Stephan Weil möchte für immer auf russische Energie verzichten : Wenn moralischer Eifer das Hirn vernebelt Der niedersächsische Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) will Energieimporte aus Russland dauerhaft ausschließen. Doch dies würde zu neuen, gefährlichen Abhängigkeiten führen. Nötig wäre vielmehr eine breite Diversifizierung zur Sicherung der Energiebasis, schreibt Mathias Brodkorb. VON MATHIAS BRODKORB
Bürgergeld und Grunderbe : Die SPD verabschiedet sich von der Sozialdemokratie Mit dem sanktionslosen „Bürgergeld“ legt die SPD die Axt an ihren historischen Gründungsimpuls. Denn der lautete, dass sich Leistung endlich lohnen sollte. Ein bedingungsloses Einkommen ist das genaue Gegenteil davon. Wir sind Zeitzeugen der willentlichen Selbstzerstörung der sozialdemokratischen Idee. VON MATHIAS BRODKORB
Regierungsklausur in Meseberg : Eine politische Ringparabel Das Bundeskabinett trifft sich derzeit zu einer Klausursitzung in einem historischen Gebäude mit hohem Symbolwert. Das ist auch dringend nötig, denn die Fliehkräfte innerhalb der Ampel-Koalition haben seit einigen Tagen enorm zugenommen. Aus Meseberg sollen deshalb Bilder des harmonisch-konstruktiven Miteinanders in die Welt gehen. Doch auch die werden am Grundproblem nichts ändern: Rot, Grün und Gelb passen inhaltlich nicht zusammen. VON ALEXANDER MARGUIER
Transgender-Streit bei Terre des Femmes : „Mädchen und Frauen werden wegen ihres biologischen Geschlechts diskriminiert“ Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes engagiert sich seit Jahren unter anderem für Freierbestrafung in der Prostitution und für ein Verbot des muslimischen Kinderkopftuchs in Kitas und Schulen. Mit Anfeindungen kennt sich der Verein entsprechend aus. Doch ausgerechnet ein viel diskutiertes Positionspapier zu Transgender, Geschlecht und Selbstbestimmung wurde nun zurückgezogen. Inge Bell stemmte sich als einzige der drei derzeit aktiven Vorstandsmitglieder gegen diese Entscheidung. Im Interview erklärt Bell, warum, und wie sie und ihre Mitstreiterinnen den Rücktritt des Vorstands erreichen wollen. INTERVIEW MIT INGE BELL
Altkanzlerprivilegien : Wie Kohl und Schröder die „Amtsausstattung“ von Ex-Kanzlern verbesserten Gerhard Schröder kämpft darum, dass der Steuerzahler ihm ein Büro in Berlin finanziert wie in den fast 17 Jahren seit seiner Wahlniederlage im Jahr 2005. Der Fall hat eine politische und eine juristische Seite – aber auch eine persönliche. Den Weg zu der vielfach als üppig beanstandeten „Amtsausstattung“ ehemaliger Bundeskanzler zu ebnen, hatte Schröder selbst mitgeholfen – zusammen mit seinem Vorgänger Helmut Kohl. VON HUGO MÜLLER-VOGG
Gerhard Schröder verklagt den Bundestag : Auf der Peinlichkeitsskala immer weiter nach unten Gerhard Schröder klagt vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen den Deutschen Bundestag. Er will seine im Mai entzogenen Sonderrechte und sein Altkanzler-Büro zurück. Von der Schamlosigkeit des Vorgangs einmal abgesehen: Er könnte mit seiner Klage durchaus Erfolg haben. Zu fragen wäre, warum ehemalige Bundeskanzler überhaupt einen teuren Mitarbeiterstab brauchen. VON HUGO MÜLLER-VOGG
Parteiordnungsverfahren gegen Gerhard Schröder : Rückwärts immer Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover sieht keine Grundlage für einen Parteiausschluss Gerhard Schröders. Nachdem die Sozialdemokraten am Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch Zeter und Mordio gegen ihren Ex-Vorsitzenden geschrien hatten, scheint die kalte Chuzpe, mit der Schröder seither immer wieder mal von sich Reden gemacht hat, nicht nur auf manch einen Genossen Eindruck gemacht zu haben. VON RALF HANSELLE
Niedersächsischer Ministerpräsident : Der vorsichtige Herr Weil Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil hat gute Chancen, im Oktober zum dritten Mal gewählt zu werden. Gefahr droht vor allem aus Berlin. VON MORITZ GATHMANN
Andrea Nahles : Die Arbeiterin Ab heute führt die frühere SPD-Vorsitzende Andrea Nahles die Bundesagentur für Arbeit. Die Personalie ist deutlich mehr als ein Versorgungsposten unter Genossen. Als Partei- und Fraktionsvorsitzende ist sie gescheitert, für ihre neue Aufgabe könnte sie genau die richtige Person sein. VON ANJA MAIER
Bürgergeld statt Hartz IV : Politik und Wirtschaft haben die Langzeitarbeitslosen aufgegeben Die Bundesregierung will Hartz IV durch ein „Bürgergeld“ ersetzen, der SPD-Arbeitsminister verspricht höhere Leistungen und weniger Sanktionen. Ein Parteifreund und ehemaliger Vorstand der Bundesagentur für Arbeit kritisiert dessen Pläne in einem Cicero-Gastbeitrag scharf: Die Reform sei eine zynische Botschaft an die Arbeitslosen im Lande, schreibt Heinrich Alt. GASTBEITRAG VON HEINRICH ALT
Bürgergeld ohne Sanktionen : Spätrömische Dekadenz Mit dem neuen „Bürgergeld“ will Arbeitsminister Hubertus Heil Hartz-IV-Empfängern das Leben erleichtern. Wenn sie Jobs ablehnen oder Sprachkurse schwänzen, sollen sie keine Kürzungen mehr fürchten müssen. Das ist das falsche Signal zur falschen Zeit. VON DANIEL GRÄBER
Deutsche Handelsbilanz im Minus : Der späte Sieg von Donald Trump Infolge des Ukraine-Krieges ist Deutschland in eine Energiekrise geraten, die - unter anderem wegen steigender Energieimporte aus den USA - die Handelsbilanz insgesamt ins Minus zieht. Außerdem will die Bundesregierung auf Nord Stream 2 verzichten und das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen. Gleich drei Wünsche von Ex-Präsident Trump gehen damit in Erfüllung. VON MATHIAS BRODKORB
Ferda Ataman und ihre Mitstreiter : Rassisten überall An diesem Donnerstag soll die Publizistin Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragen der Bundesregierung gewählt werden. Die Personalie ist aus guten Gründen höchst umstritten. Doch es geht nicht nur um eine einzelne Person, sondern um ein ganzes System: Mit Millionen finanziert der Staat aktivistische Rassismusforschung, deren wissenschaftliche Grundlagen mehr als dünn sind – weil Ergebnisse schon vorher feststehen. VON SEBASTIAN WESSELS
Ex-SPDler Torsten Teichert : „Ich halte Scholz für einen zynischen und überschätzten Politiker“ Nach über 40 Jahren in der SPD ist der Hamburger Torsten Teichert in Die Linke eingetreten – um nach 97 Tagen wieder auszutreten. „Nach wenigen Tagen hatte ich verstanden, was Sahra Wagenknecht dazu verleitet hat, ihr Buch 'Die Selbstgerechten' zu schreiben“, sagt er. Eine Rückkehr zur SPD schließt er aus. Spätestens mit der Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz, ein alter Bekannter Teicherts aus Hamburger Tagen, habe er mit den Sozialdemokraten abgeschlossen. INTERVIEW MIT TORSTEN TEICHERT
Bundeskabinett beschließt Haushaltsentwurf 2023 : Lindner: „Wir können uns zusätzliche Schulden schlicht nicht leisten“ Die Rückkehr zur Schuldenbremse – es ist das zentrale Versprechen von Finanzminister Christian Lindner. Erstmals nach drei Ausnahmejahren wegen der Corona-Pandemie soll die im Grundgesetz verankerte Bremse im Bundeshaushalt 2023 wieder eingehalten werden. Damit kündigt die Bundesregierung eine finanzpolitische „Zeitenwende“ an. Doch ob die in unsicheren Zeiten wirklich gelingt? VON CICERO-REDAKTION