Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz während seiner Regierungserklärung an diesem Mittwoch / dpa

Regierungserklärung des Bundeskanzlers - Scholzens Gardinenpredigt

Der Bundeskanzler teilt hart gegen seinen Herausforderer Friedrich Merz aus und stellt in Abrede, dass dieser für das angestrebte Amt geeignet wäre. Weil der CDU-Chef auch Stimmen von der AfD akzeptieren wolle, würden österreichische Verhältnisse drohen.

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Das war keine Regierungserklärung, sondern eine Gardinenpredigt. Der mit Spannung erwartete Auftritt von Olaf Scholz stand natürlich vollständig im Licht der in den vergangenen Tagen aufgeflammten Asyldebatte – insbesondere aber des Vorstoßes von Friedrich Merz, das Migrationsrecht notfalls auch mit den Stimmen der AfD zu verschärfen. Insofern hatte der Kanzlerkandidat dem Bundeskanzler natürlich eine Steilvorlage geliefert, die letzterer zu nutzen wusste: Der Wahlkampf ist bekanntlich in vollem Gange. Härtester Vorwurf von Scholz an Merz: „Es gibt Grenzen, die darf ein Staatsmann nicht überschreiten.“ Mit anderen Worten: Dem Kandidaten fehlt die Tauglichkeit für das angestrebte Amt.

Historische Parallelen

An den Anfang seiner „Erklärung“ stellte Scholz die Erinnerung an den Holocaust mit Blick auf eine vorangegangene Rede des Schoa-Überlebenden Roman Schwarzmann – um in diesem Kontext unmittelbar überzugehen zum aktuellen Asyl-Streit. Historiker mögen beurteilen, ob dies eine Instrumentalisierung eines Menschheitsverbrechens darstellt oder nicht. Jedenfalls scheinen unangemessene historische Parallelen angesichts der hitzigen Debatte inzwischen auf der Tagesordnung zu stehen. Das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf Asyl sei eine unmittelbare Folge des Nazi-Unrechts und dürfte nicht zur Disposition gestellt werden, resümierte Scholz.

Den tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg, ausgeführt durch einen ausreisepflichtigen Asylbewerber aus Afghanistan, bezeichnete Scholz als „monströses Verbrechen“, welches viele Bürgerinnen und Bürger aus nachvollziehbaren Gründen zutiefst verunsichert habe. Auch ihn selbst habe der Gewaltakt empört, so der Kanzler, der in diesem Zusammenhang Vollzugsdefizite einräumte. Allerdings trage der Freistaat Bayern ein erhebliches Maß an Mitverantwortung, weil man dort die Dinge habe laufen lassen. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe versagt, so der Kanzler. Dass diese Behörde wegen der vielen Asylanträge völlig überlastet ist, erwähnte er hingegen nicht.

Populismus-Vorwurf an Merz

Schnell kam Scholz auf die von Merz initiierten Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration zu sprechen, insbesondere auf dauerhafte Grenzkontrollen. Diese stünden im Widerspruch zum europäischen Recht und würden Deutschland darüber hinaus schaden, weil die Freizügigkeit von Waren und Personen zu Lasten der Volkswirtschaft behindert werde. Der Kanzler nannte Merz einen Populisten und stellte ihn in eine Reihe mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Grenzkontrollen wie von Merz beabsichtigt würden ohnehin vor europäischen Gerichten scheitern.

Gleichwohl sprach sich auch Scholz dafür aus, mehr Abschiebeplätze zu schaffen und abgelehnte Asylbewerber beziehungsweise Straftäter konsequenter als bisher außer Landes zu bringen. Im Vergleich zum Vorjahr habe man die Zahl der Abschiebungen bereits um 25 Prozent erhöhen können, demnächst würden wieder Abschiebflüge stattfinden – je nach Lage auch nach Syrien. Die letzte spektakuläre Initiative dieser Art fand übrigens unmittelbar vor den jüngsten Landtagswahlen in Ostdeutschland statt. Eine ähnliche Aktion dürfte sich also wohl noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar wiederholen.

„Merz ist ein Pokerspieler“

Wie nicht anders zu erwarten, geißelte der Bundeskanzler seinen Herausforderer für dessen Bereitschaft, Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, um eine härtere Migrationspolitik durchzusetzen: „In unseren Parlamenten wird keine gemeinsame Sache mit Rechtsextremen gemacht!“ Wenn Merz in diesem Zusammenhang von „all in“ spreche, verhalte er sich wie ein Pokerspieler, nicht aber wie ein verantwortungsbewusster Politiker. Der Blick nach Österreich, wo die konservative ÖVP derzeit Koalitionsverhandlungen mit der rechten FPÖ führt, mache deutlich, was auch in Deutschland zu erwarten wäre, sollten die Union und die AfD eine Mehrheit im nächsten Bundestag erringen. Dann drohe eine „schwarz-blaue Regierung in Deutschland“.

Der Kanzler rief dazu auf, sich aus der Mitte heraus für eine bessere Steuerung der Migration einzusetzen, und erinnerte daran, dass vom nächsten Jahr an mit den Regeln des gemeinsamen europäischen Asylsystems in dieser Hinsicht viel geschehen werde. Sein Fazit: „Kein Fußbreit jenen, die Hass und Hetze säen!“

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Henri Lassalle | Mi., 29. Januar 2025 - 16:06

historischen Vergangenheit herzustellen, ist schlicht unsinn. Die Epoche damals war eine ganz andere, mit heute nicht vergleichbar. Aber Vergleiche mit den Nazis von einst sind immer bequem, um einen politischen Opponenten ans Bein zu pinkelt oder ihn anzuschwärzen.
Frankreich hat bereits vor einigen Tagen in einem Runderlass des Innenministerium gehandelt: Illegale Migranten sollen nicht mehr ins Land gelassen werden, die behördlichen Massnahmen gegenüber unerwünschten Migranten sind jetzt noch restriktiver gehandhabt - es wurde wirklich Zeit.

Sabine Lehmann | Mi., 29. Januar 2025 - 16:23

Kaum jemand verkörpert politisches, administratives und nicht zuletzt charakterliches Versagen so perfekt & allumfassend, wie dieser sprechende Phrasenautomat Scholz.
Aber er ist nicht allein. Loser sind in Deutschland meist nicht allein unterwegs, sie rotten sich in Kohorten zusammen, im Schutz des gemeinschaftlichen Versagens fällt das eigene Defizit scheinbar nicht so ins Auge. Aber das Adlerauge des Souveräns hat sich geschärft, im Grunde aber mittlerweile ohnehin obsolet, denn die täglichen Berichte migrantischer Gewalt mit eindeutigem Islambezug kann nicht mal ein Blinder übersehen.
Es ist müßig u. nervtötend hier noch über Inhalte zu debattieren, denn die Olaf & Robert GmbH dieses Planeten hat das Teil, das der Herrgott uns zum Denken überlassen hat, längst abgeschaltet wie unsere Atomkraftwerke. Sie mit Argumenten u. Fakten zu belästigen, ist daher vergeudete Lebensenergie. Diese Leute mit ihrer fast schon kriminellen Auffassung von Politik & Rechtsstaat müssen einfach nur weg!

Das Beste kam fast zum Schluss (Phönix). Das Statement der grüner Doppespitze der BT- Fraktion. Dröge & Hasselmann …..
Wie sie mit tränenerstikten Stimmen Merz zur „Wiederkehr in die demokratische, politische Mitte“ aufforderten und um eine „mögliche „Zusammenarbeit“ (Koalition) herbeiredeten. Das hatte schon was .. . Die sichtbare Angst die liebgewordenen Pfründe abgeben zu müssen ….
Mit besten Grüßen aus der Erfurter Republik

Heidrun Schuppan | Mi., 29. Januar 2025 - 16:34

für Anträge und Gesetzesvorlagen die rechtliche Seite jeweils abklopfen muss – aber ist es nicht möglich, unter Berufung einer Notlage trotzdem Schritte einzuleiten, die unter anderen Umständen gar nicht möglich wären? Die Sicherheit der Bevölkerung muss Vorrang haben vor ideologischen Wünschen – wenn das nicht der Fall ist, taugt die EU mit ihren Regeln und Gesetzen nicht viel. Es gibt in D kaum eine Institution, die nicht mit Gewaltdelikten seitens Migranten (schon längst auch minderjähriger, die wissen, dass ihnen hier nichts passieren wird) zu leiden hat. Das betrifft Personal (z.B. Kliniken und Behörden), das betrifft Besucher (Patienten), das betrifft Schulen (Lehrer und Schüler gleichermaßen). Es ist zu befürchten, dass die Initiativen von F. Merz nichts an den geschilderten Fällen ändern werden, weil es überall an Personal und an Durchsetzungswillen fehlt. Also weiter mit der Angst im Alltag, es hilft uns eh keiner.

Sabine Lehmann | Mi., 29. Januar 2025 - 16:52

Gerade live zugeschaltet, musste ich wieder die best bezahlte Küchenhilfe aller Zeiten ertragen, die tatsächlich gerade die höchste deutsche legislative Institution leitet, die Deutschland zu bieten hat: Den deutschen Bundestag.
Dort müht sich gerade ein AfD-Abgeordneter ab, in Ruhe 3 Sätze zu Ende bringen zu können, wird aber beständig, patzig und mit einer Visage, als müsse sie sich ihr Mittagessen noch mal durch den Kopf gehen lassen, unterbrochen und geschulmeistert wie ein Erstklässler. "Kotz" Göring-Eckardt, Albtraum meiner schlaflosen Nächte.
Der AfD-Mensch schlägt sich ganz wacker, wie ich finde, und begründet die AfD Zustimmung zur Migrationsverschärfung mit dem Wohl Deutschlands. Ja, was auch sonst, denkt sich der geneigte Zuhörer?! Der Blick auf die erste Reihe der CDU-Kappsbauern incl. Merz ließe allerdings eher den Schluss zu, der AfD Mann habe gerade Österreich den Krieg erklärt: Leichenbitterminen im gesamten Plenum.
Mir geht auch grad mein Essen nochmal durch den Kopf!

Markus Michaelis | Mi., 29. Januar 2025 - 17:09

Ich habe eher das Gefühl, dass es üblich ist "all in" zu gehen - mal eher als Reaktion auf die Zeiten, mal eher als Ursache für die Zeiten.

Das Ausrufen des "antifaschistischen Endkampfes" (wie Gauck es in der Diskussion nannte) ist ja auch ein "all in", mit dem Ziel ein weites Spektrum an politischen Zielen und Bewertungen allgemein verbindlich zu setzen.

Aber schon da gehen die Meinungen weit auseinander, ob gerade nur die aller-elementarsten Grundwerte geschützt werden sollen, und ansonsten gerade Vielfalt und Offenheit das Ziel sind, oder ob es um eine weitgehend vorgegebene Gesellschaft handelt, die sich über alternativlose Ableitungsketten aus den unverhandelbaren Grundwerten ergibt.

Jedenfalls scheint es für immer mehr Menschen um immer grundlegendere Werte und die Grenzen ihres Toleranzbereichs zu gehen, weshalb "all in" eher zunehmend normal ist.

Klaus Lehmann | Do., 30. Januar 2025 - 09:11

Antwort auf von Markus Michaelis

fällt mir immer sofort der "antifaschistische Schutzwall" ein, wie die DDR ihre Mauer nannte. Nur dass dort die Fahrzeugsperren und Selbstschussanlagen zum Innenland hin gerichtet waren.
Der Begriff Antifaschismus birgt ein sehr hohes Missbrauchspotential in sich.
Die heutige selbsternannte Antifa zeichnet sich bspw. in erster Linie dadurch aus, unter dem Deckmantel des Antifaschismus kriminelle, faschistische Methoden gegen ihre selbstdefinierten Gegner anzuwenden. Unter wohlwollender "Aufsicht" der Politik übrigens. Hätte die AfD solche aktiven Verbindungen zu Rechtsextremen, wie es Linke, Grüne und auch die SPD ins extreme Milieu haben, wäre der Aufschrei groß und ein Parteiverbot schon auf gutem Wege.

Stefan | Mi., 29. Januar 2025 - 17:19

Scholzens letzte Worte, da kann man getrost von ausgehen.
Ein Kanzler der weder Veränderung wollte, noch Verantwortung übernehmen für seine Blockade in der Asylpolitik.
Wenn jemand 💯 x das Falsche tut, wird's deshalb beim 101. x auch nicht richtig.
Wären Veränderungen gewünscht, wären sie leicht umzusetzen.
Die Politik debattiert lieber solche Phrasen ála Scholz im Bundestag herum, anstatt das einzig richtige zu tun, nämlich konsequent die aktuellen Zustände bezüglich des Asyl.- und Migrantenchaos zu beenden.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Es ist jedoch kein Wille da und somit ist es bis zum nächsten Vorfall dieser Art nur eine Frage der Zeit.
Es ist einfach lächerlich, was die Verantwortlichen in der Politik dem Bürger zumuten.
Nur Pleiten, Pech und Pannen, mittlerweile auch auf Kosten unserer Kinder.
Aber auch Friedrich Merz ist keinen deut besser, seine großen Reden sind genauso heiße Luft mit nichts dahinter,wie die von Olaf Scholz oder von Robert Habeck.
Es reicht langsam.

Bernd Windisch | Mi., 29. Januar 2025 - 19:48

Sehr schwacher Kommentar. Scholz sah extrem alt aus in der heutigen Debatte.

Wir haben wieder eine Wahl!

Christoph Schnörr | Mi., 29. Januar 2025 - 20:04

(g)eifert Frau Esken nach, was das Niveau der Argumentation anbelangt. Wenigstens hier hat er mal Erfolg.

R. Schacht | Do., 30. Januar 2025 - 08:41

Beschämend fand ich die Scholz'sche Rede mit Schuldzuweisung an die Länder (Vollzugsdefizite) betr. letzte Attentate. Sein "kann mich nicht erinnern" ergänzt er nun mit "die BR trifft keine Schuld" - zum Fremdschämen.
Man sollte nicht vergessen, sämtliche Ämter/Behörden/Polizei/Justiz wurden und werden seit Jahren systematisch kaputt gespart und personell geschrumpft. Trotzdem sollen sie volle Leistung erbringen. Handeln sie zuviel, ist es falsch, handeln sie zu wenig, ist es falsch. Sündenbock sind sie zu jeder Zeit. Wie praktisch.
Bei allem politischen Mist, bei Naturkatastrophen, bei Kapitalverbrechen findet sich am Ende immer jemand, dem man die Schuld zuweisen kann, stufenweise von ganz oben bis ganz nach unten.
Die Frage, welchem Kandidaten (Scholz oder Merz) die Tauglichkeit für das BK- Amt fehlt, hat sich m. E. in den letzten Jahren von selbst beantwortet.

R. Gutbrot | Do., 30. Januar 2025 - 08:49

Zur Erinnerung:
Der Bundestag wurde am 27.12.2024 aufgelöst.
Verkündet und veröffentlicht im BGBL Nr. 434, vom 27 Dez. 2024.
https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/434/VO.html
Ein Rechtsakt wird durch die Veröffentlichung im BGBL rechtkräftig.
Es gibt also bis nach den Wahlen keinen Bundestag mehr.
Auch einen Bundeskanzler gibt es keinen mehr, bis zur Neuwahl eines Kanzlers.
Kennt man in diesem Lande das Grundgesetz nicht mehr?
Obwohl es keinen Bundestag mehr gibt bis zu den Neuwahlen, tun alle politisch Beteiligten so als gäbe es ihn noch und wollen noch ganz schnell Gesetz erlassen und Entscheidungen treffen.
Seit 27.12.2024 ergangene Entscheidungen des Bundestages könnten verfassungsrechtlich ungültig sein.

Klaus Lehmann | Do., 30. Januar 2025 - 09:02

Also wenn die Merz schon nicht hat, was hat denn dann Scholz? Für welches Amt wäre der eigentlich geeignet? Nach dem Versagen als Bürgermeister, Finanzminister und letztendlich Kanzler sollte dieser Herr lieber nicht über die Eignung von anderen fürs Kanzleramt fabulieren. Nun, und jetzt beweist er, dass er nicht mal wahlkampfgeeignet ist, oder meint jemand, seine Triaden locken Wähler zur SPD? Da gibts ein Riesenmigrationsproblem und der Herr (wollte der nicht Abschiebungen im großen Stil?)schickt sich an, jene zu diffamieren, die eine Lösung des Problems überhaupt in Angriff nehmen. Das wird ganz sicher den Wähler gefallen. Wäre RotGrün tatsächlich an Deutschland interessiert, bräuchte es die AfD überhaupt nicht - das haben diese hetzenden Gutmenschen überhaupt nicht begriffen. Die wollen ein Weiterso und verstecken sich hinter angeblichen gesetzlichen Hürden, die einer korrekten Asylpolitik (GG Art16a(2)) entgegenstehen würden.

Ernst-Günther Konrad | Do., 30. Januar 2025 - 10:28

Was Olaf der Vergessliche jetzt noch von sich gibt interessiert mich nicht mehr. Dieser Lügner und Betrüger ist bei mir unten durch.
Was der von sich gibt ist nur noch geeignet, seine eigenen Kanzlerkandidatur zu schwächen.
Da liegt jemand politisch in den letzten Zügen und keilt nach allem aus, was ihm den Spiegel vorhält. Olaf ist bald Vergangenheit.