Zu bunt? Frischobst in einem Edeka-Supermarkt / picture alliance

Lebensmittelhandel und Landtagswahlen - Edeka-Kampagne: Mit Blaubeeren gegen die AfD

Der Lebensmittelhändler Edeka mischt sich in die Landtagswahlen in Ostdeutschland ein. In Zeitungsanzeigen warnt er mit einem Obst- und Gemüsevergleich seine Kunden davor, die falsche Partei zu wählen. Innerhalb des Konzerns gibt es deshalb nun Krach.

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Karl Vowinkel studiert Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und hospitiert bei Cicero.

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Edeka liebt bunte Vielfalt – darum findet der Kunde in der Obst- und Gemüseabteilung Produkte aller Couleur: gelbe Bananen, grüner Salat, rote Kirschen. Nur eine Farbe ist plötzlich verbannt worden: blau. Der Supermarktkonzern erklärt den Lesern der vornehmlich in Westdeutschland verbreiteten Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit kurz vor den Landtagswahlen im Osten, in ganzseitigen Werbeanzeigen, „warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht“. 

Zwischen Obst- und Gemüsefotos wird in mehreren Absätzen erläutert, weshalb blaue Lebensmittel schädlich seien. Die Evolution lehre uns nämlich, dass Blau keine gute Wahl sei, denn dies weise auf eine Unverträglichkeit hin. Darum solle man die „Warnhinweise“ richtig lesen und bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg für ein „verträgliches Miteinander“ sorgen.

 

 

Mit blau ist natürlich die AfD gemeint, die diese Farbe – wie Edeka übrigens auch – in ihrem Logo trägt. Dass Blaubeeren weiterhin Teil der Edeka-Vielfalt bleiben dürfen, begründen die Marketingspezialisten des Konzerns damit, dass diese angeblich gar nicht blau seien. Das sage jedenfalls die Wissenschaft, „und auf die sollte man ja bekanntlich viel öfter hören“.    

Dass Unternehmen meinen, sich in die demokratische Willensbildung einmischen zu müssen, liegt derzeit im Trend. So direkt wie Edeka hat dies allerdings bisher noch niemand versucht. Und die Kampagne scheint nun nach hinten loszugehen. Denn nicht nur Kunden und Lieferanten reagieren empört. In den sozialen Medien türmt sich eine Welle von Boykottaufrufen auf. Sondern auch innerhalb des dezentral und genossenschaftlich organisierten Unternehmens brodelt es gewaltig. Hat die Marketingabteilung mit dieser Kampagne den Bogen überspannt? 

Regionalgesellschaften waren nicht informiert 

Die Edeka-Gruppe wird von 3.600 selbstständigen Einzelhändlern getragen. Diese sind in sieben Regionalgesellschaften organisiert: Nord, Minden-Hannover, Rhein-Ruhr, Hessenring, Südwest, Nord- und Südbayern. Die Zentrale befindet sich in Hamburg, wo unter anderem Marketing- und Werbemaßnahmen geplant und durchgeführt werden. 

Nach Cicero-Informationen war keine der sieben Regionalgesellschaften in die Entscheidung der Zentrale, die politischen Werbeanzeigen zu schalten, eingebunden. Man sei erst an dem Tag, an dem die Zeitungsanzeigen erschienen sind, darüber informiert worden, heißt es. Eigentlich werde über wichtige Werbekampagnen gemeinsam entschieden. Mit dem Anti-AfD-Alleingang habe die Edeka-Zentrale wesentliche Unternehmensgrundsätze übergangen. 

Edeka-Händler distanzieren sich

Schon am Donnerstagabend distanzierten sich einige Marktbetreiber per Facebook von den Werbemaßnahmen ihrer Zentrale. In identischen Stellungnahmen lehnen vornehmlich Edeka-Einzelhändler aus dem Osten die Politisierung ihrer Dachmarke ab: Man sei kein Politiker, sondern Einzelhändler, und werde sich mit seinem Markt nicht in solche Themen einmischen.

 

 

 

Einige Betreiber sprechen von geschäftsschädigenden Maßnahmen und müssen sich zurzeit mit vielen Beschwerden sowie Anfeindungen auseinandersetzen. Auch die regionalen Pressestellen erfahren einen großen Ansturm an Empörung. 

Lob und Rückendeckung erhält Edeka hingegen von Grünen-Politikern wie der aus Thüringen stammenden Katrin Göring-Eckardt:

 

 

 

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