Trump und Putin
Trump und Putin beim Ausritt: Kaffeetasse in einem Souvenirshop in Sankt Petersburg / picture alliance / AP / Dmitri Lovetsky

Treffen zwischen Trump und Putin - Warum ausgerechnet in Saudi-Arabien?

Donald Trump hat angekündigt, demnächst Wladimir Putin in Saudi-Arabien zu treffen, um über den Ukrainekrieg zu verhandeln. Der Ort ihrer Begegnung macht deutlich, dass es um mehr geht als bloß um den von Russland überfallenen Staat.

Autoreninfo

George Friedman, Jahrgang 1949, ist einer der bekanntesten geopolitischen Analysten der Vereinigten Staaten. Er leitet die von ihm gegründete Denkfabrik   Geopolitical Futures  und ist Autor zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien „Der Sturm vor der Ruhe: Amerikas Spaltung, die heraufziehende Krise und der folgende Triumph“ im Plassen-Verlag.

So erreichen Sie George Friedman:

Im Kern ist Geopolitical Futures ein Prognoseunternehmen. Aber bevor wir Prognosen abgeben, analysieren wir. Und bevor wir analysieren, spekulieren wir mitunter. Wir veröffentlichen unsere Spekulationen aber nur selten, denn es handelt sich letztlich bloß um Gedankenansätze, mit denen wir das Chaos ein bisschen ordnen wollen. Schlimmer noch: Sie sind oft falsch. Aber da sich US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin auf ein Treffen in Saudi-Arabien vorbereiten, hielt ich es für lohnend, zu spekulieren – zumal wir vor kurzem prognostiziert haben, dass sich die Welt neu ordnet. Wie immer gelten die üblichen Vorbehalte.

Ich kann Trumps wiederholt geäußerten Wunsch, den Gazastreifen zu besetzen, nicht verstehen. Trump weiß, dass eine Übernahme des Gazastreifens ohne Militärpräsenz unmöglich wäre, und er weiß, dass sich ein Strom von Flüchtlingen in die Vereinigten Staaten ergießen würde, wo eine neue Runde des islamistischen Militarismus Wurzeln schlagen könnte – und damit seine Präsidentschaft völlig untergraben würde. Deshalb habe ich die Erklärungen zum Gazastreifen zunächst als einen billigen Bluff abgetan.

Neues Verhältnis zwischen den USA und Russland?

Es ist logisch, dass Trump und Putin über eine bilaterale Lösung für die Ukraine sprechen und diese wahrscheinlich auch anstreben wollen. Es ist ungewöhnlich, dass sie beschlossen haben, die europäischen Staats- und Regierungschefs, einschließlich des ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskyj, von den Gesprächen auszuschließen – zumal Trump den Krieg in der Ukraine seit langem als einen europäischen Krieg bezeichnet. Vielleicht denkt Trump, dass die Teilnahme der Europäer de facto eine Einladung an Europa wäre, sich am Wiederaufbau der Ukraine zu beteiligen. Vielleicht glaubt er, dass eine Teilnahme Europas mit all seinen unterschiedlichen Ansichten und Interessen die Gespräche zum Stillstand bringen würde. Vielleicht will er seine Absicht signalisieren, die Beziehungen zu Russland oder Europa neu zu definieren. (Wahrscheinlich denkt Putin genauso.) Und vielleicht wollten sie Selenskyj ausschließen, weil sie ahnen, dass er mit nichts von dem, was sie besprechen, einverstanden sein wird. Außerdem könnte es bei dem Treffen zwischen Trump und Putin noch um andere Sachverhalte als nur um die Ukraine gehen.

Frankreich hat inzwischen ein Gipfeltreffen ausgewählter europäischer Staaten einberufen, um das Ukraine-Thema zu erörtern. Das ergibt Sinn: Europa war während und nach dem Kalten Krieg sicher und wohlhabend, aber diese Sicherheit und dieser Wohlstand sind ins Wanken geraten. Eine wie auch immer geartete Übereinkunft zwischen den USA und Russland würde Europa den Anker entziehen. Die Pattsituation in der Ukraine, die Tatsache, dass Russland den Krieg nicht gewinnen konnte, und die begrenzten Reaktionen der USA und Europas signalisieren das Ende der Ära nach dem Kalten Krieg. Russland ist es nicht gelungen, ein kleineres und schwächeres Land innerhalb von Tagen oder Wochen zu überwältigen – was das „alte“ Russland getan hätte. Russland muss seine nationale Strategie auf der Grundlage dieser Realität neu definieren. Daraus ergibt sich für die Vereinigten Staaten die Notwendigkeit, ihre eigene Strategie neu zu definieren. Die Beziehungen werden sich vor diesem Hintergrund zwangsläufig ändern müssen.

Der Plan ist bereits skizziert

Meine Überlegungen könnten falsch sein, aber zumindest einige davon scheinen plausibel. Was überrascht, ist der Ort der Gespräche. Putin und Trump wollten sich natürlich nicht in Moskau oder Washington treffen, da keiner von beiden den jeweils anderen besuchen kann, ohne schwach zu wirken. Aber es gibt viele andere Orte, die sie hätten wählen können, darunter Ungarn, dessen Premierminister Viktor Orbán sowohl zu Trump als auch zu Putin ausgezeichnete Beziehungen unterhält. Wenn sie nicht gerade in ein warmes Land reisen wollten, ist es schwer zu verstehen, warum es auf Saudi-Arabien hinauslief. Wichtig ist, dass Trumps Außenminister, sein nationaler Sicherheitsberater und sein Nahost-Beauftragter parallel dazu mit ihren russischen Amtskollegen zusammentreffen werden. Aus diesen Vorgesprächen wird wahrscheinlich ein gemeinsamer Plan hervorgehen, der bereits grob skizziert ist und der auf dem offiziellen Trump-Putin-Gipfel abgesegnet werden soll.

Dies bringt uns zurück zu der rätselhaften Betonung, die Trump auf den Gazastreifen gelegt hat, indem er die unmögliche Idee ansprach, dass die USA das Eigentum an dieser Todesfalle übernehmen könnten. Es gibt drei Themen, die auf dem Tisch liegen. Das erste ist die Ukraine. Das zweite ist der arabisch-israelische Konflikt. Das dritte und wichtigste ist die Suche nach einer Einigung mit Russland – nicht nur in der Ukrainefrage, sondern weltweit. Die Bedeutung des Ukrainekriegs lag letztlich tragischerweise nicht in der Ukraine. Er war ein Gradmesser für die russische Macht und die mangelnde Bereitschaft der Vereinigten Staaten und Europas, mehr zu tun, als Hilfe zu leisten. Niemand hatte ein besonders starkes Interesse an der Ukraine. Die Rivalität zwischen Moskau und Washington spielte sich unzählige Male im Nahen Osten ab, und die Saudis, die nie mehr als widerwillige Förderer der Palästinenser waren, entschärften ihre Konfrontationen und spielten häufig eine Seite gegen die andere aus.

Strategische Vorherrschaft der Saudis in der Region

Wenn Saudi-Arabien eine Koalition mit den USA und/oder Russland eingeht, wird seine wirtschaftliche Vorherrschaft in der Region zur strategischen Vorherrschaft. Riad wäre in der Lage, den arabisch-israelischen Krieg sowie andere regionale Konflikte einzudämmen. Die Gefahr einer Konfrontation zwischen den USA und Russland in der unbeständigsten Region der Welt würde schwinden, und beide Seiten wären frei, eine wirtschaftliche Beziehung aufzubauen, die nebenbei bemerkt die Europäische Union an den Rand drängen und sogar potenziell bedrohen könnte.

Dies scheint mir die einzige kohärente Erklärung für die jüngsten Ereignisse zu sein. Das setzt natürlich voraus, dass diese Ereignisse kohärent sind, oder dass Kohärenz ein Zeichen von Richtigkeit ist. Aber im Moment glaube ich jedes Wort, denn es passt zu unserer Vorstellung von einer sich neu gestaltenden Welt. Ich denke, Trump sieht die Möglichkeit eines Bündnisses mit Russland – was Putin begrüßen würde. Mit ihrer gemeinsamen Unterstützung wird der Frieden in der Region zu einer denkbaren Möglichkeit, wenn man die wirtschaftlichen Vorteile für drei große Ölproduzenten ohne tiefgreifende Konflikte bedenkt.

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Claudia Bender-Jakobi | Mo., 17. Februar 2025 - 16:56

Herr Friedman, Ihr Kommentar zeigt eine seltene Weitsicht und Umsicht. Die EU und ihre Repräsentanten werden sich warm anziehen müssen. Die USA haben in München klar gemacht, wo ihre Prioritäten liegen; sie liegen in Nahost und im Pazifik. Die EU und UK sind politisch, insbesondere aber militärisch nackt und fast wehrlos. Ich hoffe, es fällt nun endlich der Groschen! Wir müssen uns selbt verteidigen. Für Flüchtlinge und Soziales ist kein Geld da. Schluss mit Taka-Tuka-Land.

Hier unterhalten sich Länder, die in ihrer Gesamtheit einig sind und nicht wie in Europa, einer des anderen Teufel.
Allein zu Deutschland möchte ich bemerken:
"Wer seine eigene Bude nicht im Griff hat, braucht bei anderen nicht als Schulmeister zu fungieren."
Wer gedacht hat, die Westbindung im Bezug auf die USA wäre ein ewiger Freifahrtschein um selbst nichts europäisches auf die Kette zu kriegen, wird durch Donald Trump nun eines besseren belehrt.
Besonders der wahrscheinliche Übergangskanzler Friedrich Merz.

Ihrem Satz (USA haben in München klar gemacht...) kann man
nun eine Ergänzung anfügen werte Frau Bender-Jakobi.

Gestern haben die "westlichen Europäer" nun in Paris auch klar
gemacht, was sie können und wollen, aber Herr Macron kam sich
als Türsteher wieder sehr wichtig vor und auch UvdL durfte nicht
fehlen.

Das größte Geschrei bei unseren eigenen Politclowns gilt der
angeblichen Einmischung in eine Wahl, dass sie am Ende sind,
wird immer noch verdrängt. Sie überbieten sich mit mächtig
gewaltigen Phrasen, von denen fast jeder weiß, es ist nur
Schall und Rauch.

MfG

Karl-Heinz Weiß | Mo., 17. Februar 2025 - 17:46

Nach der Lektüre des Artikels bin ich etwas ratlos. Saudi-Arabien hat rund 36 Millionen Einwohner, der Iran rund 90 Millionen. Der Kriegsverlauf im Jemen war für das Land (gelinde gesagt) etwas unbefriedigend. Und der Öl-Bohrer Trump will bei Saudi-Arabien die Einnahmen einbrechen lassen. Die einzige Gemeinsamkeit bei allen arabischen Staaten besteht in der unbedingten Ablehnung, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen. Und die Rolle der bevölkerungsstarken Türkei wurde gar nicht beleuchtet. Fazit für mich: verwirrend wie die "Strategie" Trumps.

Walter Bühler | Mo., 17. Februar 2025 - 19:03

für das fröhlich-flotte Spekulieren in einem Den-Panzer (Think-tank):

Die USA haben unter allen Präsidenten immer den Gottesstaat Saudi-Arabien unterstützt. Vielleicht einfach deswegen, weil manche Gruppen in den USA sich (ähnlich wie der Vatikan und Saudi-Arabien) als Glieder eines Gottesstaates sehen.
Putins inzwischen erwachte orthodoxe Religiosität lässt auch in Russland die Züge eines Gottesstaates erkennbar werden, der das Erbe des verrotteten Arbeiter- und Bauren-Paradieses antreten will.
Erdogan errichtet sein frommes Sultanat bald über den Kaukasus hinaus bis nach Gobi.
Ja, die Zeit scheint angebrochen zu sein, wo wieder Gottesstaaten die Herrschaft antreten.

Israel hat das auch erkannt!

Unsere Grünen und Roten sind dagegen mit ihrem Projekt gescheitert, Greta Thunberg zur großen Klima-Prophetin aufzubauen. Ihre religiöse Inbrunst ist innerlich gebrochen, und Scholz und Merz taugen vielleicht zu Karnevalsprinzen, aber nicht zu religiösen Führern.

Nix für ungut

Markus Michaelis | Di., 18. Februar 2025 - 01:29

Die Welt ordnet sich neu, die USA sind stärkste Macht, aber nicht mehr stark genug für die ganze Welt. Im Ukrainekrieg haben Indien, China und unzählige Mittelmächte gezeigt, dass sie eine Hegemonie des Westens nicht mehr akzeptieren werden.

Die USA wollen in einer neuen Ordnung ihr Terrain abstecken: Amerika-Umfeld für sie (Grönland, Panama, China raus), Russland nicht ganz an China verlieren, solche Dinge: dafür brauchen alle Akteuere auch "Deals", dass sie mitmachen. Russland bekommt Ansehen zurück, etwas Land und ökonomische Perspektiven. Das könnte zB mit Saudi-Arabien zusammenpassen: die könnten den Ölpreis und damit Russland ruinieren, umgekehrt könnte man sich auf eine gemeinsame Ordnung einigen.

Mit mir reden die Staatschefs nicht, ich kenne nicht die genauen Ideen, aber es scheint mir naheliegend, dass es in der Art um eine neue Ordnung geht.

Europa hat da nichts mitzureden, weil es sich an eine alte Ordnung klammert und keine eigenen, realistischen Vorstellungen hat.

U.P.Witzens | Di., 18. Februar 2025 - 09:38

In zwei Punkten kann ich ihrer klugen Analyse nicht zustimmen: 1. Das Ende der Ära des Kalten Kriegs war nicht jetzt, sondern viel früher, nämlich 1990. Es fand statt mit dem Zusammenbruch der UDSSR und dem Scheitern der aggressiven kommunistischen Ideologie. Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands besiegelte das Ende des Kalten Kriegs. 2. Es stimmt auch nicht, dass es im Ukrainekrieg eine „Pattsituation“ gibt. Russland ist im Begriff diesen Krieg zu gewinnen. Zwar kommt es nur langsam und unter großen Verlusten voran, ein Aderlass, aber es kommt voran. Die Ukraine hingegen verblutet, ihr gehen die Soldaten aus. Nur massive westliche Hilfe mit modernster Waffentechnologie hat verhindert, dass sie nicht „innerhalb von Tagen und Wochen“ von Russland überwältigt wurde.

Keppelen Juliana | Di., 18. Februar 2025 - 09:44

Die USA will mehrere Themen in Saudi Arabien besprechen auch die Situation in der Region die Ukraine ist da nur ein Thema. Die Saudis pflegen zu Russland wie zur USA gleichermaßen ein gutes Verhältnis und werden somit von beiden Seiten als relativ neutral eingestuft. Und Saudi Arabien kann der Welt Bilder liefern vom Empfang gleich zweier "mächtigen Staatsmännern". Bei diesem Spektakel kann ich mir v.d. Leyen einfach nicht vorstellen. Gut ich hätte diese Spektakel auch Ungarn gegönnt schon allein wegen der Reaktion in Brüssel aber die EU ist derzeit out.

Ernst-Günther Konrad | Di., 18. Februar 2025 - 10:08

Für mich hat das auch ganz praktische Gründe. Keine Proteste irgendwelcher bezahlter Gruppen, gegen Russland oder USA. Kontrollierter Zugang rund um das Treffen und Geheimhaltung so, wie man sich das von den Beteiligten wünscht. Ganz nebenbei exemplarisch der Welt und besonders Europa aufzeigen, was man von ihnen hält. Nämlich nichts mehr. Und was lernen deutsche Politiker und Medien? Nichts, gar nichts. Anstatt sich mal neutral zu verhalten, den Mund zu zulassen und abzuwarten, was die beiden Großmächte verhandeln und an Ergebnissen vorweisen können, wird wieder gegen alles und jeden weiter geschossen. Und der Schauspieler aus der UA? Hat es immer noch nicht begriffen. Er bekommt ein Ergebnis vorgesetzt und ihm wird klar gesagt, was er zu akzeptieren hat. Der jammert doch nur, weil es schnell vorbei sein könnte und dann? Geht es ihm an den Kragen, denn die Ukrainer haben seine Rolle nicht vergessen und wollen auch wissen, wo die 200 Milliarden aus der Kriegskasse geblieben sind.