Olaf Scholz
Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD und Bundesminister der Finanzen, isst eine Portion Currywurst nach dem zweiten TV-Triell / dpa

Kulinarik in der Politik - Von Saumagen und Currywurst

Cicero hat die Spitzenkandidaten der Parteien nach ihren gastronomischen Vorlieben befragt. Das Ergebnis: Laschet lobt den Brokkoli-Auflauf seiner Frau, Scholz schätzt Labskaus und Teltower Rübchen, Lindner hält Essen für Privatsache. Worauf hat sich diese Republik kulinarisch vorzubereiten?

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Sag mir, was du isst – und ich sag dir, wer du bist.“ Dieser fast 200 Jahre alte Aphorismus des französischen Gourmets und Schriftstellers Jean Anthelme Brillat-Savarin ist aktueller denn je. Essen und Trinken sind längst nicht mehr nur notwendige Nährstoffaufnahme oder geselliger Genuss, sondern werden als Teil des eigenen Wertekanons oder gar als politisches Statement verstanden. Kettenrauchende Bundeskanzler wie Ludwig Erhard und Helmut Schmidt wären heute kaum noch vorstellbar. Die von Schmidt bevorzugten Menthol-Zigaretten sind mittlerweile EU-weit verboten. Bier-, Wein- oder schnapsselige öffentliche Auftritte, wie sie etwa von Franz Josef Strauß, Willy Brandt und Gerhard Schröder überliefert sind, passen ebenfalls nicht mehr in die politische Landschaft. 

Doch nicht nur mehr oder weniger gefährliche Rausch- und Suchtmittel sind im Visier der Ernährungspolizei, sondern auch alltägliche Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Eier, Brot und Obst, wo es dann um Klimabilanz, Spritzmittel, Antibiotikarückstände, Haltungsbedingungen und Herzinfarktrisiken geht. Deutschland ist nicht nur ein Volk von Millionen Bundestrainern und Virologen, sondern auch von Ernährungswissenschaftlern und Klimaforschern. 

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Rob Schuberth | Di., 21. September 2021 - 12:03

#Ironie off#

Was für ein Thema.
Wen int. denn schon wer welches Essen lieber mag und wer nicht.

Was für ein überaus hohes Niveau doch der Cicero-Leserschaft hier geboten wird # Respekt #

Urban Will | Di., 21. September 2021 - 12:21

feststellen: Der Autor, der ein Buch über „Heuchelei“ und „Desinformation“ verfasst hat, unterschlägt hier mal eben so nebenher, dass es noch eine sechste Partei gibt, die im BT sitzt und Spitzenkandidaten hat.
Nun denn.
Meinungsmache von links ist offensichtlich immer gut, nie heuchlerisch oder desinformierend...

Interessant: Frau Baerbock grillt gerne das „CO²- schädliche“ (oh Gott...) Fleisch auf Holz. Zumindest noch im Mai. Jetzt zu feige, Position zu beziehen... Aber interessant auch der Zusatz: „Jeder kann essen, was er will...“
Warum sagt sie das? Für jeden Normaldenkenden braucht es einen solchen Satz nicht.
Steckt das „Verbieten“ schon so in ihr drin, dass sie immer wieder betonen muss, etwas nicht verbieten zu wollen? Verbindet sie also im tiefsten Inneren ihre eigene Partei selbst schon mit „Verbotspartei“?
Unabhängig davon: Sie glaubt ja an die in Verboten steckende „Innovationskraft“
Also: Her mit dem Fleischverbot, schafft Innovationen im Bereich Veggie. Passt doch

Sie hätten interpretieren sollen, lieber Herr Will, das die Grünen die Parole ausgegeben haben: "Jeder kann NOCH essen, was er will!" Wenn die Grünen am Ruder sind, dann nicht mehr, dann gibt es wie bei AH bald auch den "Eintopftag". Natürlich wegen der Klimaverbesserung und so...
Eine Zusatzfrage: Sie sind nicht, nein, Sie können ja nicht mit Frau Will verheiratet sein? Die ist ja von der anderen Fraktion...

Urban Will | Di., 21. September 2021 - 13:43

Antwort auf von Klaus Funke

ich bin nicht mit Anne Will verheiratet (auch nicht verwandt)... Schon die Vorstellung lässt mich grausen...

Sie haben Recht, Anne bevorzugt die „andere Fraktion“.
Dies aber auch politisch. Die ist grüner als grün... Und wie ich ticke, werden Sie aus meinen Beiträgen heraus hören.

Was aber kein Hindernis wäre, ich erinnere mich gerne zurück an die alten Zeiten, an meine „linken“ Freundinnen, die damals aber immerhin noch in der Lage waren, zu diskutieren und nicht der „Cancel – Culture“ hörig waren.
Das war spannend und kurzweilig. Sogar romantisch... oh wie altmodisch...
Aber in heutigen Zeiten, wo betreutes Denken und Gesinnungsgehorsam herrschen, „muss“ man sich die Partner schon genau aussuchen, sonst ist man schnell weg vom Fenster.
Der Mainstream schaut da schon genau hin, v.a. bei Prominenten (bin ich gottseidank nicht)
Aber eine „tolle Demokratie“ und „das beste Deutschland, des es je gab“ sind wir natürlich schon, gelle?

...zu ihrem Hinweis auf die 6.Partei im Bundestag und deren Spitzenkandidaten. Im Artikel steht, dass dieser sich auf diejenigen Spitzenpolitiker beschränkt, die möglicherweise an der nächsten Regierung beteiligt sein werden. Auf die AfD trifft das definitiv nicht zu. Ich weiß daher nicht, was das mit "Meinungsmache von links" zu tun haben soll....

Bernd Muhlack | Di., 21. September 2021 - 15:07

Armin Laschet ist wirklich kein Rheinländer!
Ich komme mir insoweit wie ein Don Quijote vor, welcher chancenlos gegen dieses hartnäckige Gerücht ankämft!

Qua Dietmar Bartsch bin ich positiv überrascht:
Kohlrouladen!
Prima - gleichwohl mag ich diese Kommunisten nicht!
Laschets Thunfischpizza ist okay, mit dem Broccoli-Auflauf seiner Frau kann man mich jagen!
Um es mit Dr. Alfred Biolek zu sagen: "Ich esse fast alles, außer Broccoli - brrr!"

Der Rest ist mir egal.

Noch fünf Tage ...
"Seit 05:45 wird zurück geschossen und seit 18:00 ausgezählt!"

Ingofrank | Di., 21. September 2021 - 16:08

im Wahlkampfgedöne für diesen, für mich sehr unterhaltsamen Artikel, sagen.
Ich mußte schon mehrfach schmunzeln beim lesen.
Im übrigen auch bei Ihrem Hinweis auf „ Himmel & Erde“ = im südthüringischen „Blutkuchen“ nicht mit Apfelmus sondern Sauerkraut und während meiner NVA- Zeit als „tote Oma“ bezeichnet. Da meine Oma lange Jahre in Bonn lebte, meine Mutter dort geboren wurde, ist mir H & E ein Begriff. Im übrigen das Apfelmus aus Gravensteiner Äpfeln und die Blutwurst von nordthüringer Privatfleischer als ungeräucherten
„Kittel“ verlangen. Den Kartoffelbrei aus der roten Sorte „Laura“ dazu ein frisches Pils.
So gibt es H&E bei uns zu Hause .

Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Heidemarie Heim | Di., 21. September 2021 - 18:20

stehe ich also dem "Öcher Schängche;)" Laschet mitunter am nächsten. Über "Kompes" und Brokkoli müssten wir uns am besten bei einem gemütlich gepafften Zigarillo danach zwar noch etwas unterhalten, aber ansonsten käme man klar miteinander;). Besonders was den Thunfisch betrifft, dem einzigen Fisch, den ich aufgrund einer
Grätenphobie in der Lage bin zu verzehren nach zweimaligem Beinaheersticken in der Kindheit. Aber auch die linken Kohlrouladen, am besten wie sie meine Mutter machte üben ihren Reiz aus;)Und Sie haben recht lieber Herr Balcerowiak, man würde viel besser am Büffet des Lebens miteinander zurecht kommen, wenn man jeden und jedermanns Geschmack toleriert, anstatt ideologisch verbohrt seine Küche als ultimativ zu erachten.
PS: Gestern erzählte ein Koch Gorbatschows eine Anekdote zu Kohl, der weil Diabetiker unter Aufsicht von Hannelore stand, wie dieser früh morgens noch in Nachtzeug bei ihm in der Küche am Personaltisch saß und heimlich Würstchen und anderes verschlang;).

Sabine Lehmann | Mi., 22. September 2021 - 01:51

Abgesehen von den gut zueinander passenden eindimensionalen politischen und kulinarischen Vorlieben der aktuellen Protagonisten, bleibt nach Abschluss der deutschen Corona-Politik in den Gaststuben dieser Republik auch sowieso nicht mehr viel an kulinarischen Genüssen übrig, außer Currywurst und Kartoffelsuppe. Denn die Gastro ist am Ende. Wer Einblick hinter die Kulissen hat, weiß das.
Zum allgemeinen deutschen Dilemma und der abgewirtschafteten Anspruchslosigkeit des typischen deutschen Lemmings könnte es keine passenderen „Beilagen“ geben! Passt schon.