Miniaturfiguren von Donald Trump und Hillary Clinton
Die Geschmacklosigkeiten im US-Wahlkampf könnten uns auch bald blühen / picture alliance

US-Wahl - Die Demokratie zerstört sich selbst

Kolumne Grauzone: Egal, wer am Dienstag ins Weiße Haus einziehen wird. Der US-Wahlkampf hat gezeigt, dass die westliche Demokratie an ihre Grenzen stößt. Sie bringt Gesellschaften hervor, die ihre eigenen Voraussetzungen zerstören

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Am Dienstag ist es endlich soweit. Hinter uns liegt dann der entwürdigendste und in seiner vulgären Trivialität abschreckenste Wahlkampf, den die westliche Nachkriegswelt gesehen hat.

Nun sind amerikanische Wahlkämpfe im Vergleich zu europäischen traditionell etwas robuster, und noch die plattesten Produkte bundesrepublikanischer Wahl-PR wirken im Vergleich zur Dramaturgie amerikanischer Wahloperetten wie tiefgründige Beiträge zu einem Oberseminar in politischer Philosophie.

Die boulevardeske Obszönität, die diesjährige Kampagne prägte, markiert jedoch einen weiteren großen Schritt auf der nach oben hin offenen Skala von Verrohung und Schäbigkeit. Was von dieser Wahlkampf-Groteske im Gedächtnis bleiben wird, ist eine Ansammlung von Sex, Crime und verbalen Widerwertigkeiten.

Der Ton verschärft sich seit 1995

Man könnte das als Einzelfall abhaken, als singulären Ausdruck einer besonders ungünstigen Situation, in der ein dilettantischer Außenseiter sich zum Kandidaten der stolzen „Grand old Party“ aufschwingen konnte und auf eine Gegenkandidatin traf, die aufgrund ihrer jahrzehntelangen Verankerung im politischen System nicht nur blass und uninspirierend wirkte, sondern unschöne Altlasten mit sich herumschleppte.

Aber das wäre naiv gedacht. Denn spätestens seit Newt Gingrich als Führer des Repräsentantenhauses ab 1995 Fundamentalopposition gegen den Zigarrenerotiker Clinton betrieb, hat sich der innenpolitische Ton in den USA kontinuierlich verschärft. Und eine Wende ist nicht in Sicht – unabhängig davon, wer am Mittwoch als neuer US-Präsident feststehen wird.

Die westliche Demokratie – ein Auslaufmodell?

Die Ursachen dafür sind offensichtlich: Die Demokratie traditionellen westlichen Zuschnitts, insbesondere das Zweiparteiensystem der Vereinigten Staaten, ist nicht mehr in der Lage, die zunehmend heterogene, in unterschiedlichste Submilieus und Überzeugungsgemeinschaften zerfallende Gesellschaft politisch abzubilden. Selbst innerhalb der traditionellen politischen Großlager, der Linken und der Rechten, sind die Spannungen und Differenzen so groß, dass ein gemeinsames politisches Handeln kaum noch möglich ist.

Schlimmer noch: Die gesellschaftliche Diversifizierung produziert unüberbrückbare kulturelle und weltanschauliche Spannungen, die die Demokratie traditioneller Form zunächst in eine Eskalationsspirale zu reißen droht – und schließlich in die Selbstauflösung.

Notwendige Gleichheit der Andersartigen

Noch immer sind die Vereinigten Staaten ein ausgezeichneter Seismograph zukünftiger Entwicklungen westlicher Gesellschaften. Die Anfänge dessen, was wir heute in den USA beobachten, sind schon lange in Europa angekommen – die Erosion der Demokratie in ihrer bisherigen Form.

Denn Demokratie ruht auf Voraussetzungen, die sie selbst weder garantieren noch herstellen kann. Und damit sind nicht nur ein paar Grundwerte gemeint. Unausgesprochen setzt jede Demokratie voraus, dass die zur Wahl stehenden politischen Lösungsangebote innerhalb eines gewissen Rahmens verbleiben, so dass auch die Anhänger der Wahlverlierer – zähneknirschend vielleicht – damit leben können, zumindest bis zur nächsten Wahl.

Das bedeutet: Die jeweiligen politischen Gruppen dürfen nicht das Gefühl haben, dass im Falle der Machtübernahme der Gegenpartei eigene fundamentale Normen infrage gestellt oder gar sanktioniert werden. Pluralistischer Meinungswettstreit setzt einen gemeinsamen Welthorizont voraus. Garantiert wird diese notwendige Homogenität im Heterogenen durch eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Traditionen und gemeinsame Prägungen. Hier liegt das eigentliche Problem.

Beginn des mentalen Bürgerkriegs

Denn zugleich haben Demokratie und freie Marktwirtschaft zu einer historisch einmaligen Diversifizierung westlicher Gesellschaften geführt: Milieus haben sich aufgelöst, Überlieferungstraditionen sind abgebrochen, Lebensstile differieren wie noch nie zuvor in der Geschichte. Eine allgemeinverbindliche Leitkultur gibt es nicht. Migrationsbewegungen und sich emanzipierende Minderheiten bewirken ein Übriges. Zunehmend stehen sich soziale Milieus und Subkulturen mit offenem Unverständnis, teilweise in deutlicher Abneigung gegenüber. Die Basis gemeinsamer Kommunikation schwindet. Die weltanschauliche Gegenseite wird als verlogen und unmoralisch wahrgenommen. Der mentale Bürgerkrieg beginnt.

Die Annahme, dass ein paar Verfassungsgrundsätze als Basis einer demokratischen Gesellschaft ausreichen, droht als gefährlicher Irrtum entlarvt zu werden – geboren in Zeiten relativer kultureller Homogenität. Das erfolgreichste Staatsmodell der Menschheit, die westliche Demokratie, generiert zunehmend Gesellschaften, die ihre eigenen Voraussetzungen zerstören.

Der „Clash of Civilizations“, den Samuel Huntington vor 20 Jahren prognostizierte, er wird innerhalb der westlichen Gesellschaften stattfinden – nicht an ihren Grenzen. Wenn nicht alles täuscht, war der diesjährige amerikanische Wahlkampf nur ein Vorgeplänkel dessen, was noch auf uns zukommt.

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Ulrich Baare | Sa., 5. November 2016 - 10:23

Danke Herr Grau,

Wiedereinmal den basalen Aspekt kurz und bündig benannt:

"Pluralistischer Meinungswettstreit setzt einen gemeinsamen Welthorizont voraus. Garantiert wird diese notwendige Homogenität im Heterogenen durch eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Traditionen und gemeinsame Prägungen."

Ohne diese gemeinsame Basis, aus der heraus wenigstens ein Verständnis für die Position des anderen erwächst, geht es nun einmal nicht.

Und 'Verständnis' meint hier nicht Zustimmung, sondern schlicht und ergreifend Nachvollziehbarkeit.

Joachim Walter | Sa., 5. November 2016 - 10:46

"Pluralistischer Meinungswettstreit setzt einen gemeinsamen Welthorizont voraus. Garantiert wird diese notwendige Homogenität im Heterogenen durch eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Traditionen und gemeinsame Prägungen".

Das ist nachvollziehbar, aber wir arbeiten ja gerade mit Hochdruck daran, gerade diese "notwendige Homogenität" aufzulösen, und finden das auch noch ganz prima.

So wichtig das Darstellen dieser Sachverhalte auch ist, ich würde hier gerne einmal alternative Ansätze lesen: wie könnte denn eine, dieser Homogenitätsauflösung entgegenwirkende, Entwicklung aussehen, und welche Vor- und Nachteile hätte sie?

Wir müssen lieber schneller als langsam aus der Problembeschreibung heraus und in die Lösungsdiskussion hinein, sonst werden uns die Ereignisse überrollen.

Lösungen müssen her: Oft ist aber die Medizin bitter!
Gerade in dem heutigen, eingefahrenen Konsens-Kurs unserer meinungsbildenden Presse, wagt niemand, diese waghalsigen Versuchsanordnungen unserer Kanzlerin zu widerlegen. Tut es doch jemand, wird er isoliert.
- Ist das wirklich noch Journalismus einer Demokratie??? -

robert renk | Sa., 5. November 2016 - 11:18

Oh je, ein Schreckens-Szenario aber durchaus wahrscheinlich, Früchte einer individualisierten Gesellschaft und fehlender Toleranz.
Die präferierte Lebens und Denkart wird zum Modell erhoben, das kann der Veganismus sein oder der Hass auf Ausländer. Beängstigend ist die Vehemenz mit der die eigene Sicht und die der Peergroup zur alternativlosen "Leitkultur" erhoben wird. Der wiederverwertete Slogan "wir sind das Volk" gibt ein markantes Beispiel.
Auffallend ist , dass faschistoide Züge an beiden Rändern, links wie rechts sichtbar werden, ein gefährliches Milieu !
Die Lösung könnte eine aufgeklärte "Mittelschicht" sein die ökonomisch wie ideologisch stabil, sich in den Konflikt einbringt. Den Eliten käme eine besondere Rolle zu, die sie aber auch erfüllen sollten, nämlich nicht dem eigenen Vorteil, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet.

gerhard helfen | Sa., 5. November 2016 - 11:35

eine der besten aufsätze seit langem !!!
danke

Yvonne Walden | Sa., 5. November 2016 - 11:58

Zunächst die Frage: Was verbirgt sich hinter "westlicher Demokratie"?
Dr. Grau spricht einer "Erosion der Demokratie in ihrer bisherigen Form".
Dürfen wir denn unsere gegenwärtige Staatsform oder diejenige in den USA überhaupt als "Demokratie" bezeichnen?
Demokratie bedeutet schlicht und einfach "Volksherrschaft".
Wenn das Volk, wenn die Völker jedoch konstatieren müssen, daß sie eigentlich gar nicht "herrschen", sondern vielmehr beherrscht werden, wird Vielen klar, daß diese angebliche Demokratie in Wahrheit eine Mogelpackung darsellt.
Der bekannte Sachbuchautor F. William Engdahl spricht in diesem Zusammenhang von einem "Schein von Demokratie, der den breiten Massen mit Erfolg vorgegaukelt wird.
Dahinter verbergen sich knallharte Wirtschaftsinteressen. Und die Vertreter dieser Wirtschaftsinteressen, die bekanntlich über das Große Geld verfügen, setzen alles daran, diesen Zustand zu festigen und zu verstärken.
Denn es fehlt bekanntlich an einer Wirtschaftsdemokratie.

Ivonne Walden: Sie haben so recht, schon die Verfassung der USA wurde von den wohlhabenden Eliten so gemacht, dass das Volk den Wohlhabendn nichts wegnehmen können sollte. Am besten erklärt es Noam Chomsky, auf You tube "Requiem für einen merikanischen Traum" ansehen, es lohnt sich.

Hans Herzberger | Sa., 5. November 2016 - 12:16

Demokratie hat keine äußeren Feinde, sie fault immer von Innen heraus und dies ist in den USA deutlich zu sehen. Doch was sind die Ursachen ? Gleichgültigkeit in einer wolligen Welt ? Selbstverständliches hinnehmen einer gerechten und demokratischen Grundordnung ? Sorglosigkeit nach dem Motto : Mir kann keiner und alles wird gut ? Machen wir es uns nicht zu einfach in unserem molligen Nest? Wir Alle müssen viel mehr an dem Erhalt und der Verbesserung dieser Demokratie teilnehmen gesellschaftlich, wie politisch ! Es darf kein - Alles wird gut und alles bleibt wie es ist - geben. Nicht alleine die Politik sondern ganz besonders wir als Gesellschaft sind gefordert Demokratie zu leben und am Leben zu erhalten. Widerspruch, Einspruch, konträre Ansichten und öffentliche Kontroversen erhalten eine Demokratie und machen sie lebenswert.

Ursula Schneider | Sa., 5. November 2016 - 12:19

Eine kluge Analyse und nicht gerade ein Plädoyer für Multikulti. Dank an Herrn Grau!

Im Übrigen sind wir auch in Deutschland schon weiter. Wenn man den politischen Gegner mit "Pack", "Mob", "Dunkeldeutschland" usw. beschimpft oder eine demokratische Partei, die einem nicht passt, als "Schande mit Parteistatut" (Thomas Strobl, CDU-Innenminister in Stuttgart jüngst über die AfD!!!), dann hat man mit solch tiefgründigen Beiträgen das "Oberseminar in politischer Philosophie" längst verlassen und steuert zielstrebig in Richtung "Verrohung und Schäbigkeit" ...

Ewald Knülle | Sa., 5. November 2016 - 12:29

Trotz Antidiskrimierung, Antirassismus/-faschismus, Gender Studies, Intersectional Feminism, Critical Whiteness Studies, LGBT-irgendwas und aller dieser weiteren alimentierten Auflösungsideologien ist es also heutzutage noch möglich, die Realität zu erfassen und zu beschreiben: An seinen eigenen Werten, an Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit kann man auch zugrunde gehen. Wo in der heutigen Medienlandschaft bzw. Bewusstseinsindustrie bekommt man so etwas noch zu lesen? Tausend Dank für diesen Artikel und für die Hoffnung, dass es noch Redaktionen gibt, die nicht vollkommen irrsinnig geworden sind.

H. Joachim Luig | Sa., 5. November 2016 - 12:30

die ist weniger verloren gegangen, sondern vielmehr schleichend ersetzt worden. Durch die Gleichheit der Bilanzposten auf dem Weg zum abzuschreibenden Auslaufmodell. Die Gleichheit der überwältigenden Mehrheit derer, die einer fast verschwindenden Minderheit die vollen Taschen voller macht. Die Gleichheit der Degradierten, die unter Gleichbetroffenen nicht den Mitstreiter suchen, sondern nach denen,auf die sie ungeniert mit dem Finger zeigen können.

Peter Domscheit | Sa., 5. November 2016 - 12:36

"Der „Clash of Civilizations“, den Samuel Huntington vor 20 Jahren prognostizierte, er wird innerhalb der westlichen Gesellschaften stattfinden – nicht an ihren Grenzen."

Ja, denn die Mächtigen in den USA wie in Europa haben in den letzten Jahrzehnten alles dafür getan, dass möglichst viele Menschen aus anderen Kulturen hereingeholt wurden und dass die uns schützenden Grenzen beseitigt wurden.

Die Folgen sind nun deutlich zu sehen. Daraus lässt sich auch schließen, welche Einstellung die Mächtigen zu den Völkern Europas und den US-Amerikanern haben.

Markus Michaelis | Sa., 5. November 2016 - 13:01

1+ mit Stern Herr Grau. Zwar gibt es global und langfristig betrachtet bisher eine Konvergenz, die die Möglichkeit einer mehr oder weniger beliebigen Vermischung von Menschen am Horizont erscheinen lässt. Ob das gut ist, ist eine andere Sache, weil wir es ja immer bunt wollten. Eine Vollsynchronisation der Welt hat auch die Gefahr, dass im Falle eines Irrwegs keine Korrektur durch Vielfalt mehr besteht. Wie dem auch sei, auf jeden Fall ist die beliebige Vermischbarkeit von Menschen heute nur unter großen Schmerzen oder gar nicht möglich. Die Differenzen sind zu groß, das Vertrauen nicht da. Oft wird unter Vertrauen verstanden, dass der X aus der Kultur Y doch auch ganz nett ist. Es geht aber um das im Artikel angesprochene Grundvertrauen, dass auch wenn X aus Y nicht nett ist, sondern ein Schuft, der gegen mich arbeitet, ich weiß, dass das in Grenzen geschehen wird und nichts mit dem Verhalten seiner "Sippe" zu tun hat. Hilfe durch das GG ist wie im Artikel angedeutet viel zu kurz.

Klaus Damert | Sa., 5. November 2016 - 13:23

"Die gesellschaftliche Diversifizierung produziert unüberbrückbare kulturelle und weltanschauliche Spannungen, die die Demokratie traditioneller Form zunächst in eine Eskalationsspirale zu reißen droht – und schließlich in die Selbstauflösung." - Da das bei uns noch nicht so ist, brauchen wir unbedingt Millionen bildungsferne Muslime, unsere Kanzlerin arbeitet daran! Die Frage ist nur, wann diese die Oberhand bekommen - allerdings reicht dann das Geld nicht mehr für die Sozialhilfe; offensichtlich vergessen unsere Oberen, dass dieses Geld erst einmal erwirtschaftet werden muss. Deutschland macht sich so klein, dass es sich nicht einmal dem eigenen Untergang entgegenstellt. Unbegreiflich. Ein Beispiel: in Berlin will man nicht mehr abschieben - Recht hin oder her.

Arndt Reichstätter | Sa., 5. November 2016 - 13:55

Die Massen-Demokratie ist ein Mythos, der auf der falschen Annahme beruht, man könne grundsätzlich über alles abstimmen, und der von Hans-Hermann Hoppe in "Demokratie - der Gott der keiner ist" widerlegt wurde.

In Wirklichkeit mutet uns die Demokratie als logisches Gesellschaftssystem an, eben weil wir im persönlichen Umfeld "abstimmen" können, ohne dass ein Krieg ausbricht. Dies ist aber kein moralisches Argument, warum 16,1% Millionen Menschen theoretisch 16 Millionen andere Menschen komplett entgeignen dürfen sollen.

Es widerspricht zudem ökonomischen Gesetzen, wonnach durch den freien Markt für die Deckung derselben menschlichen Bedürfnisse viel weniger gearbeitet werden muss und viel weniger Ressourcen benötigt werden.

In anderen Worten: Die Gesellschaft ist derzeit deswegen so "gespalten", weil es so viel Macht und Geld zu verteilen gibt.

Man schaffe den Wohlfahrtsstaat und die ganzen Staatsprogramme ab, dann wird sich alles entspannen. Ach ja, und Kriege verhindert.

Nicolas Linkert | Sa., 5. November 2016 - 14:42

... dass dieser Zustand, in dem wir uns momentan befinden, ganz bewusst von den Eliten herbeigeführt wird. Globalisierung bedeutet am Ende Vielvölkerstaaten, die sich alle auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Da gibt es keine kulturelle Bindung mehr, keine Zugehörigkeit zu einem Volk, keine Spur Patriotismus. Es bedeutet in letzter Konsequenz, dass die Identität verloren geht. Die Auflösung der Völker Europas ist folgerichtig der eigentliche Kern der EU, und dies wird auch massiv vorangetrieben. Schlussendlich wird in Europa die EU bereit stehen, um die unterschiedlichsten Völker aufzunehmen und den Nationen den Todesstoß zu versetzen. Ob das dem Mehrheitswillen der europäischen Völker entspricht, interessiert im Kreis der Eliten niemanden.

Wolfgang Lang | Sa., 5. November 2016 - 15:10

Es gibt tiefgehende Anlässe für sachhaltigen Pessimismus. Es stehen nicht ein paar harsche, aber machbare Umbrüche an. Es droht ein gigantischer Zusammenbruch, der sich aus verschiedenen Teilflüssen speist.
Erstens, das schuldenbasierte Finanzsystem mit FIAT-Geld, exzessiver Staatsverschuldung, einem völlig abgehobenen, destruktiven Money Trust, einer über die Welt vagabundierenden Geldflut ohne Warendeckung, kann jeden Moment zusammenbrechen. Es wird noch künstlich am Leben erhalten.
Zweitens drohen kleine und ein großer Konflikt. Es brennt bereits an vielen Orten, teils wird gezündelt, teils gibt es ethnische/religiöse Spannungen. Der USA-militärisch-industrielle Komplex und die Geostrategen in Think Tanks wollen, um die globale Hegemonie zu erhalten, einen Krieg mit Russland, evtl. auch China. Die Propagandamaschine läuft hochtourig.
Drittens: Der Westen hat moralisch, intellektuell und spirituell abgewirtschaftet. Die Ökonomie wird folgen.
Finis Germaniae. Finis Occidentis.

Michaela Diederichs | Sa., 5. November 2016 - 15:18

"Bunt" hat nicht nur eine positive Bedeutung, sondern auch eine Reihe negativer Komponenten. So kann es auch "unüberschaubar" und "durcheinander" bedeuten. Wem es zu bunt wird, der sehnt sich nach Vereinfachung. Dieser Effekt ist m. E. bereits eingetreten in der westlichen Welt und bringt Charaktere wie Erdogan und Trump legitim an die Spitze der Macht. Wenn wir nicht sehr schnell gegensteuern, wird die Sehnsucht nach dem einen großen Vereinfacherer auch bei uns immer dringlicher.

Christa Wallau | Sa., 5. November 2016 - 15:33

Demokratie kann - dies ist meine feste Überzeugung - überhaupt nur in (relativ) kleinen und (relativ) homogenen staatlichen Einheiten funktionieren. Nicht ohne Grund ist sie in überschaubaren Stadtstaaten entstanden.
Demokratie zerstört sich nicht selbst, lieber Herr Grau, sondern dies tun Politiker (im Verbund mit der Wirtschaft), indem sie bewußt und ohne Not, immer größere, uneinheitlichere politische Einheiten schaffen (z.B. die EU).
Wenn diese Leute zusätzlich auch noch die Unterminierung der geistig-kulturellen Basis dieser viel zu großen Einheiten durch Einwanderer aus total andersartigen Kulturkreisen zulassen, dann wird es zappenduster für jede Form echter Demokratie. Das Wort verkommt zur leeren Hülse.

Sie haben recht: Danach beginnt der "mentale
Bürgerkrieg", welcher sich rasch zu einem realen Bürgerkrieg auswachsen kann.

Auch Ihrem Schlußsatz stimme ich zu:
"Wenn nicht alles täuscht, war der amerik.
Wahlkampf nur ein Vorgeplänkel dessen, was
noch auf uns zukommt."

Bonga Rottanina | Sa., 5. November 2016 - 15:50

Was ist das eine Demokratie, wenn eine Frau gegen den Willen der 60 Mio. Engländer klagen darf, irgendwo muß auch Grenzen geben, dagegen haben bei uns über 230.000 Menschen gegen CETA unterschrieben und trotzdem hat unsere Regierung mit ein Dutzend "Führer" dagegen bestimmt. Was ist das ein westl. System
und es ist auch klar wenn sich selber demontiert und viel Glück dazu.....

Albert Schaller | Sa., 5. November 2016 - 16:09

Die Demokratie stösst an ihre Grenzen?Wohl kaum!Vielmehr erhebt sie (man ist versucht zu sagen:endlich) wieder ihr Haupt.Was die politischen 'Eliten' (sprich: die Globalisierer) im vergangenen Jahrzehnt dank omnipräsenter Beherrschung nahezu aller traditionellen Medien angerichtet, zerschlagen und heimlich still und leise durchgesetzt haben,schreit förmlich nach einem Aufstand der entmündigten,betrogenen und belogenen,bislang jedoch schweigenden Mehrheiten in der westlichen Welt.Auf die Aktionen der Globalisierer, denen es letztlich um die illegitime ökonomische und politische Beherrschung der Welt geht,erfolgt nun die Reaktion der erdrückenden Mehrzahl der Verlierer einer solchen Politik.Die Diffamierung dieser erwachenden Mehrheiten als Gestrige,Ungebildete,Antimoderne,Dumpfe oder wie in Deutschland als Rassisten,Nazis und Fremdenphobiker reicht nicht mehr hin,den Druck im Kessel zu halten.Vernetzung und Information über die digitalen Medien haben dies ermöglicht.Und das ist gut so!

Britta Scharnitzky | Sa., 5. November 2016 - 16:31

...nun 'innerhalb der westlichen Gesellschaften–nicht an ihren Grenzen' stattfinden wird und muss ist der Politik der Globalisierer Merkelscher und Junkerscher Prägung geschuldet.Diese skrupellosen,verkommenen politischen Eliten haben Land,Staat und Volk (politisch korrekt:Bevölkerung) zur Plünderung,Auflösung und der Flutung durch fremde Völker preisgegeben und zu ihrer Beute gemacht.Diese vaterlandslosen (und nicht von ungefähr meist auch kinderlosen) Gesellen (und Gesellinnen!) geraten nun verdienterweise an ihre Grenzen.Die von ihnen Verratenen, Entrechteten und Diffamierten erheben endlich,endlich,endlich Kopf und Stimme.Sie als Populisten zu beschimpfen,reicht nicht mehr hin.Was fehlt ist lediglich eine charismatische Persönlichkeit,die ihrer aufgestauten Wut Stimme und Richtung verleiht:Aus ihrer unaufhaltsam steigenden Zahl wird auch diese noch erwachsen.Das ist nicht das Ende der Demokratie,sondern ein Neuanfang!Und hoffentlich das verdiente Ende der Eliten von eigenen Gnaden

Martin Kadlec | Sa., 5. November 2016 - 17:00

Die Frage ist, inwieweit die USA wirklich noch als Glaskugel für Europa geeignet sind. Meiner Meinung nach zeigt aufgrund der demographischen Entwicklung eher die Türkei auf, in welche Richtung sich die Gesellschaften in Europa entwickeln werden.

Steffen Braun | Sa., 5. November 2016 - 17:09

Eine sehr treffende und wohltuende Analyse im Gegensatz zu der oftmals hysterischen und mystifizierenden Sicht auf unsere "Demokratie". Wie eine Regierung genau zustande kommt und wie die Macht dann genau verteilt wird, ist eher zweitrangig. Es ist eines von vielen Korrektiven eines Rechtsstaates. Aber am Beispiel Deutschlands kann man sehen, dass die wahren "Demokratiefeinde" diejenigen sind, die von oben herab und ideologisch geleitet gewachsene Homogenität und damit Solidarität und Verantwortung für das Gemeinwesen zerstören. Die Trumps und die politische Bewegungen über die jetzt im Mainstream gern lamentiert wird, sind da einfach eine Gegenbewegung, um die Grundlagen des demokratischen Gemeinwesens zu erhalten.

Marc Meyer | Sa., 5. November 2016 - 17:21

Ich höre immer Demokratie, aber wenn ich als Bürger beim Euro Demokratie einfordere, also dass man Gesetze einhält und diese nicht bricht, werde ich von Teilen der CDU, SPD und Grünen beschimpft. Da wird man auch schnell in die braune Ecke gestellt.

Ihr, die Elite, müsst für eure Eurogesetzesbrüche und die Bankenrettungen einen Preis zahlen, ihr müsst bestraft werden. Und das geht nur, in dem man Trump und AfD wählt, den nur die nerven euch und machen euch wütend. Alles andere lässt euch leider kalt.

Für Banken, Süd Europa und Konzerne a la VW opfert die Elite Deutschlands die Demokratie. Na ja, dann kann Demokratie auch nicht soooo wichtig sein, wie alle immer tun.

Die AfD/Trump mögen ihren Wählern später vielleicht schaden, aber man kann durch die Wahl dieser Leute der Elite Schaden zufügen, und nur noch darum geht es, denen da oben Schaden zuzufügen.

Dann opfern wir eben die Demokratie, ihr, die Elite wollt das doch auch.

Hermann Neumann | Sa., 5. November 2016 - 19:49

Man lege eine Schablone auf die Politik und die Zustände in den USA und übertrage diese auf Deutschland und man wird feststellen, dass es keine großen Unterschiede mehr gibt.
Den Beweis wird unsere Bundestagswahl naechstes Jahr antreten.

Axel Kreissl | Sa., 5. November 2016 - 19:52

Die Demokratie ist aus meiner Sicht die wohl anspruchsvollste Staatsform, weil der Idee nach alle eine Stimme haben, aber sie ist eine abgeleitete Größe. In der Tat gibt es eine wichtige Voraussetzung, eine Grundlage, auf der sie aufbauen muß wie auch alle anderen Staatsformen und das ist die Wahrheit. Die Wahrheit ist die Grundgröße und der Maßstab allen menschlichen Tuns. In der Mathematik nennt man es Axiom. Ohne Axiome kann man keine Mathematik betreiben. Ohne Wahrheit kann man keine Demokratie betreiben. Hier liegt in unserer Zeit das Problem bei den Wählern, aber viel mehr noch bei den Gewählten, sowohl in den USA als auch in Europa. Die Demokratie ist nicht das Problem, sondern die, die sich Demokraten nennen.

Hermann Neumann | Sa., 5. November 2016 - 23:42

Man lege eine Schablone auf die Politik und die Zustände in den USA und übertrage diese auf Deutschland und man wird feststellen, dass es keine großen Unterschiede mehr gibt.
Den Beweis wird unsere Bundestagswahl naechstes Jahr antreten.

Bernd Fischer | So., 6. November 2016 - 00:15

Zitatanfang:Am Dienstag ist es endlich soweit. Hinter uns liegt dann der entwürdigendste und in seiner vulgären Trivialität abschreckenste Wahlkampf, den die westliche Nachkriegswelt gesehen hat. Zitatende:

Was aber nur von der "arroganten....überheblichen......und besserwisserischen deutschen "Journaille" so gesehen wurde.

Schade um die Druckerschwärze der deutschen "Journaille" die uns den ( die ) einen oder anderen Kandidaten madig machen wollen.

Ein erbämliches Schauspiel was hier betrieben worden ist .

Walter Drechsler | So., 6. November 2016 - 07:01

Gegen die Zerstörung der Demokratie gibt es ein einfaches Mittel. Volksabstimmungen auf allen Ebenen. Problem gelöst. Das Schicksal einer Nation ist zu wichtig um es den Parteien zu überlassen.

Rainer Möller | So., 6. November 2016 - 08:46

Alexander Grau kennt die Geschichte nicht.
Die Linken haben als fanatische Außenseiter angefangen, haben sich als Insider zunächst entfanatisiert und dann mit den neuen sozialen Bewegungen, deren Theologisierung der Politik und der Chance auf Machtergreifung refanatisiert.
Die Rechten haben so lange nachgegeben, dass heute das bloße Feststehen und Beharren verblüfft und irgendwie illegitim aussieht.
Sachlich sind die großen Parteien nicht weiter auseinander als vor oder nach dem zweiten Weltkrieg.Eine "homogene Leitkultur" bestand nie; sie wurde allenfalls von der Mainstream-Presse vorgegaukelt(und das allerdings am effektivsten zwischen 1990 und 2010).

Gerdi Franke | So., 6. November 2016 - 08:54

Wenn die Politik überzieht, überzieht der Wähler noch mehr, um dieser Politik Einhalt zu gebieten!

Peter Carmino | So., 6. November 2016 - 09:08

Vielen Dank für diesen Artikel Herr Grau. Kurz und knackig auf den Punkt gebracht. Für Jedermann verständlich und dazu keine Partei ergriffen! Das wird vermisst heutzutage in den Deutschen Medien. Sachliche Berichterstattung. So sollte Journalismus betrieben werden. Machen Sie bitte weiter so.
Mfg

Wolfgang Lang | So., 6. November 2016 - 10:08

Ein Grund der Krise, die direkt auf einen Bürgerkrieg zusteuert, möglicherweise, wenn der militärisch-industrielle Komplex der USA das will, zusammen mit dem Money Trust, auf einen größeren Krieg gegen Russland, ist das unfähige politische Spitzenpersonal, das in den Staaten und der EU regiert.
Ob es Berlusconi war, Hollande, Merkel und Gabriel, alles sehr sehr schlechte Führungskräfte und Staatenlenker. Dass solche Leute nach oben kommen, zeigt, dass die Auswahlmechanismen untauglich sind. Das ganze korrupte, untaugliche, kranke System hat sich weit vorgearbeitet überall hinein. In Exekutive, Legislative und Judikative, dass man nur noch mit dem Komplettzusammenbruch rechnen kann. Aus den Trümmern könnte dann was Neues, Besseres erwachsen. Sicher ist das aber nicht.
Nur für das politisch-mediale System in Deutschland, das muss man zusammen sehen, gebe ich keinen Pfifferling mehr. Die Frage ist nicht ob, sondern wann es in sich zusammenkracht. Wie einst die DDR. Große Feier, peng.

Klaus Moll | So., 6. November 2016 - 10:40

Das Missbehagen an unserer Demokratie hat mehrere Ursachen. Einmal der Einfluss, den die Wirtschaftslobby gegen die Interessen der Bevölkerung auf die Politik ausübt, dann die Institution der Kommissare in der EU, die offenbar an keine demokratischen Regeln gebunden sind und der Umstand, dass ein Teil der unzufriedenen Bürger von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch macht. Die geringe Wahlbeteiligung führt dazu, dass in der Tat die Regierungsparteien nur von einer Minderheit repräsentiert werden.Die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen CETA und TTIP wurden in Küchenkabinetten ausgekungelt, während die millionenfachen Proteste einfach ignoriert wurden. Das Gleiche gilt für die Einwanderungspolitik, die unseren Nachkommen noch große Probleme bereiten wird.

Dieter Staas | So., 6. November 2016 - 11:19

Lebendige Demokratien wie die USA konfigurieren sich gelegentlich neu, wenn ökonomische, soziale oder demographische Bedingungen dies erfordern, aber sie zerstören sich nicht gleich. Und natürlich sind solche Anpassungsprozesse immer auch mit Probleme verbunden. Sie sind aber Ausdruck solider Institutionen, die unabhängig von Personen funktionieren. In den USA käme so schnell niemand auf die Idee, zu sagen: „Wir müssen an der Kanzlerin festhalten, weil es keinen Ersatz dafür gibt“. Spätestens nach acht Jahren ist einfach Schicht. Dass sich ein demokratisches System über 12 oder gar 16 Jahre an bestimmte Personen bindet, mag auf den ersten Blick als Stabilität erscheinen, ist es aber nicht. Und damit wären wir bei den Ländern, die sich tatsächlich selbst zerstören, voran Japan und Deutschland. Ein moderner Staat, der weder eine umfassende Sozialpolitik, noch eine lockere Geld- und Haushaltspolitik und natürlich auch keine Zuwanderung will, der hat eben keine Zukunft.

"Ein moderner Staat, der weder eine umfassende Sozialpolitik, noch eine lockere Geld- und Haushaltspolitik und natürlich auch keine Zuwanderung will, der hat eben keine Zukunft."
Hab ich da in den letzten Jahrzehnten in Deutschland etwas nicht mitbekommen?

Bernd Windisch | So., 6. November 2016 - 12:46

Ein blitzgescheiter Artikel von Herrn Grau! "Zunehmend stehen sich soziale Milieus und Subkulturen mit offenem Unverständnis, teilweise in deutlicher Abneigung gegenüber." Man kann diesen Sachverhalt auch als Ergebnis einseitig ablaufender Verteilungskämpfe betrachten. Wer behauptet denn, dass zu Kapital und Arbeit schon alles gesagt ist. In Deutschland regiert eine SPD mit, die den größten Billiglohnsektor seit Bestehen der BRD installiert hat. Wo Interessenvertretung sich in ihr Gegenteil verkehrt sind die Milieus wieder auf sich gestellt. Dies führt zu Leidensdruck und Verzweiflung. Wer in diesem Land sozial abgehängt ist, wird es lange bleiben. Dies schafft kein gutes Klima. Die aktuellen Gewinner haben für sich das Wort Elite erfunden und begeben sich in eine geschickt konstruierte Opferolle. Deshalb folgender Widerspruch: „Demokratie zerstört sich nicht von selbst. Der aktuell zu beobachtende Erossionsprozess wird von rücksichtslosen Interessensgruppen geschickt befeuert.

Günter Frey | So., 6. November 2016 - 13:34

Ihrer Analyse kann ich nur zustimmen. Diese trifft allerdings zwischenzeitlich auch auf die Bundesrepublik zu. Es entwickeln sich Milieus, die völlig gegensätzliche Vorstellungen haben. Der Andersdenkende wird mehr und mehr zum Feind.
Gegen ihn ist alles erlaubt von der Lüge bis hin zur Gewalt. Dies ist eine Besorgnis erregende Entwicklung.

Samuel von Wauwereit | So., 6. November 2016 - 14:54

Ich vermute ehre solche Entwicklungen unterliegen einem gewissen Zyklus. Da die demokratische Geschichte der Deutschen nicht so weit zurückreicht wie die anderer Nationen (z. B. USA, Frankreich, UK) sind wir eher geneigt darin ein grundsätzliches Problem zu sehen.

Uwe Joestel | So., 6. November 2016 - 17:37

Sehr gute und zutreffende Analyse

Helmut Hufnagl | So., 6. November 2016 - 18:02

Ich möchte den Autor dieses Artikels gratulieren.Ich habe noch nie so eine wunderbare Analyse über die Demokratie generell und im speziellen über den Zustand der heutigen Demokratie mit Spannung und höchster Zustimmung gelesen. Mit diesem Artikel ist dem Autor etwas ganz" Großes" gelungen und verdient die höchste Anerkennung , die ich aussprechen kann.Viele von uns haben dieses beklemmende Gefühl über den erbärmlichen Zustand der Demokratie , die wir heute erleben, aber wir sind nicht in der Lage die Ursachen so messerscharf zu beschreiben, wie es dem Autor in diesem falle gelungen ist.Dieser Artikel ist ein Meilenstein.

Redouan Osrafil | So., 6. November 2016 - 20:45

Insgesamt finde ich den Artikel zutreffend und gelungen, nur für eine Behauptung des Autors hätte ich mir Belege gewünscht:
"Das erfolgreichste Staatsmodell der Menschheit, die westliche Demokratie".
Was macht die westliche Demokratie zum "erfolgreichsten Staatsmodell der Menschheit"? Ihre Langlebigkeit ja sicherlich nicht. Auch Ihre wirtschaftliche Dynamik liegt weit hinter derjenigen zurück, die vor hundert Jahren die autoritären Kaiserreiche Deutschland und Japan und heute das autoritäre China vorweisen können. Eventuell könnte man soziale Errungenschaften oder die Menschenrechte der in diesen Demokratien lebenden Bevölkerungen als valide Belege dieser Behauptung aufführen. Jedoch war der Pionier moderner Sozialstaatlichkeit vor über 100 Jahren wiederum keine Demokratie, sondern auch das deutsche Kaiserreich und mit den Menschenrechten von Afroamerikanern war es in der Vorzeigedemokratie USA ja selbst bis weit nach dem 2ten Weltkrieg nicht weit her. Oder meint Erfolg Dominanz?

Hans-J. Stellbrink | So., 6. November 2016 - 22:30

Die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs führten in Europa zu einem "Nie wieder". Es wurden Normen aufgestellt, die nie wieder diese Entartungen zulassen sollten. Ihnen wurde durch die Menschenrechte und im Grundgesetz Ewigkeitsgültigkeit verliehen. Dem steht aber die historische Tatsache entgegen, dass alles ständig im Fluss ist. Damit müssen auch "unsere Werte" immer neu ausgehandelt und erneuert werden. "Unsere Werte" einfach in immer weitergehenden und immer tiefer in den Alltag der Menschen eingreifenden Iterationen als Elitenprojekt mit medialer Unterstützung und z.T. gegen die Lebenswirklichkeit der Menschen von oben herab durchzusetzen wird nicht auf Dauer funktionieren. Wer die Zentrifugalkräfte beherrschen will, muss der Diversifizierung einigende Ideen entgegensetzen. Die der "Vielfalt" einer "bunten Gesellschaft" wirkt für Viele nur noch als Provokation.

Helmut Malente | So., 6. November 2016 - 22:59

Die Demokratie ist durch Finanzkapitalismus und Wirtschaftslobbyismus ausgehöhlt. Deren Interessen sind maßgebend für die Entwicklung u. Gesetzgebung u. nicht das Wahlvolk.

Die unterste Kaste wird dank Agenda 2010 zum Niedriglohnsektor erklärt u. zementiert. Das ist näher zur Sklaverei als zur Demokratie. 50% besitzen 2% u. 10 % den Rest in D. Unsere Demokratie schafft es noch nicht einmal zu einer Gaußschen-Normalverteilung bei den Eigentumsverhältnissen.

Helmut Malente | So., 6. November 2016 - 23:16

Was der Herr Grau gänzlich vergessen hat ist der Grad der Korruption in einer demokratischen Gesellschaft.

Um im Beispiel v. o. zu bleiben. Die Agenda-2010 Gesetzgebung ist doch ein Wunschgesetz der Wirtschaft u. darüber hinaus mit Clement als Wirtschaftsminister der größte Zeitarbeitslobbyist.... Alles klar?

Robert Müller | Mo., 7. November 2016 - 08:41

"Die Demokratie zerstört sich selbst"- Gemeint ist: Die politischen Eliten zerstören ihre Länder. Das gilt nicht nur so in ES, IT, GR, ganz Afrika, Russland und in der Türkei, sondern auch in DE. Dort macht der ganze Bundestag eine Politik, die eigentlich nur zum linken Flügel des Parlaments passt. "Pluralistischer Meinungswettstreit setzt einen gemeinsamen Welthorizont voraus." - Gemeint ist: "Pseudo"-pluralistischer Meinungswettstreit in der selben Filterblase. Nur noch die CSU macht das, die anderen Parteien im Bundestag reihen sich lieber widerspruchslos hinter Merkel ein. Die Einen, weil sie ihre Posten in der CDU nicht verlieren wollen, die anderen, weil sie hoffen so mit am Trog sitzen zu können, weil man selber nichts anzubieten hat, das besser wäre. Gabriel, die letzte Hoffnung der SPD, ist so eine Nullnummer. Alle anderen SPD-Politiker bleiben lieber in den Ländern oder sind bereits auf Bundesebene politisch gescheitert. Egal, als Merkel-Mitläufer geht es immer noch.

Lars Beyer | Mo., 7. November 2016 - 16:38

Antwort auf von Robert Müller

"Dort macht der ganze Bundestag eine Politik, die eigentlich nur zum linken Flügel des Parlaments passt. "
Stimmt genau!
Nur wie ist es dahin gekommen? Geht es wirklich nur um die eigenen Pfründe (sprich Mandate)? Ist Politik so eindimensional geworden ("only Cash")?
Wo bleibt der Widespruch im Parlament?
Fassbender: "Welt am Draht"?

Bernhard K. Kopp | Mo., 7. November 2016 - 10:14

Wenn die von den politischen Parteien nominierten Repräsentanten nicht wirklich repräsentativ sind, egal ob sie mit 35% Wahlbeteiligung in Vorwahlen, oder von noch kleineren Gruppen von Parteimitgliedern und Funktionären ausgewählt sind, dann fühlt sich der Wähler am Ende nicht vertreten, die Parlamente werden nicht mehr als repräsentativ für alle Wahlberechtigten gesehen. Die Exekutiven und die Parteihierarchien lieben diese Entwicklung, weil sie damit, indirekt, eine fast absolute Macht erhalten, sobald sie von nicht-repräsentativen Gremien bestätigt werden. In Europa und in der EU trifft dies auf die Nationalstaaten und die EU-Institutionen zu. Der demos kann das System nur von Unten ändern. Millionen müssen die Parteien von Innen ändern und von Unten nach Oben die Demokratie wiedergewinnen. Auch im amerikanischen System ginge es nur über eine breite Bürgerbeteiligung. Keine Demokratie ohne den demos.

Thor Odinson | Mo., 7. November 2016 - 10:41

Ich bin der Meinung, dass die Demokratie in ihrer gewollten Form in den westlichen Ländern so nicht mehr existiert bzw. einer hohen Erosion unterliegt.
Wie in er ganzen Welt zu beobachten, hat sich eine politische Kaste etabliert. Ränkespiele um Macht und Posten, das es einen nur schlecht werden kann.
Auf eine Demokratie, die von immer denselben Leuten gelenkt wird, von Politikern, die nichts anderen können und wollen, als Politik zu machen, Macht auszuüben, davon nicht mehr loslassen können. Auf eine solche Form der Demokratie habe ich schon lange keine Lust mehr...
Ich bin für Amtsbeschränkung auf maximal zwei Legislaturperioden. Eine immer gleiche, politische Chefetage darf nicht sein - ob in Deutschland, in Europa, der USA, Russland, China, Nordkorea...

Die etablierten "Systemparteien" haben bei uns wie mit einem Spinnennetz das gesamte öffentliche Leben überzogen (Medien, Justiz, Bildung, Verwaltung usw.) und sind dabei, unsere Demokratie in eine Parteiendiktatur zu verwandeln.

Der Grund dafür sind die Berufspolitiker. Wessen Existenz an seinem Mandat hängt und wer sich dabei reichlich mit Pfründen u. Privilegien versorgen kann, der wird alles daransetzen, am Futternapf zu bleiben. Neue Parteien (siehe AfD), aber auch grundlegende Reformen haben dabei keine Chance. Der übergreifende Parteienkonsens führt zu Kadavergehorsam, Seilschaften, Ämterpatronage u. Misstrauen gegenüber dem Volk, das seinerseits mit Verachtung, Wahlenthaltung u. Politikverdruss reagiert.

Die einzige Lösung:
- Mandatsbeschränkung
- Statt Listen- nur noch Direktmandate
- Mehr Volksentscheide

Doch wer sägt schon an dem Ast, auf dem er so kommod sitzt?

Liebe Frau Schneider,
sie haben meine volle Zustimmung bezüglich Ihrer Ausführungen inkl. Lösungen.
Doch eine Frage: Wieso bekommt dieser politische Laden in den Umfragen zur Bundestagswahl ein Zustimmung von mindestens 75%?

Enrico Stiller | Mo., 7. November 2016 - 11:17

Er hat die geistige Auflösung der spätrömischen Eliten am Beispiel ihrer Anfälligkeit für irrwitzig-obskurantistische Sektenvorstellungen dargestellt (Bd. 2 seines "Untergang des Abendlandes"). Wenn man das so wieder liest, springen die Parallelen zur Gegenwart ins Auge. Eine gemeinsame geistige Grundlage gibt es nicht mehr. Dies ist in Deutschland das Ergebnis einer seit Jahrzehnten betriebenen linken Durch-Ideologisierung ("Sektifizierung") der Gesellschaft, wie sie von den sich immer mehr ausdifferenzierenden linken Glaubensgemeinschaften betrieben wurde. (Konservative haben, wie schon Edmund Burke gesehen hat, nur einen diffusen Glauben an Tradition und Pragmatismus, kaum an Ideologien).
Die Gesellschaft soll "immer bunter" werden. Bis jede Grundharmonie zum Teufel gegangen ist. Es lässt sich sozialwissenschaftlich gut belegen, dass dies dann auch zum Ende der innergesellschaftlichen Solidarität führt. Schöne neue Welt, die uns da aufgedrückt wird!

Jacqueline Gafner | Mo., 7. November 2016 - 13:11

man darf kritisch sein, aber nur so lange, wie man Ihre Analyse prinzipiell teilt. :)

Harro Meyer | Mo., 7. November 2016 - 13:32

So ist es, da ändert sich fast Nicht’s.
Die USA sind ein Militärregime mit präsidential-demokratischem Mäntelchen und dem Anspruch: die ordnende Gewalt in dieser Welt zu werden. Ein Staat, der 600 Milliarden $ dem Militär zur Verfügung stellt, ohne seine sozialen Verwerfungen zu berücksichtigen, kann nicht anders, als seinen Einfluss zu erweitern. Das ist ein Naturgesetz: "Der Zentrifugal-Effekt"
Alles Andere dient nur der Ablenkung.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 7. November 2016 - 15:50

Tammy Wynette herabwürdigt?
Meines Erachtens nicht.
Sie steht für das weisse Siedlerprojekt, jedoch der starken z.B. Farmerfrauen, die mit der in dem Fall Flinte die Familie verteidigen, Westerntauglich.
Die USA sind m.E. nicht der Westen, sondern von Europa aus der östlichte Teil dieser Welt.
Ein Vergleich hilft den USA nicht.
Laut Wiki scheint Newt Gingrich ein Hauptakteur gegen Bill Clinton zu sein, der auch noch einen Mitt Romney unterstützt, wenn es den Republikanern dienlich ist und seinem Gefühl für den american way of life.
Eher vergleichbar den Figuren eines John Steinbeck, Tenesse Williams, Thornton Wilder...
Zurechtfinden im Chaos und erhobenen Hauptes scheitern, aber leben und lieben?
Das wäre evtl. in seiner Sicht das absolute Gegenteil zu den Clintons und deren Akzeptanz des Chaos, um nicht zu sagen Mitwirken daran?
Damit blieben die USA auch noch Europa verbunden und können sich noch selbst finden.
Ich sage, es gibt eine zivile Gesellschaft auch in den USA.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 7. November 2016 - 16:03

wenn man ihre Literatur nicht gelesen hat, ihre Musik nicht gehört hat, ihre Filme nicht kennt?
Ich denke nicht.
Alleine so eine Trilogie? wie die Tribute von Panem kann eine neue Erzählung begründen.
Und den Amis wird es ernster damit, in der Auseinandersetzung auch krasser, aber eben nicht, wenn man darauf schaut wie Herr Grau.
Unbestreitbar hat Obama als Präsident ein Zeichen gesetzt für die bisherigen Aussenseiter der US-Geschichte, vor allem die "Schwarzen", aber eine gesamtgesellschaftliche Perspektive "darf" man nicht vom Gesichtspunkt eines Aussenseiters entwickeln.
Ich weiss nicht ob Obama sich als Aussenseiter empfindet, jedenfalls fehlt ihm m.E. das Ansehen als Präsident der Vereinigten Staaten.
Und genau das ruft einen Trump hervor.
Trump hat den Blickwinkel von eben der stärksten Gruppe der USA aus, der des weissen, weisen Mannes, in seinem Fall der des erfolgreichen US-Amerikaners.
Mag seine Familie letzt aus Europa gekommen sein, sie ist wahrhaftiger in den USA.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 7. November 2016 - 16:19

wenn man ihnen keine Zukunft zubilligt?
Ich denke nicht.
in diesem Beharren auf Zukunft können sie in der Tat auch ein Motor für schon sehr viel ältere und geordnetere Gesellschaften sein.
Liebe und Zuneigung, also gelebte zivile Gesellschaft machen vielleicht müde und begründen in Europa, aber auch z.B. China und Japan leicht einen Todessehnsuchtsmythos.
Welcher m.E. vor allem dem Krieg entgegen steht, aber sich der Zugrunderichtung entgegenstellt, defensiv.
Der 1. Weltkrieg war nicht intendiert, der 2. enstand aus dem Unwillen, sich zugrunderichten zu lassen.
Was daraus wurde, verdanken wir vor allem einem Irren an der Spitze und einigen anderen irren Gefolgsleuten.
Der derzeitige Unmut und damit ähneln wir den USA bezieht sich Gott sei Dank auf die derzeitige Politik.
Obama ist nicht alleine der Adressat des Unmuts, an der Spitze des Unmuts in Deutschland ist kein/e Irre/r.
Weder in den USA noch in Deutschland gibt es eine Krise der Demokratie, wohl aber der Politik.

Eine Krise der Politik ist auch eine Krise der zugehörigen Demokratie. Das ist das Problem, dass da viele nicht wahrhaben wollen. Da regiert man nach eigenen Gusto und lässt das Volk hochnäsig plärren. 5 Jahre bis zur nächsten Wahl ist eine lange Zeit.

Gottfried Kneifel | Di., 8. November 2016 - 00:35

Die Demokratie ist die bisher bestbewährte staatliche Organisationsform. Wer aber glaubt, dass die Demokratische Staatsform ein perpetuum mobile ist, wie ein automatisch von Erfolg zu Erfolg fahrender Zug ist, der irrt gewaltig.
Wir tun leider viel zu wenig für die Erhaltung unserer demokratischen Systeme. Werbung und Marketing für Demokratie ist dringend erforderlich. Stirbt die Demokratie - gelten auch die Menschenrechte nicht mehr und ohne Menschenrechte keine Freiheiten, für deren Erhaltung Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten. Wenn es wirklich stimmt, dass die gegenwärtigen Demokratie-verderbenden Prozesse Vorahnungen für ähnliche verzögerte Entwicklungen in Europa sind, dann ist es kurz vor zwölf zur Erhaltung und Weiterentwicklung unserer Demokratie.

Peter Enders | Mi., 9. November 2016 - 02:35

Im lfd. Kommendar des Deutschlandfunk bwird der Eindruck erweckt, dass der Wahlausgang in Florida alles entscheidet. Wenn 51% in FL für X stimmen, fallen die 49% für Y unter den Tisch: Ist das demokratisch?
NB: Seinerzeit hat Jeff Bush als Gouverneur von FL die Wahlergebnisse zugunsten seines Verwandten manipuliert: das wird in den meisten deutschen Medien wohlweislich verschwiegen: warum wohl?!

Peter Enders | Mi., 9. November 2016 - 02:44

"Die Demokratie traditionellen westlichen Zuschnitts, insbesondere das Zweiparteiensystem der Vereinigten Staaten"
Was genau wird hier gleichgesetzt? "Liberté, égalité, fraternité" von 1789 mit Rassenungleichheit bis Heute?

Peter Enders | Mi., 9. November 2016 - 02:50

Der Autor ist inkonsequent: der von ihm beklagte Stil ist durch die "Tea Party" als faschistoiden (Obama wurde mit Hitler verglichen) Zweig der "Republikaner" (d. i. inhaltlich eine contradictio in adjecto!) bewusst vorangetrieben worden

Peter Enders | Mi., 9. November 2016 - 02:56

Der Autor scheint völlig unbeleckt von politischer Ökonomie zu sein. Demzufolge schreibt er Missstände den Stroh- statt den Hintermännern zu