- Cicero Podcast Gesellschaft: „Die Gerichte haben ihre Aufgabe vergessen“
Immer häufiger kommt es vor, dass in Deutschland Verwaltungsgerichte sowie das Bundesverfassungsgericht für den Staat und gegen die Freiheit entscheiden - nicht nur in der Pandemie. Im Cicero Podcast Gesellschaft spricht der Jurist Volker Boehme-Neßler über die bedrohte Freiheit und über einen Rechtsstaat, der Angst als Mittel der Politik einsetzt.
In einem offenen Brief haben namhafte deutsche Wissenschaftler in dieser Woche die Einsetzung einer Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie gefordert. Zu den Erstunterzeichnern gehört neben Gerd Antes, Matthias Schrappe und Jörg Windeler auch der Jurist und Professor für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg Volker Boehme-Neßler. Im Cicero Podcast Gesellschaft spricht der 1962 in Ludwigsburg geborene Rechtswissenschaftler mit Ralf Hanselle, dem stellvertretenden Chefredakteur von Cicero, über die Frage, wo eigentlich der Rechtstaat in der Corona-Krise war. Denn, davon ist Boehme-Neßler überzeugt, die Aufgabe der Gerichte bestehe nicht darin, um jeden Preis die Regierung zu stützen, „ihre Aufgabe ist es, die Rechte und Freiheiten der Bürger zu schützen – gerade auch gegen eine übergriffige Exekutive“.
Dabei sind viele der Themen und Fragestellungen, die in dem gut halbstündigen Gespräch aufgegriffen werden, längst nicht mehr nur pandemiespezifisch: Wie reagiert der Rechtstaat auf Krisen? Nach welchen Kriterien werden am Bundesverfassungsgericht Experten ausgewählt? Darf die Erzeugung von Angst Mittel einer Politik sein, die auf einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung fußen will? All das sind Fragen, die in den zurückliegenden drei Jahren aufgekommen sind und die nicht erst in künftigen neuen Krisen auf Antwort warten.
Für Volker Boehme-Neßler gibt es für all diese Fragen einen klaren Rahmen: „Die Verfassung fängt mit dem Menschenwürde-Gebot an. In ihr steckt ein bestimmtes Menschenbild: die freie, selbstbestimmte Persönlichkeit. Zudem haben wir die Idee der Demokratie. Das heißt freie, selbstbestimmte Persönlichkeiten reden untereinander, kommunizieren untereinander und treffen dann gemeinsam Entscheidungen.“ Eine Politik, die Angst macht, passe nicht zu dieser Verfassung, so der Jurist, der nicht nur Europa- und Verfassungsrecht lehrt, sondern auch zu Grenzfragen von Recht und Psychologie publiziert.
Das Gespräch wurde am 18. April 2023 aufgezeichnet.
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wird sich zu früh freuen: Es geht nicht um die Einrichtung eines Tribunals.
Beispielsweise heisst es in dem Brief: Die Coronapandemie habe in Deutschland „tiefe Spuren hinterlassen und eine unzureichende Krisenfestigkeit“ der Gesellschaft offenbart.
Darum geht es den Wissenschaftlern. Nicht, um Anklage, nicht um Rache. Querdenker mögen zu früh gejubelt haben.
Es ist richtig, sowohl Maßnahmen als auch Auswirkungen zu evaluieren. Einschränkungen muss man aber immer auch die Opfer der Pandemie gegenüberstellen.
Und das waren z.B. - nach heutigem Stand - sehr wenige (anerkannte) Impfschäden, aber immerhin mehr als 170.000 Tote, die es ohne das Virus nicht gegeben hätte.
Selbstverständlich waren Hort- und Schulsschliessungen ärgerlich. Jetzt, wo Corona keine Gefahr mehr zu sein scheint, ist es allerdings leicht, das zu kritisieren, was vor nicht allzu langer Zeit vielleicht auch Leben gerettet hat.
Ich lese auch Ihre Artikel oder Interviews Herr Boehme-Neßler und teile viele Ihrer Aussagen. Ich habe ja auch ein Teiljuristische Ausbildung und erlebe inzwischen gerade wie Sie selbst auch schon festgestellt haben, Verwaltungsgerichtsentscheidungen und auch einige des BVerfG, die an meinem Rechtsverständnis völlig vorbeigehen und die meinem erlernten Wissen in Teilen diametral entgegenstehen. Gerade die Verwaltungsgerichte haben bei einigen Entscheidungen völlig ausgeblendet, Corona selbst zu hinterfragen, sondern haben sich da völlig auf die staatlichen Aussagen verlassen, die heute komplett von den gleichen Verantwortlichen in Frage gestellt werden und haben sich auf reine formelle Prüfungen zurück gezogen. Gerade einige Eilentscheidungen wurden zurückgewiesen, um dann aber in der Hauptsache den Klagen statt zu geben, über ein Jahr später und da war bereits der Flurschaden häufig eingetreten. Ich habe das schon oft geschrieben, ich habe das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren.
Verwaltungsgerichte und insbesondere der erste, der Mutti-Senat des BVerfG haben alhergebrachte Rechtsgrundsätze zum Verhältnis von Staat und Bürger in einer "Unerschrockenheit" über den Haufen geworfen, die ich mir nur mit fehlender Kompetenz erklären kann und/oder mit einer einem "ZEIT-Geist" ergebenen Beflissenheit, die sich die Väter & Mütter unseres Grundgesetzes nicht vorstellen konnten. Insbesondere was Harbarth & Co in den Entscheidungen zum Klima, zum Bundesmaßnahmengesetz und zur Versammlungsfreiheit verbrochen haben- und zwar ohne die bei so einschneidenden Themen bis dahin übliche mündliche Verhandlung und ohne in der Begründung eine auch nur minimalen Anforderungen genügende Auseinandersetzung mit all den ernstzunehemenden Gegenpositionen aus Rechts -und anderen Wissenschaften - das war ein Putsch in Roten Roben.
Das Verhalten der Regierung hat den Art. 1 Abs 1 des GG total pervertiert!
Der Mainstream und die ÖRR haben das miese Spiel gefördert und unterstützt.
Diesen würdelosen Paniktreibern muß der Raffzahn des Totalitarismus gezogen werden, möglichst schmerzhaft.
....Aufgabe der Gerichte bestehe nicht darin, um jeden Preis die Regierung zu stützen, „ihre Aufgabe ist es, die Rechte und Freiheiten der Bürger zu schützen…
Die Aufgabe des BVerG ist, weder im Sinne der Regierung oder Bürger zu entscheiden, sondern Gesetze auf ihre „Verfasssungsmäßigkeit“ hin, zu überprüfen.
Das Problem ist, dass die BVerf-Richter -wie die Gewaltenteilung es vorsieht- nicht unabhängig sind, sondern auf Grund des Auswahlverfahrens zum Richter von den jeweiligen Machthabern zu Amt und Ehren kommen und somit abhängig sind, was sich „oftmals“ in den Urteilen widerspiegelt.
Die Abhängigkeit der Richter an den obersten Bundesgerichten ergibt sich daraus, dass Ihre Wahl durch Richterwahlausschüsse erfolgt, die je zur Hälfte (16) aus "Mitgliedern" des BT und BR bestehen.