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Alfred Dregger wäre am 10. Dezember 100 Jahre alt geworden / Konrad Adenauer Stiftung/Harald Odehnal

100. Geburtstag von Alfred Dregger - Nationalliberaler Streiter für Einheit und Freiheit

Alfred Dregger hätte am heutigen 10. Dezember seinen 100. Geburtstag gefeiert. Ein guter Anlass, um auf die Leistungen des glühenden Parlamentariers zurückzublicken.

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Autoreninfo

Prof. Dr. Wolfram Pyta leitet die Abteilung Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart sowie die „Forschungsstelle Ludwigsburg“ zur Erforschung der NS-Verbrechensgeschichte. Er erarbeitet gegenwärtig eine umfassende wissenschaftliche Biographie über Alfred Dregger. Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt dieses wissenschaftliche Forschungsprojekt.

So erreichen Sie Wolfram Pyta:

Über viele Spitzenpolitiker, die sich zu ihren Lebzeiten im Lichte der Aufmerksamkeit sonnten, geht der Lauf der Zeit unerbittlich hinweg: Sie fallen oft innerhalb einer Generation dem Vergessen anheim. So wird auch ein historisch Interessierter bei der Nennung des Namens von Alfred Dregger ins Grübeln geraten.

Dabei dürften Versatzstücke wie „konservatives Aushängeschild der CDU“ oder „langjähriger hessischer CDU-Vorsitzender und mehrfach gescheiterter Spitzenkandidat“ fallen. Ist Dregger mithin nur ein Fall für Experten hessischer Landesgeschichte oder für diejenigen, die auf der Suche nach Selbstvergewisserung einen Musterkonservativen reanimieren möchten?

Gestalter ohne Ministeramt

Doch näheres Hinsehen zeigt, dass in dem am 10. Dezember 1920 geborenen Alfred Dregger viel mehr steckt. Dregger hat in zwei formativen Jahrzehnten – von den frühen 1970er bis in die frühen 1990er Jahre – die Geschicke der Bundesrepublik mit geprägt. Er vermochte dies, obgleich er weder auf Landes- noch Bundesebene jemals ein Ministeramt bekleidete.

Vor allem als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von Oktober 1982 bis zum November 1991 hat Dregger die bundesdeutsche Politik mitgestaltet. Daher wirf eine Beschäftigung mit ihm vor allem Erkenntnisse hinsichtlich der Gestaltungskraft von Fraktionsvorsitzenden ab.

Geschichte wiederholt sich

Gewiss legte Dregger großen Wert darauf, dass sich seine Fraktion diszipliniert hinter Bundeskanzler Kohl stellte, der sich uneingeschränkt auf Dreggers Loyalität verlassen konnte. Doch zugleich war Dregger ein leidenschaftlicher Parlamentarier, der die politische Mitsprache der Bundestagsfraktion beharrlich zur Geltung brachte.

Sein Gesellenstück legte er im Jahre 1980 ab, als CDU und CSU nach einem geeigneten Verfahren zur Nominierung des gemeinsamen Kanzlerkandidaten suchten. Die Aktualität dieses Dauerthemas lohnt eine vertiefte Betrachtung der Lösung des Jahres 1980, an deren Zustandekommen Dregger erheblichen Anteil besaß: Denn in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der hessischen CDU und stellvertretender Bundesvorsitzender wandte er sich gegen das handstreichartige Vorgehen des CDU-Vorsitzenden Kohl, in der Kanzlerkandidatur die Partei auf Linie zu zwingen. Dregger wollte einen Weg finden, der zum einen ein faires Verfahren garantierte und in den zum anderen die CSU eingebunden war.

Die vereinte Fraktion

Damit schlug die Stunde der Bundestagsfraktion: Denn das einzige Gremium, in dem Angehörige der beiden Schwesterparteien eine institutionelle Einheit bilden, ist die gemeinsame Bundestagsfraktion. Dregger gehörte als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zu denjenigen Unionspolitikern, die den widerstrebenden CDU-Vorsitzenden dazu brachten, der Bundestagsfraktion die Entscheidung über die Nominierung des gemeinsamen Kanzlerkandidaten anzuvertrauen. Dort obsiegte zur Überraschung vieler nicht der von der CDU-Spitze Favorisierte, sondern der bayerische Ministerpräsident.

Damit hatte sich Dregger warmgelaufen für seine Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender, bei der er strikt darauf achtete, kein „CSU-Bashing“ zu betreiben und die Union in ihrer Gesamtheit zu repräsentieren. Entscheidend ist aber, dass Dregger sein Amt nutzte, um die beiden Politikfelder zu pflegen, die zugleich den Kern seines politischen Koordinatensystems ausmachten: Einheit und Freiheit.

Fokus auf den Osten

Dies hieß für ihn, die Teilung Deutschlands dadurch zu überwinden, dass auch den im sowjetischen Machtbereich lebenden Völkern Ostmittel- und Südosteuropas die „Freiheit“ geschenkt wurde. Dregger pflegte hier das Vermächtnis Adenauers – und dies bedeutete in den 1980er Jahren nicht weniger, als die alte Bundesrepublik, bei deren Eliten das Streben nach einem in Freiheit vereinten Europa immer weniger Rückhalt fand, aus ihrer Saturiertheit aufzurütteln.

Dregger tat dies, indem er die Fraktion zum Zentralort einer deutschlandpolitischen Debattenkultur machte, als in der CDU-Zentrale operative Deutschlandpolitik als Auslaufmodell galt. Dabei erwies sich Dregger als pragmatischer Erwartungsmanager: Deutschlandpolitische Sonntagsreden und Kleben an Rechtspositionen waren für ihn nur dann von Wert, wenn sie von einer Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Deutschen in beiden Staaten begleitet wurden.

Da Dregger sich eine für den Bonner Politikbetrieb außergewöhnliche Unabhängigkeit bewahrt hatte, konnte er es sich leisten, den Staatsbesuch Honeckers in Bonn im September 1987 gegen Kritik aus den eigenen Reihen zu legitimieren, gerade weil er Jahre zuvor eine solche Besuchsabsicht öffentlich kritisiert hatte. Dregger sah klarer als viele in den eigenen Reihen, dass sich im Jahre 1987 die DDR-Führung mit diesem Besuch unter Erwartungsdruck setzte und damit eine Eigendynamik freisetzte, die dem langfristigen Ziel der Überwindung der Teilung entgegen arbeitete.

Architekten der Einheit

Insofern gehört Dregger in deutschlandpolitischer Hinsicht in eine Reihe mit Kohl, Genscher und Schäuble: Sein beharrliches Eintreten für die Verlebendigung des Wiedervereinigungsauftrags bereitete den Boden dafür, dass diese drei Architekten der deutschen Einheit unter Zeitdruck ein Ziel erreichten, das Dreggers politische Widersacher noch Jahre zuvor als Hirngespinst abgetan hatten.

Dreggers Leistung bestand mithin darin, die Union auf einem Feld politikfähig zu erhalten, das Ende der 1980er Jahre zum alles überragenden Thema avancierte. Nach der Wiedervereinigung wollte Dregger die Wiedervereinigung dadurch vollenden, dass Berlin anstelle von Bonn zum Sitz von Parlament und Regierung des vereinten Deutschland wurde. Seine letzte wichtige Amtshandlung als Fraktionsvorsitzender bestand darin, die strategischen Weichen so zu stellen, dass Berlin im Juni 1991 im Bundestag in einer Kampfabstimmung gegen Bonn obsiegte.

Sein politisches Vermächtnis

Insofern kann die Wiederinbesitznahme des Reichstags als symbolträchtiges Aushängeschild des deutschen Parlamentarismus als eines der wichtigsten politischen Vermächtnisse Dreggers gelten. Das Streben nach Einheit verband sich bei Dregger mit einem leidenschaftlichen Eintreten für das zweite dominierende Thema der 1970er bis 1990er Jahre: Freiheit. Freiheitsverlangen war die politische Antriebskraft Dreggers, der damit vor allem die Freiheitsrechte des Individuums im Blick hatte, die es gegen jede diktatorische Bedrohung zu verteidigen galt.

Politische Grundsatzdebatten über den Wert der Freiheit waren für ihn maßgeschneidert; und er war in seinem Element, wenn er Sozialisten aller Schattierungen der Staatsgläubigkeit und der Bevormundung des Individuums zieh. Dregger verkörperte damit einen Politikertyp, der mit Leidenschaft für seine Überzeugungen eintrat und in der öffentlichen Debatte den Kern des Politischen erblickte.

Bürgerlicher Habitus

Bei allem emotionalen Einsatz wahrte Dregger stets die Form und verstieg sich nie zu persönlichen Attacken. Sein bürgerlicher Habitus schützte ihn sowohl vor Verunglimpfung des politischen Gegners wie vor Kumpanei mit Parteifreunden. So nimmt es nicht wunder, dass Dregger mit Duz-Freundschaften überaus sparsam umging; eine solche verband ihn mit seinem Marburger Studienkollegen und späteren SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Jochen Vogel.

Wie kann man eine solche Persönlichkeit in die politische Ideenwelt einordnen? Dregger selbst hat sich nie als Konservativen verortet; dieses Etikett ist ihm nicht zuletzt vom politischen Gegner aufgeklebt worden. Der Gleichklang von Freiheit und Einheit legt es vielmehr nahe, in Dregger einen typischen Exponenten des Nationalliberalismus zu erkennen. Dazu passt, dass Dregger gerade nicht aus einem familiär gepflegten politischen Katholizismus zur CDU fand. Dregger steht für einen Nationalliberalismus, der gerade in Hessen in der CDU in dem Maße seine politische Heimat fand, in dem die FDP nationalliberale Themen immer weniger bediente.

Keine Themen mehr

Dass Dregger für den Konservatismus in Beschlag genommen wurde, ist auch darauf zurückzuführen, dass die CDU ihre nationalliberale Traditionslinie bislang verdrängt hat. Mit den Nationalliberalen des ersten deutschen Nationalstaats teilte Dregger das Schicksal, dass ihm die politischen Themen ausgingen, als sich sein Lebenstraum mit der Einheit in Freiheit erfüllt hatte. Und weil dies noch mit dem Rückzug vom Spitzenamt des Fraktionsvorsitzenden einherging, fiel es Dregger sichtlich schwer, sich auf seine alten Tage in eine neue politische Rolle zu finden.

So waren die letzten Jahre Dreggers geprägt von einem zähen, nicht selten starrsinnig anmutenden Streiten für Positionen, die auch dazu dienten, seine eigene Vita als ehemaliger Wehrmachtsoffizier mit politisch anschlussfähigem Sinn zu erfüllen. Dregger führte hier ein Rückzugsgefecht, weil sein Eintreten für die „Ehre“ seiner soldatischen Generation nicht für die jüngeren Generationen vermittelbar war.

Dregger blieb bei allem aber immer ein Politiker mit Maß und Mitte. Wenn er heute den politischen Betrieb beobachtete, würde der leidenschaftliche Parlamentarier bedauern, wie von bestimmter Seite mit verrohender Sprache und respektlosem Eindringen die Würde des Parlaments beschädigt wird.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 10. Dezember 2020 - 12:19

national-liberal.
Als solcher war Dregger in der CDU, wie so manche, vlt. sogar Ludwig Ehrhard?
Die FDP deckte eher Wirtschaftsliberalismus und Rechtsstaatlichkeit ab.
Wenn Hans-Jochen Vogel sein Duzfreund war, muss ich jetzt nicht zu sehr in die Vergangenheit schauen.
Der eine Satz des Artikels gefällt mir gut, der letzte.
Wie man sich als AfD´ler mit Protestformen der Linken herausreden kann ist mir ein Rätsel und angesichts der NS-Zeit ein Unding.
Ausserparlamentarische Aktionen von Rechten dürfen niemals wieder auch nur in den Dunstkreis des mangelnden Respektes vor dem Parlament geraten.
Das Parlament ist DIE Errungenschaft des Liberalismus, des mitbestimmenden Bürgertums.
Marodierende Rechte gehen Richtung Willkür und Selbstherrlichkeit.
Dregger hat sicher wie viele seiner Zeitgenossen aus der NS-Zeit gelernt.
Wir befinden uns derzeit in einer Moderne und Weiterentwicklung der parlamentarischen Demokratie,
Nicht zu verwechseln mit ihrem Untergang.
Eine Gratwanderung für Rechte!

Christa Wallau | Do., 10. Dezember 2020 - 12:37

der sog. Werte-Union innerhalb der CDU.

Er gehörte zu den prägenden Persönlichkeiten dieser Partei, weil er klare Überzeugungen / Positionen hatte, auf deren Einhaltung man sich bei ihm verlassen konnte.
Viele Themen, für die heute die AfD eintritt, waren auch für ihn sehr wichtig, so z. B. eine differenziertere Betrachtung der deutschen Geschichte. Auch gegen die pauschale Verurteilung der deutschen Wehrmacht als eine Horde von Kriegsverbrechern hat er sich - wie z. B. auch Helmut Schmidt - vehement eingesetzt. Die SPD respektierte ihn als einen "Strauß mit weißer Weste", vor dem sie - zu recht - Muffensausen hatte.

In der Merkel-CDU gibt es keine Persönlichkeiten wie Dregger mehr. Prinzipientreue und Geradlinigkeit sind einem "geschmeidigen" Modernismus und Opportunismus gewichen. Medien und NGOs treiben die Politiker vor sich her, und das verunsicherte Volk weiß nicht mehr, an was es sich halten soll und kann. Zu Dreggers Zeiten war das anders.

Frau Wallau! Ich bin ganz Ihrer Meinung, auch als einer, der gegen die Altparteien noch stets die AfD hochgehalten hat. Bei all ihren Fehlern stehen ihre Spitzenpolitiker - ich nenne hier nur einige wie z. B. Meuthen, von Storch, Wagner, Pazderski, Lucassen usw. - in ihrem Realitätssinn und auch in ihrer Moral haushoch über jenen der Altparteien. Mit Meuthen wird die AfD übrigens auch wieder prosperieren können. Nun aber zu Dregger: Damals war mir Dregger ein zu großer Polterer. Selber war ich zu dieser Zeit eher grün und linksliberal. Was die Wehrmacht betrifft, so vermag ich dieser bestenfalls eine tragische Rolle zugestehen, da sie nun einmal das zerstörerische Hauptinstrument in den Händen eines Monstermörders wie Hitler war. Immerhin sind die Besten von ihr am Ende noch aufgewacht und haben bitter für ihre Versäumnisse bezahlt. Welch eine Tragik! Von Grünen, Linken und heutigen Sozen ist dies nicht mehr nachzuvollziehen. Von Stolz kann dabei allerdings keine Rede sein.

der Wunsch, deutsche Kriegshelden angemessen feiern zu dürfen. Selbstverständlich war die Wehrmacht an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt. Auch wenn ein Herr Gauland gerne Stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten sein möchte. Oder ein Bernd Hoecke, einstiger Flügel-Hauptmann, eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert.
Was der Foristin als bekennender Flügelunterstützerin sicher durchaus behagt.

Wo Dregger heute stehen würde, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht wäre er, wie Gauland, an den rechten Rand abgerutscht und heute in der AfD zu finden. Vielleicht wäre er tatsächlich einer der Wortführer der Werte-Union, jener losen Vereinigung ausserhalb der CDU, die sich gerade dank Rechtsauslegern wie Vera Lengsfeld oder Hans-Georg Maaßen selbst zerlegt und zunehmend Sektencharakter annimmt.
Ja, Dregger, war schon ein Schneidiger, ein Zackiger. Heute wirkte er sicher wie aus der Zeit gefallen. Und dann gab es ja noch den Helaba-Skandal...

"Ja, Dregger, war schon ein Schneidiger, ein Zackiger"
Sie haben insoweit Recht.

Damals hielt ich ihn für einen absoluten Hardliner, aber er trug immer ganz tolle Schuhe/Stiefel!
AfD - Rechtsextremismus - Faschismus - Gedönserismus ...
Herr Lenz, das ist mir zu billig, "unter meinem NIWO!" (Gerhard Polt)

Nationalliberal? - Warum nicht?
Andere halten sich für "weltoffen", hypertolerant.
Beides sind "Schubladen" des Kategorisierens, Einordnens.

WW2
Mein Vater war bei der Luftwaffe, Geschwader Richthofen.
Mein Opa Jupp war Panzergrenadier bei der Wehrmacht; mein anderer Opa ist früh verstorben.
Waren sie deshalb "böse Menschen", Mittäter, Begründer einer "ewigen Erbschuld?" NEIN!
Ich hatte Zivildienst geleistet (das war hammerhart!) und GRÜN gewählt.
Ja, das ist ne Weile her!

Herr Lenz, wie immer:
D ist ein sehr schönes Land, so soll es bleiben!
Jeder ist willkommen, so er denn im Rahmen unserer Gesetze, Gesellschaft hier leben will. Do ut des = geben u nehmen, nicht wahr?
Alles Gute!

Wolfgang Jäger | Do., 10. Dezember 2020 - 12:54

Es fehlen Politiker von solchem Format. Dregger wäre in der heutigen CDU heimatlos und als AfD-affiner "Populist" ausgegrenzt. Schon zu seinen Lebzeiten hatte er mit dem Ruf, ein konservativer Knochen zu sein, zu kämpfen. Es war der Beginn einer Entwicklung, die heute unter Merkel ihre ganze Blüte entfaltet.

Wolfgang Henning | Do., 10. Dezember 2020 - 13:06

Die Eigenständigkeit in der politischen Mitsprache der CDU-Fraktion, die Alfred Dregger zur Geltung brachte, wird eben heute vermisst. Er schaffte es, die progressiven und die konservativen Teile der CDU/CSU-Fraktion zu einen. Die politische Abseitsstellung der konservativen Werte führte in den vergangenen Jahren zu einem Verlust an Identifikation und schließlich zum Abwandern vieler Parteimitglieder und Wähler zur AfD.
Auch das Bashing der neuen Bundesländer als "Dunkeldeutschland" und die Bevormundung durch CDU-Spitze und Kanzlerin bei demokratischen Entscheidungen, trugen zur Abkehr und zur Stärkung der AfD bei.
Das Eintreten Dreggers für einen Nationalliberalismus würde heute dazu führen, dass man ihn ungestraft einen "Nazi" nennen dürfte und ihn des "Rassismus" verdächtigen würde.
Er würde neben einer Verrohung der Sprache auch die Ausgrenzungsmechanismen gegenüber unliebsamen anderen, demokratisch gewählten Parteien, bedauern. Auch das fördert die Verrohung des Umgangs.

Schon damals war man mit den Beschimpfungen nicht zimperlich, nannte man doch Dregger und die Leute um ihn herum „Stahlhelmfraktion“. Damals waren Beschimpfungen als „Nazi“ tabu, wohl auch weil man damals (70er-90er) noch wusste was für Verbrecher richtige Nazis waren und daher nicht jeden der anderer Meinung war sofort mit diesem Wort ausgrenzte.

Ernst-Günther Konrad | Do., 10. Dezember 2020 - 13:09

Konservativer Nationalliberalismus ist out, links-grüner Identitätsstreit ist angesagt.
"Politische Grundsatzdebatten über den Wert der Freiheit waren für ihn maßgeschneidert; und er war in seinem Element, wenn er Sozialisten aller Schattierungen der Staatsgläubigkeit und der Bevormundung des Individuums zieh."
Genau solche Debatten dürfen heute nicht mehr geführt werden. Stattdessen sind Menschen, die Begriffe wie National, Ehre, eigene Identität, Anstand und Verantwortungsbewusstsein, benutzen und eine volksnahe Politik betreiben extrem "rächtsverdächtig". Ich habe ihn mal bei einer Wahlveranstaltung dienstlich erleben dürfen. Ein freundlicher, distanzierter, bodenständiger Mann, der noch etwas sagte, nicht laberte. Der immer mit Anstand und Respekt stritt, trotz übelster Anfeindungen und dem damaligen Versuch, ihn in die Naziecke zu drängen, ob seiner Wehrmachtszugehörigkeit. Solche Politiker gibt es nicht mehr und wären heute sicherlich von dem Medien geächtet. Ein guter Artikel.

Manfred Bühring | Do., 10. Dezember 2020 - 13:13

Neben einigen Ungereimtheiten in dem Beitrag - war Dregger nun für oder gegen eine Vereinigungsperspektive anlässlich des Honecker-Besuchs 1987 -, umschifft die Laudatio den großen schwarzen Fleck auf der so hellweiß dargestellten Weste von Alfred Dregger: der Skandal um die von Dregger verantworteten bzw. verwalteten 20 Mio. DM Schwarzgelder der CDU. Es ist mindestens fahrlässig, wenn nicht gar skandalös, dass ein ausgewiesener Historiker wie Pyta dieses einfach übergeht, der jungen Generation, die Geschichte nicht selbst miterlebt hat, dieses also vorenthält. Als die Affaire dann ans Tageslicht kam, versprach Roland Koch, der damalige CDU-Ministerpräsident Hessens, eine „brutalstmögliche Aufklärung“, die dann allerdings wie zu erwarten im Sande verlief. Denn Koch selbst wurden ebenfalls Verstrickungen in diesen Skandal nachgesagt. Laudatio zum 100sten - ja für die positiven Leistungen, aber bitte keine white-wash-stories.

Heidemarie Heim | Do., 10. Dezember 2020 - 13:28

Wohl wahr geehrter Herr Prof. Dr. Pyta! Jedoch nicht nur was die heute gepflegte Tonlage und Würde betrifft. Die war auch in früheren Zeiten bisweilen bissig. Doch wie Sie auch anmerkten, hatten Herr Dregger und seine damaligen politischen Zeitgenossen noch etwas wie Ehrgefühl und Prinzipientreue sich selbst und auch ihrem Gegenüber in Praxis! Begriffe, die ich mit der Vita und dem Auftreten der meisten heutigen Politikvertreter nicht mehr ,geschweige selbstredend in Zusammenhang bringen kann. Und das betrifft nicht nur die neu Hinzugekommenen. Gerade gestern in einer Debatte, erstaunte mich die Gegenrede eines Abgeordneten, die er damit eröffnete, indem er erst mal auf die kriminelle Vergangenheit als rechtmäßig verurteilter Hooligan seines AfD-Vorredners einging, was scheinbar als Gegenargumentation hinsichtlich anderer Meinungen heutzutage genügt im Parlament. Ich glaube auch frühere BT-Präsidien hätten sich derlei ehrabschneidende Angriffe auf BT-Mitglieder verboten. MfG

Tomas Poth | Do., 10. Dezember 2020 - 13:29

Den erinnere ich seinerzeit als Rechtsausleger der CDU. Heutigentags würde man ihn wahrscheinlich als Rechtsextrem einstufen und vom VfS beobachten lassen.
Stellten wir die Politiker-Altgarde, ihre Äußerungen und Handlungen in die heutige Zeit würden wir erkennen wie weit der politische Rahmen nach links verschoben wurde.
Wenn Merkel geht hinterläßt sie eine quasi-sozialistische EU-Korsett-Teilrepublik.
Der Michel liebt die Unterordnung unter Führerschaft und das sozialistische Wir mehr als die Freiheit. Das ist der Rote Faden unserer Geschichte seit 1848.

Urban Will | Do., 10. Dezember 2020 - 18:17

Artikel über Herrn Dregger und beenden ihn, Herr Pyta, dann – ganz pflichtbewusst – mit dem obligatorischen Tritt in Richtung Blau, damit Sie – so denke ich jedenfalls - nicht „Gefahr laufen“, als „Rechter“ stigmatisiert zu werden...

Ja, ich denke auch, Dregger würde die Existenz der AfD bedauern, aber im Gegensatz zu der hier suggerierten Meinung wäre der Grund bei ihm ein anderer.
Noch mehr nämlich würde der nationalliberale Dregger bedauern, nein, ich denke, er würde sich einerseits sehr empören und andererseits auch schämen, was aus dem von ihm so hochgeschätzten Parlament und „seiner“ CDU geworden ist.
Das Parlament, vor allem die schwarze Fraktion als „Abnickbude“, in der Opposition vielleicht noch „geduldet“, aber nicht mehr geschätzt oder gar erwünscht wird.

Er wäre einer der Hauptgegner der "allmächtigen" Merkel in der Union, vielleicht sogar seit 2015 gar nicht mehr Mitglied dieser Duckmäuser – Truppe.
Solche Charaktere fehlen sehr in diesen Zeiten.

Karl-Heinz Weiß | Do., 10. Dezember 2020 - 18:18

Den durchweg wohlwollenden Kommentaren möchte ich entgegenhalten, dass Herr Dregger bei der Einordnung des 8.Mai 1945 eine sehr rückwärtsgewandte Rolle spielte. Dank Richard von Weizsäcker war Deutschland hier 1985 weiter als 2020.

Natürlich hatte aus heutiger Perspektive keiner der Weltkatastrophe II Überlebenden eine reine Weste lieber Herr Weiß! Schon gar nicht als Soldaten, die in immer jüngerem Alter mit den Gräuel des Krieges, des Tötens und der Massaker, KZs, Gefangenschaft und vielem mehr direkt konfrontiert waren und irgendwann geschlagen und völlig desillusioniert vor den Trümmern ihres noch jungen Lebens standen. Die so traumatisiert waren, dass sie meist nicht in der Lage waren überhaupt darüber zu sprechen innerhalb der ebenso von Bombennächten zermürbten Familie. Ich habe in meinem klinischen Praktikum in einer Kuranstalt für Kriegsversehrte viele dieser Männer aus der Altersgruppe Dreggers behandelt, kennengelernt mit schwersten physischen Schäden, ein Bein und ein Arm ab oder abgeschossene Piloten mit nur 40% Verbrennungen galten bei uns scherzhaft als minder schwere Fälle. Aber gerade auch diese Männer bauten D wieder mit auf und hatten von Nazis, Wehrmacht und Krieg die Nase voll. MfG

Bernd Muhlack | Do., 10. Dezember 2020 - 19:09

Jungsche, an de Schoh un de Aue lernste die Mensche kenne!
An den Schuhen und den Augen erkennst du die Menschen.
Pass auf, wenn die Schuhe ungepflegt sind und wenn die Augen nicht "mitlachen".
Er war Schuhmachermeister; nach dem Krieg war er beim Bundesarchiv in Koblenz.
Er war nationalliberal u ein sehr gläubiger Mensch; er war auch sehr humorvoll u "tolerant".
Er war solch ein Alfred Dregger Typ!
Auch von der Statur her, eher asketisch, schlank, "knochig".

Alfred Dregger war für mich damals ein Hardliner; aber er trug immer tolle Schuhe und lachte "auch mit den Augen".
Es ist müßig zu sinnieren, wo er heut zu Tage zu verorten wäre. Schmidt, Kohl, Barzel, Wehner, Strauß, Weizsäcker, Genscher, Hamm-Brücher Regine Hildebrand (!) etc. sind eben nicht mehr im Gebäude.
"Man muss mit dem zufrieden sein, was man hat!"
So schwer es auch fällt!

100 Jahre?
Meine Mutter ist 86, geistig topfit.
Corona, Impfung? Irgendwann sei eben Ende!
Jeder sollte das Glück haben, "Alten" zuhören zu können!

Hanno Woitek | Fr., 11. Dezember 2020 - 12:27

Er war einer der schlimmstem Demagogen des Rechtsnationalen, der Brandts Ostpolitik als Ausverkauf geißelte. Und richtig "liberal"l war sein Satz: "in Dresden wurde unser Land vor den Russen verteidigt"