Eingang zum Landgericht Hamburg / dpa

Politisierte Justiz - Der Schöffe mit der falschen Meinung

Eine Richterin will einen Schöffen am Landgericht wegen Befangenheit seines Amtes entheben lassen. Er war nämlich Vorstandsmitglied der Partei „Bündnis Deutschland“. Erst das Oberlandesgericht stoppt sie. Nur eine Justizposse aus Hamburg?

Volker Boehme-Neßler

Autoreninfo

Volker Boehme-Neßler ist Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikations- recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Davor war er Rechtsanwalt und Professor für Europarecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und Medienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Berlin.

So erreichen Sie Volker Boehme-Neßler:

Vor einer großen Strafkammer des Landgerichts in Hamburg wird im Frühjahr gegen mehrere Angeklagte wegen Drogendelikten verhandelt. Die große Strafkammer besteht aus drei Berufsrichtern und zwei Bürgern als Schöffen. Ein normaler Prozess, wie er das tägliche Brot von Strafgerichten ist? Nicht ganz. Mehrere Angeklagte sind Türken, und ein Schöffe war Mitglied und Funktionär der Partei „Bündnis Deutschland“. Die Partei hat eine ganz dezidierte Meinung zu Migranten, die straffällig werden. In ihrem Europawahlprogramm heißt es: „Die steigende Kriminalität durch Zugewanderte ist einzudämmen…“ Und: „Straffällige Migranten sind schnellstmöglich zu verurteilen und unverzüglich auszuweisen.“ Für die Verteidiger ist das unerträglich. Sie lehnen den Schöffen wegen Befangenheit ab.

Befangenheit im Prozess

Befangenheit ist der schwerste Vorwurf, den man im Rechtsstaat einem Richter, auch einem Schöffen, machen kann. Der Rechtsstaat garantiert den Angeklagten einen fairen Prozess, in dem die Unschuldsvermutung bis zum Ende gilt. Dafür braucht es Richter, die unparteiisch, unvoreingenommen und ohne Vorurteile urteilen. Aber gibt es das überhaupt? Alle Menschen sind vorgeprägt. Sie haben in ihrem Leben Erfahrungen gemacht, die ihre Grundeinstellungen und Werte geformt haben. Kein Richter ist ein unbeschriebenes Blatt, wenn er in den Gerichtssaal kommt. Der Rechtsstaat fordert nicht das Unmögliche: Richter ohne jegliche Voreinstellungen. Er fordert von den Richtern und Schöffen aber eine innere Unabhängigkeit und Distanz zum konkreten Verfahren, damit sie möglichst unvoreingenommen und objektiv entscheiden können. Ein Richter, der etwa über Verwandte oder Bekannte entscheiden muss, hat diese Unabhängigkeit sicher nicht. 

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Achim Koester | Mi., 18. September 2024 - 18:12

Dass politisch unliebsame Personen, also solche, die nicht dem linken Spektrum zuzuordnen sind, ausgegrenzt werden, der Grund dafür dürfte im Marsch durch die Institutionen liegen.

Andreas Braun | Mi., 18. September 2024 - 18:32

...müsste jetzt die komplette Kammer wegen Befangenheit ausgetauscht werden.
Aber wer würde den Antrag stellen? Der selbst befangene Staatsanwalt? Und dass die rechtsstaatlich zweifelhaften Berufsrichter von selbst darauf kämen, kann ebenfalls nicht erwartet werden.
Was in Deutschland inzwischen alles Richter werden darf...
Man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.

Fritz Elvers | Mi., 18. September 2024 - 20:29

Antwort auf von Andreas Braun

war das „Bündnis Deutschland“ als Auffangbecken für ausgetretene AfD-Funktionäre gedacht, die von völkischen Parolen die Schnauze voll haben.

Der gärige Haufen (Gauland) muss sich noch finden.

Armin Latell | Do., 19. September 2024 - 15:18

Antwort auf von Fritz Elvers

alles wissen, Elvers, echt bemerkenswert. Aber wie Sie sehen, wird auch das nicht honoriert. Es ist doch nichts besser für Ihre Demokratie und Ihren Rechtsstaat, wenn alle, wenigstens mental, ein linksgrünes Parteibuch in der Tasche haben, mindestens aber die dazugehörige Haltung. Das passt bei ihnen. Sie machen ja dem Lenz Konkurrenz in intellektlosen Kommentaren. Respekt, Elvers.

Armin Latell | Mi., 18. September 2024 - 18:50

den Schöffen aus solchen Gründen entlassen zu wollen, zeigt, dass genau diese Personen, die die Wahrhaftigkeit, die Seriosität, die Unvoreingenommenheit ihr Eigen nennen, genau das Gegenteil dessen sind. Für mich haben diese Figuren, die sich als "gute" Richter glauben gerieren zu müssen, in Wirklichkeit, wenn vielleicht auch nicht offiziell, ein linksgrünes Parteibuch in der Tasche oder eine entsprechende Schranke im Gehirn. Ich stelle mir vor, ich wäre Schöffe und wäre dezidiert gegen Drogendealer, Mörder oder Vergewaltiger. Muss sich irgendjemand bei solchen Richtern noch wundern, wie manche Urteile "im Namen des Volkes" ausfallen? Gruppenvergewaltiger mit Bewährungsstrafen oder Therapieplätzen in psychatrischen Kliniken. Ich frage mich, was sich diese Rechtsbeuger einbilden. Die glauben sogar noch im Recht zu sein.

Im Namen des Volkes Urteile zu erlassen halte ich für eine Anmaßung.
Erlass von Urteilen im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung (Gesetze)..

Ich spreche Richtern, die innere Unabhängigkeit und Distanz -weil menschlich-ab. Insbesondere dann wenn sie parteilich gebunden sind. Wobei eine Parteizugehörigkeit zu den Grünen besonders problematisch ist.

Ingofrank | Mi., 18. September 2024 - 20:14

Da bin ich mal gespannt, wie die juristische Begründung aussieht um die von der AfD in Thüringen nominierte Landtagspräsidentin zu verhindern … mit dem Geschmäckle, dass genau diese nominierte Person, gegen das „CDU Gehacktesbrötchen“ Voigt, die Direktwahl im entsprechenden Landkreis gewonnen hat.
Aber irgend einen juristischen Trick, werden die „Wahlsieger der demokratischen Mitte“: an der Spitze der Wahlverlierer CDU, sich einfallen lassen da bin ich mir absolut sicher.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Gisela Hachenberg | Mi., 18. September 2024 - 20:39

Werter Herr Prof. Böhme-Neßler, ich lese Ihre Artikel immer mit großem Interesse. Gut, dass es Sie gibt, und dass Sie den Mut haben, Unbequemes anzusprechen, und für Laien verständlich zu erklären. Respekt! In der heutigen Zeit, wo viele mit dem Mainstream schwimmen, sind Menschen wie Sie mit Wissen und Expertise (leider) eine Ausnahme. Danke für Ihren Mut!

Tomas Poth | Mi., 18. September 2024 - 21:16

Das hat System! Das schließt nahtlos an Verhältnisse aus NS- und DDR-Zeiten an. Das Hans-OLG hat es wohl noch rechtzeitig genug gemerkt und korrigiert.

Maria Arenz | Do., 19. September 2024 - 10:51

Antwort auf von Tomas Poth

daß die Richter am OLG ein anderer Jahrgang sind und noch zu Zeiten studiert haben, in denen die "Formierung" der Studenten im Sinne von Deutsch-Rot-Grün noch nicht so verbreitet war.

Urban Will | Do., 19. September 2024 - 07:10

am Landgericht, sowie die Generalstaatsanwaltschaft aus ihren Ämtern entfernen.
Denn sie waren es, die klar gezeigt haben, dass sie den Begriff Neutralität in ihren Ämtern nicht kennen.
Man kann sich denken, wie „unabhängig“ sie urteilen, wenn von ihnen als „Rechtsradikale“ eingestufte auf der Anklagebank sitzen.

Dieses Land verkommt immer mehr zur Farce.
Wann endlich hört dieser dümmliche, unwürdige „Kampf gegen Rechts“, der in Wirklichkeit ein „Kampf gegen Nicht-Links“ ist auf???

Uli | Do., 19. September 2024 - 08:31

Man kann sich vorstellen, dass die kein Recht spricht. Ihr gehört das Amt entzogen.

Albert Schultheis | Do., 19. September 2024 - 10:09

Danke, werter Herr Boehme Neuer, dass Sie immer wieder den Mut finden, Ihren geschulten Finger in die schwärenden Wunden des Rechtstaats zu legen.
"Kein Richter ist ein unbeschriebenes Blatt, wenn er in den Gerichtssaal kommt." Er kann es nicht sein und es gibt auch Gründe dafür, dass er es nicht sein sollte! Denn wenn in einem Land wie unserem, statistisch unzweifelhaft nachweisbar, emotional fühlbar sowieso, zu erkennen ist, dass gewisse Gruppen überproportional zu extremen, die Gesellschaft schwerst belastende Straftaten verüben, dann kann, dann sollte auch kein Richter oder Schöffe als gänzlich "unbeschriebenes Blatt" in die Verhandlung gehen. Nichtsdestoweniger sind beide dazu angehalten, die vor ihnen stehenden Individuen, als solche, mit ihrer individuellen Würde als Menschen zu betrachten. Dh sie aufgrund der Beweislage anzuklagen, aber sie auch anzuhören, was sie zu ihrer Verteidigung vorzubringen haben.

Chris Groll | Do., 19. September 2024 - 10:21

Herr Boehme-Neßler, danke für diese Hintergrundaufklärung. So wie in Hamburg, wird es wohl an vielen Gerichten zugehen.
Herr Latell, Ihrem Kommentar stimme ich zu.

Hans Schäfer | Do., 19. September 2024 - 11:25

Unabghängigkeit und Distanz>>

eine Unabhängigkeit und Distanz bezogen -insbesondere- der Richterwahl für das BVerfG, halte ich für nicht gegeben.
In dem Wahlverfahren liegt die Gefahr der Unterlaufung der Gewaltenteilung, da es von einer gewissen Abhängigkeit geprägt ist. Insbesondere dann, wenn unsere aus z.Zt. 5 Parteien bestehende Parteienlandschaft, sich 4 gegen die einzige Opposition, mit der Behauptung, dass sie keine demokratische Partei ist, verbünden und dadurch ihre Richterkandidaten zu Ehren bringen.
Da ist die Forderung nach Distanz und Unabhängigkeit ein Geschmäckle.

Urteil wegen des Versagen des Vizepräsidentenposten für die AfD
§ 2 (1) S. 2 GO-Bt, "ist" jede "Fraktion" mit mindestens einen Vizepräs`in im Präsidium vertreten.
Dies wurde ihr mit Urteil BVerfG versagt, mit der Begründung, dass gewählt ist der Kandidat, der die Mehrheit der Mitglieder des BT erhält. "Alle" Afd`ler wurden abgelehnt = Bestrafung der "FRAKTION", dass ist Willkür, "alle"AfD´ler wurden abgele

Ronald Lehmann | Do., 19. September 2024 - 12:11

Weil angefangen mit Angelika Merkel

es KEINE VERANTWORTUNGS-ÜBERNAHME MEHR GIBT

KEINE KONSEQUENZEN 🔗🤳

geschweige öffentlich Reue, Sühne zu zeigen
um dann um Vergebung zu bitten

FEHLANZEIGE
in Sodom & Gomorrha benötigt dies keiner mehr

da es auch nicht mehr als Fundament jegliches Handeln die Liebe gibt

sondern nur die ANGST als einen jeden Tag neue Sau wird durchs Dorf getrieben

ersichtlich am Handeln der Sonnenkönigin Faeser
die immer noch Compact & die Opposition überhaupt

schikaniert, diffamiert & Rufschädigend agiert

& wo all unsere Eliten wie 1933/1961 das Maul halten
& den Kopf in den Sand stecken

um sich Stromlinien-& Chamäleon-Artig sich anpassen

statt das den Verbrechern KONSEQUENZEN drohen

die gibts nur für die Opposition => KONSEQUENZEN
& zwar die Rigorose

da schlägt das Gesetz mit aller Härte zu
ohne Erbarmen oder Vergebung

denn sowas gibt nur bei den Gutmenschen wie Antifa, Messerstecher, Correct oder eben

Politiker
die JENSEITS der DEMOKRATIE & RECHTSSTAATLICHKEIT_👹

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