J.D. Vance auf der Republican National Convention in Milwaukee, Wisconsin / dpa

Ullstein cancelt J.D. Vance - Hintergrundchecks für Literatur

Der deutsche Verlag von J.D. Vance nimmt dessen „Hillbilly-Elegie“ von 2016 aus dem Programm, weil deren Autor nun Trumps Vizepräsident ist. In der Buchbranche herrschen offenbar Einheitsbrei, Mitläufertum und politische Korrektheit.

Autoreninfo

Gideon Böss ist Roman- und Sachbuchautor und hat unter anderem über Religionen in Deutschland und Glücksversprechen im Kapitalismus geschrieben.

So erreichen Sie Gideon Böss:

J.D. Vance hat einen Aufstieg hinter sich, wie man ihn in Amerika liebt. Unter schwierigsten Bedingungen hat er sich aus einem gewalttätigen und von Drogen- und Alkoholproblemen dominierten Milieu herausgekämpft und hat doch nie vergessen, wo er herkommt. Über das, wo er herkommt, hat er ein Buch geschrieben. Es heißt „Hillbilly Elegy“ und wurde nach seinem Erscheinen im Jahr 2016 sofort zu einem Bestseller, der mittlerweile auch von Netflix verfilmt wurde. 

Vance war damals ein Liebling liberaler und linker Medien, denen er die Welt der abgehängten weißen Unterschicht erklärte. Dass er sich außerdem klar von Donald Trump distanzierte, den er unter anderem „Hitler“ nannte, machte ihn endgültig zu einem gern gesehenen Gast in jenen Medien. Vielleicht war diese Distanzierung sogar der eigentliche Grund, warum Vance überhaupt die Bühnen erhielt, die ihm geboten wurden.

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Eselsbrücke | Fr., 26. Juli 2024 - 11:26

große Teile der Medienwelt inzwischen als ihre Aufgaben betrachten, nämlich politisch-aktivistisch tätig zu sein, ist mit ein Grund dafür, dass die einzelnen Teile unserer Gesellschaft immer weiter auseinanderdriften. Zudem vertiefen sie durch ihre Hetze und Ausgrenzungen gegen all die, deren Meinungen nicht genhem sind, die Gräben und machen eine Versöhnung immer schwerer.

Ich frage mich manchmal ernsthaft, ob dieses Verhalten aus purer Dummheit und Arroganz resultiert, oder ob dies von bestimmten Medien gewünscht ist.

Johannes Rausch | Fr., 26. Juli 2024 - 11:45

Wer sich nur mit Menschen unterhält, die die gleiche Meinung haben wie er selbst, lernt nie etwas dazu. Wer nur Bücher von Autoren liest, die die eigene Meinung bestätigen, will nichts dazulernen, weil er ja schon alles besser weiß, und das nur bestätigt bekommen will.

Tomas Poth | Fr., 26. Juli 2024 - 11:52

Was soll man noch sagen?
Vielleicht eine olympische Disziplin daraus machen? Allerdings mit umgekehrter Leistungspyramide, wer am wenigsten cancelt erhält die Goldmedaille.
Oder vielleicht, wer am meisten cancelt muß alle Texte in gedruckter Papierform in sich hinein fressen. Wasser wird dazu gereicht, soviel Freundlichkeit muß sein.

Na egal, schön wäre, wenn der Respekt der immer von denen die ihn einfordern auch von denen selbst praktiziert würde.

Albert Schultheis | Fr., 26. Juli 2024 - 12:09

"Das Buch aus dem Programm zu nehmen, ist eine falsche Entscheidung, die hoffentlich nicht Schule macht." - Diese Speichelleckerei ist Deutsch, Deutsch, Deutsch! Unser Markenzeichen. Sie macht nicht Schule - sie ist Schule: in Kindergärten, Grundschulen, Gesamtschulen, Gymnasien und Universitäten! Es ist die deutsche Volks-Demagogik der Infantilisierung und Verblödung. Ihre Demagogen werden alle ohne Ausnahme von der Geschichte hinweggefegt werden.
Ich feu' mich drauf!
Ich werde jedenfalls den Ullstein-Verlag boykottieren und meiden wie eine toxische Impfung!

Klaus Funke | Fr., 26. Juli 2024 - 12:11

Es ist abscheulich wie sich der Ullstein-Verlag verhält. Es wird der vermeintlichen politischen Tendenz nachgelaufen, man dient sich den Mächtigen an, man macht sich zum Untertanen. In erster Linie muss es aber bei Verlagen um Literatur gehen. Das scheint Ullstein vergessen zu haben. Für mich als Leser wie auch als Autor heißt das: Kein Buch mehr von Ullstein!! Kein einziges! Das ist auch die Reaktion, die Ullstein verdient und versteht. Stockschläge auf den Magen. Genauso haben sich in der DDR und im Dritten Reich Verlage verhalten. Freiwilliges Duckmäusertum. Möge der bayrische Verlag, der sich jetzt des Buches von J. D. Vance angenommen hat, großen kommerzielle Erfolg haben. Denn nur über den Kommerz ist solchen Untertanen" wie Ullstein beizukommen. Dass man nach zwei deutschen Diktaturen noch solches Verhalten wie jetzt bei Ullstein vorfindet, zeigt exemplarisch, was in Deutschland los ist. Man muss angeekelt den Kopf schütteln.

Zwar hätte ich an Ullsteins Stelle das Buch weiter verlegt, da dies im Moment aus vielen Gründen sicher interessant ist.
Aber was ist hier eigentlich das Problem?
Das Buch ist ausverkauft. Der Verlag entschliesst sich gegen einen Nachdruck bzw eine Neuauflage. Passiert die ganze Zeit. Mit guten Autoren (wer verlegt in Deutschland noch D.L. Sayers?), mit weniger guten, mit erfolgreichereren und mit weniger erfolgreichen. Vance hat sogar schon einen neuen Verlag, der sein Buch in Deutschland herausbringt.
Im Übrigen sind andere Verlage noch eindeutiger bei der politischen Ausrichtung der herausgegebenen Bücher. Man suche mal bei Kopp, Manuskriptum oder Antaios ein politisches / gesellschaftliches Buch eines Autors, der der SPD, Grünen, oder Linken nahsteht. Soll man diese Verlage dann zusammen mit Ullstein mit boykottieren?

Klaus Funke | Fr., 26. Juli 2024 - 12:24

Ihnen ist aber hoffentlich klar, dass die Wahlen zur US-Präsidentschaft in den USA stattfinden?? Wir haben in Wahrheit und Gottseidank darauf keinen Einfluss. Da können die Demokraten mit Frau Harris zu Wahlgewinnern hochgeschrieben werden. Frau Harris ist plötzlich die Superfrau, nachdem ihr vorher fast nichts zugetraut wurde. Klar ist auch, dass die Stimmung, die hier unsere Einheitsmedien für die USA zelebrieren, in den USA selber eine ganz andere ist. Mag Obama, der Drohnenmörder und gemeine Lügner, sich jetzt für Harris stark machen oder nicht. Es ist belanglos. Trump wird gewinnen, weil er um des Friedens willens gewinnen muss. Er ist gewiss kein Engel, aber so ein Lump wie die Demokraten ist er gewiss nicht. Es kotzt mich an wie unsere Medien und die Politiker jedwede Neutralität in Sachen US-Wahle vermissen lassen. Man nimmt ganz offen Partei für eine offenkundig unfähige Person. Aber Harris, die keinen klaren Satz formulieren kann, ist wunderbar zu manipulieren, wie Biden...

Volker Naumann | Fr., 26. Juli 2024 - 16:59

Antwort auf von Klaus Funke

Hoffentlich verstoße ich nicht gegen die Regeln beim Cicero,
aber der Hinweis sei erlaubt, genau zu Ihrer gerade angesprochenen
Thematik erschien heute in der NZZ ein Hintergrundartikel von
Eric Gujer, dieser Beitrag ist sehr lesenswert.

Noch soviel, Ihrer Meinung im Artikel stimme ich gerne zu und
wünsche dem Verlag, den Budweiser-effekt!

MfG

Thomas Hechinger | Fr., 26. Juli 2024 - 12:27

Was für links-spießige Kleingeister! Kein Rückgrat und sich dem Zeitgeist andienen. Maximal peinlich.

Wer die romantische Oper in der Form des Gesamtkunstwerks schätzt, wird in Richard Wagner einen der ganz großen Komponisten finden. Dabei war er ein Schmarotzer, der seine Frauen hintergangen und seine Freunde ausgenutzt hat. Und sein vom Neid erzeugter Antisemitismus ist sprichwörtlich. Dennoch bleibt seine Musik unsterblich. Sie ist einfach gut.

Oder wie wäre es mit Lion Feuchtwanger? Soll man seine Werke nur nach seinem peinlichen Reisebericht aus der Sowjetunion bewerten?

„Den Unterdrückten von fünf Erdteilen, denen, die sich schon befreit haben, und allen, die für den Weltfrieden kämpfen, muß der Herzschlag gestockt haben, als sie hörten, Stalin ist tot. Er war die Verkörperung ihrer Hoffnungen. Aber die geistigen und materiellen Waffen, die er herstellte, sind da, und da ist die Lehre, neue herzustellen.“
Soll man den Dramatiker Bertolt Brecht auf diesen Nachruf reduzieren?

Helmut Bachmann | Fr., 26. Juli 2024 - 12:44

Entscheidung, die hoffentlich Konsequenzen hat. Schade, dass der neue Verlag zum selben Konzern gehört. Ist das nur ein Schachzug, oder sitzen die Woken bei Ullstein? In diesem Falle hoffe ich auf: go woke, get broke. Alles Gute dem Buch, alles Schlechte dem Cancelverlag.

Christoph Schnörr | Fr., 26. Juli 2024 - 12:47

... zur Bücherverbrennung. Und das nennt man dann "Haltung".

Heidemarie Heim | Fr., 26. Juli 2024 - 16:20

Antwort auf von Christoph Schnörr

Aber ich würde lügen, also nicht ich, sondern mein zur Zeit inaktiv geschaltetes Hirnareal;), wenn mir nicht der gleiche Gedanke wie Ihnen gekommen wäre werter Herr Schnörr!
Inzwischen gibt es wohl wieder verstärkt eine andere ebenfalls altbekannte Methode seine Buchregale von Werken und Autoren zu säubern. Man setzt sie kurz und schmerzlos auf den eigenen Index, schwarze Liste etc.
Nur um dann zu erleben, dass die so gecancelten "verbotenen" Bücher gerade erst recht die Neugier wecken und unter der Ladentheke eines weniger an Haltung interessierten Buchhändlers vertrieben sogar höhere Preise erzielen könnten. Solls schon alles gegeben haben;) MfG

Ernst-Günther Konrad | Fr., 26. Juli 2024 - 14:28

Ullstein betreibt scheinbar hochoffiziell Selbstzensur, aber ein ebenfalls zum schwedischen Medienkonzern Bonnier gehörender Verlag, sichert sich die Einnahmen. Diese Heuchler, Lügner und Betrüger. Ein Buch jetzt nicht mehr verlegen zu wollen, das man vorher hoch gelobt hat kommt einer Bücherverbrennung gleich. Ihr merkt gerade gar nicht, dass ihr Euch immer mehr die Äste absägt, auf denen ihr sitzt. Ich habe heute Morgen in einem Podcast gehört, das mehrere große amerikanische namhafte Unternehmen ihre Transgenderwerbung wieder zurückgezogen und die entsprechenden Firmenabteilungen aufgelöst haben. Warum? Aufgrund der Werbung brachen die Verkaufszahlen heftig ein. Das wird auch bei dieser Form von Zensur nicht anders werden. Immer mehr Menschen machen diese Form von Zensur/Bevormundung nicht mehr mit. Nur was jetzt dingend fehlt sind die Massen gegen das Compactverbot auf den Straßen. Wenn Presse -egal ob sie gefällt oder nicht - verboten wird ist, ist das der Anfang vom Ende.

Lisa Werle | Fr., 26. Juli 2024 - 15:58

Hatte Ullstein nicht mal als 'Wappentier' die kluge Eule? Ein grüner Breitmaulfrosch würde nun besser passen: quak, quak, quak.
Zu mehr reicht es offensichtlich in der Geschäftsführung nicht mehr.

Werner Peters | Fr., 26. Juli 2024 - 16:41

Bei den Nazis wurden missliebige Bücher verbrannt, heute werden sie nur aus dem Regal genommen und nicht mehr aufgelegt.

Hans Page | Fr., 26. Juli 2024 - 21:21

Was für einen besseren Beweis für Cancel Culture könnte es noch geben?

Das Vertrauen eines normalen Bürgers in die deutschen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen schwindet rapide.

Deutschland versteht sich als Demokratie aber so etwas wie das US First Amendment wäre nicht möglich. Offensichtlich denken die Politiker, wenn sie erst einmal in die Gefilde der „Macht“ eingelassen werden, dass die Deutschen nicht reif sind für unabhängiges Denken. Für unsere Politiker gibt es nur Untertanen denen man erlaubt sich zu äussern; aber das Konzept der Mündigen Bürger ist ihnen komplett fremd.

Thomas Romain | Sa., 27. Juli 2024 - 12:21

Antwort auf von Hans Page

In der Tat. Diejenigen Politiker bzw Behörden, die Ullstein angewiesen haben, dieses Buch nicht mehr aufzulegen gehören bestraft. Das verstösst gegen geltendes Recht.