Wurde zwar in Germanistik promoviert, aber „Philosoph“ klingt freilich schicker als „Germanist“: Richard David Precht / dpa

Medien - Heiteres Beruferaten

Wird im Fernsehen ein Gesprächspartner vorgestellt, geht es automatisch um dessen Beruf. Gibt es keine passende Bezeichnung, muss der „Experte“ ran. Oder dessen kleiner Bruder, der „Publizist“. Die Edelversion des Publizisten ist der „Philosoph“. Dabei ließe sich vom Boulevard-TV einiges lernen.

Autoreninfo

Viola Schenz ist Journalistin. Zuletzt veröffentlichte sie ein Buch über die Oberammergauer Passionsspiele.

So erreichen Sie Viola Schenz:

Man kennt das, jedenfalls bei Tisch, im Zugabteil, auf Konferenzen und in anderen Smalltalk-Fallen. Man begegnet Unbekannten, und nach fünf Minuten lautet die Frage: „Und was machen Sie so beruflich?“ Es gäbe reizvollere Eigenheiten zu erkunden – gefährliche Hobbys, Ex-Partner, neumodische Süchte, lustige Sexpraktiken. Doch Feigheit und Anstand zwingen uns, über den Job zu sprechen – das Thema ist so unverfänglich wie bewährt.

So auch in den Medien. Gilt es hier, einen Gesprächspartner vorzustellen, geht es automatisch um seinen oder ihren Beruf. Oft ist das angebracht: In einer Corona-Reportage will man erfahren, dass es sich beim Interviewten um einen Virologen handelt. Und in Talkrunden zum Ukraine-Krieg kann es beruhigen, es mit „Politologen“ und „Slawisten“ zu tun zu haben. Nicht immer sind jedoch die Verhältnisse klar und überschaubar. Hat sich etwa ein halbes Dutzend Politologen im TV-Studio versammelt, wird die Sache kompliziert. Bei so dichtem Fachwissen weicht die Regie daher gerne auf Attribute aus: „Hat in Harvard gelehrt“ wird dann eingeblendet oder „Spricht Ukrainisch“ oder „Findet Putin auch doof“. Okay, letztere sind erfunden und dienen an dieser Stelle lediglich der Veranschaulichung. 

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Klaus Funke | Mo., 8. Juli 2024 - 16:37

Dazu noch der Drei-Tage-Bart und ein paar verklausulierte Worteinlagen - fertig ist der "Philosoph" Richard-David Precht. Philosoph ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jeder kann ein Philosoph sein. Sogar der wiedererstandene Gerhard Lenz. Der hier vorgestellt wird, ist indes beinahe ein Scharlatan. Er hat was von einem Küchenphilosophen, etwas praktisch Alltägliches und sieht doch aus wie ein wilder Frauenverführer. Man lese seine Bücher, spätestens dann weiß man, wen man vor sich hat. Da ist so vel Abgekupfertes, Halbverdautes. Nein, ich habe den Kopf geschüttelt. Aber, er hat immer ein gutes Pressestatement, ist eloquent, um kein Wort verlegen. So einen kann man herumreichen, der fällt immer auf die Füße. Aber sonst? Nee, der Precht ist ein Aufschneider wie man ihn sich nicht besser denken kann. So gesehen, gibt er einem was zum Staunen. Und man fragt sich: Wann fliegt der Kerl mal so richtig auf die Schn.... - es kann morgen sein oder erst in 2 Jahren. Egal, irgendwann fällt er

"Hättest Du geschwiegen, wärst Du ein Philosoph geblieben" - die Vorlesung über Boethius hat Herr Precht wahrscheinlich geschwänzt. Und das Geplapper zusammen mit Herrn Lenz ist mit Sicherheit gewinnträchtiger.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 8. Juli 2024 - 17:43

aber Sie haben recht, Frau Schenz.
Es ist mir so ziemlich egal, als was man Herrn Precht ausweist, ich höre ihm gerne zu.
Die Konnotationen helfen, Jemanden schneller und besser zuordnen zu können.
Philosoph hin oder her, Precht äußert sich zu Philosophischen Fragen.
Aus manchem Zutragen vermute ich die Süddeutsche übrigens als ausgesprochen witzige Zeitung.
Sie hatte dazu ein hohes feuilletonistisches und fachspezifisches Ansehen?
Ich komme als Leserin von der FR.
Bilden Sie mich weiter, was ist Herr Precht für Sie?
Was meint er damit, das man Journalist sein müsse, um in der öffentlichen Debatte akzeptiert zu werden oder so ähnlich?
Sloterdijk ist auch kein Journalist und man lauscht seinen Verknüpfungen.
Das sind aber nicht die Einzigen, ja, ich würde es drastisch erweiter, wir sind alle zu unterschiedlichen Teilen und auf unterschiedliche Art und Weise Teilnehmer* eines Gesprächs im weiten Raum des www?

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 8. Juli 2024 - 17:44

aber Sie haben recht, Frau Schenz.
Es ist mir so ziemlich egal, als was man Herrn Precht ausweist, ich höre ihm gerne zu.
Die Konnotationen helfen, Jemanden schneller und besser zuordnen zu können.
Philosoph hin oder her, Precht äußert sich zu Philosophischen Fragen.
Aus manchem Zutragen vermute ich die Süddeutsche übrigens als ausgesprochen witzige Zeitung.
Sie hatte dazu ein hohes feuilletonistisches und fachspezifisches Ansehen?
Ich komme als Leserin von der FR.
Bilden Sie mich weiter, was ist Herr Precht für Sie?
Was meint er damit, das man Journalist sein müsse, um in der öffentlichen Debatte akzeptiert zu werden oder so ähnlich?
Sloterdijk ist auch kein Journalist und man lauscht seinen Verknüpfungen.
Das sind aber nicht die Einzigen, ja, ich würde es drastisch erweitern, wir sind alle zu unterschiedlichen Teilen und auf unterschiedliche Art und Weise Teilnehmer* eines Gesprächs im weiten Raum des www?

Gerhard Lenz | Mo., 8. Juli 2024 - 17:46

werter Herr Funke. Jeder kann sich Philosoph nennen, und jeder Schriftsteller.

D.h. es gibt ja noch den akademisch ausgebildeten Philosophen, der ein einschlägiges Universtitätsstudium hinter sich hat.

Aber richtig: Philosophieren kann jeder, politische Weisheiten verteilen ebenso, auch wenn er z.B. von Politikwissenschaften oder Soziologie keine Ahnung hat.

Sie erlauben eine bescheidene Frage? Wer hat wohl mehr Bücher verkauft?

Heidemarie Heim | Mo., 8. Juli 2024 - 17:46

Oha werte Frau Schenz! Da haben Sie meine (inzwischen verstorbene) Schwiegermama aber GSD nicht kennengelernt;)! Von wegen nicht wichtig! Die witterte schon anhand von Anzug und Krawatte oder wie bei der von ihr geliebten, soooo netten Frau Merkel mit den tollen Hosenanzügen, wie "gewichtig" solche Menschen in jeder Beziehung sind! Dabei reichten Ihr so vollkommen aussagekräftige Sätze aus dem berufenen Mund wie "Wir schaffen das" usw. völlig aus;) Vorwitzige Nachfragen meinerseits dazu und anderen Kuriositäten unerwünscht! In ihren Monologen über ihre hochwohlgeborenen Bekanntschaften wurde aus dem gut gekleideten Verkäufer aus dem Möbelhaus Minimum der Abteilungsleiter oder der/die im 100. Semester studierende Sohn/Tochter bekam Gewicht durch die engere Verwandtschaft mit einem Doktor oder gar Professor! War dann auch noch eine überdurchschnittliche Menge Geld/Einkommen im Spiel, konnte kein Zweifel mehr an der exzellenten Partie bestehen;). Das nenne ich Expertise Frau Schenz! MfG

Sisi und Frau Merkel zu finden.
Ich bin der Mühe wohl enthoben, denn in der Mediathek der ARD findet sich ein Beitrag, getitelt, "Schicksalsjahre einer Kanzlerin".
Dagegen kommt niemand an, der höflich bleiben will.
Aber Sisi war für ihren enormen Willen bekannt, sich zu "stählen", wußte sich anfangs nicht nach der sehr strengen Hofetikette zu richten ff. und schon sieht man, dass irgendwo mögliche Vergleiche dann doch zutreffen?
Ich neige dazu, ganz schnell zu vergessen und bin gerne freundlich gegen Jederfrau*.
Alles andere kostet sehr viel Zeit.
Das keinesfalls erratische Ende der österreichischen Kaiserin wird hoffentlich an ihr vorübergehen.

jetzt haben Sie mich grad zum Lachen gebracht!
Meine Grossmutter war genau so!
Natürlich erstarrte sie in Ehrfurcht, wenn zur Kleidung noch ein Doktortitel dazu kam . Sie belehrte mich dann sehr häufig, das seien dann im Fall "Mehrbessere "( gibt den Ausdruck in DE auch?) und weil ich ein widerborstiges Kind war, glaubte sie, mich so schneller zur Raison zu bringen,
wenn ein Mehrbesserer in der Nähe war.
Ein weiterer oft gehörter Spruch war: "Das stimmt, sie haben es im Fernsehen gebracht". 🤣

Jens Böhme | Mo., 8. Juli 2024 - 17:48

Letztlich werden nur Meinungen abgefragt. Ob dies ein Politiker, Obstpflücker oder Tieranästhesist macht, sollte in der privaten Meinungsbildung keine Rolle spielen. Zudem ist der Inhalt der Meinung wichtig. Braucht man gezieltes Fachwissen sollte man nicht das Medium (Unterhaltungs-)TV zu Rate ziehen..

Ralf Schigalski | Mo., 8. Juli 2024 - 18:16

Die Angewohnheit Berufe zu nennen gibt es ja schon länger.

Ich kann mich entsinnen, welche Probleme die Privaten zu Zeiten der Talkshowflut hatten, die Teilnehmer der Gesprächsrunde zum Thema "Bei Dir stinkt es im Bad, Du bis nicht mehr meine Freundin" mit Erklärungen zu versehen.

Eine Festlegung auf ausgeübte Berufe war da wohl oft nicht möglich. Während man in diesen Fällen bei Männern gerne auf den theoretischen Beruf, also zum Beispiel "arbeitsloser Lagerarbeiter" ausgewichen ist, kam bei Frauen die Bezeichnung "Hausfrau und Mutter" zum Einsatz.

Mich wundert, dass man gerade beim ÖRR bei Umfragen zu politischen Themen immer noch den Namen einblendet und so riskiert, dass auch dieser Interviewpartner kurz danach in der langen Liste der wohl doch nicht so zufälligen Interviewpartner auftaucht.

Wolfgang Döbler | Mo., 8. Juli 2024 - 18:58

O. K. Interessanter Kommentar, aber den Malermeister würde ich noch einmal überdenken.
Nachher meldet sich der Chrupalla und beschwert sich.

Sabine Lehmann | Mo., 8. Juli 2024 - 19:21

Da gab es mal ein wirklich lustiges Format mit Ingolf Lück, der, soweit ich mich erinnere, immer wieder von einem völlig entnervten Reporter, gespielt v. Bastian Pastewka, mit völlig sinnfreien Fragen gelöchert wurde, die nur noch von den bekloppten Antworten übertroffen wurden. Eine herrliche Persiflage auf TV-Trash u. Sensationsfernsehen. Und am Ende völlig Sinn befreiter Ausführungen fragte Ingolf Lück dann immer: "Komm ich jetz' im Fernsehen?" Ich glaube, es hieß die Wochenshow, in der auch Anke Engelke ihre ersten Schritte als Comedian machte. Was habe ich darüber gelacht.....
Ja, und heutzutage bedarf wirklich jede Vorführung im TV einer genauen Überprüfung, ob es sich da tatsächlich um einen Experten handelt. Jedenfalls wird diese Titulierung inflationär benutzt u. oft als politisches Mittel zum Zweck missbraucht. Ergo, da steht dann jemand, der "schwerst" politisiert u. entsprechend "geimpft" ist. Vor allem im ÖR eine probate Strategie. Und Precht? Den finde ich nicht schlecht.

@ Sabine Lehmann

Vielen Dank für die herrliche Erinnerung, aber diese Sendung würde
heutzutage nicht mehr gehen wegen der fürchterlichen politischen
Unkorrektheit. Denken Sie nur an Anke Engelke auf dem Pop-Sofa!

Bei der inflationären Titulierung als Experte für sonstwas bin ich voll
bei Ihnen. Vielleicht wäre etwas Neues möglich in der Art:

"Studienabbrecher nach 17 Semestern Politologie"

Küchenhilfe oder Callboy im Callcenter schenke ich mir jetzt.

MfG

Franz Stradal | Di., 9. Juli 2024 - 06:21

Solange die Zuschauer das sehen wollen. :)
Wer glaubt das das TV die Wahrheit verkündet, nur überprüfte Fakten hat und das Beste versucht, geht unter.
Das den meisten Menschen dazu der Horizont fehlt macht nichts, die meisten schauen ja auch Bauer sucht Frau.
Alle glauben das die Medien die Massen manipulieren. alle glauben aber auch sie würden dem objektiv ausweichen. 🤡

Werner Peters | Di., 9. Juli 2024 - 11:24

Wenn mir dieser Herr Precht ernsthaft als Philosoph vorgestellt wird, was war dann ein Herr Kant ?

Albert Schultheis | Di., 9. Juli 2024 - 11:54

Diese "Experten", "Gelehrten", "Philosophen", "Soziologen", "Ethikrät:Innen", "Politologen" - der ganze Philo-Bullschitt geht mir tierisch auf den Sack! So stelle ich mir die Gespräche in den Bürger-und Adelshäusern Konstantinopels vor, dieser wahrscheinlich höchst entwickelten und kultivierten Gesellschaft der damaligen Zeit - kurz vor dem Fall! Die Eroberung der barbarischen Seltschuken (später Türken) machten Sie bekannt mit Massenvergewaltigung, Blutrausch, Plünderung und Versklavung! Übrig blieben nur ein paar alte Steine, die selbst die Barbaren hübsch fanden.