Das Wuhan Institute of Virology gilt als möglicher Ausgangspunkt der Corona-Pandemie. Doch die chinesische Regierung blockiert die Aufklärung / dpa

Gain-of-function-Forschung - Wissenschaftler fordern Stopp gefährlicher Experimente mit Viren

Ob die Corona-Pandemie ihren Ursprung in einem chinesischen Virenlabor hatte, bleibt nebulös. Virologen wie Christian Drosten hatten das bis vor kurzem als Verschwörungstheorie abgetan. Fest steht allerdings, dass in Wuhan gefährliche Gen-Experimente mit Krankheitserregern gemacht wurden. Internationale Wissenschaftler fordern nun einen weltweiten Stopp dieser hochriskanten „Gain-of-function“-Forschung. Wir dokumentieren ihren Aufruf.

Cicero Cover 12-24

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

In Anlehnung an die Göttinger Erklärung von 1957, in der führende Naturwissenschaftler vor den Gefahren der nuklearen Bewaffnung warnten, haben Forscher aus Deutschland, den USA und anderen Ländern eine eindringliche Warnung vor biotechnologischen Experimenten mit pandemiefähigen Viren unterzeichnet. Sie unterstützen damit den Hamburger Physikprofessor Roland Wiesendanger, der die deutsche Öffentlichkeit vor den Gefahren der sogenannten „Gain-of-function“-Forschung gewarnt hat, aber bislang meist als Einzelkämpfer und Querulant abgetan wurde. Wiesendanger hat den internationalen Aufruf initiiert und organisiert.

Hamburger Erklärung 2022 

zur weltweiten Beendigung der hoch risikoreichen „Gain-of-function“-Forschung an Krankheitserregern mit weltweitem Pandemie-Potential

Im Bewusstsein des Auftrags und der Verantwortung von Wissenschaft und Forschung, dem Wohle der Menschheit zu dienen, nach Wahrheit zu streben und die gewonnenen Erkenntnisse der breiten Bevölkerung zu vermitteln, möchten die Unterzeichner dieser Erklärung auf eine große Bedrohung für das menschliche Dasein aufmerksam machen, welche sich in den vergangenen Jahren durch neuartige biotechnische Verfahren zur Veränderung gefährlicher Krankheitserreger ergeben hat. 

Durch die sogenannte „Gain-of-function“-Forschung werden natürlich vorkommende Viren durch Veränderungen der Gensequenz so angepasst, dass ihr Andocken an und Eindringen in menschliche Zellen erleichtert wird. Dadurch entsteht ein enormes Potential einer Pandemie, auf welches verantwortungsvolle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in den vergangenen zehn Jahren immer wieder hingewiesen haben. Solche Forschungsarbeiten wurden in den letzten Jahren an verschiedenen hoch gefährlichen Krankheitserregern wie Vogelgrippeviren und SARS-artigen Coronaviren durchgeführt, was in der Fachliteratur dokumentiert ist. Viele dieser Arbeiten entstanden auch im Rahmen öffentlich geförderter Forschungsprojekte.

Die gegenwärtige Corona-Pandemie zeigt klar, was es heißt, wenn Krankheitserreger extrem leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind. Wir haben weltweit Millionen von Verstorbenen zu beklagen und Milliarden von Menschen sind in ihrer Existenz bedroht oder haben diese gänzlich verloren. Der enorme Schaden für die Menschheit entstand, obwohl die Sterblichkeitsrate des SARS-CoV-2 Virus lediglich im Prozentbereich liegt.

Es gibt Hinweise darauf, dass in diversen Biotechnologielaboren der Welt sehr viel gefährlichere Viren wie MERS-, Ebola- oder Nipah-Viren gentechnisch manipuliert werden. Der Ausgang solcher Experimente ist oftmals schwer oder gar nicht vorhersagbar. Kein Biotechnologielabor der Welt ist jedoch sicher genug, um einen Austritt solcher gentechnisch veränderter Viren garantiert ausschließen zu können. Ein Katastrophenfall könnte für einen substantiellen Anteil der Weltbevölkerung tödlich enden, insbesondere, wenn eine Übertragbarkeit hochgefährlicher Viren über die menschlichen Atemwege durch gentechnische Veränderungen erleichtert wird.

Lesen Sie auch zum Thema:

Wir als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind uns der Bedeutung der Freiheit von Wissenschaft und Forschung bewusst. Dennoch appellieren wir an alle Politiker und Politikerinnen der Welt, dafür Sorge zu tragen, diese „Gain-of-function“-Forschung an Krankheitserregern mit weltweitem Pandemie-Potential umgehend zu beenden. Das mit dieser Forschung einher gehende Risiko und das Potential der Auslöschung großer Teile der Weltbevölkerung sind nicht weiter verantwortbar. Wir fordern, dass der Stopp durch eine unabhängige internationale Aufsichtsbehörde kontrolliert und kontinuierlich überwacht wird.

Unabhängig von der Staats- und Regierungsform der Länder dieser Erde muss es das Anliegen jeder verantwortungsvoll handelnden Führungspersönlichkeit sein, zum Wohle der Bevölkerung des eigenen Landes, aber auch der Menschheit als Ganzes beizutragen. Der Mensch hat gelernt, in die molekularen Grundbausteine des Lebens einzugreifen. Daraus ergeben sich viele Chancen zur Verbesserung menschlichen Lebens, aber auch eine große Verantwortung zum Erhalt der Schöpfung. Nehmen wir diese Verantwortung ernst, bevor es zu spät ist.

Roland Wiesendanger, Prof. Dr. Dr. h.c., Nanoscientist, University of Hamburg, Germany (Organizer)

Hiroshi Arakawa, Dr., Institute of Molecular Oncology, IFOM, Milan, Italy

Ute Bergner, Dr., Physicist, Jena, Germany

Valentin Bruttel, Dr., Immunologist, University of Würzburg, Germany

Colin Butler, Hon. Prof. Dr. Dr., Epidemiologist, Australian National University, Canberra, Australia

Lounes Chikhi, Dr., Population Geneticist, CNRS, Paul Sabatier University, Toulouse, France

Jean-Michel Claverie, Prof. Dr., Dept. of Medicine, Aix-Marseille University, Marseille, France

Fabien Colombo, Communication and Sociology of Science, Université Bordeaux Montaigne, France

Malcolm Dando, Prof. Dr., Section of Peace Studies and International Development, University of Bradford, United Kingdom

Étienne Decroly, Prof. Dr., Member of the Board of Directors of the French Virology Society, CNRS Director of Research, AFMB lab, UMR7257, Aix Marseille Université, Marseille, France 

Gilles Demaneuf, Engineer and Data Scientist, Auckland, New Zealand

Richard Dronskowski, Prof. Dr., Institute of Inorganic Chemistry, RWTH Aachen, Germany

Lucia Dunn, PhD, Professor of Economics, The Ohio State University, Columbus, USA

Frank Fehrenbach, Prof. Dr., Faculty of Humanities, University of Hamburg, Germany

André Goffinet, Prof. Dr., Neurobiology, University of Louvain, Belgium

Ingrid Gogolin, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Department of General, Intercultural and International Comparative Education & Educational Psychology, University of Hamburg, Germany

Mai He, Prof. Dr., School of Medicine, Washington University, St. Louis, USA

Martina Hentschel, Prof. Dr., Institute of Physics, TU Chemnitz, Germany

Michael Hietschold, Prof. Dr., Institute of Physics, TU Chemnitz, Germany

Burkard Hillebrands, Prof. Dr., Dept. of Physics, TU Kaiserslautern, Germany

Florence Janody, Dr., i3S-Institute for Research and Innovation in Health, University of Porto, Portugal

Bernd Kaina, Prof. Dr., Institute of Toxicology, University of Mainz, Germany

Hideki Kakeya, Prof. Dr., School of Science and Technology, University of Tsukuba, Japan

Bernd Kretschmer, Dr. h.c., Physicist, Freiburg i. Brsg., Germany

Franz Kreupl, Prof. Dr., Dept. of Electrical and Computer Engineering, TU Munich, Germany

Jonathan Latham, PhD, Executive Director, The Bioscience Resource Project, Ithaca, New York, USA

Milton Leitenberg, Senior Research Fellow, Center for International and Security Studies, University of Maryland, USA

Alexander Lerchl, Prof. Dr., Biology and Ethics of Science & Technology, Jacobs University Bremen, Germany

Alexander Lichtenstein, Prof. Dr., I. Institute of Theoretical Physics, University of Hamburg, Germany

Steven Massey, Prof. Dr., Dept. of Biology, University of Puerto Rico, San Juan, Puerto Rico

Paul-Antoine Miquel, Prof. Dr., Contemporary Biology, Toulouse 2 University, France

Sven-Olaf Moch, Prof. Dr., II. Institute of Theoretical Physics, University of Hamburg, Germany

Michael Morrissey, Dr., Lecturer for English Studies, University of Kassel, Germany

Peter Oppeneer, Prof. Dr., Dept. of Physics and Astronomy, Uppsala University, Sweden

Anja Pistor-Hatam, Prof. Dr., Faculty of Arts and Humanities, University of Kiel, Germany

Arnaud Pocheville, Dr., CNRS Researcher, Evolution and Biological Diversity Laboratory, Paul Sabatier University, Toulouse, France

Steven Quay, MD, PhD, Former Facility, Stanford University School of Medicine, USA

Monali Rahalkar, Dr., Microbiologist, Agharkar Research Institute, Pune, India

Bahulikar Rahul, Dr., Plant Genetics and Taxonomy Expert, Development Research Foundation, Pune, India 

Jürgen Schmitt, Prof. Dr., Dept. of Physics, University of Hamburg, Germany

Nariyoshi Shinomiya, Prof. Dr., President of the National Defense Medical College, Saitama, Japan

Michael Stuke, Prof. Dr., Max Planck Institute for Biophysical Chemistry, Göttingen, Germany 

Günter Theißen, Prof. Dr., Geneticist, University of Jena, Germany

André Thess, Prof. Dr., Engineering Sciences, University of Stuttgart, Germany

Ronny Thomale, Prof. Dr., I. Institute of Theoretical Physics, University of Würzburg, Germany

Michael Thorwart, Prof. Dr., I. Institute of Theoretical Physics, University of Hamburg, Germany

Rémi Tournebize, Dr., Genetics and Human Evolutionary Biology, Instituto Gulbenkian de Ciência, Oeiras, Portugal

Frank Wilhelm, Prof. Dr., Clinical Psychology, University of Salzburg, Austria

Allison Wilson, PhD, Science Director, The Bioscience Resource Project, Ithaca, New York, USA

Michael Winklhofer, Prof. Dr., Institute for Biology and Environmental Sciences, University of Oldenburg, Germany
 

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 23. Februar 2022 - 11:26

Hochachtung für Prof. Wiesendanger, der trotz Diskreditierungsversuchen standhaft geblieben ist. Das völlige Abblocken der chinesischen Regierungsstellen bezüglich der Offenlegung der Krankenakten der ersten Patienten haben sowohl die WHO als auch die angeblichen Fachkollegen nicht davon abgehalten, Persilscheine auszustellen. Und die Rolle der US-Stellen ist ebenfalls weiterhin sehr nebulös.

Tomas Poth | Mi., 23. Februar 2022 - 11:48

Gut das dies erneut thematisiert wird und Wissenschaftler sich für das Ende dieser Forschungsrichtung widersetzen.
Entscheidend wird sein wie Big-Pharma, Big-Finanz und deren Statthalter darauf reagieren.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber der hier gezogene Vergleich zur Göttinger Erklärung läßt nicht viel Hoffnung übrig, oder wie ist das mit der nuklearen Bewaffnung geworden!

Werner Peters | Mi., 23. Februar 2022 - 12:33

Die Sache hat das Zeug zu einer echten Bombe. Mit US-Geld wurde in China hochgefährliche medizinische Forschung betrieben, die in den USA verboten ist. Was sagt Herr Biden dazu ?

Bernhard Kaiser | Do., 24. Februar 2022 - 01:22

Antwort auf von Werner Peters

Die Frage ist eher, was der Herr Fauci dazu sagt, denn er und sein NHI Institut haben genau solche Forschungen in dem Wuhan Labor mit finanziert ...

Christa Wallau | Mi., 23. Februar 2022 - 13:28

möchte ich meinen Dank aussprechen. Ich hoffe inständig, daß ihre Appell auf offene Ohren stößt.
Ähnlich wie Giftstoffe sind todbringende Viren in der Lage, die Menschheit irreversibel zu schädigen, ja sogar weitestgehend zu vernichten.
Vor solchen Szenarien kann einem nur angst und bange werden!
Die Klimaveränderungen mit ihren Folgen scheinen mir im Verhältnis dazu relativ harmlos zu sein.
Neben den Viren sind es die Bakterien, die uns mehr Sorgen machen müßten. Dringend gilt es, mehr zu forschen, um der zunehmenden Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika mit neuen Mitteln begegnen zu können.

Daher fordere ich von der Politik in Deutschland: Kein Cent darf mehr für Gender-, Gleichstellungs-, und ähnliche Unsinnsprogramme ausgegeben werden, sondern die biologische Grundlagenforschung muß massiv gestärkt werden!

ABER biologische - eben diese Grundlagenforschung und somit dieser Wissensdrang - sind doch die Ursache auch unserer Probleme.
Ist die Quelle diese Finanzen unwesentlich ?

Wer hat denn die auf diesem Gebiet tätigen Labore (in Deutschland) z.B. in Freiburg i.Brg. mit den notwendigen Finanzen und Wissen (und Sicherheitsgebäuden) ausgerüstet ?

Heidemarie Heim | Mi., 23. Februar 2022 - 15:23

Hoffentlich wird diese von so vielen honorigen Vertretern*innen aus Wissenschaft und Forschung unterzeichnete Erklärung, welche noch! die Freiheit und Kritikfähigkeit besitzen eine solche abzugeben, weltweit Beachtung findet! Solche "Seuchen-Experimente" überschreiten m.E. ethische Grenzen, denen auch die Wissenschaft und Forschung verpflichtet ist. Jede Regierung oder Organisation, die solch die Menschheit gefährdenden Experimente stützt oder gar in ihren geheimen (Waffen)Laboren entwickeln lässt, sollten einer weltweiten Ächtung unterliegen. Doch wer die zu allem fähige Menschheit kennt weiß, das dies wohl (m)ein utopischer Wunschgedanke bleiben wird. MfG

Ernst-Günther Konrad | Mi., 23. Februar 2022 - 17:18

Danke, das Ihr am Ball bleibt. Habe den Inhalt dieses Artikel bereits in zwei Podcasts im Interview mit Prof Wiesendanger gehört und hoffe, dass sich endlich weitere Wissenschaftler "outen" und das Ansinnen unterstützen. Abgesehen von Corona - ist diese Art der Forschung - menschenverachtend und menschenvernichtend - und wird niemals kontrollierbar sein. Es sind letztlich Biowaffenforschungen, auch wenn es angeblich unter dem Deckmäntelchen der Forschung für die Gesundheit stattfinden soll.
Die Natur hat Gesetze, der folgt sie von Gott gegeben und der Mensch bleibt unvollkommen, diese Naturgesetze verändern zu können.
Deshalb ist nicht nur die weltweite Ächtung solcher Forschung zu fordern, durchzusetzen und durch neutrale Institutionen zu überwachen, sondern auch das Ganze transparent den Völkern zu vermitteln. Was Fauci, Drosten, Daszak und andere anbetrifft, so gehören alle vor Gericht gestellt und ich hoffe, dass die US-Justiz damit beginnt, sie anzuklagen und zu bestrafen.

gabriele bondzio | Mi., 23. Februar 2022 - 17:31

Unterschreibe ich ohne zu zögern. Es fällt mir kein einziger guter Grund ein, wozu potenziell gefährliche Gentechnik-Experimente mit Coronaviren nützlich wären.

Wolfgang Fengler | Mi., 23. Februar 2022 - 18:40

Zutreffend ist, dass bestimmte Staaten bestimmte Forschungsgebiete nicht "weiter verfolgen" dürfen, weshalb die jeweiligen Forscher dann auswandern.
Ihre Behauptung, "mit US-Geld wurde in China hochgefährliche medizinische Forschung betrieben, die in den USA verboten ist" hätte ich gleichwohl gerne mit einer Quelle unterfüttert.
Ansonsten bleibt dies eine Behauptung ohne Beweis, also reine Spekulation.

Bernhard Kaiser | Do., 24. Februar 2022 - 01:39

"Wir haben weltweit Millionen von Verstorbenen zu beklagen und Milliarden von Menschen sind in ihrer Existenz bedroht oder haben diese gänzlich verloren. Der enorme Schaden für die Menschheit entstand, obwohl die Sterblichkeitsrate des SARS-CoV-2 Virus lediglich im Prozentbereich liegt."

Der "enorme Schaden" entstand durch die von den Regierungen und der WHO erlassenen Maßnahmen, nicht durch das Virus!

Im Übrigen wird dieser Appell die Chinesen bzw. die CCP wenig interessieren, die machen in Wuhan und anderswo weiter wie gehabt, bis zum nächsten Labor Leak!