpinghaus Hoeres hingehalten und Hasselhorn abgeblockt hatte, sorgten die Kreise, aus denen die Anschuldigungen kamen, im Studierendenparlament (Wahlbeteiligung etwa 16 Prozent) dafür, diese Anschuldigungen zu formalisieren, nämlich in Form eines Beschlusses „gegen neurechte Diskursverschiebung in der Lehre“, der nach einer Sitzung am 12. März veröffentlicht wurde und schnell auch im Bayrischen Rundfunk und einer regionalen Zeitung aufgegriffen wurde. Die (in durchgehend fehlerhaftem Deutsch verfassten) Protokolle des studentischen „Sprecher*innenrates“ des StuPa, die Cicero vorliegen, zeigen, dass:
- die Universitätsleitung spätestens seit Januar von dem bevorstehenden Beschluss des Studierendenparlaments wusste – ohne Hoeres und Hasselhorn zu informieren. Der Kanzler der Universität war bei einigen Sitzungen persönlich anwesend
- also die Universitätsleitung den linken Studentenvertretern mit „Wohlwollen“ und den eigenen Dozenten mit größtmöglicher Distanz begegnete
- die Universitätsleitung spätestens seit Januar, ohne mit Hoeres gesprochen zu haben, ein „alternatives Lehrangebot“ plante
- dieses „alternative Lehrangebot“ ein Ansinnen des Vizepräsidenten Andreas Dörpinghaus ist
- und dass die Kampagne gegen den Lehrstuhl für Neueste Geschichte womöglich von der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ beziehungsweise vom Würzburger GEW-Vorsitzenden Riccardo Altieri ausging.
Vizepräsident der Universität „bastelt“ alternatives Lehrangebot
Im Einzelnen: Ein Protokoll vom 21. Januar erwähnt erstmals explizit den Tagesordnungspunkt (TOP) „Rechtsextremismus Lehrstuhl neueste Geschichte“. Ein ungeheurer Vorwurf, der eine Feindschaft gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung behauptet. Wörtlich heißt es da: „Recherche zu neuester Geschichte wurde gemacht und vertieft. Es gibt Material von 16 Seiten zu dem Lehrstuhl. Infos aus dem Plenum der Gewerkschaften…“; außerdem ist von „Rechtsberatung“ die Rede.
Laut Protokoll vom 29. Januar ist Kanzler Uwe Klug anwesend, aber offenbar keine studentischen Vertreter des CSU-nahen RCDS oder der Liberalen Hochschulgruppe, sondern nur Parteilose, Linke (gemeinsame Liste von Jusos und Linke) und Grüne. Im TOP 7 geht es wieder um „… Rechtsextremismus am Lehrstuhl neuste Geschichte“. Klug sagt laut Protokoll (in dem er stets nur Uwe genannt wird): „Maßnahmen können erst nach Erklärung der anderen Seite folgen. Herr Dörpinghaus ist dabei kontakt [sic] mit dem Herrn Höris [sic!] aufzunehmen und die Lehrveranstaltungen zu überprüfen (das Gespräch steht aber noch aus).“
Dass eine konzertierte Aktion gegen den Lehrstuhl geplant wurde, ist ebenso offenkundig wie die Teilnahme des Kanzlers und vermutlich die Initiative der GEW, die „Material von 16 Seiten“ gesammelt hat. Noch brisanter: Am 29. Januar war offenbar auch die Vizepräsidentin (für Nachhaltigkeit) Anja Schlömerkemper anwesend oder digital zugeschaltet. Sie sympathisierte offenkundig mit dem Anliegen der linken Studenten, zusätzliche „alternative“ Dozenten einzustellen: „Bis zu sommersemester sollte es möglich sein das gespräch zu führen und ein alternatives lehrangebot zu bieten (sollte in 4 wochen möglich sein). Anja findet den zeitplan sportlich, sieht die möglichkeit das es länger dauert.“ Das Protokoll vom 26. Februar hält fest: „Für das Sommersemester wird an einem alternativen Lehrangebot gebastelt, den aktuellen Stand kennt Klug aber nicht (nur Dörpinghaus).“
Man muss sich klarmachen, was hier geschieht: Zwei Vizepräsidenten der Universität Würzburg, eine Mathematikerin und ein Professor für „Systematische Bildungswissenschaft“, also beide ohne Fachkenntnis in der Sache, akzeptieren und unterstützen, dass linke und grüne Studierende, die ebenfalls keine Historiker sind, in die Lehre und Forschung eines angesehenen Lehrstuhls eingreifen. Wohlgemerkt: Lehrstuhlinhaber Hoeres weiß bis dahin nichts über das Vorhaben.
Die Universitätsleitung teilt Hoeres die Vorwürfe der Studenten in einem Schreiben mit. Allerdings: Das Schreiben ist zwar auf den 18. Februar datiert, kommt aber erst am 27. Februar an, wie Hoeres bestätigt. In diesem Brief werden die Namen hinter den Anschuldigungen nicht genannt. Außerdem wird nicht erwähnt, dass ein Beschluss des StuPa schon vorbereitet wird, obwohl Pauli und Dörpinghaus dies vermutlich durch Klug und Schlömerkemper wissen.
Ziel ist, dass Hasselhorn „keinen Ruf von anderen Unis bekommt“
Worum es den linken und grünen Studenten tatsächlich geht, legt das Protokoll der Sitzung des Studierendenparlaments vom 12. März 2025 offen: „Hasselhorn ist Akademischer Rat auf Zeit. Ein ausbelieben [sic] Eidesstattliche Erklärung kann dazu führen, dass der Vertrag nicht verlängert wird und er keinen Ruf von anderen Unis bekommt.“ Ziel ist also, die Karriere eines jungen Wissenschaftlers zu zerstören, der nicht auf der politischen Linie der Studenten ist.
Der eigentliche Vorwurf in der Sache gegen Hasselhorn betrifft dessen Veröffentlichungen 2014 unter Pseudonym in der Zeitschrift Sezession, die zum Antaios-Verlag von Götz Kubitschek gehört. Dass Hasselhorn die im Beschluss des StuPa geforderte eidesstattliche Erklärung nicht abgeben kann, ist den Forderern klar. Hasselhorn hat in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Universitätsleitung klargestellt: „Vor mehr als zehn Jahren habe ich unter Pseudonym ein paar Texte für die Sezession geschrieben, zu einem Zeitpunkt, an dem diese nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. In meinen Texten habe ich für einen dezidiert demokratischen deutschen Tory Konservatismus geworben, leider in diesem Umfeld erfolglos. Als mir 2014 klar wurde, dass sich die Zeitschrift in eine Richtung entwickelte, in deren Umfeld ich nicht publizieren möchte, und zudem manche meiner Texte sogar noch ohne Rücksprache mit mir verschärfend redigiert wurden, habe ich jeden Kontakt zur Sezession abgebrochen und dort nie wieder publiziert.“
Der vor allem beanstandete Artikel unter dem Pseudonym Martin Grundweg trägt bezeichnenderweise den Titel „Demokratie von rechts“. Er ist ein Plädoyer für Demokratie, nicht dagegen. Darin beruft sich Hasselhorn auf den liberal-konservativen Historiker Friedrich Meinecke, ein Doyen seines Faches in der ersten Jahrhunderthälfte und den frühen Jahren der Bundesrepublik, der nach dem Ersten Weltkrieg Konservative und Rechte zur Unterstützung der Weimarer Republik bewegen wollte.
Hasselhorn sieht die jüngsten Ereignisse als Fortsetzung einer „politischen Kampagne“, die 2020 von einem Stipendiaten der Rosa-Luxemburg-Stiftung (der Partei Die Linke nahestehend) losgetreten worden sei. Hasselhorn, selbst CSU-Mitglied, war damals als Sachverständiger für die Bundestagsfraktion der CDU/CSU im Kulturausschuss des Bundestages aufgetreten.
Moralische Vernichtung
Die Affäre in Würzburg ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie politisch motivierte Aktivisten ohne jegliche fachwissenschaftliche Kenntnis einen aussichtsreichen Historiker canceln, also als vermeintlichen Rechtsextremisten brandmarken und damit moralisch vernichten wollen. Wenn es ihnen gelingt, ist nicht nur eine berufliche Existenz und ein Wissenschaftlerleben ruiniert, sondern auch ein weiteres Exempel statuiert, das Wissenschaftler einschüchtern soll, nur ja nicht jenseits linker Diskurshoheit zu forschen, zu lehren und zu publizieren.
Dass die Universitätsleitung dieser durchschaubaren Kampagne zumindest tolerierend bis wohlwollend zur Seite steht, ist der eigentliche Skandal. Die bayrische Staatsregierung, also Minister Markus Blume, hätte es in der Hand, dieses Zerstörungswerk an der Wissenschaftsfreiheit mit klaren Worten und Taten zu beenden.
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man schaut, die Linken lieben es, Andersdenkende zu zerstören.
Was sind das für Leute, die solches unterstützen?
Ebenfalls alles Linke oder einfach feige?
Danke für Ihren Kommentar. Sie kamen wohl durch, ich bin wieder mal angeblich nicht angemeldet.
Sie haben natürlich Recht Frau Miller. Nur wer glaubt, das käme nur bei den woken Regierungen vor der irrt. Würzburg ist Bayern wie wir alle wissen und was macht die Landesregierung mit diesen Demokratie Gefährdern? Ach stimmt, die soll es ja nur bei der AFD geben.
Eigentlich müsste die Regierung dazwischen hauen und politische neutrale und respektvolle Meinungsfreiheit vorgeben und durchsetzen. Eigentlich. Aber was machen die dort? Genau, nichts.