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Anja Stiehler/Jutta Fricke Illustrators

Frau Fried fragt sich - Was an Gutmenschen schlecht sein soll

Gutmensch. Ein Kampfbegriff, um unliebsame Diskurse abzuwürgen. Unsere Kolumnistin hat beschlossen, den Titel als Auszeichnung zu betrachten

Autoreninfo

Amelie Fried ist Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin. Für Cicero schreibt sie über Männer, Frauen und was das Leben sonst noch an Fragen aufwirft

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Endlich habe ich es schriftlich: Ich bin ein Gutmensch. Soll heißen, jemand, der naiv genug ist, sich nicht mit der Realität abzufinden. Damit zum Beispiel, dass der Gemeinderat meines Heimatdorfs beschlossen hatte, sich nicht von der Ehrenbürgerwürde für Hindenburg und Hitler zu distanzieren. Vom skrupellosen Kriegstreiber und Totengräber der Demokratie sowie vom schlimmsten Massenmörder der Menschheitsgeschichte.

Offenbar wird erwartet, dass man eine solche Meldung liest, die Zeitung zusammenfaltet und zur Tagesordnung übergeht. Weil mein Mann und ich es wagten, auf die Ungeheuerlichkeit dieses Vorgangs öffentlich hinzuweisen, werden wir in Schmähbriefen aller Art als Wichtigtuer, unerwünschte Fremde und ( nicht zum ersten Mal ) als Gutmenschen beschimpft – ein zynischer Begriff, der aber weiter Karriere macht.

In perfider Verdrehung werden damit diejenigen diffamiert, die sich auch mal für etwas anderes einsetzen als ihr persönliches Wohl, seien es die Grundwerte unserer Demokratie, eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen oder mehr soziale Gerechtigkeit. Sie werden gern als hoffnungslose Romantiker hingestellt, die leider nicht begriffen haben, dass der Markt sowieso alles regelt, dass gesellschaftliches Engagement Wichtigtuerei ist und Menschenrechte sowieso ein Luxus, der nur das Wirtschaftswachstum bremst.

Obwohl wahrscheinlich einst die Nazis den Begriff erfunden haben, um die Gegner der Euthanasie um Graf von Galen verächtlich zu machen, wird der Gutmensch bis heute hemmungslos als Waffe im politischen Kampf eingesetzt, und zwar meist von den Bequemen, die vom Fernsehsessel aus stänkern und sich in satter Selbstgerechtigkeit über jene erheben, die sich fürs Gemeinwohl starkmachen.

Cool ist, wem Ungerechtigkeit wurst ist, wer ungerührt zusehen kann, wie Menschen leiden und unsere Werte den Bach runtergehen. Noch cooler ist es, auf diejenigen einzuschlagen, die sich dagegen wehren.

Ich habe beschlossen, den Titel Gutmensch als Auszeichnung zu betrachten. Nicht, weil ich mich für einen guten Menschen halte, weiß Gott nicht. Aber lieber lasse ich mich als naive, bescheuerte Sozialromantikerin belächeln, als zur Zynikerin zu werden.

 

 

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Wolfgang Lang | Mo., 22. Mai 2017 - 12:10

Jemand der einfach Gutes tut für andere und keinen Wert darauf legt, dass er dafür das Bundesversdienstkreuz 1. Klasse oder laufend Medienberichte bekommt, ist ok.
Es gibt aber die andere Seite: Menschen die Gut sein wollen aus Egoismus. Die es lieben sich selbst abends auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: "Heute war ich wieder ein guter Mensch". Leute, die sich keine Gedanken über die negativen Konsequenzen ihres Gutseins machen, die es oft gibt. Leute die geliebt werden wollen, öffentliche Aufmerksamkeit anstreben durch "Gut sein". Man betrachte nur den in manchen Kreisen beliebten Charity-Irrsinn. Es gibt Gutmenschen, die sich ihr Gutsein gerne von anderen voll bezahlen lassen, ohne die Zahler zu fragen. Diese Spezies ist im Bereich der Flüchtlingskrise sehr oft unterwegs. Gerne mit rechtfertigenden Halbwahrheiten (lauter Fachkräfte, lauter nette Familien, keine Terroristen, keine Kriminelle, die Krise war ein unvorhersehbarer Notfall). Es gibt Gerechte und Selbstgerechte!

elke popken | Mo., 22. Mai 2017 - 17:28

"Gut sein ist edel,andere lehren, gut zu sein, ist noch edler. Und leichter."
Diese erklärten Gutmenschen wirken oft scheinheilig und angepasst. Bestes Beispiel ist auch dunja hayali mit ihrer ewigen besserwisserei moralisches verhalten subjektiv festtackern zu wollen, einfach unangenehm!

Beatrix Dechant | Di., 23. Mai 2017 - 11:59

Ist nichts gegen einen Gutmenschen, einen guten Menschen zu sagen, wenn er wirklich Gutes und das uneigennützig an anderen vollbringt!

Die guten Taten dürfen aber nicht allein für den Gutmenschen und den Hilfsbedürftigen Sinn machen. Viele dieser sogenannten guten Taten und ihre Folgen gehören auch im großen Zusammenhang betrachtet, wie dies zur Zeit bei unserem, Europa weiten Flüchtlingsproblem mit allen daraus resultierenden Folgen der Fall ist! Gut für den Einzelnen, weniger gut für den großen Rest?

Da steht der Gutmensch dann plötzlich nicht mehr in vollem, hellen Glanz da!

Edgar Timm | Di., 23. Mai 2017 - 19:46

Fakt ist doch, dass bestimmte Kreise sich als moralisch wertvoller betrachten als andere - die jedoch für die Kosten des eigenen Tuns aufkommen sollen. (Beispiel: Flüchtlingshelfer bürgen für die den Kommunen entstehenden Kosten und jammern anschießend, wenn sie aus diesen Bürgschaften in Anspruch genommmen werden). In Anlehnung an den spöttischen Begriff des "Besserwessies" sollten wir deshalb auch von "Bessermenschen" sprechen.

Henryk Swienty | Mi., 24. Mai 2017 - 18:27

Ja es gibt Gute Menschen und Schlechte Menschen die Gut sind und natürlich gute Menschen die schlecht sind .Ein Henker der einen schlechten Menschen das Leben nimmt ist ein guter Mensch Ein Henker der einen guten Menschen das Leben nimmt ist auch ein guter Mensch weil er es gut meint und gut Macht und gut sein will .so nun is Gut .
Wir sind alle Gut tututut !weil Gut Sein Gut Tut .

Ralf Müller | Mo., 29. Mai 2017 - 17:00

Gutmenschen sollten das bezahlen, was sie von der Gesellschaft einfordern. Wer Flüchtlinge will, soll für sie aufkommen. So einfach ist das. Wer einen großen Schlitten fahren will, muss ihn selbst bezahlen. Nicht der Nachbar. Bei allen gesellschaftlichen Experimenten gilt aber immer die Gemeinschaftshaftung. Anders gesagt, Gutmensch zu sein, soll man sich leisten können müssen.

Tobias Werner | Di., 20. Juni 2017 - 23:09

weil in einer doch etwas hitzigen und emotionalen Debatte dieser Begriff von manchen eben auch falsch eingesetzt wird, so wie viele Linke ja eben sehr schnell mit der "Nazi-Keule" draufschlagen. Ja, diese Überziehen und reine Prügeln, das gibt es hier dann (bei einigen Rechten) durchaus und leider auch. Das kann und sollte aber nicht vom eigentlichen Problem ablenken und wie gesagt, wenn die Linken und Gutmenschen so offen und ehrlich wären, dann würde man auf einige Komentare in diversen Reihen eben auch mal eingehen! Stattdessen: Null, Schweigen!!!