- De Maizière greift im Flüchtlingsamt durch
Das Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist mit der Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge offenbar nicht zufrieden. Sein Ressort ermahnt die Leitungsebene – und greift in den behördeninternen Zoff ein. De Maizière erwägt sogar, Amtschef Frank-Jürgen Weise eine eigene Vizepräsidentin an die Seite zu stellen
Die Idee von Frank-Jürgen Weise war eigentlich gar nicht so abwegig: Um den Berg an Asylanträgen in seinem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schneller abzutragen, wollte er Beamte häufiger in den Schichtdienst schicken – so wie Feuerwehrleute oder Krankenhausbedienstete. Überstunden, Feiertags- und Nachtdienste leisteten die BAMF-Mitarbeiter angesichts des Flüchtlingszuzugs zwar längst.
Nun aber ordnete Weise an, dass die Sonderdienste auch ohne die Beteiligung von Personalräten möglich sein müssten. Die Not ist groß: Der Flüchtlingsbehörde fehlen aktuell rund 2000 Asylentscheider.
Doch der Plan stieß auf massiven Widerstand der Arbeitnehmervertreter, zumal auch die Mitbestimmungsrechte der Schwerbehindertenvertretung und der Gleichstellungsbeauftragten ausgehebelt werden sollten. In einem offenen Brief hatten Personalräte bereits im November die Aushebelung von Arbeitnehmerrechten beklagt, auch die „Schnellschuss-Qualifizierung“ von Entscheidern. So wurden zahlreichen Personen ohne Beteiligung von Personalräten eingestellt. Der BAMF-Personalrat hat bereits drei Klagen vor dem Verwaltungsgericht Ansbach eingereicht.
Ministerium moniert Regelverstöße
Nun hat auch das Bundesinnenministerium die neuen Maßnahmen zur Mehr- und Schichtarbeit gerügt. In einem Schreiben des zuständigen Abteilungsleiters an den BAMF-Vizepräsidenten Michael Griesbeck, das Cicero vorliegt, heißt es, bei einer arbeitszeitrechtlichen Prüfung habe das Ministerium „Regelverstöße festgestellt“. Bereits Ende Februar sei das Bundesamt aufgefordert worden, mit dem Gesamtpersonalrat in Nachverhandlungen zu treten.
Dies ist offenbar nicht geschehen: Das Innenministerium hat Griesbeck in dem Schreiben vom 15. April erneut gebeten, diese Nachbesserungen „zu veranlassen“. Es verweist auf die „bereits übermittelten konstruktiven Vorschläge“ des Personalrates, der nach wie vor verhandlungsbereit sei. Man erhoffe sich bei der Einführung von Schichtbetrieb „eine einvernehmliche Lösung“.
Doch damit nicht genug. Thomas de Maizière greift noch weiter in die Führungsebene der Behörde ein. Sein Ressort sei bestrebt, angesichts der großen Herausforderungen „die Behörde bestmöglich für die Zukunft aufzustellen“, erklärte ein Sprecher auf Cicero-Anfrage. „Das gilt auch für die Führungsebene des BAMF.“ Demnach soll eine zweite Vizepräsidentenstelle beim BAMF eingerichtet werden, die auch zeitnah besetzt werden soll. Entsprechende konkrete Personalentscheidungen würden in den dafür vorgesehenen Verfahren getroffen, hieß es.
Mögliche Kandidatinnen: Uta Dauke und Jutta Cordt
Nach Cicero-Informationen sind mindestens zwei Kandidatinnen im Gespräch. Das wäre Uta Dauke, Referatsleiterin Organisation in der Zentralabteilung des Bundesinnenministeriums. Sie setzt sich seit langem für eine transparentere Verwaltung und den freien Zugang zu Regierungsdaten ein. Es heißt, sie soll ihren Dienstsitz weiter in Berlin haben und den neuen Posten im Mai besetzen. Als zweite Kandidatin für den BAMF-Vizeposten wird Jutta Cordt gehandelt. Sie ist Regionalchefin der Bundesagentur für Arbeit Berlin-Brandenburg. Würde sich diese Personalie durchsetzen, wäre das ein Punktsieg für Frank-Jürgen Weise: Sein Auftrag ist es, Arbeitsagentur und Flüchtlingsamt zu fusionieren.
Die Ernennung einer Vizepräsidentin wäre in jedem Fall ein Affront gegen den bisherigen BAMF-Stellvertreter Georg Thiel. Gegen ihn richtete sich auch der Zorn des Personalrates im vergangenen Herbst. Thiels Führungsstil war bereits in der Vergangenheit in die Kritik geraten, als er noch Präsident des Technischen Hilfswerkes war.
Das Ministerium äußerte sich zu den Personalien nicht. Es teilte lediglich mit, dass man davon ausgehe, dass „das Bundesamt bei allen Vorgängen – auch bei Fragen der Arbeitszeitflexibilisierung – rechtliche Vorgaben beachtet“. Auch die Bundesagentur und das Flüchtlingsamt wollten die Namen Dauke und Cordt nicht bestätigen.
Ob der Streit damit beendet wird, ist unklar. Im Moment gehen die Auseinandersetzungen nämlich zu Lasten derer, für die die Mitarbeiter doch eigentlich da sein wollen: die Asylsuchenden.
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