Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Bundeswehrcamp Stephan in Erbil / picture alliance

Neue Liebe zur Verteidigung - Die unerklärte und unvollendete Zeitenwende der Grünen

Die Wende der Grünen zu „Wehrhaftigkeit“ und „Verteidigungsfähigkeit“ hat zwar mit dem Ukrainekrieg einen triftigen Grund, aber sie bleibt seltsam undiskutiert. Die Grünen marschierten zuvor schließlich an der Spitze all dessen, was die Bundeswehr zersetzte.

Ferdinand Knauß

Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

So erreichen Sie Ferdinand Knauß:

So ein Satz aus dem Mund eines grünen Spitzenpolitikers wäre noch vor drei Jahren unvorstellbar gewesen. Als Caren Miosga am Sonntag in ihrer Sendung die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius nach drei Prozent vom BIP für Militärausgaben erwähnte und dann bemerkte, dass ausgerechnet der grüne Vizekanzler und Kanzlerkandidat Robert Habeck sogar nochmal 0,5 Prozentpunkte draufsatteln wollte, stimmte auch ihr Gast, die grüne Außenministerin Annalena Baerbock, grundsätzlich zu und sagte noch: „Die deutsche Bundeswehr war leider heruntergewirtschaftet.“ 

Sie tat damit so, als ob ihre eigene Partei diesen heruntergewirtschafteten Zustand nicht jahrelang selbst mehr oder weniger offen erwünscht hatte. Ähnlich hanebüchen dann noch ihre Behauptung:  „Wir Grünen haben sehr früh gewarnt, dass man sich auf solche Worte [gemeint sind vermutlich Putins Zusagen zum Minsker Abkommen] nicht allein verlassen kann, erst recht nach der Invasion der Krim.“ Das ist eine völlige Verkehrung der historischen Wirklichkeit. Wenige Wochen vor Russlands offenem Angriff, am 21. Januar 2021, sagte die frischgebackene Außenministerin Baerbock noch in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Und wenn andere Staaten bereit sind, Waffen zur Verteidigung zu liefern, ist es nicht an uns, das zu kritisieren. Aber ich halte es nicht für realistisch, mit solchen Lieferungen das militärische Ungleichgewicht umzukehren.“  

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.
Für € 1, dann 0.20/min freischalten
Maximal € 11 pro Monat • Kein Abo
Wir reservieren vorübergehend € 5. Nach der Session erstatten wir die € 5 und buchen den genauen Betrag ab.
Hilfe & Support
Freischalten für€ 1.00
Jede angefangene Minute€ 0.20 / Min.
Monatslimite€ 11 / Monat
Verbraucherschutz

Das monatliche Limit schützt dich vor übermäßigen Ausgaben. Erreichst du es, kannst du den Service für den Rest des Monats kostenlos nutzen.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

G. Lenz | Mi., 22. Januar 2025 - 11:25

könnte man einwenden.

Putins Friedensbewegung in Deutschland, die für sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an die Ukraine eintritt, die - unausgesprochene - Kapitulation der Ukraine fordert und nicht die Schuld bei jenem sieht, der Bomben, Panzer und Flugzeuge losschickte - also bei Putin, sondern ausschließlich beim Westen, handelt doch extrem widersprüchlich.

Denn sie räumt im Gegenzug Israel das Recht auf beinahe unbegrenzte Militärgewalt ein. Denn Israel muss sich "wehren" (was zweifellos gerechtfertigt ist) auch mit westlicher Hilfe, die Ukraine dagegen nicht?

Es ist ja nicht so, dass Grüne oder Sozis zu Militaristen mutiert wären (auch wenn AfD und BSW das gerne behaupten). Denn die Ukraine lebte ja einst in Frieden und Freiheit, bevor Putin meinte, er müsste Ruhm, Ehre und das russische Imperium erweitern - und dazu einen unschuldigen Nachbarn überfallen.

Und dagegen muss man sich wehren dürfen.

Pazifistisch ist das allerdings schwierig.

Urban Will | Mi., 22. Januar 2025 - 11:29

Ihre ganzen Richtungsänderungen waren keine solchen, es waren Machterlangungs- und Erhaltungsspielchen und sie werden alles wieder umkehren, wenn es sein muss.
Eines allerdings nicht: Ihre widerliche Übermoral, ihre belehrende, elitäre Arroganz. Und ihre Grundpfeiler, die besagen: Feindschaft ggü Technik, v.a. Kernkraft, ihr „Deutschland verrecke“ über massenhafte Zuwanderung, ihre Eiseskälte ggü allen Opfern dieses Irrsinns (auf „biodeutscher“ Seite) und ihre Übermoral (derzeit in Sachen Ukrainekrieg)
Wer diese Hohlköpfe in Sachen Verteidigung und Militär ernst nimmt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Und was die Haltung zur Bundeswehr angeht: Man kann doch mal ne Umfrage starten bei der Truppe, wer dort wie wählt.
Vielleicht kommt ja die Wehrpflicht wieder, dann bin ich mal gespannt, wie viele Grün-Wähler nicht verweigern.
Solange Sektierer (mit-)regieren, wird Deutschland seine Geisterfahrt fortsetzen.
Nur die Blauen können sie stoppen. Daher d mediale Vernichtungsfeldzug gg d AfD.

Rainer Dellinger | Mi., 22. Januar 2025 - 12:32

Der Artikel gefällt mir, z.B. "...wäre in Deutschland ein tiefgreifender Mentalitätswandel notwendig." Ich habe den Eindruck, die Grünen haben ihre Orientierung verloren und wandeln machttrunken durch das Land. Um ein Land zu verteidigen, braucht es einen gesunden Patriotismus. Der ist spätestens durch Merkel in die Ecke geworfen (Nationalflagge) worden. Und es ist anzuzweifeln, ob die Neubürger bereit sind, dieses Land im Notfall zu verteidigen. Dieser Sinneswandel der Grünen wirkt nicht seriös + glaubwürdig.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 22. Januar 2025 - 12:40

Es ist schon erstaunlich. Liegt es an den Grünen selbst oder ist es taktische Überlegung, dass man diese 180 Grad Wende in der Militärpolitik der GRÜNEN nicht laut und deutlich zu Wahlkampfzwecken ausnutzt. Die Sekte hat ja viele ihrer früher so hehren Ziele verraten und es werden ja immer mehr ihrer aktuellen Lügen und Betrügereien offenbar und dennoch bleiben die relativ geschont. Naja, auch eine UNION hat ihr Klientel verraten, sich entkernen lassen und hat konservative und liberale Gedanken mit Füßen getreten und täuscht jetzt Läuterung vor. Selbst konservative SEDler gibt es nicht mehr. Gibt es den Seeheimer Kreis noch? Und was ist mit der FDP? Von den woken eingefangen und bis zu Unkenntlichkeit inhaltlich destabilisiert. Waren die GRÜNEN einfach nur Gut bei dem was sie ihren Wählern vorgegaukelt haben oder waren die anderen zu dumm nicht zu erkennen, wie sie sukzessive "aufgekauft" wurden und zu Marionetten der links-grünen woken Politik wurden? Ich denke, von allem etwas.

Markus Michaelis | Mi., 22. Januar 2025 - 13:19

wie damals die meisten in meinem Umfeld. Das Problem sehe ich auch nicht darin, dass man durch neue Ereignisse zum Umdenken bereit ist - man sollte es nur offen so kommunizieren, was der Artikel auch anmahnt. Dann kann das auch eine sehr positive Eigenschaft sein.

Was mich sehr irritiert, ist die tiefe Gewissheit, mit der die Grünen ihre Standpunkte vertreten. Wie der Artikel schon sagt, gilt das auch für Klima, Atomkraft, progressive Gesellschaftsthemen, Migration etc. Es ist diese Wucht der eigenen Gewissheit, die andere Menschen an den Rand drängen und über sie hinwegsteigen kann, die etwas irritiert.

War die Kriegsdienstverweigerung in den Anfangszeiten noch rar gesägt, stellte man fest, dass man durch Beziehungen an schöne Traumjobs bei BRK usw. heran kam. Man musste nicht ins Manöver usw, sondern schlief Zuhause bei Mutti.
Hier auf der Fläche war die Bundeswehr angesehen und Gelöbnisse wurden zelebriert, bis der Grüne, kirchliche Sumpf kam. Ekel kommt mir immer noch hoch, wie diese ..,,, die Feier störten und Feldjäger und Polizei für Sicherheit sorgen mussten.
Jetzt wird man plötzlich Soldat oder doch besser Einpeitscher. An die Front würde keiner dieser Grünen Roten und Linken gehen. Das Leben ist ihnen zu kostbar.

Würden Sie diese "Wucht der Gewissheit", wie Sie es nennen, auch jenen bescheinigen, die standhaft und unverrückbar das Gegenteil von dem behaupten, was die Grünen so meinen?

Gilt das z.B. auch für jene, die standhaft argumentieren, das Abschalten der AKWs wäre an den hohen Energiepreisen mitschuldig (was nachweislich nicht stimmt)? Oder die nach wie vor, trotzt ständig neuer, gegenteiliger Beweise, noch immer den menschengemachten Klimawandel leugnen? Die Corona-Impfungen prinzipiell ablehnen, weil die doch erst - angeblich - Menschen krank machen würden?

Oder sind das dann doch nur kleine, verzeihliche Irrtümer?

Jürgen Goldack | Mi., 22. Januar 2025 - 15:17

Unabhängig zum Thema dieses Artikels:
Lieber Herr Knauß, Sie verfallen mit der Wortwahl "nach dem überfallartigen Angriffskriegs Putin-Russlands gegen die Ukraine" in den geschichtsklitternden Tonfall des ÖRR und der MSM, die offensichtlich auch nicht wissen oder nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass Putin den Einmarsch nach der jahrelangen Provokation durch die USA/Kiew und Nichteinhaltung von Minsk1 und 2 zuvor offen angekündigt hat. Der Anlass sprich Grund war u. a. auch die jahrelange Malträtierung der russischstämmigen Bevölkerung durch Kiew mit Hilfe des Asow-Bataillons, die es seines Erachtens - zu Recht - zu unterbinden galt. Von Überfall kann da nicht die Rede sein! Richtig schreiben Sie danach: "Wenige Wochen vor Russlands <offenem> Angriff, am 21. Januar 2021". Es erscheint mir wichtig, dies immer wieder klar zu stellen. Ohne die Vorfälle zwischen 2013 (Maidan) und 2021 (Letzter Einsatz von US-HIMAR-Werfern gegen die Ostukraine) wäre es m. E. nie zu dem Einmarsch gekommen.

Wolf | Mi., 22. Januar 2025 - 16:37

Die Grünen wissen, womit man sich quasi unentbehrlich machen kann.
Die CDU wird auf diesen Trick reinfallen (müssen).
Dahinter steckt die Merkel-Philosophie.

Dietmar Philipp | Mi., 22. Januar 2025 - 17:33

Einst sind die Grünen mit ihren ursprünglichen Idealen für viele Bürger gut befunden worden. Heute ist das Gegenteil der Fall, Hableck, Bärin und Hofnarr sorgen für massive Umweltvernichtung durch Anschaffung immer weiterer Waffen, einer Kriegsverlängerung und weiteren Tötungen von Menschen. Offensichtlich, die Hirne derer sind bereits vom vielen Schwarzpulver so vernebelt, dass keine klaren Gedanken mehr gefasst werden können.

Heidemarie Heim | Mi., 22. Januar 2025 - 17:55

Mehr fällt mir geehrter Herr Knauß zum angeblichen Gesinnungswandel nicht nur der grünen Pazifisten, sondern zu allen Parteien ein, denen unsere Verteidigungsfähigkeit Achtung! "Kriegstüchtigkeit" am Allerwertesten vorbeiging, und das seit Jahrzehnten. Dazu blind und taub in Sachen Gefahrenabwehr durch Spionage, hybriden Angriffen, Terror im Inneren und Äußeren wie man anhand latent vorhandenen Antisemitismus und mörderischen Ereignissen durch Schutzsuchende wie in Aschaffenburg usw., die den Kesseldruck stetig erhöhen. Und da wir immer mindestens einen Soldaten in der Familie hatten erinnere ich mich noch verdammt gut an den Umgang mit ihnen und welche Einstellung und Tonlage gegenüber unseren "Mitbürgern in Uniform" noch bis vor nicht allzu langer Zeit herrschte! Von "Soldaten sind Mörder!" bis zu den Umbenennungen von Kasernen und dem Entfernen unter Verdacht stehender räächter Truppenteile samt verdächtiger Devotionalien aus ruhmreicheren Zeiten. Patriotismus? How dare you! MfG

Helmut Plieth | Mi., 22. Januar 2025 - 19:07

Grünen sind die Umfallerpartei par exelence. Sie haben die FDP als die Besserverdiener und als die Unfallerpartei elegant abgelöst. Warum lassen sich grünen Gutmenschen das gefallen.
Der Deutsche hat so seine Probleme sich für Fehler zu entschuldigen.

Roland Fischer | Mi., 22. Januar 2025 - 20:39

Sehr schön arbeitet der Artikel heraus, wie der Pazifismus der Grünen in den 80er Jahren eigentlich fehl am Platze war, weil die Sowjetunion eine aggressive Diktatur war, gegen die Wehrhaftigkeit die richtige Einstellung war.

Als erstaunliche Analogie sehe ich die aktuelle Sympathie der Grünen zu Immigration aus islamischen Ländern: da kommen Mengen an erzkonservativen, intolerant-religiösen Menschen, deren ideologischer Gegensatz zu grünen Positionen doch unübersehbar ist! Trotzdem wird ihre Einwanderung gefördert. Ich denke, dass die Grünen hier langfristig einen vergleichbaren Sinneswandel erleben werden. Allerdings reicht es nicht, dass die Probleme sichtbar werden, sie müssen kulminieren. Wer weiß, vielleicht stellen sich die Grünen dann sogar an die Spitze derer, die im Islam eine Gefahr für Frieden und Freiheit sehen. So wie bei ihrem Militarismus, der ja auch nur das an Erkenntnis nachholt, was Anderen seit langem klar ist.

Fritz Elvers | Mi., 22. Januar 2025 - 21:39

Dieser Prozess wurde von Joschka Fischer in Jugoslawien bereits durchgeführt.
Mittlerweile wird sogar die Zerschlagung der Russischen Förderation als Zielvorstellung einer grünen Außenministerin ausgegeben. Glücklicherweise scheinen die Russen über den entsprechenden Humor zu verfügen.

Thorwald Franke | Mi., 22. Januar 2025 - 22:32

Vielen Dank für diesen Artikel, er spricht mir aus dem Herzen. Die Grünen reden vom Militär wie Blinde von der Farbe. Wehrfähigkeit beginnt im Kopf: Es muss Schluss damit sein, Verweigerung leicht durchgehen zu lassen. Verweigerung muss wieder zur Ausnahme werden. Das Soldatentum muss wieder geehrt werden. Denn mehr als Ehre kann man nicht geben, wenn es um Leben und Tod geht. Wehrfähigkeit braucht außerdem sichere Energie. Und sie braucht eine starke Wirtschaft. Auf allen diesen Feldern versagen die Grünen immer noch grandios.