Ein einsamer Trolley der Deutschen Post steht in Stuttgart vor einem Haus.
Zugestellt am fünften Tag: Briefträger kommen testweise seltener / picture alliance

Deutsche Post - Warum der Briefträger nicht mehr täglich kommen könnte

Die Deutschen verschicken immer weniger Briefe. Deshalb testet die Deutsche Post nun erstmals, Briefe nur noch an bestimmten Tagen zuzustellen. Welche Konsequenzen hat das für Absender, Empfänger und Mitarbeiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten

Bastian Brauns

Autoreninfo

Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

So erreichen Sie Bastian Brauns:

Was hat die Deutsche Post vor?

Das Unternehmen testet derzeit in 18 Bezirken von Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine neue Taktung für Briefzustellungen. Wie ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage bestätigte, läuft der Test unter dem Titel „Meine Zustellung“ bereits seit dem 1. Juli. Ende September soll er abgeschlossen sein. Demnach konnten eine Reihe von Kunden entscheiden, ob sie ihre Briefe für die Testdauer an drei Wochentagen (Dienstag, Donnerstag, Samstag), als Sammelzustellung einmal die Woche analog sowie an den übrigen Tagen elektronisch erhalten oder an fünf Tagen an ihren Arbeitsplatz zugestellt bekommen möchten.

Was ist der Hintergrund des Tests?

Die Deutschen versenden jedes Jahr weniger Briefe und Postkarten. Emails, soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Snapchat ersetzen zunehmend die analoge Kommunikation. In anderen Ländern ist dieser Trend sogar noch deutlich stärker zu beobachten. Das Geschäft mit Briefen macht für die Post inzwischen deutlich unter 20 Prozent aus. Noch 2007 trugen Briefe im ersten Halbjahr mit 7,5 Milliarden Euro zum Konzernumsatz bei. Im ersten Halbjahr 2017 waren es nur noch 2,3 Milliarden Euro. Die Deutsche Post steht vor dem Problem, dass sie dennoch für das gesamte Bundesgebiet ein Logistiknetz aus Zustellern, Fahrzeugen und Briefverteilungszentren rentabel aufrecht erhalten muss und sucht deshalb nach Alternativen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

In Dänemark hat die Regierung beispielsweise die digitale Verwaltung intensiv vorangetrieben. Das hat den allgemeinen Trend noch verstärkt. Der traditionelle Briefverkehr ist seit dem Jahr 2000 um 80 Prozent geschrumpft. Weil sich für die dänische Post das Briefgeschäft nicht mehr lohnt, müssen dort analoge Briefe künftig nur noch innerhalb von fünf Werktagen zugestellt werden. Der Samstag gilt zudem als Feiertag. Dieses Sparprogramm hat auch Folgen für die Beschäftigten. Bis zu 4.000 der aktuell noch 10.000 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Auch in anderen Ländern der EU, etwa in Italien, kommt die Post längst nicht mehr an jedem Werktag.

Kommen Briefe künftig auch in Deutschland nur noch einmal pro Woche?

Was in Zukunft passieren wird, lässt sich schwer sagen. Die Deutsche Post nennt ihren Test ergebnisoffen. Man wolle lediglich erforschen, was die Kunden sich wünschen. Es ist aber zu erwarten, dass im Zuge der weiteren Digitalisierung die neuen Briefzustellungsmodelle flächendeckend eingeführt werden. Bislang aber regelt das sogenannte Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) die Briefzustellung. Demnach ist die Deutsche Post nach wie vor verpflichtet, Briefe einmal täglich an Werktagen, also von Montag bis Samstag, zuzustellen. Der Test ist lediglich eine zeitlich begrenzte Ausnahme für freiwillig teilnehmende Kunden. Die PUDLV regelt übrigens auch, dass im Jahresdurchschnitt mindestens 80 Prozent der eingesandten Briefe am darauffolgenden Werktag und 95 Prozent am zweiten folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen. Die Post strebt allerdings seit Jahren an, die PUDLV reformieren zu lassen.

Was passiert mit wichtigen Briefen?

Bei dem aktuellen Test der Post sind Einschreiben, behördliche Dokumente oder Eilbriefe von der neuen Taktung ausgeschlossen. Sie werden sofort ausgetragen. Der Punkt ist aber durchaus heikel. Denn Schreiben wie Kündigungen, verwaltungsrechtliche Bescheide oder auch Widerrufsbelehrungen und Mahnungen enthalten oft Fristen, auf die die Empfänger reagieren können müssen. Die wenn auch schleppend voran schreitende Digitalisierung der staatlichen Verwaltung wird aber auch den analogen, behördlichen Briefverkehr zunehmend ersetzen. Doch das digitale Auslesen und Zusenden von Briefen per Mail ist heikel. Datenschützer kritisieren seit Jahren die nicht gegebene Sicherheit von digitaler Post. Hacker-Angriffe oder Sicherheitspannen bei Unternehmen können nie ausgeschlossen werden.

Warum kritisiert die Gewerkschaft Verdi den Test der Post?

Wie in anderen Ländern bereits geschehen, könnten auch in Deutschland viele Arbeitsplätze wegfallen. Mehr als 80.000 Menschen arbeiten in der sogenannten Brief- und Verbundzustellung. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet, dass eine geringere Frequenz der Zustellungen die analoge Post noch unattraktiver machen könnte. Insgesamt wächst die Logistikbranche durch die Digitalisierung aber stark. Immer mehr Online-Bestellungen durch Kunden und Online-Lieferservices wie etwa Amazon Prime und Zalando oder Essendienste wie Deliveroo oder Foodora schaffen viele neue Jobs. Oft sind das aber nur Mini-Jobs oder es fehlen Tarifverträge, wie es sie bei der Deutschen Post in weiten Teilen noch gibt. Doch auch der Konzern arbeitet inzwischen viel mit außertariflichen Drittanbietern.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Marion Moritz | Di., 5. September 2017 - 16:46

Seit zwei, drei Monaten beobachte ich dieses Phänomen bei und hier schon und fragte mich, warum ich Montags keine Post mehr bekomme. Das scheint wohl nicht nur in angekündigten Testgebieten jetzt anzulaufen, sondern mancherorts bereits gängige Praxis. Normalerweise, zumal ich freiberuflich tätig bin, bekomme ich täglich Post. Es handelt sich also nicht um Einbildung. Unser Postbote macht normalerweise täglich einen richtig überforderten und körperlich an seinen Grenzen agierenden Eindruck. Da kommt er zukünftig noch mehr unter Druck. Der Mensch wird auch hier nur gnadenlos ausgequetscht. Das ist eigentlich nicht tolerabel!

Ilse Jüngling | Di., 5. September 2017 - 20:19

Antwort auf von Marion Moritz

Auch in meinem Stadtteil in Heidelberg bleibt seit Monaten am Montag der Briefkasten leer.

Tobias Lagemann | Mi., 6. September 2017 - 19:29

Antwort auf von Marion Moritz

Hallo Herr Moritz,

natürlich stellt die Post nach wie vor Montags Sendungen zu, jedoch nur sogenannte "vollbezahlte" Sendungen und Pressepost (und natürlich Pakete). Sollten Sie also seit zwei, drei Monaten an Montagen keine Post bekommen haben, kann das schlicht daran liegen, dass Ihnen niemand einen vollbezahlten Brief geschickt hat (also frankiert mit 0,70, 1,45 etc.). Da die DPAG schnell zustellt, also Briefe, die Freitags in die Post gehen, Samstags beim Kunden sind, bleiben für die Montagstzustellung nur die wenigen Sendungen übrig, die Samstags oder Sonntags in den Kasten geworfen wurden. Das reduziert die Mengen drastisch. In meinem Bezirk (bin Verbundzusteller) gehe ich Montags mit einem Viertel des Volumens an Großbriefen bzw. Bücher- und Warensendungen in die Zustellung, bei den Kurzbriefenmit gerade mal 10%, die Zahl der Pakete liegt bei etwa einem Drittel der wochentags üblichen Menge. Kurz gesagt: Wir Postler stellen auch Montags zu. Jeden Montag.

MfG
T. Lagemann

Karin Busch | So., 10. September 2017 - 01:52

Antwort auf von Tobias Lagemann

Herr Lagemann, hört sich sehr gut an und wird offensichtlich bei Ihnen auch so gehandhabt. Bei uns nicht. Montags kommen nur irgendwelche Werbeblätter, die über die Post verteilt werden. Dafür aber am Mittwoch stapelweise Briefe. So sieht die Praxis aus.
Paketzustellung nicht viel anders. Bislang war in unserer Region DPD der zuverlässigste Dienstleister. Im September wurde, wie mir die Zusteller erzählten, das Auslieferungslager in Brandenburg (Mittenwalde) geschlossen. Wir werden jetzt von einem Subunternehmen aús Berlin beliefert. DPD von Bestellung bis Lieferung maximal 2 Tage, Neu in der vergangenen Woche 4 Tage. Das nenne ich verfehlten Kundendienst. Den Paketzustellern gebe ich keine Schuld, man sieht sie nur rennend auf der Strasse. Der Konzern optimiert auf Kosten der Mitarbeiter und Kunden seinen Gewinn.

Marion Moritz | Mo., 11. September 2017 - 17:50

Antwort auf von Tobias Lagemann

Hallo Herr Lagemann,
allein der Glaube fehlt mir.... Seltsam, dass dienstags dann vermehrt normal frankierte Briefe auftauchen. Denn Postboten habe ich Montags hier in der Straße schon lange nicht mehr gesehen.
MfG
Marion Ulrike Moritz

Thomas Kuhn | Di., 5. September 2017 - 16:53

Bei uns kommen an manchen Tagen viermal am Tag ein "Minijober" (?) immer von einem anderen Paketdienst.
Das heißt: früher gab es einen Briefträger Müller
(Heinz Rühmann) der hatte eine Familie mit vier Kinder und konnte diese davon ernähren.
Das Gehalt müssen sich wohl heute vier Briefträger teilen und anschließend noch auf dem Sozialamt aufstocken lassen. Armes Deutschland !

Am Ende diese elenden Wettbewerbs steht die Unwirtschaftlichkeiten dieses Models. Der Staat muss dann dem Bürger den Verlust dieser Infrastruktur verkaufen.

Wollen sie also zurück zum Monopol und Staatsbetrieb Post? Soll dann die Allgemeinheit die Post subventionieren oder sind sie bereit höhere Portokosten zu bezahlen.
Manchmal wundert man sich doch über die früher war alles besser Leute.

Thomas Kuhn | Mi., 6. September 2017 - 11:33

Antwort auf von Günther Heinz

ich geben Ihnen durchaus recht, denn der Wettbewerb ist ein elementares Regularium für die Wirtschaftlichkeit n einem System.
Ein Staat der Steuern einnimmt, will diese für seine Infrastruktur nutzen, um ihm letztlich Wettbewerbsvorteile seines Standorts zu verschaffen.
Wenn diese Infrastruktur jedoch abgebaut wird, so wie hier sichtbar, dann haben Sie mit dem Wettbewerb allein die Infrastruktur geschädigt.
Darum geht es hier.
Ich fand den Artikel beispielhaft für die aktuelle Infrastruktur des Verkehrwesens , Schulen, Gesundheit etc.
Staatsbetriebe sind sicher ein überholtes Model, jedoch sollte der Staat in der Vergabe von Rechten auf Infrastruktur Dienstleistungen darauf achten, diese Infrastruktur auch zu erhalten. Hierzu sind staatseigene AG´s durchaus geeignete Modele. ( siehe Ausland)
Unterlässt er das, wird die Wiederherstellung der ausgesogenen Infrastrukturbereiche ein vielfaches Kosten.
Soviel nur zu ungeplantem Wettbewerb, speziell in der Infrastruktur.

Joost Verveen | Di., 5. September 2017 - 18:16

Die Leute verschicken weniger Briefe, weil die Post unzuverlässig ist. Daher reduziert die Post den Service, weil sie weniger verdient, was sie wiederum noch unzuverlässiger macht als ohnehin schon. (Meiner Ansicht nach die einzige Lösung: Private Briefdienste zulassen).

... Ihrer Ansicht, "Meiner Ansicht nach die einzige Lösung: Private Briefdienste zulassen.", wurde in Deutschland bereits vor einigen Jahren entsprochen und, ....
.... seit dem liefern private Brief und Paketdienstleister aus.

Frank Grundmann | Di., 5. September 2017 - 18:21

Sowas kommt von sowas: Die beschriebenen Zustände sind die unmittelbare Folge eines unkontrollierten Privatisierungswahns. Während in Wirtschaftskreisen bei jeder Privatisierung von Staats- Landes- oder Kummunalunternehmen die Sektkorken knallen, fallen dem Bürger die wahren Ergebnisse dieses politischen Amoklaufs mehr und mehr auf die Füße. Die Geister die ich rief . . .
Apropos - wer hat seinerzeit doch noch die Privatisierung der Deutschen Bundespost vorangetrieben?

Walter Gerdes | Di., 5. September 2017 - 19:13

Ach, die Post...

Vielleicht kümmert die Post sich ja dann mal darum, was der Rechtsstaat von ihr verlangt. Das VwZG ist nun mal eine Grundlage für unser rechtsstaatliches Tun.
Kann die Post nicht von sich aus auhebeln.

Robert Müller | Di., 5. September 2017 - 20:26

Ich hätte kein Problem damit, denn schon heute schaue ich nur etwa einmal pro Woche im Briefkasten nach, ob Post gekommen ist.

Kurt Reichmann | Di., 5. September 2017 - 22:01

Hier in Berlin ist es schon normal das am Montag keine Briefe zugestellt werden auch Samstag wenn mal schlechtes Wetter oder sonstwie kein Ersatz für normalen Briefträger da ist kommt nix da ich immer noch viele Post analog bekomme fällt es mir auf wenn es keine Post kommt dann aber am nächsten Tag der Kasten überquillt. Montags braucht man garnicht nachsehen ist sowieso nichts drin ob da eine Pflicht besteht oder nicht jeden Tag auszutragen

Bianca Schmidt | Mi., 6. September 2017 - 10:41

Sa/Mo kommt keiner mehr ! In der Woche habe ich das Gefühl, als würde die Post gesammelt und an 1-2 bestimmten Tagen zugestellt.

Dr. Lothar Sukstorf | Do., 7. September 2017 - 12:20

"the Postman rings twice"

Walter Grubert | Fr., 8. September 2017 - 14:26

Zeitungen, Wochen-Zeitungen und Zeitschriften, die per Post ausgeliefert werden, sind plötzlich nicht mehr aktuell. Erlebe ich z.Zt. bereits.
Das kann nicht im Sinner des Lesers und der Presse sein.

Rolf Pohl | Fr., 8. September 2017 - 15:18

... Gedankenlosigkeit.

Bereits vor Jahren wollten deutsche Kunden nicht mehr in ihren Nachbarschaftsläden kaufen und gaben Discountern und Filialisten den Vorzug. Klar die konnten`s billiger.

Nun schreiben Sie Ihre Briefe, Infos und Nachrichten per E-Mail und/oder z.B. WhatsApp und sind darüber erregt, dass die Post nicht mehr täglich ins Haus kommt.

Liebe Leute erkennt`s: Die Post ist, wie übrigens auch der alte, sog. Tante-Emma Laden, kein Sozialverein oder EV.
Beide Einrichtungen mussten (Tante-Emma) und müssen (Post) Erträge haben um zu überleben.

Peter Hanser | Sa., 9. September 2017 - 13:34

Mich interessiert, ob Rolf Pohl auch weiß, in welchen saarländischen Bezirken der Zustellungs-Test (und wie lange noch) läuft?

Punkt zwei: Einen Schreck bekam ich beim Lesen des sagenhaft swingenden Begriffs
"Post-Universaldienstleistungsverordung" - mit ebenso toller Kurzform PUDLV.
Vielleicht täten ein paar (richtig gesetzte) Bindestriche dem Substantiv-Monster gut? Oder ist bei den Post-Oberen das Ärmelschoner-Zeitalter noch nicht vorüber?
Und wieso bekomme ich Reinhard Meys Lieder-Text vom "Antrag auf Erteilung eines Antrags-Formulars" gerade nicht aus dem Kopf?
Nichts für ungut - ein schönes Wochenende...

Sonja Schöner | Di., 28. August 2018 - 08:08

Wohne in Nürnberg und bekomme schon seit Wochen keine Post .. Briefe.. Bücher und Warensendungen Samstag und Montag... Die Postwerbung was man normaler weise immer Samstag bekommt, kommt bei uns immer erst am Dienstag.. finde ich echt nicht gut