- Stasi-Akten, Chorgesang, Gewalt
Prostitution in der DDR, das Leben in einem Bochumer Plattenbau und die Geschichte einer modernen Frau. In drei Neuerscheinungen dieses Monats prallen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander.
Sozialistische Piefigkeit
Das Leben muss doch mehr zu bieten haben als sozialistische DDR-Piefigkeit und erdrückende Enge! Und für dieses „mehr“, diese Sehnsüchte, für Geschenke, Devisen und Alkohol ist Uta bereit, sich zu prostituieren und als Inoffizielle Mitarbeiterin der Stasi auf der Leipziger Messe ausländische Besucher, aber auch Freunde und Bekannte „abzuschöpfen“. Wie sehr sie sich damit in eine Abhängigkeit begibt von einem zynischen, menschenverachtenden Apparat, der Prostitution gleichzeitig verfolgt und einsetzt, verdrängt sie zunächst.
Clemens Böckmann beleuchtet in seinem eindrucksvollen Romandebüt, in dem er Lebensbericht und Stasi-Akten verschränkt, ein besonders perfides Kapitel der DDR-Geschichte, in dem das Regime Kapital schlägt aus den Sehnsüchten vieler Frauen, die es jederzeit als vermeintlich „mannstoll“ und „asozial“ zerstören kann. Das liest sich in seiner dokumentarischen Art zwar manchmal spröde, aber in seiner sachlichen Nüchternheit auch schmerzvoll eindringlich und beklemmend. Ein Buch wie eine Ohrfeige für jeden Ostalgiker.
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Auf dem Alexanderplatz in Berlin gab es eben falls Mädchen, die ihre Dienste für Devisen angeboten haben, auch ohne Stasi. Beliebtes Reiseziel der Westberliner war Ostberlin, konnte man billig einkaufen (Intershop) und nebenbei als Krönung Liebesdienste in Anspruch nehmen. Für die harte D-Mark konnte man halt sehr vieles erwerben. Die Großstädte in der DDR boten ja günstige Gelegenheiten, denn nicht nur Geschäftsleute waren unterwegs, auch Studenten und Touristen aus dem kapitalistischen Ausland. Selbst in einigen Mietwohnungen fanden solche Art von Transaktionen statt. Die Verlockungen im Intershop waren einfach zu groß und wer Hilfskräfte beim Bau des Eigenheimes benötigte, zahlte vorzugsweise in D-Mark. Bei der Baumaterialbeschaffung lief es ähnlich ab. Der Schwarzmarkt blühte und mancher (mit Westbeziehungen) machte den großen Reibach.
Schön wenn sich jemand findet, bereit ist und versucht das Leben im Osten zu beschreiben.
Auf keinen Fall zurück in die Planwirtschaft!!!!!!