unruhen-washington-dc-capitol-donald-trump
Kongressabgeordnete gehen in Deckung vor Trump-Anhängern im Sitzungssaal / dpa

Massive Ausschreitungen in Washington D.C. - Demokratie am Boden

Schockierende Szenen spielen sich in der US-Hauptstadt Washington D.C. ab. Aggressive Trump-Anhänger haben das Capitol gestürmt und verhindert, dass die Wahl Joe Bidens zum nächsten US-Präsidenten bestätigt werden konnte. Kurz zuvor hatte Donald Trump die Menge noch aufgeheizt. Es soll eine Tote geben.

Cicero Cover 01-25

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Ein wütender Mob von Trump-Anhängern hat am Mittwoch in das Capitol-Gebäude in Washington D.C. gestürmt und dafür gesorgt, dass die Auszählung der Wahlstimmen des Electoral College durch den Kongress gestoppt werden musste. Eigentlich hätte die Wahl des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Joe Biden, bestätigt werden sollen. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Während im Kongressgebäude die Stimmen unter der Aufsicht von Vize-Präsident Mike Pence ausgezählt wurden, sprach der amtierende US-Präsident Donald Trump vor Tausenden seiner Anhänger und peitschte die Menge auf. Immer wiederholte er in seiner Rede seine Lüge von der gestohlenen Wahl. Er griff „Fake Media“ an und sagte, dass selbst in Ländern der dritten Welt die Wahlen ehrlicher seien als in den USA. Man werde das nicht mehr hinnehmen.

Rede ab: 02:51:00

 

Was anschließend folgte, erschüttert die amerikanische Demokratie zutiefst und hält die Welt in Atem. Es sind Szenen von Gewalt und Chaos. Menschenmassen stürmten den Capitol Hill, schlugen Scheiben des Kongressgebäudes ein, brachen Türen auf und drangen ein.

 

 

Die Sitzung zur Auszählung wurde unterbrochen. Historischer Ausnahmezustand. Senatoren schlossen sich im Sitzungssaal ein, wurden angewiesen, Gasmasken aufzuziehen. Sicherheitsbeamte sicherten die Türen mit gezogenen Schusswaffen.

 

 

Währenddessen Szenen von Trump-Anhängern, die sich heftige Kämpfe mit der Polizei lieferten. Mindestens eine Frau wurde offenbar niedergeschossen und befand sich in kritischem Zustand. Erste Medien berichteten dann, dass die Frau inzwischen verstorben sein soll. Mehrere Personen verschafften sich Zutritt zum Sitzungssaal und posierten auf dem Podium.

 

 

Andere Personen teilten Fotos und Videos von sich selbst, wie sie in Büros von Kongressabgeordneten posieren und triumphieren.

Außerhalb des Capitols wurden auch Journalisten bedrängt, beschimpft und angegriffen. Kamera-Equipment wurde zerstört unter „Fuck Fake News“-Rufen.

Der Republikanische Senator Mitt Romney rief außer sich vor Wut: „Das hat der Präsident heute verursacht, diesen Aufstand."

Nachdem er zunächst eine ganze Weile im Oval Office verweilte, forderte der scheidende US-Präsident Donald Trump seine Anhänger dann doch noch per Videobotschaft über Twitter auf, nun nach Hause zu gehen. Zugleich bekräftigte er aber seine Behauptungen von einem vielfach widerlegten Wahlbetrug und bezeichnete seine Unterstützer als „sehr besondere“ Leute, deren Gefühle er sehr gut verstehen könne. „Ich kenne euren Schmerz. Ich weiß, dass ihr verletzt seid. Aber ihr müsst jetzt nach Hause gehen“, sagte er. Man könne „diesen Leuten“ jetzt nicht in die Hände spielen. Man müsse Frieden haben. Und schließlich: „Wir lieben euch. Ihr seid sehr besonders.“

Politiker aller Parteien in den USA und Politiker auf der ganzen Welt zeigten sich schockiert und riefen Donald Trump auf, seine Wahlniederlage zu akzeptieren und für eine friedliche Machtübergabe zu sorgen. Auch der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich hoch besorgt.

Der gewählte Präsident Joe Biden hielt eine Rede, in der er die gewalttätigen Ausschreitungen scharf verurteilte.

 

Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Markus Michaelis | Do., 7. Januar 2021 - 01:48

Demokratie lebt davon, dass auch andere Gruppen an die Macht kommen können und das geht nur, wenn ein Mindestmaß an Vertrauen zwischen den Menschen/Gruppen vorhanden ist. Vertrauen in die Institutionen alleine reicht auf längere Sicht nicht, weil die am Ende durch Menschen repräsentiert werden. Haben die Menschen kein Vertrauen darin, dass der Gegner nicht überzieht, wenn er an der Macht ist, wankt die Demokratie. Das wurde Schritt für Schritt schon länger ausgehölt, Trump war nochmal ein großer Schritt und jetzt der Angriff auf die Kerninstitution - das Vertrauen dürfte inzwischen irgendwo unter Null liegen.

Kein guter Tag für die Demokratie.

In der DDR gab es bekanntlich mehrere Stürme auf Stasi-Zentralen, was wohl genauso tabuisiert gewesen ist. Ich vermute, dass allerdings die Motivation eine andere war. Beim Sturm auf die Stasi-Zentrale mussten die Beteiligten vorher sicher ihre Angst überwinden, während ich mir nicht vorstellen kann, dass das so beim Sturm auf die Treppe des Bundestages oder beim Kapitol war. Eher Unbekümmertheit. Was sagt uns das? Vielleicht das der Respekt vor den Institutionen der Demokratie in die Binsen geht. Etwas ähnliches dürften die Angriffe auf Bürgermeister sein, aber von anderen Akteuren auch: der Angriff auf Polizisten, Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter. Ich weiß nicht ob das früher anders war, aber zur Zeit fällt das auf. Ich vermute, dass das ein Zeichen dafür ist, dass die Demokratie sich bewähren muss, was durchaus möglich ist. In der Weimarer Republik gelang das nicht und so scheiterte sie. Ich sehe das noch nicht für uns, bsw in der USA bewährte sie sich.

Ernst-Günther Konrad | Do., 7. Januar 2021 - 07:29

Das Trump bis gestern und auch später behauptet, die Wahlen seien manipuliert und dies rechtlich überprüfen lässt, ist sein gutes Recht. Das er aber mit seinen Reden und seinen Twitter Auftritten einen gewaltbereiten kleinen Teil seiner Anhänger, indirekt zu gewaltsamen Protest auffordert oder keine deutliche Ansage macht, sich gegen eine Erstürmung des Capitol zu stellen, verschafft ihm einen miserablen und Abgang. Das dieser Protest auch noch bewaffnet stattfindet hat tatsächlich den Anschein eines Putsches. Es bleibt zunächst abzuwarten, ob und wer, bei welcher Handlung zu Tode gekommen oder verletzt wurde. Der Zorn der Bürger wurde aber nicht allein von Trump verursacht, sondern auch von Medien, die friedliche und überzeugte republikanischen Wähler per se zu rechtsextremen Nationalisten erklärten und selbst viel ÖL ins Feuer geschüttet haben und damit den Fanatikern das Feld ebneten. Das entschuldigt an keiner Stelle die Gewalt, sie erklärt sie aber an der oder anderen Stelle.

Es waren also die vom Foristen anderswo als "asozial" bezeichneten Mainstreammedien, die die Hauptschuld an den gestrigen Ausschreitungen trugen! Nicht etwa die Chaoten - darunter rechtsextreme Militia - die meinten, sie könnten das Capitol erstürmen und die Demokratie beseitigen. Und schon gar nicht Donald Trump, eine offensichtlich gestörte Persönlichkeit, der seit vier Jahren nichts anderes macht, als zu hetzen und gestern seine Anhänger a u s d r ü c k l i c h aufforderte, Richtung Capitol zu marschieren!

Wer sich allerdings vier Jahre ständig über das "Trump-Bashing" auch der deutschen Presse echauffiert, ansonsten aber jede Menge Verständnis (wenn nicht gar Sympathie) für den antidemokratischen Narzissten im Weißen Haus zeigt, und die darüber berichtenden Medien generell als manipuliert ablehnt, muss wohl zu einem solch denkwürdigen Ergebnis kommen.
Da gibt es gar nicht rumzudeuteln: Es gibt nur einen Verantwortlichen für die skandalösen Vorgänge: Donald J. Trump.

helmut armbruster | Do., 7. Januar 2021 - 08:16

das zeigt wie viele Amerikaner ticken. Ich sage mit Absicht ticken und nicht denken.
Das Land, welches "freedom und democracy" in die ganze Welt exportiert hat und den Gedanken, dass die Welt das zu ihrem Wohl brauche seit Jahrzehnten propagiert, hat selbst eine großen Bevölkerungsteil, der offenbar keine Ahnung hat, was Demokratie ist.
Vielleicht sollten die Amerikaner zuerst ihr eigenes Land in Ordnung bringen bevor sie andere mit ihrer "democracy" beglücken.

Urban Will | Do., 7. Januar 2021 - 08:33

Trumps Präsidentschaft begann mit Hass. Damals meldeten die einseitig gepolten Medien – als Steine flogen und viel zu Bruch ging, als „not my president“ geschrien wurde – „Anti – Trump“ - Proteste. So hätten sie gestern – bitte nicht ernst nehmen – eigentlich „Anti – Biden – Proteste“ melden müssen.
Diese Einseitigkeit aber, ist leider Fakt.
Man hat Trumps demokratische Wahl – wenn auch in „milderer“ Form – nicht, eigentlich nie akzeptiert.
Trump musste einen Großteil seiner Energie immer einsetzen, all den Hass, den seine Gegner über ihn ausschütteten, abzuwehren. Dies tat er ebenfalls mit viel „Hass“.
Aber dass er seine Abwahl als „großes Finale“ dieses jahrelangen Hasses, nicht akzeptiert, ist ebenso ein Fehler, wie es ein Fehler war, nie einen Weg zu suchen, diesen Hass zu beenden. Diesen Fehler machten auch seine Gegner, die nie nur Gegner waren, sondern Feinde.
All das aber entschuldigt nicht, was da gestern passierte.

Biden und Amerika stehen vor einem Scherbenhaufen.

Gott sei Dank sind aber mit Joe Biden und Kamala Harris keine "Hardliner" der Demokraten gewählt worden.
Ich bin zuversichtlich, dass die beiden Politiker eben Politik wieder zurückbringen und damit auch politische Kultur, wie sie die USA auch unter Obama kannten.
Das vermag nicht jeder und war ganz sicher einer der ganz großen Schwachpunkte von Trump.
Aber trotzdem hatte ich auch genau diese Bibelstelle im Kopf, die aber eben gar nichts entschuldigt.
Es wird also auf beide Lager ankommen, wieder miteinander auszukommen. Joe Biden steht für die ganze USA.
RESPEKT

Der Hass war und ist auf beiden Seiten. Schon in der Wahlnacht ging das gekeife los "der Russe" ist schuld völlig ausblendent von der "Hollywood-Elite" und den "guten Medien" dass eben Hillary nicht die supertolle Lichtgestalt war. Der Hass der Herrn Trump von Stund an fast medienübergreifend entgegen schlug war um keinen Deut besser als das was die Trump-Seite ablieferte. Aber halt doch einmal wurde er vom "Gegner" und medienübergreifend gelobt und zwar als er auf ziemlichen Druck die "Mutter aller Bomben" in Syrien einsetzte. Denn merke wenns um Militär, Bomben und Krieg geht (und NS 2) da ist man sich schnell einig, siehe der gerade verabschiedete Militärhaushalt.

Steinmeier erkannte Trump als Hassprediger.Er konnte und wollte genauso wenig auf Staatsbesuch nach USA,wie zuvor Gauck nach Rußland.Nun wird Steinmeier auch nicht auf Staatsbesuch nach Rußland gehen,aber vielleicht in die USA nach Trump.Wie lange ist Steinmeier noch im Amt? Wenn LePen in Frankreich gewählt werden sollte,kann kein Bundespräsident nach Frankreich...oder Polen,oder Ungarn...oder etwa Türkei??? Und so weiter und so fort,Blablabla. Zu Francos und Salazars Zeiten besuchten die sich alle drei Jahre gegenseitig.

Jürgen Lehmann | Do., 7. Januar 2021 - 10:54

Nicht nur seit TRUMP, sondern auch schon vorher, wird in den USA die Demokratie mit „Füßen getreten“. Jedoch Hass gegen einen Politiker zu haben ist unsinnig und spricht nicht gerade von der Intelligenz der „Hasser“.
Bei Trump kann man eine „totale Abneigung“ gegen einen sehr simpel agierenden Politiker empfinden.
Erstaunlich ist es, dass trotzdem viele (nicht nur Amerikaner) Vertrauen in diesen Mann gesetzt haben.
Die von uns, wegen fehlendem Demokratie-verständnis verurteilten Länder haben durch die USA ein Beispiel erhalten, dass es noch andere Wege gibt als eine Scheindemokratie amerikanischen Couleurs.

Heidemarie Heim | Do., 7. Januar 2021 - 11:36

Ich weiß nicht ob dies der richtige Begriff ist für das was die Welt gestern verfolgen konnte, aber damit konnte man fast rechnen, so man denn die vorherigen Zeichen und Ankündigungen ernster genommen hätte. Es ist nicht damit getan nun erschütterte Kommentare über die Erstürmung altehrwürdiger Institutionen abzugeben oder die Demokratie schon zerschmettert am Boden liegend zu sehen. Vielmehr wäre eine ehrliche Analyse angebracht wie das Ganze zustande kam. Zwei Parteien im Ringen um die Macht und ihre Anhänger, eine elitäre Oberschicht in beiden Lagern, eine abhanden gekommene Mittelschicht, dafür aber immer mehr Unterschicht und Abgehängte mit schlechter Bildung, mangelhaftem Sozialsystem und 2-3 Jobs um das Leben führen zu können was für ihre Eltern z.B. mit einem Job bei Chrysler vor 30 Jahren selbstverständlich war inklusive Aufstiegschancen. Die sich Trump anvertrauten, so wie viele Schwarze damals auf Obama hofften im Kampf gegen die auf sie herabblickenden Eliten in DC. MfG

Klaus Funke | Do., 7. Januar 2021 - 12:52

Demokratie in den USA? Das Mutterland der Demokratie womöglich? Dieses Land ist eine reine Plutokratie mit rassistischer Ausrichtung. Wie erleben gerade den Abgesang einer Weltmacht. Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber wenn man den Untergang der antiken Weltmacht Rom analysiert, findet man auffällige Parallelen. Zwar wird der Untergang der USA von globalen Erschütterungen begleitet sein, aber er hat bereits begonnen. Da ist nichts mehr zu retten. Wer da jetzt noch von Demokratie faselt, welche zu retten oder zu reformieren wäre, dem ist nicht zu helfen. Und Joe Biden als Retter? Vollkommen abwegig. Biden wird den Abwärtstrend noch beschleunigen und dann kommt Trump die 2. und dann ist Feierabend. Wetten? Die Damen und Herren der Antlantikbrücke stehen auf verlorenem Posten, wie die Marineoffiziere auf der Titanik. "Eisberg in Sicht!" Und dieser Eisberg wird China sein. Ein Sechstel zu sehen, das andere treibt unsichtbar heran. Wenn wir nicht aufpassen, saufen wir mit ab.