- Leberwurst im Glas
Für Wurst interessiert sich unser Genusskolumnist eigentlich nur am Rande. Aber wenn, dann soll sie auch richtig gut schmecken. Bei Leberwurst versucht er es deshalb manchmal mit eigener Herstellung. Die ist zwar recht zeitaufwendig, aber wem sie gelingt, der wird froh sein, nicht ins Supermarktregal gegriffen zu haben.
In der Regel esse ich äußerst selten Wurst, aber manchmal überkommt es mich. Vor allem auf richtig gute Leberwurst kann ich dann einen regelrechten „Jieper“ bekommen, wie man in Berlin früher sagte. Da kann man natürlich fündig werden, aber irgendwie fehlt für meinen Geschmack immer irgendwas, und was anderes ist zu viel.
Aber hier wird nicht gekrittelt und gemeckert, sondern zur Tat geschritten. Also reifte der Plan, es nach sehr langer Zeit mal selber zu probieren. Zumal Leberwurst im Vergleich zu anderen Wurstarten relativ einfach herzustellen ist. Vor allem für mich, denn ich verfüge über keinen Fleischwolf und keinen Wurstfüller – und habe auch nicht vor, derartige Geräte, die vielleicht ein- bis zweimal pro Jahr zum Einsatz kämen, zu kaufen. Die Grundzutaten für eine anständige Leberwurst im Glas kann man schließlich auch mit Küchenmaschine oder Blitzhacker in eine sämige, homogene Masse verwandeln.
Leberwurst braucht Bitternoten
Bei der Suche nach Zubereitungstipps fiel mir auf, dass Leber in fast allen Rezepten nur eine minoritäre Zutat ist, stattdessen jede Menge Fleisch und Speck. Gut, das mit dem fetten Speck leuchtet ein, irgendwie muss das ja auch anständig binden, wenn die Wurst einigermaßen streichfähig werden soll. Und Fett ist ja auch ein Geschmacksträger. Jedenfalls wollte ich eine Leberwurst, die zwar gut gewürzt ist, aber vor allem nach Leber schmeckt, mit den entsprechenden Bitternoten. Doch bei vielen Standardprodukten hat man das deutliche Gefühl, dass die für Menschen gemacht werden, die eigentlich gar keine Leber mögen.
Besagte Bitternoten unterscheiden sich deutlich, je nach verwendeter Leber. Lamm, Wild und Rind sind eher streng, Schwein irgendwie „medium“, Kalb und Geflügel milder. Ich habe mich für eine mittlere Variante entschieden: zu gleichen Teilen Lamm- und Kalbsleber und dazu noch ein Teil Grünen Speck. Für die Grundzubereitung ist es unerheblich, welche Leber man verwendet, für die Würzung allerdings nicht. Mehr oder weniger „verbindliche“ Regeln gibt es allerdings nicht, man sollte einfach seinem gustatorischen Gefühl vertrauen, und sich den gewünschten Geschmack vorab „ausmalen“. Die häusliche Herstellung ist recht zeitaufwendig. Man muss schon richtig Lust darauf haben, seine ganz individuelle Leberwurst im Glas zu haben, aber wenn diese dann gelingt, freut man sich, den profanen Griff ins Supermarktregal vermieden zu haben.
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Beim Würzen der Phantasie freien Lauf lassen
Und jetzt ans Werk! Leber von Häuten und Sehnen befreien und ein paar Minuten pochieren (Nicht kochen, das Wasser muss unter dem Siedepunkt bleiben). Anschließend in mittelgroße Stücke schneiden. Schwarte vom Grünen Speck entfernen und diesen auch in Stücke schneiden. Dann in der Küchenmaschine zu einer sämigen, glatten Masse hacken und verrühren.
Alles, was jetzt folgt, ist optional – außer vielleicht Salz und Pfeffer. Für die Bindung und Streichfähigkeit kann man etwas Schlagsahne, etwas Olivenöl und einen Löffel Agar-Agar hinzufügen. Aber beim Würzen kann man seiner Phantasie freien Lauf lassen. Hier nur eine kleine Auswahl aus dem Aroma-Füllhorn: Feingehackte, geschmorte Zwiebeln und Äpfel, ein Schuss Portwein, eingelegter grüner Pfeffer, Thymian, Majoran, Schnittlauch, Estragon, Knoblauch, Rosenpaprika. Estragon und, und, und…. Aber bitte nicht alles, denn dann schmeckt die Leberwurst wie die Reste eines eingestürzten Gewürzregals.
Es ginge auch anders, aber so geht es auch
Die gewählten Zutaten rührt man dann in der Maschine sorgfältig unter. Die Masse füllt man dann nicht ganz randvoll in sorgfältig mit heißem Wasser gespülte Einweckgläser, die fest verschließbar sein müssen. Die stellt man in einen großen Topf und übergießt sie mit heißem Wasser, die Gefäße müssen vollständig bedeckt sein. Dann werden sie eingekocht, ungefähr am Siedepunkt, ca. 90 bis 120 Minuten. Die Gefäße vorsichtig herausheben, langsam auf Zimmertemperatur erkalten lassen und dann in den Kühlschrank stellen. Wenn die Gläser ordentlich gespült waren und vor allem richtig fest verschlossen sind, hält sich die Leberwurst dort viele Monate. Geöffnete Gläser sollten jedoch binnen einer Woche verbraucht werden.
Ja, man kann das natürlich auch ganz anders machen. Aber so geht es jedenfalls auch. Und wenn Geschmack und Konsistenz nach dem ersten Versuch noch nicht vollkommen überzeugend sind, dann kennt man wenigstens die Stellschrauben, um das zu optimieren. Und eigentlich wollte mir ein Ex-Kollege ja mal seine „vegane Leberwurst“ zum Vergleich schicken. Hat er sich dann aber doch nicht getraut
Leberwurst im Glas nach Art des Hauses
Zutaten für einige deftige Brotzeiten
Grundmasse
200 g Kalbsleber
200 g Lammleber
200-250 g grüner Speck
50 ml Sahne
1 gehäufter Tl Agar-Agar
1 El. Olivenöl
Salz, Pfeffer
Würzzutaten
eingelegter grüner Pfeffer
Schnittlauch
Majoran
Estragon
(weitere optionale Möglichkeiten s. Text)
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lieber Herr Balcerowiak. Geben Sie dem ukrainischen Botschafter doch auch ein Glas für den Kanzler. Sollen die beiden doch eine zünftige Brotzeit abhalten, so schmeckt eine nicht beleidigte Leberwurst.
Vielleicht ein Glas davon als Amuse-Gueule in die Vilbeler Straße 29 nach Frankfurt schicken. Ich bin sicher Herr Melnyk würde sich über eine Leberwurst im Glas sehr freuen. Auch wenn diese nicht beleidigt ist;-)
gegriffen zu haben.".
Vorbemerkung: Unser Supermarkt macht eine Leberwurst im Glas, welche ganz ausgezeichnet schmeckt. Und sogar von unserer (gaumenverwöhnten ) Verwandtschaft in Österreich als Mitbringsel gewünscht wird.
Auf dem Land ist ja auch die Selbstschlachtung immer noch verbreitet. Jeder hat da so sein Geheimrezept und ich probiere von Hof zu Hof.
Aber ihr Rezept klingt von den Zutaten (außer Lammleber, von Babytieren esse ich nichts, nach einem Schock in früher Kindheit) auch sehr lecker.