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Auch asiatische Demokratien wie Südkorea sind erfolgreicher im Kampf gegen Corona / dpa

Corona und der epidemische Orientalismus - Warum wir von Asien noch immer nicht lernen wollen

Der Westen versagt im Umgang mit der Corona-Pandemie und stolpert von Lockdown zu Lockdown. Statt von asiatischen Ländern zu lernen, werden dortige Erfolge reflexhaft abgelehnt. Schuld ist ein folgenschweres vermeintliches Überlegenheitsgefühl. Warum es uns so schwerfällt, zu lernen.

Maximilian Mayer

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Maximilian Mayer ist Junior-Professor für Internationale Beziehungen und globale Technologiepolitik am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.

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Ein Déjà vu. Europa hat sich wieder selbst lahm gelegt. Dabei sollte gerade das nach dem ersten Lockdown im Frühjahr um jeden Preis verhindert werden. Was ist schief gelaufen beim Umgang mit der Corona-Pandemie? Am Herbstwetter alleine kann es nicht liegen. Mit der Euphorie der Sommermonate, als Deutschland vom Rest der westlichen Welt für seine niedrige Corona-Fallsterblichkeit gepriesen wurde, ist es jetzt vorbei. Egal welchen Indikator man heranzieht, es lässt sich kaum von der Hand weisen: die europäischen Pandemie-Strategien sind gescheitert.

Die aktuelle Kritik am Pandemie-Management fokussiert sich auf vermutete Verfassungsbrüche, den mangelhaften Schutz vulnerabler Gruppen, die Belastung für Kulturschaffende, Kleinbetriebe und Selbstständige, und die Frage, wie lange der Finanzminister Olaf Scholz die Kurzarbeit und Insolvenzverschleppung noch bezahlen kann. Alles wichtige und legitime Fragen. Nur müssten wir sie vielleicht nicht stellen, hätte man schon vorher eine robuste Manöverkritik gewagt und die epidemische Entspannungsphase zwischen den beiden Wellen nicht ungenutzt verstreichen lassen.

Lockdown-Eiertanz im Rest der Welt

Vor allem ist die systematische Auseinandersetzung mit erfolgreichen asiatischen Strategien der Corona-Bekämpfung unterblieben. Zum genauen Hinsehen gab und gibt es gute Gründe. In Taiwan starben gerade mal sieben Menschen an Corona. In Vietnam sind es 35. Seit 200 Tagen sind keine neuen lokalen Ansteckungen in Taiwan entdeckt worden. Südkorea schafft es die täglichen Neuinfektionen bei ca. 100 Fällen zu halten. In beiden Ländern, ähnlich wie in Japan, gab es gar keinen Lockdown. Auch China ist es, bei aller berechtigten Kritik an den anfänglichen Vertuschungsversuchen der Parteiführung in der Provinz Hubei gelungen, mit strikten Maßnahmen das Infektionsgeschehen schnell und vollständig unter Kontrolle zu bringen. Dadurch ist der Ausbruch im Wesentlichen ein lokales Phänomen geblieben.

Chinas Volkswirtschaft boomt wieder. Unbeeinträchtigt vom Lockdown-Eiertanz im Rest der Welt konzentriert sich Peking mit dem eben beschlossenen Fünfjahresplan (2021-2025) darauf, sich endgültig auf die technologische Überholspur zu begeben. Im Großraum Asien, in dem eben ein gewaltiges Freihandelsabkommen unterzeichnet worden ist, blickt man insgesamt ungläubig nach Europa. Gerade Deutschland, das wegen seiner Ingenieurskunst und Philosophie in den asiatischen Ländern große Anerkennung genießt, wurde immer als extrem präzise, geordnet und kompetent gesehen. Wie kann es sein, dass ausgerechnet in Deutschland die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung der Infektionsketten versagen? Mehr noch, dass sich in Teilen der Bevölkerung eine Wissenschaftsskepsis breitgemacht hat?

Debatte über Herdenimmunität fand nicht statt

Tatsächlich haben sich Regierungen in Europa und Asien nach dem Corona-Schock und den ersten Lockdowns für sehr unterschiedliche Strategien entschieden. Das lange Warten bis lokale Hotspots über die Sommerferien außer Kontrolle gerieten, steht dem schnellen „Austreten der Glutnester“ gegenüber. Dem nur begrenzten Einsatz von Tests, vielerorts nicht öffentlich finanziert, stehen die gezielten Massentests finanziert durch die öffentliche Hand gegenüber. Irrationalen Skeptizismus gegenüber Gesichtsmasken gab es in Ostasien nicht. Die eingeschränkte und verzögerte Nutzung digitaler Instrumente, die ja gerade mit der europäischen Datenschutzverordnung unter der Berücksichtigung der Privatsphäre möglich gewesen wäre, steht im Kontrast zum unmittelbaren Einsatz digitaler Plattformen und streng überwachter Quarantäne.

Auch die gesamtgesellschaftliche Haltung gegenüber dem Virus unterscheidet sich. Nach den Erfahrungen der Sars-Epidemie von 2003 wurde in Ostasien die Bedrohlichkeit des Virus in der Bevölkerung kaum angezweifelt. Niemand zog epidemiologische Expertise über den Umgang mit Sars-Cov-2 in Zweifel. Dessen Ausrottung, nicht einfach nur das Abbremsen seiner Verbreitung, wurde zum obersten strategischen Ziel erklärt. Eine Debatte über Herdenimmunität fand nicht statt. Stattdessen ging es den Gesundheitsbehörden in Taiwan und Vietnam um schnelles Reagieren. Bereits Anfang Januar wurde, ohne gesichertes Wissen zu den Übertragungswegen des Keims, ein Gesundheitsscreening für Einreisende aus China eingeführt.

Das eigene Totalversagen

Noch grundsätzlicher ist der Unterschied bei der strategischen Zielsetzung. In Europa gilt selbst die prinzipielle Möglichkeit der Eradikation, also der Keimeliminierung, als schwer vorstellbar und keinesfalls praktisch umsetzbar. Die Ansicht, man müsse mit dem Virus eben leben lernen und letztlich eine Durchseuchung akzeptieren ist unter Expertinnen und Experten weit verbreitet. Das grenzt an Fatalismus.

Rein Faktenbasiert kann man diese Sichtweise nicht bezeichnen, wie die Beispiele in Ostasien beweisen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um Länder mit einer Insellage oder einer autoritären Gesellschaftsstruktur, sondern um auch um liberale Demokratien, mit ähnlicher Bevölkerungsdichte.

Die offenkundig abweichende epidemiologische Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Ostasien ist bisher weder in Talkshows noch bei der zweiwöchentlichen Runde der Ministerpräsidenten gehört worden – weil es die Europäer vermeintlich besser wissen? Das eigene Totalversagen in dieser globalen Krise anzuerkennen, ist unsere Sache nicht. Die logische Konsequenz daraus, die Leuchttürme der Seuchenbekämpfung, ob in Ostasien, Afrika oder Lateinamerika zu imitieren, wird nicht gezogen.

Mysteriöse kulturelle Eigenschaften

Rationale Argumente für die Nichtbeachtung der Eliminierungsstrategie gibt es keine. Natürlich sind Vorbehalte gegen das autoritären China verständlich, doch unterläge das Lernen von Südkorea oder Taiwan und ebenso von Australien und Neuseeland nicht den gleichen ideologischen Sensitivitäten. Die im Kanzleramt beschlossene Rückkehr zum Lockdown schmerzt daher in doppelter Hinsicht.

Statt nach replizierbaren ostasiatischen Konzepten und Instrumenten zu suchen, legt die Politik in einer Verzweiflungstat das Gesellschaftsleben und wichtige Teile der Wirtschaft ein weiteres Mal lahm, vorerst bis Anfang Advent. Und danach? Muss die Lernfähigkeit westlicher Gesellschaften, ein Merkmal der europäischen Aufklärung, grundsätzlich in Zweifel gezogen werden? Die Frage, warum die Europäer nicht von den Erfolgsmodellen in Ostasien, und vielleicht sogar von Chinas Ansatz lernen wollen, bleibt so folgenschwer wie unbeantwortet.

Kommt man in Europa auf die Gründe der ostasiatischen Erfolge zu sprechen, werden meist mysteriöse kulturelle Eigenschaften ins Feld geführt. Asiatische Gesellschaften seien konfuzianisch, kollektivistisch oder autoritär. Die pragmatische Frage, welchen Ansätze sich bei der Pandemie-Bekämpfung als effizient erwiesen haben, wird von der moralischen Schuldfrage nach dem Ursprung des Virus überlagert.

Wir erleben pauschalisierende Beteuerungen unserer europäischen Charaktermerkmale – wir, die Liberalen, Individualistischen, Freiheitsliebenden gegen die angeblich kollektivistischen und staatsgläubig-unterwürfigen Anderen. Ausgeblendet werden zudem die Erfolge von Ländern wie Senegal, Tansania oder Uruguay, die in scharfen Kontrast zu den Katastrophen stehen, die Experten für den globalen Süden vorhergesagt haben.

Der epidemische Orientalismus

Es fällt schwer, diese unerwartete Verschiebung von Realitäten in der Pandemie kognitiv zu verarbeiten. Die schrumpfende Lernfähigkeit deutet auf mehr hin, als eine spontane Form der kollektiven Realitätsverweigerung. In den von der Pandemie gebeutelten euro-atlantischen Gesellschaften – von denen nicht wenige eine humanitäre Katastrophe erleben, wie der Neurochirurg und Medizinreporter Sanjay Gupta mit Bezug auf die USA bei CNN konstatierte – fällt man auf tiefsitzende mentale Muster zurück. Aussagen, die oft ohne genauere Prüfung oder ohne Kenntnisse über die Region getroffen werden, reproduzieren eingefleischte binäre Stereotype, die den europäischen Blick nach Asien und Afrika seit der Kolonialzeit prägen.   

Edward Saïd hat dies als Orientalismus bezeichnet: einen Diskurs, der den „Orient“ als das identitätsstiftende Andere des Okzidents konstruierte. Wir beschreiben das Andere als tribalistisch, rückständig, spirituell, um uns unserer eigenen Identität als individualistisch, fortschrittlich und rational zu versichern. Die „Anderen“ lassen wir bei dieser Darstellung gar nicht erst zu Wort kommen. Orientalismus wird damit, um es in Michel Foucaults Worten zu sagen, zu einem Ausschlussmechanismus aus dem Diskurs.

Von Anfang an war die Pandemiepolitik in Europa von einem derartigen Ausschlussmechanismus geprägt – einem epidemischem Orientalismus. Ostasien, insbesondere China, wurden als Gegensatz zu uns beschrieben; der Infektionsausbruch erschien uns fern, die Maßnahmen dort befremdlich. Und rückständig sowieso. Dabei wurde eine Dichotomie erzeugt: Unser liberales Selbst gegen das autoritär Andere, unsere Freiheitsliebe gegen deren Geist des Kollektivs.

Legitimitätsanspruch von Chinas Regierung gestärkt

Diese Überzeugung hielt uns davon ab, pragmatisch nach Osten (und Süden) zu schauen und best-practice Beispiele zu suchen. Anstelle des offenen Austauschs über alternative Pandemiestrategien stand die Selbstvergewisserung unser Identität im Vordergrund. Die lautstarken Rufe, die chinesische Führung für ihre Fehler zur Rechenschaft zu ziehen, blieben nicht nur wirkungslose Rhetorik. Sie trugen auch dazu bei, von unseren eigenen Fehlern abzulenken. So wurde es versäumt, die heimischen Corona-Maßnahmen und Prozesse substantiell zu verbessern – und damit letztendlich leider auch der Legitimitätsanspruch der chinesischen Regierung gestärkt.

Das ist „Identitätspolitik“ im wörtlichen Sinne, mit der wir uns nicht nur auf einer intellektuellen Ebene beschädigen. Denn ein Diskurs gespickt mit Ignoranz und Vorurteilen hat in der Krise handfeste Konsequenzen. Die Bundesregierung vergeudete beispielsweise viele wertvolle Monate, um schließlich doch einzusehen, dass das vom Helmholtz Institut Braunschweig für Entwicklungsländer entwickelte mobile eHealth System Sormas auch in Deutschland einsetzbar wäre – nachdem es bereits in Nigeria, Ghana und Nepal gegen Covid-19 zum Einsatz kam.

Dynamik globaler Identitätspolitik

Philosophisch betrachtet treten wir dabei hinter unser Selbstbild als aufgeklärte Gesellschaft, die vielfältige Positionen zulässt und miteinander in Dialog bringt, zurück. Das idealisierte Selbstverständnis Europas als Ort des rationalen Austauschs begründeter Meinungen zerschellt am Orientalismus, während die wegen der gescheiterten Eindämmung des Virus notwendig gewordenen massiven Grundrechtseinschränkungen schleichend die Legitimität unserer politischen Systeme und wissenschaftlichen Institutionen erodieren.

Auch global erschwert die Dynamik der Identitätspolitik gegenseitiges Lernen und Kooperationsbemühungen zur Seuchenbekämpfung. Der in China und in abgeschwächter Form auch in Japan und Südkorea aufkeimende „pandemische Nationalismus“ begründet den nationalen Erfolg gegen Corona mit der Überlegenheit des politischen Systems oder der kulturellen Einstellung. Ironischerweise wird so ein neuer „Okzidentalismus“ konstruiert, dem die gleiche Dichotomie Asien/Westen wie dem ursprünglichen europäischen Orientalismus zugrunde liegt.

Auf diese Weise könnte eine anhaltende Reflexionsblockade entstehen: Selbstkritik wird im chinesischen Corona-Triumphalismus verunmöglicht, die sozialen Kosten von Stigmatisierung etwa in Südkorea werden angesichts des viel schlechteren Abschneidens der Anderen im internationalen Pandemie-Wettbewerb verdrängt. Ob dies in Ostasien zu einer ähnlichen Lernunfähigkeit, wie sie sich gerade in Europa beobachten lässt, führen wird, lässt sich gegenwärtig noch nicht absehen. Die Europäer jedenfalls sollten sich besser rasch aus den Fängen des epidemiologischen Orientalismus befreien, um ein weiteres Lockdown Déjà vu zu vermeiden.

Maximilian Mayer ist Junior-Professor für Internationale Beziehungen und globale Technologiepolitik am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.

Marina Rudyak ist akademische Mitarbeiterin am Centrum für Asienwissenschaften und transkulturelle Studien der Universität Heidelberg.

Marius Meinhof ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld.

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Ernst-Günther Konrad | So., 22. November 2020 - 16:57

Wie ruiniert man die Welt wirtschaftlich mit einem Virus und stellt Demokratien in Frage? Man ein Virus "heimlich" frei. Dann eine angebliche Gefährlichkeit in die Welt gesetzt und warten, bis ein deutscher Virologe einen nicht zur Diagnostik zugelassenen PCR-Test bei der WHO zulässt und ihn so in aller Welt darstellt, als ob er verbindlich den "gefährlichen" COVID 19 Virus nachweist. Mit Angst und Hystrie Politiker unter Zugzwang setzen und viel Geld für die Tests, die Forschung nach dem Impfstoff und die Schaffung einer Impfstoffes kassieren und die Politik nebenbei als Menschretter dastehen lassen, weil die mit ihren "Maßnahmen" viele? gerettet haben.
Das Berliner Gesundheitsamt teilt mit: " Die Senatsverwaltung für Gesundheit hat bestätigt, dass PCR-Tests eigentlich nicht in der Lage sind, eine Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes festzustellen." Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/news/berliner-oppositionspolitiker-bezw….

Heidemarie Heim | So., 22. November 2020 - 17:03

Das ganze gepaart mit Ignoranz lässt Einen ganz sicher auf die Nase fallen! Auf uns bzw. Europa bezogen waren wir Deutschen wohl der berühmte Einäugige unter den Blinden mit unseren beneidenswert niedrigen Zahlen. Heute morgen im Presseklub konnte man auch sehen, wie die gleichen Leute, die demonstrierende Kritiker sofort als Covidioten abqualifizierten und deren Rechte am liebsten beschneiden oder aussetzen würden, beim Thema Nachverfolgungsstrategien der uns digital weit davongeeilten Asiaten, sofort dicht machten, ihr Recht auf geheiligen EU-Datenschutz aufs heftigste verteidigten und den dort "minderwertigen", weil Diktaturen schaffenden! ohne wenn und aber ablehnten. Da war es deutlich, das Vertrauen in unsere Demokratie! Bei FB, NSA &Co gibt man bereitwillig seine Daten preis, nicht jedoch einem deutschen Gesundheitsamt, gar dem eigenen Staat! Über den sich in seinem Versagen im gleichen Atemzug wiederum alle einig waren! Wie nennt sich die Krankheit? Morbus Germanitis;)?

im Gegenteil. Sie wirkten eher als Bremser.
Deren Strategie? Corona gar nicht beachten. Ist ja nicht weiter schlimm.

Den rechtsextremistischen Trittbrettfahrern, die meinten, sie könnten die Bevölkerung gegen die Regierung mobilisieren - indem man dieser Versagen oder diktatorisches Verhalten vorwirft - dürfte Corona selbst ziemlich Wurscht sein.

Es lohnt ein Blick, warum die Asiaten so erfolgreich waren. Ganz einfach: Da wird gehandelt. Da werden Freiheiten (vorübergehend) eingeschränkt. Da trägt jeder Maske. Da nutzt jeder eine App.
In der Regel diskutiert da keiner, weil jeder die Sinnhaftigkeit erkennt. In Ländern wie China kommt eine ganz Portion Druck hinzu. In anderen osteuropäischen Ländern der gemeinsame Wille, die Pandemie zu beherrschen, wenigstens einzuschränken.
Und Deutschland? Auf die Querulanten-Demonstranten nimmt man viel zu viel Rücksicht. Was diese wiederum dadurch danken, dass sie bereits das Tragen einer leichten Stoffmaske als "Corona-Diktatur" verteufeln.

Wir sind als Gesellschaft heterogener und damit weniger harmonisch. Das Fehlen einer proaktiven Teststrategie und die organisatorische Aufstellung dafür, ( Personal, IT und Sachmittel ) während der letzten 6 Monate ist Staatsversagen, ist Arbeitsverweigerung der Behörden. Dafür müssen wir alle büßen und bezahlen, was wiederum die Verärgerung breiter Bevölkerungsschichten verstärkt. In meiner Lokalzeitung (Landeshauptstadt) war letzte Woche zu lesen, dass die Stadtverwaltung die Möglichkeiten für Home-Office für Verwaltungsangestellte nur geringfügig ausnützen könnte, weil Serverkapazitäten, Endgeräte und Personal für IT-Support fehlen. Neue Computer sollen seit Monaten bestellt sein (sic!) Man kann die Leute auf der Führungsebene nicht respektieren.

Heidemarie Heim | Mo., 23. November 2020 - 18:13

Antwort auf von Bernhard K. Kopp

Das ist wohl so lieber Herr Kopp! An sich bin ich sehr für Harmonie und Verständigung unter uns Heterogenen;), aber was insbesondere die augenscheinlich verheerende Kommunikation zwischen "Führung" und den Bürgern betrifft, brauchen wir demnächst alle Zervikalstützen zur Behandlung unserer Schleudertraumata;). Nicht nur, das man einen ganzen Sommer lang scheinbar dachte mit dem bisherigen Schema F gegen die nächste Winterwelle gewappnet zu sein, man unternahm sehenden Auges nichts Substanzielles außer die Anordnungen gerichtsfester zu machen und mit Milliarden um sich zu werfen, die entweder nicht abgerufen werden oder die darbenden Dienstleister/Kleingewerbe usw. nicht erreichen weil wohl noch kein passendes ANTRAGSFORMULAR verfügbar ist! Was denken Sie Herr Kopp, wie unharmonisch es bei uns erst wird, wenn wir die Endabrechnung für das Ganze präsentiert bekommen? Und wir uns dann das Ganze noch nicht mal mehr schön trinken können weil unsere Stammkneipe über den Jordan gegangen ist;)

Ja, in einer autoritären Gesellschaft kann es mehr Sicherheit geben. Nein, ich möchte trotzdem in keiner autoritären Gesellschaft leben. Was lernt man heutzutage eigentlich auf der Uni?

damit es auch jedermann versteht: dass der Westen unter allen Titeln ein "Auslaufmodell" ist und die Musik künftig im Reich der Mitte spielt, was er demutsvoll zur Kenntnis nehmen und widerspruchslos akzeptieren sollte.

[PS: Soweit an mir denke ich nicht mal im Traum daran, damit auch das klar ist.]

In Südostasien hat man mit Pandemien deutlich mehr Erfahrungen. Da tragen die Menschen als Rücksicht auf ihre Mitmenschen auch bei einer normalen kleinen Erkältung schon selbstverständlich eine Maske. Ind zwar überall, Im Büro, Schule, auf der Strasse, etc. Bei meist 100% Luftfeuchtigkeit ist das auch nicht angenehmer als bei uns. Man tragt sie aus Rücksicht, um niemandem anzustecken. Man haltet automatisch mehr Abstand, wenn man krank ist und generell wird deutlich mehr an die Auswirkungen von sich auf die Mitmenschen gedacht, als an den eigenen Nachteil.
Im Wohlstand sind uns Länder wie Singapur, Taiwan und Südkorea so meilenweit voraus, dass es sich auch auf die Bildung massiv durchschlägt. Solche Gruppen wie Querdenker oder Zweifler des menschlichen Klimawandels gibt es dort nicht, die Ansichten sind einfach zu absurd., als dass sie ernsthaften Zuspruch erfahren.

Tomas Poth | So., 22. November 2020 - 20:05

Was sind, waren den die asiatischen Strategien? Wird hier leider nicht aufgezählt!
Oder melden diese Länder ihre PCR-Testfälle einfach nicht mehr?
Das bleibt bei dieser Schelte leider völlig offen.

Reinhard Oldemeier | So., 22. November 2020 - 20:38

Die erste Frage was uns der Author damit sagen?
1: Die Asienstaaten haben mehr Disziplin, was Regeln und Hygiene angeht. 2. Europa sollte von Asien lernen was das Zusammenleben der einzelnen Bevölkerungsgruppen angeht und deren Verhalten. 3. Der Staat hätte sich besser vorbereiten können, weil er schon vorher wusste das eine zweite Welle kommen wird.
Kontakte in Asien werden anders gepflegt dort gilt das umarmen, Hand geben, ja sogar der direkte Augenkontakt als unschicklich. Hygiene sind dort ein Ritual. das Maske tragen auch.Es stimmt unsere Gesellschaft ist nicht homogen, selbst Neuseeland oder Australien betreiben eher eine selektive Einwanderungspolitik. Auf der anderen Seite treibt die deutsche Politik die Orientalisierung regelrecht voran, sekundiert von den Medien. Des Weiteren redet man von der Digitalisierung, aber nur in Sonntagsreden. Der Datenschutz braucht nicht gelockert werden, aber der Datenaustausch kann mit Hilfe der Datensparsamkeit in Einklang gebracht werden.

Christoph Kuhlmann | Mo., 23. November 2020 - 03:48

Damit ist zur Bekämpfung der Pandemie der Verzicht auf genau die Werte notwendig, die von nahezu allen Parteien als Grundlage ihrer Weltsicht vertreten werden. Hinzu kommt ein irrationales Moment, dass ausgerechnet in einem Milieu signifikant ist, welches der Offene Gesellschaft Karl Poppers eher skeptisch gegenüber seht. Der Individualismus bringt auch einen Skeptizismus gegenüber einer Wissenschaft mit sich, die als interessegeleitet und ideologisch verblendet wahrgenommen wird und somit jede Autorität bei Teilen der Bevölkerung verloren hat, ebenso wie die Vertreter der Offenen Gesellschaft in der Politik. Es handelt sich hierbei um 20-30% der in Deutschland lebenden und ist somit epidemiologisch relevant. Wer Freiheit zulässt, der lässt auch Abwege zu. Zumal der Common Sense durch viele Faktoren längst verloren ging.

Die Offene Gesellschaft kann nur mit einem starken, effektiven und effizienten, aber bürgerorientierten Staat funktionieren, sonst wird sie chaotisch, und immer mehr Leute sehnen sich nach der " starken Hand ", auch wenn dies eine Schimäre ist. Die lokalen und regionalen Bedingungen sind sicher noch sehr unterschiedlich, von zufriedenstellend bis grottenschlecht. Ich lebe näher bei Letzterem. Bei 5 Grad Celsius, und Windböen bis 40 km/h (heute), etwas weniger Wind, dafür Regen vor mehreren Tagen, besteht Maskenpflicht auf der Einkaufsstraße/Fußgängerzone (im Freien) weil da jemand in seiner zur heiligen Kuh erhobenen Inkompetenz meinte dies so anordnen zu müssen. Man hält sich dran, denkt sich aber seinen Teil. In der Lokalpresse steht heute, dass nur 3 von 50 Schulen ein verlässlich funktionierendes WLAN haben, und dass digitaler Unterricht nur auf Klassenebene aus den Privatwohnungen der Lehrer mit den Schülern funktioniert - kein Network der Schulen.

Ralf Lemeh | Mo., 23. November 2020 - 03:58

Seit Jahren erprobte, erfolgreiche Massnahmen zur Pandemiebekämpfung (Isolation, Reisebeschränkungen, Rückverfolgung, Masken) auf die Ebene "Einschränkung der Grundrechte" zu stellen ist ein ideologischer Holzweg. Das Eine hat mit dem anderen nichts zu tun! Die bedauernswerten Menschen auf den Intensivstationen (Patienten und Personal) werden die "Rechnung" fuer die Ideologen bezahlen.

Marcus Dreisbusch | Mo., 23. November 2020 - 07:50

Man stelle sich nur vor, das Virus hätte eine Letalitätsrate von z. B. 50% - die Frage nach dem erfolgreicheren System wäre bereits entschieden und der Westen Geschichte.

Karsten Paulsen | Mo., 23. November 2020 - 08:57

oder orientalische Epedemie? Die asiatischen Länder sind soziologisch viel homogener strukturiert, in Europa hat sich durch den gewünschten Multikulturismus der Konsens gemeinsamen Handelns und Wirkens aufgelöst. Das rächt sich in diesem Fall.

ist das eine Problem und Multikulti das andere, wie sie zu Recht anführen, Herr Paulsen.
Aber auch 15 vergeudete Jahre, eine bleiernde Zeit.
G. Schroeder hat doch D. als gut bestelltes Haus (gibt auch viel Negatives) hinterlassen. Und was hat Frau Merkel daraus gemacht? Nada!
Und wenn sie was entschieden hat , ging das auch noch in die Hosen (Rettungsschirm, Energiewende-Fukuchima, Migrations-Chaos u.a.). Aber Hauptsache die schwarze Null steht-keine Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung etc.
Und jetzt bei der Pandemie-erst gar nicht regagiert, dann Hektisch, Aktionistisch, dann Ruhe im Karton und jetzt verzweifelt wieder reagiert. Eine Plan, der den Namen verdient?,eine Strategie? Ein Ziel?-wieder Nada!
Gäbe es noch einen Fünfjahres-Plan, wäre dieser 3mal völlig verfehlt worden.
CRISIS? WHAT CRISIS? (auf dem Plattencover könnte auch Angela sitzen)
Salute

Wolfgang Jäger | Mo., 23. November 2020 - 09:35

Dieser höchst lesenswerte Artikel bringt die Probleme auf den Punkt. Der Umgang mit Corona-Problematik spiegelt in fataler Weise, in welch schmalem Korridor sich deutsche, aber eben auch europäische Politik selbst gefangen hält. Alternativlos, die eigene Identität verleugnend, arrogant, ignorant, aber vor allem Orient-affin. Denn nur so lässt sich auch die "Retterphilosophie" befördern und am Leben halten. Wir retten die vermeintlich Hilfsbedürftigen, aber an unsere eigene Rettung denken wir nicht. Die Asiaten müssen niemanden retten, schon gar nicht die ganze Welt. Sie retten zunächst einmal sich selbst. Intelligent, innovativ, selbstbewusst. Die übrige Welt könnte daraus lernen und sich damit vielleicht selbst retten. Aber das wäre das Ende des Rettungswahns und das Ende eines Teils der selbst definierten Identität.

Annette Seliger | Mo., 23. November 2020 - 09:57

Etwas was ich gänzlich in diesem Beitrag vermisst habe ist der Hinweis auf die grundsätzliche Verfasstheit der asiatischen Gesellschaften was die sogenannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, etc. betrifft. Die Menschen in Japan, Süd Korea, Taiwan, leiden nicht an Übergewicht - sie ernähren sich traditionell gesünder.
Damit entfällt eine wesentliche Risikogruppe die wir leider in einem sehr großen Umfang haben.

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 24. November 2020 - 12:15

Antwort auf von Annette Seliger

Außerdem sind Masken und eine traditionelle körperliche Zurückhaltung, gewissermassen Abstand halten, völlig normal dort?
Gesellschaftliche Disziplin/geringe individuelle Ausprägung würde ich auch erwähnen wollen, aus der ich sogar die Regierungssysteme ableite und nicht unbedingt umgekehrt.
Mir fiele auch noch ein, dass alte Menschen evtl. lange bei ihren Familien leben, ob nun aus Achtung oder Geldmangel wüßte ich nicht zu sagen?
Weiterhin tippe ich auf hohe Verbreitung traditioneller Medizin in den Gesellschaften.
Wie soll man so etwas auf westliche Gesellschaften herunterbrechen?
Dass hier evtl. gegen Masken gewettert wurde, nur weil keine da waren, wäre unglaublich.
Solchen Vertrauensverlust könnte man nur schwer wiedergutmachen.
Gibt es so wenig Grippeimpfstoff, weil man lieber gleich auf die Covid-Impfung setzt?
Unüberlegt!
Vielleicht sind wir auch nur empfindlicher als "Afrikaner" und" Asiaten" oder medizinisch dümmer bzw. unflexibel?
Wie hoch ist derzeit die Übersterblichkeit?

Christian Haustein | Mo., 23. November 2020 - 11:29

Ich praktiziere selbst buddhistische Meditation und befasse mich mit asiatischer Philosophie. Man muss nüchtern feststellen, dass diese dem unseren meilenweit überlegen ist. Hätten wir nicht durch Handel und Kreuzzüge mit der orientalischen Kultur Kontakt gehabt, waren wir immer das arme, rückständige, christliche Europa. Traurig, aber wahr.

Walter Bühler | Mo., 23. November 2020 - 15:36

Nicht nur im Bezug zu Asien, sondern auch in Bezug auf unsere unmittelbaren Nachbarn, zu England und zu den USA ist mir den ganzen Sommer über der eitle, selbstgefällige Ton in Medien und Politik unangenehm aufgefallen.

Das wurde begleitet von einem inkonsequenten Handeln der deutschen Obrigkeit. An Grenzen und Flughäfen gab es nicht mal leise Andeutungen des Versuchs einer Kontrolle, bei den Schulen wurde die Einbeziehung des Samstags, die Idee eines Schichtbetriebes mit Nachmittagsunterricht oder die Änderung von Ferienterminen komplett ignoriert.
Keine andere Behörde - außer der Bundeswehr - hat sich bemüßigt gesehen, zeitweilig Mitarbeiter für die Gesundheitsämter oder für die Unterstützung der Schulen abzustellen.

"Gerade Deutschland, das wegen seiner Ingenieurskunst und Philosophie in den asiatischen Ländern große Anerkennung genießt, wurde immer als extrem präzise, geordnet und kompetent gesehen."

Tja, das war vielleicht einmal so. Aber heute...

Sabine Hagemann-Ünlüsoy | Mo., 23. November 2020 - 19:48

Da ich das Glück hatte, einige Jahre in Taiwan zu arbeiten, kann ich nur erstaunt feststellen, dass selbst in diesem engagierten Artikel der Gegensatz Individualismus - Kollektivismus beschworen wird, geschuldet unserem dualistischen entweder-oder Denken. Diesen Gegensatz gibt es so im Falle Taiwan nicht: Die Menschen sind sehr individualistisch ohne dass dies zu Lasten gesellschaftlichen Zusammenhalts gehen muss. Und der Rest: Ganz normale Alltagstauglichkeit und gesunder Menschenverstand!

... auf das Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein all der einzelnen Beamten und Mitarbeiter an statt auf Individualismus und Kollektivismus? Tja, denkbar ist das schon, jedenfalls in einem Land wie Deutschland , wo die Politik glaubt, mit Geld ließe sich alles und jedes regeln. Da kommt mancher auf den Gedanken, dass es im Leben nur darauf ankommt, möglichst viel Geld bei möglichst minimaler Anstrengung zu bekommen.