Lehrer betritt Lehrerzimmer
Nicht jeder Lehrer verfügt über natürliche Autorität / dpa

Burnout bei Lehrern - Auf die Persönlichkeit kommt es an

19 Prozent unserer Lehrer werden frühpensioniert. Hauptursache sind Burnout-Erkrankungen infolge permanenter Überforderung. Das Scheitern von Lehrern liegt häufig in ihrer Persönlichkeit begründet. Manche sind enttäuschte Idealisten - manche aber auch einfach nur schlechte Pädagogen.

Autoreninfo

Rainer Werner unterrichtete an einem Berliner Gymnasium Deutsch und Geschichte. Er verfasste das Buch „Fluch des Erfolgs. Wie das Gymnasium zur ,Gesamtschule light‘ mutiert“.

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Es gibt eine Krankheit, die man getrost als die Lehrerkrankheit schlechthin bezeichnen kann: das Burnout-Syndrom. Charakteristische Merkmale dieser Erkrankung sind körperliche und emotionale Erschöpfung gepaart mit anhaltender physischer und psychischer Leistungs- und Antriebsschwäche. Hinzu kommt der Verlust der Fähigkeit, „abzuschalten“ und sich nachhaltig zu erholen. Der Begriff „Burnout“ wurde 1974 von dem Psychoanalytiker Herbert Freudenberger geprägt. Ihm war aufgefallen, dass sich die Mitglieder sogenannter helfender Berufe, wie Ärzte, Pfleger, Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher, häufig in die Krankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung flüchten. Seine Untersuchungen entdeckten als Ursachen die besonders hohe Arbeitsbelastung, gepaart mit einem besonders intensiven persönlichen Engagement. Beide Aspekte führten zum „Ausbrennen“ des Energiespeichers, wie er es nannte. Die Analyse der für die Burnout-Patienten typischen Persönlichkeitsmerkmale brachte als Ergebnis, dass es sich bei den Personen um ursprünglich besonders motivierte, von Idealismus und humanistischen Idealen beseelte Menschen handelte. Offensichtlich haben es diese Menschen nicht geschafft, die Realität ihres beruflichen Alltags mit den Idealvorstellungen von beruflicher Erfüllung in Einklang zu bringen. Der Absturz in Verzweiflung und Depression war die Folge.

Auch unter den Lehrern gibt es viele Idealisten. Sie haben sich oft bewusst für diesen Beruf entschieden. Sie wollen sich nützlich machen, wollen der Jugend helfen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln, ihre beruflichen und persönlichen Lebensziele zu verwirklichen. Den Schülern gegenüber geben sie sich oft als Kumpel oder väterlicher Freund/mütterliche Freundin und sind bitter enttäuscht, wenn sie zurückgewiesen werden oder denselben Angriffen ausgesetzt sind, wie sie den weniger motivierten Lehrern entgegengebracht werden. Das empfinden sie als zutiefst ungerecht, weil sie ihr hohes Engagement nicht gewürdigt sehen. Hinzu kommt, dass sich diese Lehrer ständig von der Schulorganisation, von der Schulleitung, von der Schulbehörde oder von missgünstigen Kollegen bedrängt, „ausgebremst“ oder falsch verstanden fühlen.

Unerfüllbare Anforderungen

Der Lehrerberuf zeichnet sich dadurch aus, dass die unterschiedlichsten Anforderungen an den Lehrer gestellt werden, die sich mitunter sogar widersprechen. Die Schüler wünschen sich einen spannenden und interessanten Unterricht, die Eltern verlangen die optimale Förderung ihrer Sprösslinge und als krönenden Höhepunkt einen guten Schulabschluss. Die Schulleitung pocht auf professionelle Arbeit und überdurchschnittliches Engagement. Viele Lehrer fühlen sich durch diese Anforderungen bedrängt, unter Druck gesetzt und in ihrer Autonomie verletzt. Wenn sie es nicht schaffen, dieser Beziehungsfalle zu entrinnen, verlieren sie über kurz oder lang in ihrem Beruf den Kompass und in ihrem persönlichen Leben Maß und Mitte. Auch Ehe- und Beziehungskrisen oder Abstürze in den Alkoholismus wurden als Resultate eines Burnout-Prozesses schon beobachtet.

Die vom Burnout-Syndrom heimgesuchten Menschen werden heute in Spezialkliniken behandelt und wieder für ihren Beruf tauglich gemacht. Dies gelingt immer dann, wenn sie es schaffen, die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen beruflichem Ideal und schnödem Alltag zu schließen. Die Therapie zur Heilung ist also eine Art von Konditionierung, ein Arbeiten am Identitätskern der Betroffenen. Denn im Grunde handelt es sich beim „Ausgebrannt-Sein“ um ein Identitätsproblem. Mit einer flexibleren Ich-Identität ausgestattet, können die Lehrer, Pfleger, Erzieher sich erneut in den beschwerlichen Alltag stürzen, in der Hoffnung, in Zukunft den Ansprüchen – den eigenen und den fremden – besser zu genügen als zuvor.

„Höchststrafe“  mangelnde Akzeptanz

Es gibt allerdings eine zweite Gruppe von Lehrern, die in ihrem Beruf scheitert, für die es kein Krankheitsbild, keine Spezialklinik und keine medizinische Therapieform gibt. Es sind die Lehrer, die von den Schülern – aus welchen Gründen auch immer – abgelehnt werden. Viele Schulen gehen inzwischen dazu über, den Unterricht durch die Schüler bewerten zu lassen. Die Evaluation dessen, was bisher vor der Öffentlichkeit verborgen in den vier Wänden des Klassenzimmers vor sich ging, ist eine der größten Errungenschaften der modernen Schule. Sie deckt schonungslos auf, woran ein Unterricht krankt, und enthüllt, welche Lehrer bei dem, was sie tagtäglich tun, überfordert sind. Schüler erkennen schnell und sehr hellsichtig, wenn ein Lehrer versagt. In früheren Zeiten hieß es dann am elterlichen Mittagstisch, der Lehrer Müller sei „doof“, die Lehrerin Maier sei eine „Schlafpille“. Heute schaffen es die Schüler, in elaborierter Pädagogendiktion die Defizite ihrer Lehrer auf den Punkt zu bringen. Sie sagen, der Mathelehrer könne sie nicht motivieren, der Geschichtslehrer predige nur, anstatt sie an der Diskussion zu beteiligen, der Unterricht der Biologielehrerin sei konfus geplant. Diese Urteile benennen Mängel in der Unterrichtsplanung und -gestaltung, die man in den meisten Fällen durch eine freundschaftliche Beratung durch Kollegen beheben könnte. Eine solche solidarische Beratungskultur zu entwickeln, die sich die Verbesserung des Unterrichts zum Ziel setzt, sollte deshalb die Aufgabe jeder Schule sein.

„Höchstes Glück der Erdenkinder ist nur die Persönlichkeit“ (Goethe)

Schwieriger ist es dann, wenn ein Lehrer wegen seiner Persönlichkeit abgelehnt wird. Persönlichkeit kommt von dem lateinischen Wort „personare“. Es bedeutet „hindurchtönen“. Im antiken Theater spielten die Schauspieler mit Masken vor dem Gesicht. Was durch die Maske hindurchtönte, war die Persönlichkeit des Schauspielers. Damit ist nicht primär die Lautstärke seiner Stimme gemeint. Lautstarkes Auftrumpfen ist nie ein Ausdruck von Persönlichkeit. Gemeint ist die persönliche Note, die authentische Ausstrahlung des Lehrers, die sich auch noch im größten Getümmel des Unterrichts positiv bemerkbar machen. Die Psychologie nennt die Wirkung einer Person auf ihre Umgebung „Präsenz“. Zustande kommt sie durch den kontinuierlichen Strom von Worten, von Stimme und Bewegung – durch die Körpersprache insgesamt. Präsenz verkörpert die direkte Art und Weise, wie wir in der Welt physisch anwesend sind. Schüler erkennen, wenn sie mit einem neuen Lehrer konfrontiert sind, blitzschnell, um welche Art von Persönlichkeit es sich handelt: dominant oder unsicher, sympathisch oder eher nicht. Daraus leiten sie dann ab, wie sie mit der Person umgehen wollen: sie als Lernpartner anerkennend oder innerlich ablehnend.

Aus der Glücksforschung wissen wir, dass der Kampf um Anerkennung, wenn er erfolgreich ist, eine der nachhaltigsten Quellen des Glücks ist. Im Umkehrschluss kann man sagen, dass der erfolglose Kampf um Anerkennung der größte Verhinderer von Glück ist. Der Grund, weshalb ein Lehrer als Person abgelehnt wird, liegt oft in seinem Charakter, eben in seiner Persönlichkeit, begründet. Das macht Lösungen auch so schwer, ja fast aussichtslos, da es kaum noch möglich ist, im fortgeschrittenen Alter das eigene Wesen „umzukrempeln“.

Natürliche Autorität ist gefragt

Hier ist ein kleiner Exkurs über die Autorität vonnöten. Interessant ist hier ein Blick in das Lateinlexikon. Dort findet sich unter dem Stichwort „auctoritas“ ein breit gefächertes Feld deutscher Wortbedeutungen: „Rat, Ermächtigung, Vollmacht, Macht, Ansehen, Einfluss, Bedeutung, Vorbildlichkeit“. An der Fülle der Attribute kann man sehen, wie reichhaltig ein Charakter sein muss, wenn er Autorität ausstrahlen soll. Seit dem Erscheinen des Romans „Der Untertan“ von Heinrich Mann kennt man den vielleicht typisch deutschen Hang, den Begriff Autorität auf reines Machtgehabe, auf pompöse Wichtigtuerei zu verengen. Die Studentenbewegung von 1968 hatte es sich deshalb zu einem ihrer Anliegen gemacht, diese hohlen Autoritäten zu hinterfragen, d.h. auf ihren wahren, meist nichtigen Kern zurückzuführen. Schon Theodor Fontane sah – wie ein Streitgespräch in seinem Roman „Frau Jenny Treibel“ zeigt – den Missbrauch, aber auch den Verfall von Autorität heraufziehen. Andererseits erblickte er aber auch die Chance, der hochtönenden Amtsautorität, die letztlich eine geborgte ist, die echte, nämlich die aus dem Wesen gespeiste Autorität entgegenzusetzen. Diese natürliche Autorität nennen wir heute gerne Charisma, positive Ausstrahlung. In einem Dialog des Romans meint der optimistische, fortschrittsgläubige Schmidt, „an die Stelle dieser veralteten Macht [der hohlen Autorität] [sei] die reelle Macht des wirklichen Wissens und Könnens getreten.“ Dieser reinen Fachautorität gegenüber pocht der Traditionalist Distelkamp auf die Fortdauer der natürlichen Autorität: „Das Entscheidende bleibt doch immer der Charakter; nicht der eitle, wohl aber der gute, ehrliche Glaube an sich selbst. (...) Und ohne Glauben an uns und unsere Sache keine rechte Lust und Freudigkeit, und auch kein Segen, am wenigsten Autorität.“ In diesen hellsichtigen Worten des alten Fontane liegt das ganze Geheimnis der Anerkennung des Lehrers durch seine Schüler begründet. Er wirkt nur dann als natürliche Autorität, wenn er über eine positive Ausstrahlung verfügt, wenn er den Glauben an sich selbst und seine Sache wirklich glaubhaft vermittelt. Denn nur, wer von sich selbst überzeugt ist, kann andere überzeugen. Und das Wesen des Lehrerberufs ist die Überzeugung: für den Lernstoff, für eine anregende Lernkultur, für ein kameradschaftliches Miteinander in der Klasse, für soziales Engagement innerhalb und außerhalb der Schule. Wenn dem Lehrer dieses wichtige Mittel der Beeinflussung nicht zur Verfügung steht, befindet er sich nahezu auf verlorenem Posten.

Wer eigene Kinder hat, dem wird das Geheimnis erfolgreicher Lehrer nicht verborgen bleiben. Oft erzählen die Kinder zu Hause, dass sie für den Mathelehrer „durchs Feuer gehen würden“, weil er so „cool“ sei. Dem Deutschlehrer hingen sie an den Lippen, weil er „super“ über alte Zeiten und „komische“ Dichter erzählen könne. Und der neue Kunstlehrer sei „total sympathisch“ und ein echter Künstler. Hinter diesen jugendsprachlichen Wendungen des Lobs verbirgt sich nichts anderes als die oben beschriebene „natürliche Autorität“ oder – modern gesprochen – die charismatische Persönlichkeit. Sigmund Freud, der große Seelenerkunder, schrieb in seinen Jugenderinnerungen: „Ich weiß nicht, was uns stärker in Anspruch nahm und bedeutsamer für uns wurde, die Beschäftigung mit der uns vorgetragenen Wissenschaft oder die mit den Persönlichkeiten unserer Lehrer, und bei vielen führte der Weg zu den Wissenschaften nur über die Person des Lehrers“ (Sigmund Freud: Zur Psychologie des Gymnasiasten, 1914). Im Grunde könnte man den humanistischen Ur-Spruch „Non scholae, sed vitae discimus“ (Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir) umwandeln in den Slogan: Nur für die guten Lehrer lernen unsere Kinder. 

Charisma kann man lernen

Die Psychologie beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit der Frage, was denn eine charismatische Persönlichkeit ausmacht, wie die magische Anziehungskraft entsteht, mit der z.B. ein Barack Obama oder eine Lady Diana ihre Mitmenschen in ihren Bann ziehen bzw. zogen. Anhand von Versuchen mit Testpersonen fanden die Wissenschaftler heraus, dass es vor allem die kommunikative Kompetenz ist, die sie befähigt, bei ihren Mitmenschen die Saiten zum Schwingen zu bringen. Dazu gehört auf der einen Seite die passende Wortwahl, auf der anderen Seite eine vertrauenerweckende Körpersprache. Interessant ist das Fazit der Forscher: Emotionale Intelligenz und kommunikative Intelligenz lassen sich üben und dadurch verstärken. Für Lehrer ist das eine tröstliche Botschaft, weil sie ihnen vermittelt, dass sich die anfängliche Ablehnung durch eine Schulklasse durch beharrliches Arbeiten an der eigenen „Performance“ abmildern, ja vielleicht sogar in Respekt und Anerkennung umwandeln lässt.

Pestalozzi definierte die erzieherische Wirkung der Pädagogen schlicht als Ergebnis von „Liebe und Vorbild“. Unter Liebe würden wir heute Zuwendung, Empathie verstehen. Und im Vorbild erkennen wir wieder eine der Wortbedeutungen des Wortes „auctoritas“. Da Amtsautorität heute den Lehrer nicht mehr stützen kann, bleibt ihm nur die andere, die mit der Persönlichkeit des Erziehers verknüpfte Form übrig. Der Lehrer, der über Sachkompetenz und Einfühlungsvermögen gleichermaßen verfügt, wird in seinem Beruf selten scheitern. Dass sich trotz widriger Bedingungen an vielen unserer Schulen immer noch so viele Lehrer „durchbeißen“ und ihren Beruf erfolgreich ausüben, liegt also vielleicht doch an ihrem Charakter, der ein Sich-Verbiegen und Verbogen-Werden nicht zulässt. Das ist ein tröstlicher Befund.

Eigensinn schafft gute Pädagogen

Um im Lehrerberuf erfolgreich zu sein, braucht man eine gehörige Portion Eigensinn, eine Mission für das Erzieherische, für die Formung junger Charaktere. Es verblüfft einen immer wieder, wenn man Jahre nach dem Abitur ehemalige Schüler von einem Lehrer schwärmen hört, der mit ihnen „so manchen Strauß ausgefochten“ hat. Gerade dieses ständige Ringen um die Persönlichkeit der jungen Menschen hat dem unbequemen Lehrer die verspätete Anerkennung seiner Schüler eingebracht. Erst als Erwachsene haben sie verstanden, die Zumutungen des Lehrers als eine Form von Zuwendung, ja mitunter auch Zuneigung zu interpretieren. An die glatten und stromlinienförmigen Lehrer können sie sich später kaum noch erinnern. Auch die belletristische Literatur ist voll von Lehrern, die durch Eigensinn, Hartnäckigkeit und Konfliktbereitschaft aus der Masse der Angepassten herausragen.

In Bezug auf die Lehrerausbildung stellt sich die Frage, wie man in Zukunft verhindern kann, dass junge Menschen sich für den Lehrerberuf entscheiden, den sie später als quälend und erniedrigend empfinden müssen, weil ihnen die nötige Anerkennung durch die Schüler nicht zuteilwird. Dies ließe sich nur dann ausschließen, wenn in die akademische Lehrerausbildung ein ganzjähriges intensives Praktikum (Praktisches pädagogisches Jahr) an einer Schule eingebaut wäre. Das Unterrichten vor Ort, der Umgang mit den Schülern aller Altersstufen und die Beratung durch erfahrene Lehrer gäben dem jungen Menschen mit Sicherheit die Rückmeldung, die er braucht, um sich endgültig diesem schönen Beruf zuzuwenden oder ohne Gesichtsverlust eine ganz andere berufliche Entscheidung zu treffen.

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helmut armbruster | Mo., 7. Februar 2022 - 15:41

Lehrer in meiner Bekanntschaft.
Und es ist immer dasselbe: Ein Dauergejammere voller Selbstmitleid. Ich weiß nicht, vielleicht bin ich die geborene Klagemauer und sie jammern deshalb bei mir?
Jedenfalls ich höre immer nur jammern und klagen.
Und wenn ich nachfrage, dann stellt heraus, dass sie nur Ihre Lehrer- und Beamtenwelt kennen, dass sie sich nicht einmal vorstellen können was für einen Stress ein Manager oder Betriebseigentümer jeden Tag bewältigen muss.
Verglichen damit sind die Lehrersorgen nur Peanuts! Denn - im Unterschied zu diesen Leuten - kennen Lehrer nicht einmal
Existenzsorgen. Und egal welche Fehler sie machen, das Gehalt, und später die Pension, werden weiter bezahlt.
Was für ein Unterschied zu Selbstständigen! Bei denen rächt sich jeder Fehler und jede falsche Entscheidung kann in den Ruin führen. Das ergibt zusammen eine nervliche Belastung, welche m.M.n. den Lehrerstress bei weitem übertrifft.

Ingofrank | Mo., 7. Februar 2022 - 15:55

Lehrer!
Aber Spaß beiseite. Meine Mutter hat noch 1944 ihr Lehrerstudium in Erfurt begonnen und war dann als „Neulehrer“ ab 46 bis zur Rente 1987 als Lehrer tätig. Somit kann ich den „Lehrerberuf“ vor und nach 1989 ganz gut beurteilen. Ich selbst wurde 1960 mit über 40 kindern aus meinem Dorf eingeschult. Durch Unzug der Eltern blieben bis zur 8. Klasse gut 35 Schüler übrig. 2. ! Schüler blieben sitzen und 3. ! ! Schüler konnten auf Grund ihrer Leistungen zur EOS = Abiturstufe gehen. Somit erreichen rd. 30 Schüler Abschluss Klasse 10 und 3 Schüler mit Abitur. Und alle erreichten einen Berufs- (mit 10. Klasse) bzw. einen Diplom- Abschluss ( 12. Klasse)
Anders gesagt, man hätte das Bildungssystem der DDR ideologisch entrümpeln und übernehmen sollen samt der Qualifikations und Weiterbildungsmaßnahmen für die Lehrer. Die Frage nach qualifizierten Arbeitskräften od. gar nach Ruf von „Goldstücken“ wäre heute mit diesen wirtschaftlichen Möglichkeiten kein Thema.
Mit f. G a. d. E. Repubk.

Hätte es früher geheißen.

Ja, was sind Inhalte & wie werden diese gefüllt, um vor allem junge Menschen für diese selbst zu formen?

Grundvoraussetzung aber ist Disziplin - SELBSTDISZIPLIN! (an sich selber & kein abgerichteter ..... wie oft in Diktaturgebilden).
Und wo wird diese Fachrichtung noch gelernt bzw. erklärt?
Meine Großmutter wie Mutter sagten immer zu mir: " was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr".

Aber - es geht schon los (& dies in beiden Richtungen) - KRITIK!
Darf man dies heutzutage überhaupt? Wenn ja, wie & in welcher Form & an wem?

Wenn ich mir verantwortliche Menschen in der Macht anhöre - egal in welchen Lebensbereich, weil Leben eben auch immer lernen bis zur Bahre bedeutet - habe ich so meine Zweifel, dass die hervorgebrachte Kritik (auch wenn diese un-berechtigt ist) den Empfänger motivieren wird, sich alles nochmal zu überdenken &/oder wie man es besser machen könnte?
Oder ob überhaupt eine falsche Motivation vorliegt & die Beruf-ung nicht erfüllt?

Romuald Veselic | Mo., 7. Februar 2022 - 18:04

aber auch einfach nur schlechte Pädagogen."

Das ist so, wie mit dem Ochsen, der vergessen hat, dass er mal ein Kalb war.

Es "könnte" auch anders sein, denn jeder Lehrer war zuerst Schüler. Und sein Schülersein war anders, als das seiner Schüler, die er jetzt, als Lehrer, vor sich hat.

Im Realsozismus zu meiner Schülerzeit, waren manche Lehrer keine Pädagogen, sondern Monster, die wie als primitive Feinde angesehen haben.

Was ich im Artikel vermisse, ist die eventuelle Frage: Und was ist mit den Schülern? Es ist schon so weit in D, dass die Schüler besser/klüger/erfahrener sind als die Lehrer?
Ein Nobelpreis für den besten Schüler wäre dann fällig.

Andersherum, wenn man sich umhört, dass das heutige Schulwesen in D braucht nicht mehr Lehrer, sondern Affendompteure.

Tomas Poth | Mo., 7. Februar 2022 - 19:04

Oder ganz einfach schlapp machen, weil man nicht mehr kann, weil man überfordert ist oder auch mangels Eignung besser etwas anderes machen sollte. Das ist nicht nur Lehrerschicksal, das findet sich in allen Berufen!
Das war auch schon beim Steinzeitjäger so! Einige sind halt geschickter als andere und die weniger geschickten haben dann ein Problem (Burnout).
Ja, das fühlt sich "scheiße" an!
Aber wie viele Untüchtige können sich die Tüchtigen leisten, bis die überfordert sind und der ganze Laden in sich zusammen kracht?
Also nicht Jammern und auf Kosten anderer auf das Bärenfell legen, sondern ran an das Geschäft, notfalls auch mit einem motivierenden Tritt in den Hintern. Das nennt sich gesunde Härte oder wie es ex BP R. Herzog nannte, sich einen Ruck geben.
Dieses schneeflöckige, es ist ja alles so ungerecht und anstrengend das müssen doch allen anderen verstehen, daß ich das nicht kann - na gut, dann sieh zu wie du klarkommst aber rechne nicht mit mir, nicht die Bohne! Vamos!

Christa Wallau | Mo., 7. Februar 2022 - 20:15

an einer oder auch an verschiedenen Schulen - das wäre wirklich eine gute Sache, um in der Lehrerausbildung eine Vorauswahl bei den Kandidaten treffen u. so manche Fehlbesetzung verhindern zu können.
Dieses praktische Jahr müßte bereits am Beginn jedes Studiums stehen, das gezielt auf den Lehrerberuf ausgerichtet ist. Eine gute fachliche, methodisch-didaktische u. psychologische Ausbildung muß dann natürlich folgen, aber das Wichtigste ist, daß der junge Mensch von Anfang an weiß, was in der Praxis täglich auf ihn zukommt.
Dafür wären allerdings auch erfahrene Tutoren bzw. Begleiter notwendig, die einen Blick dafür besitzen, ob sich junge Frauen u. Männer zum Umgang mit den Schülern u. zur Vermittlung von Lerninhalten eignen oder nicht.

Allerdings sehe ich da ein großes Problem:
Ob man überhaupt genügend Leute fände, die sich den stressigen Lehreralltag antun wollen, wenn sie mit ihrer ausgeglichenen u. vielseitigen "Persönlichkeit" anderswo ihr Geld leichter verdienen können?

Ernst-Günther Konrad | Di., 8. Februar 2022 - 08:13

Das Burn out Syndrom ist in allen Arbeitsbereichen inzwischen zu finden und sicher nicht zu unterschätzen. Es stellt sich mir nur die Frage, ob die Lehrer heute durch ihre eigene betreute Erziehung bis zur Uni, je nach Elternhaus der Biss fürs Leben, die Anstrengung, das reale Erkennen von Leistungsanspruch an ihren Beruf, um nicht zu sagen der Blick zur Berufung fehlt? Meine Tochter ist Lehrerin. Ja, die werden inzwischen ganz schön gefordert und haben Stress. Aber das haben andere auch. Liegt es nicht auch am Elternhaus, wo diesen Lehrern bereits von Kindes Beinen an alles abgenommen wurde, sie selbst durch Helikoptereltern nie gelernt haben, sich dem Lebensalltag mit all seinen Facetten zu stellen?
Liegt es vielleicht auch an ideologischer Verblendung zu glauben, alles und jedem im Schulalltag helfen zu können? Liegt es nicht auch am System Schule, das keine Leistung und Disziplin mehr abverlangt? Meine Tochter ist Lehrerin, sie hat sicher Stress, aber auch gelernt damit umzugehen.

gabriele bondzio | Di., 8. Februar 2022 - 10:51

ist sozusagen eine wichtige Voraussetzung für den Lehrer-Beruf. Genauso wie die psychologische Kenntnis von der Entwicklung und Persönlichkeit von Kindern.

Teilweise lässt aber schon die Ausbildung von Grundschullehrern viel zu wünschen übrig. Dazu kommt zweifellos das ganze politisch-animierte Reformbedürfnis. Was gestern gültig war, muss nun ganz anders vermittelt werden.

Und wenn das ganze abgekühlte-soziale Miteinander in der Gesellschaft betrachtet wird. Ist dies auch sicher nicht an der Schule spurlos vorbeigegangen.

Bernd Muhlack | Di., 8. Februar 2022 - 18:55

Nur eine Anmerkung zum Bild.

Auf der Zimmertür muss es "Lehrer_:innenzimmer" heißen.

Schöne Woche

Es muss nicht so heißen, es könnte. Offensichtlich hat bei der Beschriftung dieser Tür noch die Vernunft gesiegt.

Walter Bühler | Mi., 9. Februar 2022 - 13:39

Im Idealfall sind Schüler und Lehrling daran interessiert, etwas zu lernen, und umgekehrt wollen Lehrer und Meister etwas von ihrem Können an Schüler und Lehrlinge vermitteln.

Zum Berufsleben eines Meisters gehört aber, dass er auch ohne Lehrling oft praktiziert: er betätigt sich immer wieder selbst auf dem Gebiet, das er unterrichtet.

Bei vielen Lehrern habe ich den Eindruck, dass diese Praxis, diese Eigenaktivität im eigenen Fach fehlt. Gewiss kann das ein wenig durch Fortbildung ausgeglichen werden, aber die lässt den Lehrer oft in einer passiven Rolle.

Herr Werner, selbst ein guter Lehrer, der über "Sachkompetenz und Einfühlungsvermögen" verfügt, muss deshalb wirklich dagegen kämpfen, dass seine eigenen Sachkenntnisse allmählich zur bloßen Kenntnis von gewissen Schulbuchtexten verkümmern. Nur wenn das verhindert wird, können die gemeinsamen Bemühungen von Schülern und Lehrer um den Stoff Aussicht auf Erfolg haben.

Jeder Lehrer nimmt in jedem Jahr als Prüfling im Abitur teil?