Notre-Dame in Paris, 05.12.2024 / picture alliance

Schulden machen nicht zukunftsfest - Frankreichs Krise und die „Politik des Schlimmsten“

Frankreichs tiefe Krise ist auch die eines extrem verschuldeten Staates. Wer in Deutschland verspricht, dass neue Schulden ein Land zukunftsfest machen, sollte nach Westen blicken.

Ferdinand Knauß

Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

So erreichen Sie Ferdinand Knauß:

Es ist schon fast ein ergreifendes Bild für spätere Historiker, das die beiden einst größten Nationen des europäischen Festlandes bieten. Zusammen wollen und sollen sie nach dem Wunsch des politisch-medialen Establishments die Lokomotiven des europäischen Projekts sein, wie sie es zu Adenauers und de Gaulles und Kohls und Mitterands Zeiten waren. Doch tatsächlich marschieren sie – getrennt, aber wie von einer gemeinsamen Grundströmung getragen – auf ganz ähnlichen Pfaden einer multiplen Krise. In den jeweiligen Regierungskrisen wird dies nur am deutlichsten sichtbar: Macron und sein Mainstream-Politikmodell – kulturell neulinks und EU-universalistisch, aber wirtschaftsfreundlich – ist in den Augen einer absouten Mehrheit der Franzosen ebenso gescheitert wie die Ampel in Deutschland. 

Frankreichs Regierungskrise, also das gestern vollzogene Misstrauensvotum der ganz linken und ganz rechten Opposition gegen die von Staatspräsident Emanuel Macron eingesetzte Minderheitsregierung von Michel Barnier, entzündete sich konkret an der Weigerung beider Oppositionsblöcke, deren Sparplänen zuzustimmen. Barnier war zuvor durchaus zu Abstrichen bereit. Aber sowohl der starke Mann des linken Lagers, Jean-Luc Mélenchon, als auch die starke Frau des rechten Rassemblement National, Marine Le Pen, gaben nicht nach. Beide wollen nicht nur nicht sparen. Vor allem wollen beide den Präsidenten unter größtmöglichen Druck setzen und den größtmöglichen politischen Kladderadatsch erzeugen. Das wären Macrons Rücktritt und vorzeitige Präsidentschaftswahlen.  

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Karl-Heinz Weiß | Do., 5. Dezember 2024 - 16:58

Dank an den Autor, dass er dieses auch für Deutschland extrem wichtige, aber in den hiesigen Medien völlig unterbelichtete Thema aufgreift. Mit Frau Lagarde und Frau vd Leyen konnte Präsident Macron in der Vergangenheit zwei Politikerinnen platzieren, die seinen Glorienschein hell erstrahlen ließen. Und durch die noch höhere US-Staatsverschuldung wird die internationale Lage auch nicht besser. Weder der Bitcoin noch die von Trump favorisierte Musk-Kettensäge werden helfen.

Ein kleiner Zusatz sei erlaubt, werter Herr Weiß.

Soweit ich die Sache verfolgt habe, war bei dem Platzieren
der beiden Damen, Frau Lagarde und Frau vd Leyen, auch
unsere BK, Angela Merkel, beteiligt. Es war ein Deal zwischen
Macron und Merkel, gibst Du mir, so gebe ich Dir. Wir sollten
bei der Heldenverehrung ihre Taten nicht klein schreiben.

Vorhin konnte ich lesen, sie hat nun klargestellt, dass wir in
Afghanistan gewonnen haben.

Zur Schuldenbremse hat der Herr Merz ja nun auch eine
sehr variable Haltung, es wird also alles weiter gehen und die
Habeckschen Fördertöpfe werden wieder neu aufgefüllt.

MfG

und schlimmste Probleme nicht sehen wollen bzw. verdrängen -
das ist in Frankreich schon lange der Fall.
Deshalb sind die wirtschaftlichen Verhältnisse dort so marode, wie sie jetzt allmählich dem Letzten auffallen.
Deutschland hat 50 Jahre lang eine viel vernünftigere u. stabilere Politik betrieben als das große Nachbarland im Westen.
Deshalb waren die Franzosen ja so neidisch auf unsere D-Mark und glaubten:
Wenn sie nur endlich eine gemeinsame Währung mit den Deutschen hätten, dann wären sie ihre Probleme los.
Aber Pustekuchen! Das ging nur kurze Zeit gut.
Denn seit der Jahrtausendwende hat sich in Deutschland eine ähnlich leichtsinnige Mentalität bei Regierung u. Volk eingeschlichen wie in Frankreich:
"Wir sind groß u. stark u. haben Geld für alles!"
Ob Einsatz in Afghanistan, Hilfsprojekte für alle Welt, Euro-Rettung, Masseneinwanderung beliebiger Muslime (ohne jegliche Not!), totale Energiewende etc. "Wir schaffen das!"
NON.
Das schaffen wir ebenso wenig wie die Franzosen!

Ich kann Ihnen Herr Weiß und den Ihnen antwortenden Mitforisten nur zustimmen. Wir können nur spekulieren, ob diese deutschen Politiker dumm, uneinsichtig, rein ideologisiert mit Absicht handeln oder nur blind und taub sind. Ich denke, von allem etwas. Vieles von dem, was jetzt offenkundig wird, wurde u.a. auch von uns hier im Forum mehr oder weniger detailliert analysiert und auch ohne Glaskugel und Kaffeesatz vorausgesagt. Und selbst Merz hat in einem Interview die Schuldenbremse bereits in Zweifel gezogen, würde der SPD und den GRÜNEN helfen, sie aufzuweichen bzw. auszuhöhlen. Augen auf bei der Wahl.

Stefan Jarzombek | Do., 5. Dezember 2024 - 17:13

"Macron-Frankreich hat ebenso wie Merkel- und Ampel-Deutschland das völlig überzogene System der sozialstaatlichen Umverteilung nicht reduziert."
Und hierzulande möchte man Lindner und die FDP diskreditieren,weil ein aufweichen der Schuldenbremse mit ihnen nicht zu machen war.
Hier sieht man nun den Nachbarstaat vor lauter Miesen in die Knie gehen und das 64%der Franzosen Macron am liebsten von hinten und zurückgetreten sehen würden steht auch außer Frage.
Er und seine Regierung haben genauso fertig,wie die Ampel.
Das Modell Macron und das Modell Ampel haben sich nicht bewährt.
Sollte nun Friedrich Merz zum Kanzler gekrönt werden, bekommen die Deutschen den nahezu gleichen Kladderadatsch wie zuvor.
Dank Brandmauer, Brombeeren und sonstigen Unmöglichkeiten wird es hierzulande bald auch nicht anders aussehen.
Mit Friedrich Merz ändert sich nichts,er ist der Olaf Scholz der CDU und zudem noch merkeltreu und weisungsgebunden.
Was man derzeit hier unter Demokratie versteht ist eher grotesk.

weil er ja die Schuldenbremse nicht aufweichen wollte. Dabei hat er die (finanziellen) Probleme nur verlagert, nicht wenige davon einfach auf die Bürger. Das Aufblähen des Staatsapparats z.B. hat er mitgetragen – 5000 hochdotierte Beamtenstellen samt Pensionslasten für die Nachkommen. Er weigerte sich aber, mehr als die 100 Euro pro Asylbewerber/Bürgergeldempfänger an die GKV zu überweisen – und auch das zählte als "Standhaftigkeit und Verantwortung". Dass die gesetzlich Versicherten ab 1.1.25 mit einer horrenden Beitragserhöhung rechnen dürfen, zeigt eben diese Verlagerung von Kosten auf die Allgemeinheit, auch Rentner, Betriebsrentner zahlen sogar doppelt und dreifach zusätzlich zu ihren regulären Beiträgen. Zur Erinnerung: in Österreich zahlen Rentner 5 Prozent Krankenkassenbeiträge!

Dafür ist er von mir ja auch nicht in den Himmel gelobt worden.
Es ging mir darum aufzuzeigen was es, siehe Frankreich,bewirkt wenn das Schulden machen überhand nimmt und zu einem Fass ohne Boden wird.
Natürlich hat Lindner die deutsche Bevölkerung genauso bei den Bock getan wie seine ehemaligen Kumpanen von dieser unseeligen Ampel.

Jürgen Goldack | Do., 5. Dezember 2024 - 17:29

Wahre Worte! Folgt man den Worten von Frau Prof. Dr. Guerot: "Wer schweigt, stimmt zu", kommt man schnell zu dem Schluss, dass genau diese Worte tiefen Sinngehalt haben. Dies gilt für Frankreich genauso wie für Deutschland. Das "Schweigen der "Bürger-Lämmer" hat unser Land schon seit Jahren in eine tiefe Krise jeder Art geführt und immer noch schweigen die deutschen "Bürger-Lämmer"! Es ist an der Zeit, das Schweigen zu beenden, kund zu tun, was im Sinne der Bürger, nicht im Sinne von BlackRock, Bill Gates, Soros Associates, WEF etc. geändert, in neue, dem Souverän dienliche Wege geleitet werden muss. Wie gleichen sich die Bilder Deutschland versus Frankreich. Die gleichen NGOs, die gleichen absurden politischen Entscheidungen, sei es Ukraine, sei es Umwelt, seien es die NATO, sei es Migration, sei es Wirtschaft. Unterschied: Frankreichs dereinst annektierte Staaten mit importiertem Islam Marokko und Algerien. Merkel-Deutschlands nacheilende ideologisch bedingte Selbstaufgabe!

Und sie werden ihn wahrscheinlich bekommen, ihren neuen Kanzler Merz, ihren neuen Macron.
Gehüllt in einen Mantel, der zerfressen ist,von Eitelkeit und Ignoranz.
Im Sinne des Volkes geht anders, das ist alles nicht im Sinne vom Sturm auf die Bastille.

Maria Arenz | Do., 5. Dezember 2024 - 18:06

Einen besseren als Michel Barnier, um das Land über die Klippen zu bringen, in die das Hasardspiel Macrons es gestürzt hat, gibt es in Frankreich nicht. Was die Linke reitet ist klar. Was in Le Pen vorgeht, weiß der Himmel. Hierzulande gibt es jedenfalls weit und breit niemand, der Barnier In in Bezug auf Kompetenz und Integrität das Wasser reichen könnte. Zugleich macht der Konflikt in aller Schärfe deutlich, was auch Deutschland blüht, wenn Habeck weiter Morgenthau spielen darf und Scholz den Leuten noch einmal erfolgreich weismachen kann, man bräuchte nur die Schuldenbremse zu "reformieren"(d.h. abschaffen)und dann könne er aus Stroh Gold spinnen: genug , um alles zugleich zu haben: Bürgergeld unlimited nach obenb bei offenen Grenzen, Mindestlohn 20.- Euro, Digitalisierung, Ukraine-Rettung, Weltklima-Rettung, Wunderheilung unserer bankrotten Sozialsysteme plus Wiederauferstehung der DB und all der anderen kaputten,seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahrenen Infrastruktur.

Henri Lassalle | Do., 5. Dezember 2024 - 20:37

abzuhäufen, ist ein weltweites Problem. Niederlande 381 Prozent des PIB, GB 100 Prozent des PIB, Japan 98,4 des nationalen PIB....Die Liste ist lang. Champion sind, wie man weiss, die USA.
Die Ursachen sind multifaktoriell. Würden zum Beispiel alle nationalen Unternehmen, die ihre Gewinne im Ausland machen, in ihren Heimatländern Steuern zahlen, sähe das Bild wohl etwas weniger dramatisch aus. Schulden machen ist unausweichlich geworden - wie will man sonst die Renten, die Sozialkosten oder Kosten für Infrastruktur bezahlen?
Andererseits wird viel Geld für nachrangige Dinge ausgegeben, auch für Dinge, die sich als unnötig oder als Irrtümer erweisen. Aber der einfältige (populistische) Ruf nach Kürzungen im Sozialen wird die Schuldenlast nicht vermindern. Das gesamte System muss auf den Prüfstand, von der überaus üppigen Alimentierung der Beamten bis zum Bürgergeld für ukrainische Kriegsflüchtlinge, bis hin zur Steuerflucht.........

Gisela Hachenberg | Do., 5. Dezember 2024 - 21:35

Lieber Herr Knauß, auch meine allgemeine Stimmung in diesem Land (Allemagne) ist voller Düsternis. Da muss ich gar nicht nach Frankreich schauen. Der einzige Unterschied zu F ist für mich die noch existierende Schuldenbremse hier, die aber bestimmt im nächsten Jahr fallen wird. Merz windet sich zwar noch, findet aber schon mögliche Umschreibungen, um sie anzugehen. Alle anderen Versäumnisse sind doch nicht viel anders, als bei uns. Gut, wir haben keine Banlieues, aber dafür ausufernde Clankriminalität (darf man das noch sagen? (Vorsicht Sprachpolizei und Petzportale, „So done“, etc.) in Berlin und im Ruhrgebiet. Jede Menge „No Go“ Areas, Messer- und Machetenangriffe täglich, Antisemitismus Demos jede Woche, und, und… Es wird einem übel beim Aufzählen. Für mich „Deutschland‘s Krise“. Und es wird nicht besser. Die nächsten Flüchtlinge aus Syrien machen sich schon auf den Weg. 🥺🥺

Christoph Kuhlmann | Fr., 6. Dezember 2024 - 06:23

Sondervermögen, Doppelwumms. Die Apologeten der Schuldenpolitik halten sich weder an die grundlegenden volkswirtschaftlichen Gewissheiten, noch an basalste Regeln der Rechtschreibung. Die CDU kommt ihnen da auf vielen Politikfeldern erheblich entgegen, und prompt sinken die Umfragewerte. Wir brauchen das Ende der CO2-Bepreisung, eine Senkung von Zwangsabgaben und Steuern und eine Belebung der Wirtschaft, die nur durch Reduktion der Umweltlasten und eine Senkung der Energiepreise gelingen kann. Wir brauchen für Jahrzehnte billigen Strom. Der Stromverbrauch der modernen, globalen Netzwerke ist exorbitant. Die Tech Giganten in Silicon Valley investieren in eigene AKW. Mit sparen und Verzicht sind keine Umweltprobleme zu lösen. Kosten müssen sinken, nicht steigen. Wenn es wirklich möglich ist, dass der Atommüll der Zukunft nur noch 300 Jahre gefährlich strahlt und nicht maximal Millionen Jahre, hat die Kernenergie große Teile ihres Schreckens verloren. Solche Kosten lassen sich kalkulieren

Hans Süßenguth-Großmann | Fr., 6. Dezember 2024 - 10:56

mal auf die Lösung der Staatsschuldenkrise nach der franz. Revolution, nach 1919 in Deutschland usw. zu schauen. Eine galoppierende Inflation macht die "Schulden"Titel , nach dem bekannte Spruch "Kein Titel ohne Mittel" obsolet. Der, der Geld hat, bezahlt die Schulden und dann hatte er welches. Reset von Null auf ein Neues. Zur Zeit machen wir Krieg, dann kann der Abschied vom Vermögen plausiblerer vermittelt werden.

Walter Bühler | Fr., 6. Dezember 2024 - 13:46

Konsumverwöhnte Wähler sind leicht bei der Stange zu halten, wenn man ihnen immer neue Varianten von einem Schlaraffenland, von "blühenden Lanschaften" oder gar einen glänzenden miltärischen Sieg verspricht.

Solange Politiker wie Karnevals-Prinzen hoch auf dem Wagen durch jubelnde Massen fahren, können sie ganz simpel das Geld der Bürger über ihre Klientel, über ihre eigenen Wähler der eigenen Partei auskippen.

Aber das wars dann schon auch.

Wie unsere Parteifunktionäre und ihr ÖRR-Medientrosse immer nur Geld und Glück zu versprechen, das ist nämlich nur der allerkleinste Teil der Staatskunst.

Das Verfahren, mit dem Staatsfunktionen auf Parteiversammlungen an unfähige Parteifunktionäre verschleudert werden, befördet aber am Ende nur moralisch und intellektuell schwache Personen in das Parlament und an die Spitze des Staates.

Das kann man in allen Staaten sehen, in denen diese Parteiendemokratie immer noch ungebremst waltet, nicht zuletzt auch in Deutschland.