- 9-Euro-Ticket könnte im Bundesrat scheitern
Heute will der Bundestag die Einführung eines 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr beschließen. Drei Monate lang könnten Fahrgäste damit unbegrenzt U-Bahn oder Bus fahren. Dafür will der Bund die finanziellen Ausfälle der über 100 Verkehrsbetriebe mit 2,5 Milliarden Euro kompensieren. Den Ländern ist das zu wenig: Sie fordern obendrein eine satte Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro jährlich. Die Folge: Es ist möglich, dass das 9-Euro-Ticket am Freitag im Bundesrat scheitert.
Ein „völlig falsches Signal“ und einen „ernsten politischen Irrtum“ meinte die Münchner Stadtratsfraktion der Grünen/Rosa Liste Ende April zu beklagen. Nein, es ging nicht um das Oktoberfest, das dieses Jahr nach einer zweijährigen Corona-Abstinenz wieder stattfinden soll. Die Kritik der Grünen und der Rosa Liste – eine schwul-lesbische Kleinstpartei – richtete sich ausgerechnet an eine Institution, die qua Auftrag eigentlich zu den natürlichen Verbündeten der Öko-Partei gehören müsste: an die Münchner Verkehrsgesellschaft, kurz MVG, die die Betreibergesellschaft hinter den hiesigen U-Bahnen, Bussen und Tram-Bahnen im öffentlichen Nahverkehr ist.
Die MVG hatte im Jahr 2019 erst ihre Tarife umgestellt und damit ein bisschen mehr Klarheit bei der Frage geschaffen, welches Ticket – beziehungsweise wie viele Streifen auf der Streifenkarte – der Fahrgast eigentlich lösen respektive stempeln muss. Ein sinnvoller Schritt, weil damit bisweilen sogar Einheimische überfordert waren. Weniger sinnvoll, eigentlich grundfalsch, finden die Grünen und die Rosa Liste allerdings die jüngste Ankündigung der MVG, den öffentlichen Nahverkehr nicht etwa auszubauen, Verkehrswende und so, sondern – Gott sei's geklagt – sogar auszudünnen. Der Grund: Dem Unternehmen fehlt laut eigener Aussage Geld. Und wer keines hat, der muss halt sparen.
Keine fröhliche Eintracht
Der Streit war bei einer solchen Maßnahme ohnehin programmiert. Aber er bekommt durch die Pläne der Bundesregierung, demnächst ein befristetes 9-Euro-Ticket einzuführen, nochmal eine ganz andere Dimension. Das 9-Euro-Ticket, ein stark verbilligtes ÖPNV-Ticket, das neun Euro pro Monat kosten soll, ist Teil des „Energiekosten-Entlastungspakets“, mit dem die Bundesregierung die zuletzt rasant angestiegenen Energie- und Kraftstoffpreise sozial abfedern will. Man kann es aber auch gut und gerne als eine Art Testballon werten, wie sich die Preise im öffentlichen Nahverkehr dauerhaft senken lassen, um damit immer mehr Menschen zu motivieren, vom Auto auf die Schiene respektive in den Bus umzusteigen. Denn das ist politisch ja ausdrücklich gewünscht.
Eine gute Sache, möchte man meinen. Ist es unterm Strich wohl auch, allerdings herrscht – wie meist bei „guten Ideen“, die aus der Politik kommen – trotzdem nicht fröhliche Eintracht, weil es mit der Einführung eines solchen Tickets alleine nicht getan ist. Irgendwie muss es auch finanziert werden. Und da kommen die Verkehrsbetriebe ins Spiel, von denen es in Deutschland über 100 gibt, mit teils doch recht unterschiedlichen Tarifen und Logiken, was wie wo gilt. In München kostet zum Beispiel eine Streifenkarte derzeit 15,20 Euro. Damit können Sie und der Autor dieser Zeilen fünf Einzelfahrten im sogenannten M-Gebiet, quasi Innenraum, machen oder zehn Kurzstreckenfahrten. Mit dem 9-Euro-Ticket allerdings winken monatlich unbegrenzte Fahrten im Nah- und Regionalverkehr. Drei Monate lang soll es laut den Plänen der Ampel-Regierung verfügbar sein. Ergo: Das 9-Euro-Ticket führt erstmal dazu, dass den deutschen Verkehrsbetrieben Abermillionen Euro verlorengehen. Und die klagen, wie die MVG in München, ja ohnehin über klamme Klassen.
Nochmal 1,5 Milliarden Euro jährlich obendrauf
Weil dem so ist, plant die Ampel-Koalition, dass der Bund 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei den Verkehrsanbietern bereitstellt. Am Donnerstag will der Bundestag einem entsprechenden Gesetzesentwurf zustimmen, der Bundesrat muss am Freitag aber noch absegnen. Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern laufen noch – und tatsächlich könnte das 9-Euro-Ticket auf der Zielgeraden scheitern. Streit gibt es unter anderem zu der Frage, inwiefern ein solches Ticket überhaupt sinnvoll ist und ob nicht vor allem Menschen vom Land, die auf das Auto angewiesen sind, stärker entlastet werden müssten. Insbesondere dort, wo der Ausbau des ÖPNVs besonders hinterherhängt. Darüber kann man diskutieren.
Zentraler Streitpunkt zwischen Bund und Ländern aber ist ohnehin die Finanzierung selbst. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Frage, ob die 2,5 Milliarden Euro für die Einnahmeausfälle der Vekehrsbetriebe ausreichen. Selbstredend hätten die gerne noch mehr Geld gesehen. Sondern darum, dass die Länder auf eine Zusage der Bundesregierung drängen, dass darüber hinaus die sogenannten „Regionalisierungsmittel“ spürbar erhöht werden. Das ist jenes Geld, das der Bund den Ländern jährlich zur Finanzierung des ÖPNVs zur Verfügung stellt. 7,4 Milliarden Euro sind es derzeit (ohne Sonderzahlungen im Zuge von Corona-Hilfen etwa). Die Länder fordern nun fix 1,5 Milliarden Euro mehr, also eine deutliche Erhöhung der Mittel. Nicht nur einmalig, sondern pro Jahr. Und das in Zeiten, in denen die Bundesregierung alles mögliche finanzieren will – unter anderem mit 100 Milliarden Euro die Renovierung der Bundeswehr.
Eine Blamage Hoch Drei
Weil dem so ist – und weil kurz bevor das 9-Euro-Ticket abgesegnet werden soll – hinter den Kulissen immer noch gestritten wird, ist es nun durchaus möglich, dass der Bundesrat dem Gesetzesentwurf am Freitag nicht zustimmen wird. Sollte es dazu kommen, gibt es bereits klare Worte vom Fahrgastverband „Pro Bahn“, dessen Ehrenpräsident Karl-Peter Naumann im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung bereits vor einem Scheitern des 9-Euro-Tickets im Bundesrat gewarnt hatte. „Platzt das Neun-Euro-Ticket, dann wäre das eine Blamage der Politik hoch Drei“, so Naumann. Er forderte Bundesverkehrsminister Volker Wissing deshalb auf, „noch eine Schippe draufzulegen“. Sollten entsprechende Zusagen ausbleiben, müssten Sie und der Autor dieser Zeilen wohl erstmal weiterhin 15,20 Euro für fünf Einzelfahrten im Münchner Stadtgebiet berappen.
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Dieses 9-Euro-Ticket ist doch wieder mal eine typische Farce einer Politik, die Schulden über Schulden über Schulden macht, ohne überhaupt zu wissen, wie die ganze Sache bezahlt werden soll. Man hat das Gefühl, in Zeiten, wo Milliarden wie ins Nichts verbrannt werden und mit einer rasanten Inflation täglich mehr Wohlstand vernichtet wird, spielt es für den ein oder anderen Politiker keine Rolle mehr, hier und dort weitere Milliarden zu verschleudern. Dabei steigen in Zeiten, wo der Liter Benzin 2 Euro und mehr kostet, auch ohne so ein Ticket viele auf öffentliche Verkehrsmittel um. Muss man das noch zusätzlich befeuern? Hat sich überhaupt jemand ausgrechnet, ob die Kapazitäten der Nahverkehrszüge die Folgen dieser Anreizpolitik bewältigen können? Ganz davon ab: Eine Regierung, die den Autofahrern zumutet, derartige Preise für Benzin zu zahlen, kann Zugfahrern auch zumuten, normale (ohnehin nicht so teuere) Nahverkehrstickets zu lösen.
& Wissenschaft.
Als wenn wir KEINE Probleme in Deutschland hätten.
Und wer löffelt den verbockten Mist aus bzw. bezahlt die Zeche?
Wie immer - Schütze A
(in diesen Fall mal die Verkehrsbetriebe & wie mit was, interessiert die feinen Pinkel nicht. Wie bei der Armee)
Oder mit Verteuerung all Jenem, woran Schütze A gar nicht sparen kann
Und einer kommenden Verlängerung der Lebens-Arbeitszeit, wo NICHT weiße Deutsche nur lächeln können.
Deutschland, ja für einige Schlaraffenland,
WO ES SICH GUT & GERNE LEBEN LÄSST ??
WER, die große Preisfrage
Natürlich ist es - wie das Allermeiste - nicht einmal andeutungsweise durchdacht.
Und deshalb werde ich auch bei nächster Gelegenheit "unserem" (auch ansonsten weidlich überforderten) Oberbürgermeister die Forderung präsentieren, daß ich - Inhaber einer Jahreskarte - auch in den Genuß dieser Sonderregelung kommen will; und wenn man mir schon bei der Reduzierung der MWSt eine Rücküberweisung der im Jahresabo eingeforderten, aber dann durch die Weisheit der Bundesregierung reduzierten Steuer geliefert hat, sollte (Achtung: Ironie) es kein Problem sein, diese Differenz zum Monatspreise (€ 37.75) mir zurückzuerstatten. Ich bin neugierig, mit welch schwachsinnigen Argumenten man mich abzuspeisen versuchen wird.