Brennende Öltanks im Jemen / picture alliance

Israelischer Luftwaffeneinsatz gegen die Huthis - Warnung an Teheran

Ein Militäreinsatz im Jemen soll Teheran daran erinnern, dass die meisten iranischen Großstädte in Reichweite israelischer Kampfflugzeuge liegen. Die Aktion erhöht jedoch das Konfrontationsrisiko zwischen den USA und Iran.

Autoreninfo

Kamran Bokhari ist Experte für den Mittleren Osten an der Universität von Ottawa und Analyst für den amerikanischen Thinktank Geopolitical Futures.

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Israelische Kampfflugzeuge brauchten am 21. Juli knapp drei Stunden für die 1800 Kilometer lange Strecke zu ihrem Ziel in der jemenitischen Hafenstadt Hodeidah. Die Operation, die als Vergeltung für einen tödlichen Drohnenangriff der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen auf Tel Aviv gedacht war, sollte offiziell iranische Waffenlieferungen an die im Jemen ansässige Gruppe unterbrechen. Da es sich jedoch um einen der reichweitenstärksten Angriffe handelte, die Israel je durchgeführt hat, wurde auch der Einsatzradius der israelischen Luftwaffe (IAF) demonstriert.

Teheran wurde im Zuge dessen daran erinnert, dass es und die meisten iranischen Großstädte in der Reichweite der IAF liegen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich der Iran davon abschrecken lässt, und er erwartet sogar, dass eine begrenzte Eskalation der Konfrontation mit Israel strategische Vorteile mit sich bringt. Diese Dynamik bedroht jedoch ernsthaft die Bemühungen der Vereinigten Staaten um eine Stabilisierung der Region und erhöht somit die Risiken einer militärischen Konfrontation zwischen den USA und dem Iran.

Eine Drohne aus dem Jemen

In den mehr als neun Monaten seit dem Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen haben die Huthis etwa 200 Drohnen und Raketen auf Israel abgefeuert. Die meisten wurden abgefangen, und der Rest war nicht bedeutend genug, um die Aufmerksamkeit des israelischen Militärs vom Gazastreifen oder den Gefechten geringer Intensität mit der Hisbollah entlang der libanesischen Grenze abzulenken. 

Am 19. Juli schlüpfte jedoch eine Drohne aus dem Jemen durch die israelische Luftabwehr und schlug in einem Wohnhaus in der Nähe einer Außenstelle der US-Botschaft ein, wobei ein israelischer Staatsbürger getötet und ein Dutzend weitere verletzt wurden. Ein offizieller Sprecher der Huthis erklärte, dass es sich bei der Drohne, die bei dem Angriff eingesetzt wurde, um einen neuen Typ handelte, der die israelische Abwehr umgehen kann. Das israelische Militär vermutet, dass es sich um eine Samad-3 aus iranischer Produktion handelte, die aufgerüstet wurde, um ihre Reichweite zu erhöhen.

Die Raffinesse der israelischen Operation 

Der Angriff der Huthi kam für die israelische Führung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Premierminister Benjamin Netanjahu steht unter wachsendem nationalen und internationalen Druck, einem Waffenstillstand zuzustimmen und die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln sicherzustellen. 

Unterdessen drohen die ständigen Zusammenstöße zwischen Israel und der Hisbollah sich zu einer zweiten Front auszuweiten, die wahrscheinlich auf Syrien und sogar den Irak übergreifen würde. Vor diesem Hintergrund war Israel der Ansicht, man könne nicht zulassen, dass ein weiterer iranischer Stellvertreter es aus einer dritten Richtung angriff, ohne zurückzuschlagen. Zwei Tage später griffen israelische F-15- und F-35-Kampfflugzeuge Ölraffinerien, Luftwaffeneinrichtungen und andere Ziele in und um den jemenitischen Hafen Hodeidah am Roten Meer an.

Die Raffinesse der israelischen Operation, bei der eine unbekannte Anzahl von Flugzeugen zum Auftanken, Sammeln von Informationen und zur Rettung eingesetzt wurde, wird Teheran nicht entgangen sein. Die Botschaft, die von ihr ausgeht, ist, dass Israel immer noch an mehreren Fronten kämpfen und sogar iranischen Boden angreifen kann – etwas, das es vermieden hat, nachdem der Iran am 13. April in einem beispiellosen Direktangriff Hunderte von Drohnen und Raketen auf Israel abgefeuert hatte

Entscheidend ist, dass die USA und andere Verbündete Israel dabei geholfen haben, sich gegen dieses Sperrfeuer zu verteidigen, und sich bei der israelischen Regierung dafür eingesetzt haben, keine direkten Vergeltungsmaßnahmen gegen den Iran zu ergreifen. Nach Angaben israelischer Beamter wurden die Luftangriffe auf Hodeidah ohne Beteiligung der USA durchgeführt, obwohl Washington im Voraus darüber informiert wurde.

Die USA haben die Huthi-Rebellen in ihrem Fadenkreuz, seit sie im Dezember 2023 eine multinationale Koalition gebildet haben, um Handelsschiffe im Roten Meer vor ihren Angriffen zu schützen. Doch trotz ihres Bündnisses mit dem Iran wäre es für die Huthis (offiziell als Ansar Allah bekannt) das große Ziel, ihr Territorium im Jemen weiter nach Osten und Süden auszudehnen, insbesondere bis zum Hafen von Aden, und schließlich die unangefochtene Herrschaft über das Land zu übernehmen. 

Um den Widerstand ihrer einheimischen Rivalen zu überwinden, von denen viele mit Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten verbündet sind, orientieren sich die Huthis an den Plänen der Hisbollah. Wie die libanesische Gruppe hoffen die Huthis, dass sie mehr Jemeniten auf ihre Seite ziehen und ihre Stärke ausbauen können, indem sie ihre Glaubwürdigkeit innerhalb des antiisraelischen Widerstands stärken und zumindest den Anschein erwecken, dass sie sich mit den Palästinensern solidarisch zeigen.

Irans Stellvertreternetz

Unter den Stellvertretern Irans in der arabischen Welt sind die Huthis aufgrund ihrer Präsenz an der Schnittstelle zwischen dem Roten und dem Arabischen Meer von besonderem Wert. Diese Lage ermöglicht es der jemenitischen Gruppe, die internationale Handelsschifffahrt in Gebieten zu stören, durch die bis zu 15 Prozent des weltweiten Handels laufen. Langfristig könnte ein von den Huthis kontrollierter Jemen als wichtiger Vorposten für den Iran dienen, der Ambitionen hat, eine Hochsee-Kriegsmarine aufzubauen. Kurzfristig könnten anhaltende Zusammenstöße zwischen Israel und den Huthis zur Destabilisierung von Irans Erzrivalen Saudi-Arabien beitragen, das sich um ein Abkommen mit Israel bemüht, damit sich beide Länder gemeinsam auf ihren gemeinsamen Gegner in Teheran konzentrieren können.

In jahrzehntelanger Arbeit hat der Iran ein Netz von Stellvertretern aufgebaut, die Israel aus vielen Richtungen angreifen können. In der Gewissheit, dass Israel weder seine Stellvertreter vollständig besiegen noch einen anhaltenden Krieg mit der Islamischen Republik direkt führen kann, beabsichtigt der Iran, Israels Stärke an seiner Nord- und Südflanke zu schwächen. Teheran hofft, dass dadurch auch die arabischen Staaten geschwächt werden und die Region möglicherweise für seinen Einfluss anpassungsfähiger wird.

Auch wenn diese Aussicht in weiter Ferne liegt, wäre dies ein Albtraumszenario für Washington. Die USA verfügen über weitaus mehr Mittel als die Israelis, um den Iran an der Verwirklichung seiner Ziele zu hindern, aber viele ihrer Aktionen in der Region seit 2001 haben Teheran zum Vorteil gereicht. Die Herausforderung für die nächste Regierung besteht darin, einen Weg zu finden, den Iran entschieden in die Defensive zu drängen.

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Albert Schultheis | Mo., 29. Juli 2024 - 16:22

Die Huthis greifen den internationalen Schiffsverkehr an, beschießen unbewaffnete Handelsschiffe - das wäre eigentlich Sache internationaler Behörden, der UN zB. Aber diese Organisationen sind reihenweise von der Islam-Lobby infiltriert und längst wertlos geworden. Israel hat mW niemals etwas gegen die verbrecherischen Huthis unternommen, trotzdem wurden sie von denen angegriffen. Damit hat Israel jedes Recht, die Huthis dahin zu befördern, wo sie keinen Schaden mehr anrichten können. Hoffentlich mit der Unterstützung der USA.
Aber alles das sind auch indirekte Folgen des von den USA angezettelten Ukrainekrieges - so wie die ethnische Säuberung Bergkarabachs. Erst jetzt erkennen die Imbezilen im Weißen Haus, was sie mit diesem Krieg angerichtet haben. Viel gefährlicher ist die bevorstehende Strafaktion Israels gegen die Hisbollah im Libanon, besonders auch nach dem iranischen Drohnenangriff. Auch dort muss Israel ein starkes, aber abgewogen Zeichen setzen, das auch der Iran kapiert.

Die größte Sorge macht mir persönlich, dass jetzt auch noch Erdogan
beginnt, mit dem Säbel zu rasseln. Sind denn jetzt alle ver...kt geworden.

Bei dem großen türkischstämmigen Bevölkerungsanteil hier bei uns,
kann das alles ja demnächst noch viel schlimmer werden.

Von unseren führenden Regierungsvertretern werden wir auch keine
klaren Entscheidungen bekommen, da sie entweder urlauben oder
durchweg mit der Schadensbegrenzung ihrer eigenen Fehltritte
ausgelastet sind. Ob sie überhaupt dazu in der Lage wären, ist noch
eine ganz andere Frage, alles spielt sich nun außerhalb der Blase ab.

MfG

Albert Schultheis | Mo., 29. Juli 2024 - 22:23

Antwort auf von Volker Naumann

Der GröFaZ der Türken ist verschlagen und er spielt seine Karten klug aus. Siehe Bergkarabach! Das war ein despotisches Meisterstück! Unter den Augen der Nato. Und keiner im Werte-Westen riskiert eine Lippe. Die infantilisierte feministische Außen:Minister:In schon garnicht. Aber Putin die Beine wegschlagen! Es ist einfach nicht zu fassen. Man kann nur hoffen, dass die Israelis besonnen vorgehen - aber vorgehen müssen sie. Auf deutsche Staatsraisonnierer können die nicht warten, die können nicht mal einen Eimer Wasser umtreten.
Mittlerweile sehe ich den "Fuck the EU!"-Krieg der USA als die nächste Urkatastrophe. Und die Verblödung in Deutschland übertrifft bei weitem selbst die Schlafwandler von 1914 wie auch die Lebensraum-im-Osten-Eroberer von 1939. Man kann sich nur möglichst weit fernhalten von dieser heimtückischen Köterrasse.

Da bin ich ganz bei Ihnen werter Herr Schultheis, Israel muß besonnen
reagieren, aber wir sollten nie vergessen, alles, was die Isreaelis
"abfangen" kommt nicht zu uns durch. Bergkarabach war eine Schande
für den Westen. Armenien ist genau so ein christliches Bollwerk aber
leider auch nicht das erste Mal verraten worden.

MfG

Heidemarie Heim | Mo., 29. Juli 2024 - 18:21

Am Pulverfass Nahost. Da ein Massaker an Israelis, am Wochenende während wir Brot und Spiele abhalten und über queere Aufführungen eines blauen Bacchus vor bunter Abendmahlkulisse ereifern, dort eine vom Iran importierte Rakete der Hisbollah auf Fußball oder Sonstiges spielende Kinder und Jugendliche. Und wieder schreien alle Richtung der Betroffenen: "Jetzt ja nicht zu eskalieren und schon gar nicht gleiches mit gleichem zu vergelten." Warum rufen diese ganzen Iran-Huthi-Hisbollah-und Hamas-Versteher verdammt noch mal nicht im Iran, Libanon, Jemen oder Gaza in den Terroristen-Zentralen an oder fahren am besten persönlich hin und reden mal ganz diplomatisch ein ernstes Wort über deren kultivierten Umgang mit dem Leben ihrer eigenen Leute und dem israelischer Zivilisten? Denn diese Dreckskerle wissen doch genau, dass es von israelischer Seite darauf nur eine Antwort geben kann und die heißt Verteidigung, Auge um Auge oder Untergang des so in die Mangel o. Zange genommenen Landes. MfG

Helmut Bachmann | Di., 30. Juli 2024 - 12:15

des 21. Jahrhunderts hat bereits begonnen. Aber die Faschisten bekommen noch Deckung von Woken und anderen Antisemiten. Dazu kommen die üblichen Mitläufer, Naiven und Ignoranten. Bisher wurden alle, die sich dagegen wehren verraten, derzeit Israel. Naja man könnte sagen, auch die Völker der westlichen Welt werden indirekt verraten im Kampf gegen Messer, Vergewaltigung und um die eigene Kultur. Katastrophal.