Geschlossene Läden in Moskauer Einkaufszentrum
Wegen der westlichen Wirtschaftssanktionen geschlossene Läden in einem Moskauer Einkaufszentrum / picture alliance

Ukrainekrieg und Weltwirtschaft - Russland ist isolierter als es den Anschein hat

Immer wieder heißt es, die Sanktionen gegen Russland würden nichts bringen, weil Putins Staat international zahlreiche Unterstützer und Verbündete hätte. Doch das stimmt so nicht. Zwar gehört Russland weiterhin wichtigen Organisationen wie den Vereinten Nationen und der G20 an. Doch wird es seine imperialistischen Ambitionen durch sie nicht verwirklichen können. Ganz ohne den Westen geht fast nichts.

Autoreninfo

Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Er ist Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

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Russland wird den Krieg in der Ukraine nur gewinnen können, wenn die Unterstützer der Ukraine sich abwenden und die Ukraine ihrem Schicksal überlassen. Deshalb übt Russland enormen Druck auf die Unterstützerstaaten über Gas- und Getreidelieferungen sowie die Angst vor einem atomaren Gau ziviler oder militärischer Art aus. Denn Proteste in den europäischen Städten sollen Druck auf die dortigen Regierungen entfalten und so Russlands Ziele in der Ukraine unterstützen. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass dies aufgeht, denn die Stimmen, die ein Ende von Sanktionen und Waffenlieferungen und die Inbetriebnahme von Nord Steam 2 fordern, werden lauter: Für „Frieden“, „Wohlstand“, „Waffenstillstand“ – und Russlands erfolgreiche Aggression. 

Aber es ist nicht ausgemacht, dass es so kommt. Ein Aspekt, der dabei von Bedeutung ist, liegt in der realen und wahrgenommenen internationalen Isolation Russlands. Während diejenigen, die die Unterstützung der Ukraine rechtfertigen, darauf hinweisen, wie stark Russland schon jetzt von internationalen Märkten abgeschnitten und mithin isoliert ist, legen andere dar, dass doch mehr als die Hälfte der Welt politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Russland unterhält. Deswegen sei es sinnlos, Russland isolieren zu wollen. Es werde nicht gelingen. China und Indien werden an erster Stelle genannt; dann kommen ganze Kontinente: Afrika und Lateinamerika. Hat sich an Russlands internationaler Einbindung also durch die westliche Reaktion auf den Angriffskrieg wenig geändert, wie es die Teilnahme Putins am G20-Gipfel im November ausdrücken könnte? Oder ist Russland inzwischen international weitgehend isoliert?

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Ingo Frank | So., 21. August 2022 - 15:01

Es ist doch m.M. keine Frage, der Wirksamkeit der Sanktionen Russland gegenüber, sondern noch wichtiger ist, was die Sanktionen mit der EU und speziell mit Deutschland anrichten. Dies wird doch ausgeblendet und ist, was die Energiekosten betrifft, noch nicht bei den Bürgern angekommen. Das böse Erwachen erfolgt erst nach dem Winter 22/23.
Außerdem profitieren die Grünen NOCH mit ihrer Forderung, den Komplettausstieg aus fossilen Energieträgern, und alle benötigte Energie (trotz besseren Wissens) aus Wind + Sonne zu generieren. Aber da werden die physikalischen Gesetze diese Träumer auf den Boden der Realität noch früh genug zurückholen.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Martin Falter | So., 21. August 2022 - 15:50

die gewünschte Zusammenarbeit mit dem kleinen dicken gefährlichen Clown aus Nordkorea.

Na dann wünsche ich den Russen noch viel Freude im demnächst größten Gefängnis der Welt mit Namen Russland.

Albert Schultheis | So., 21. August 2022 - 17:58

Das hätten Sie wohl gerne so, Herr Jäger;
"Deshalb übt Russland enormen Druck auf die Unterstützerstaaten über Gas- und Getreidelieferungen sowie die Angst vor einem atomaren Gau ziviler oder militärischer Art aus." - Russland hat sich bisher nach meiner Wahrnehmung sehr zurückgehalten, was Drohungen bezügl. der Lieferung von Gas anbelangt - trotz der Lieferung von Waffen in die Ukraine und trotz einer unsäglichen Invektive gegen Russland und die Person Putins. Ganz besonders deutsche Amtsträger*:_Innen meinen da, mit den großen Hunden p***** gehen zu können, obwohl sie nicht nur in militärischer Hinsicht kaum ein Bein heben können. Und was die internationale Isolierung angeht, so steht derzeit kein Land so sehr im Abseits wie Deutschland, wenn es um die "Winterhilfe 2022/23" geht - obwohl wir doch so wunderbar vernetzt sind innerhalb der EU und der NATO. Unsere ziemlich besten Freunde um uns herum ergehen sich in schadenfroher Häme und zocken uns ab nach Str. u. Faden! Selbst schuld!

Christoph Kuhlmann | So., 21. August 2022 - 18:21

Insofern ergibt sich ein konkreter Nutzen für Putin. Beide Länder können auch bei Atomwaffen und Raketentechnik zusammen arbeiten. Als destabilisierender Faktor ist Nord Korea sicher zu gebrauchen. Zumal Japan in und Süd-Korea in der westlichen Friedenskoalition gegen Russland sind. Ich schätze die Lander in dieser Region haben diese Entwicklung mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Zudem bereitet Russland mit der Wagnergruppe in Mali und anderen Staaten Probleme. Man wird auch nach dem Krieg darauf achten müssen Russland durch Handelsaustausch nicht erneut zu stärken. Man kann nur hoffen, dass dieses Land wirtschaftlich so geschwächt wird, dass es nach und nach zerbricht. In den letzten zwanzig Jahren konnte es seinen Einfluss an vielen Grenzen ausbauen. Zumindest der Technologieexport sollte auch nach dem Krieg stark eingeschränkt bleiben. Alles andere besorgt der Mangel an echter Marktwirtschaft, fehlender Gewaltenteilung und Korruption.

Gerhard Lenz | So., 21. August 2022 - 18:51

zu einer blühenden Republik, dass er Sanktionen angeblich mehr oder weniger wegsteckt. Wobei die Betonung auf "angeblich" liegt. Es gibt mittlerweile Anzeichen, dass die Sanktionen durchaus wirken. Und was nutzen umfangreiche Bodenschätze und Energiereserven, wenn eine unfähige, korrupte Regierung das eigene Land zwar mit pathetischem Patriotismus zudröhnt, ansonsten die Menschen aber zunehmend in Armut vegetieren lässt?

Wenn, dann ist Russland nur bei den Militärausgaben in der Welt vorne mit dabei. Mit gleichfalls höchstens mäßigem Resultat: Beinahe jede Woche präsentiert Putin der Öffentlichkeit neue Wunderwaffen - natürlich begleitet von irgendwelchen Drohungen, die höchstens noch von seinen Anhängern im Westen aufgebauscht werden - man solle doch endlich Putins militanten Imperialismus als berechtigte Forderung verstehen.
Dabei zeigt nicht einmal der Überfall auf die Ukraine das erhoffte Resultat. Von wegen schneller Erfolg.

Putin? All mouth and no trousers.

... auch nicht entgangen sein dass die Sanktionen bei uns schon lange "durchaus wirken".

Russland bei den Militärsausgaben vorne dabei ?
Ich empfehle Ihnen folgende Lektüre:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-m…

Russland steht mit ca 66Mrd. auf Platz 5 ... während die Amis mit > 800 Mrd fast die Hälfte der Rüstungsausgaben der ganzen Welt tätigen. Und ausgerechnet die werfen Russland ein Wettrüsten/Hochrüsten vor ....

Auch der fünfte Platz ist für mich durchaus ein vorderer. Zumal man, was die Wirtschaftskraft angeht, durch die Bank weiter hinten liegt.

Nimmt man z.b. das Vermögen pro Kopf, liegt Russland an 70. (!) Stelle, noch hinter Bosnien oder Albanien.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Verm%C3%B6gen_…

Bei der Wettbewerbsfähigkeit liegt das Land - wegen seiner Bodenschätze - wenigstens an 38. Stelle. (Quelle: Global Competiveness Ranking).

Auch beim BIP, welcher die horrende Ungleichheit im Land unberücksichtigt lässt, liegt das Land nicht unter den ersten Zehn.

Was sagt uns das?

Dass im Kreml ein Machthaber herrscht, der, noch immer voll und ganz KGB-Agent, Kampf und Krieg wichtiger nimmt als wirtschaftliche Entwicklung und Fürsorge für sein Volk.

M. Bernstein | Mo., 22. August 2022 - 07:54

Manchmal habe ich das Gefühl, dass man wie das Pfeifen im Walde sich versichern will, dass man stärker ist und siegen wird.
Auch dieser Artikel beinhaltet einige "wenn". "Wenn", dann ja. Es ist aber nicht mehr so klar ob "wenn" tatsächlich eintritt. Alle Länder haben ihre Probleme, ob aber der Westen letztlich besser dasteht, steht in den Sternen.

Andre Möller | Mo., 22. August 2022 - 08:31

die sich in dem Text von Herrn Jäger breitmacht. Ich erinnere an die Reisen von Scholz, Macron und Blinken nach Afrika, wo sich alle drei blutige Nasen geholt haben. Und was der Dinge noch mehr sind. Westlichen Imperialismus gibts ja nicht. Regelbasiert? Zu wessen Gunsten? Nein, der Zug ist abgefahren. Kein Land, das sich selbst ernst nimmt, wird sein Schicksal mit dem Westen verbinden, es sei denn, es möchte sanktioniert werden, kujoniert werden und seine Souveränität an der Garderobe vom Weißen Haus abgeben. Russland wurde immer unterschätzt, so auch jetzt. Indien tut, was es für richtig hält und das Ergebnis wird Herrn Jäger nicht gefallen. China ebenso. Er unterschätzt die klammheimliche Freude im Rest der Welt, dass nun auch der Westen bezahlen muss für seine Arroganz, seine Überheblichkleit und die dümmlichen Belehrungen anderer.

Juliana Keppelen | Mo., 22. August 2022 - 10:35

und weiter, was haben wir davon? Oder nützt uns das was und wem nützt das? Uff Uff wir liegen am Boden aber hauptsache Russland geht auf den Knien? Wie pupertierende Jugendliche ich habe eingeschlagene Zähne und ein paar Knochenbrüche aber der andere hat noch ein paar blaue Flecken mehr Uff, Uff, Uff.