Der Rote Platz in Moskau / picture alliance

Das putinische System - „Der russische Staat ist ein Menschenfresser“

Dmitry Glukhovsky floh aus Angst vor politischer Verfolgung aus Russland. Im Interview spricht der Autor über das putinische System, die Entwicklungen in der Ukraine und die Zukunft seines Heimatlandes Russland.

Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

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Der gebürtige Moskauer Schriftsteller Dmitry Glukhovsky ist einer der prominentesten Putin-Gegner aus der russischen Kulturszene. Seit Jahren warnt der 43-Jährige vor dem Weg seines Landes in den Totalitarismus. Am 7. Juni des Jahres 2022 wurde er vom russischen Staat zur Fahndung ausgeschrieben. Seine weltweit übersetzte „Metro“-Trilogie (Heyne Verlag) spielt nach einem Atomkrieg in der Moskauer U-Bahn. 

Herr Glukhovsky, Sie sind nicht nur ein weltbekannter Schriftsteller, sondern auch einer der wortmächtigsten Kritiker Putins aus der russischen Kulturszene. Aus Angst vor politischer Verfolgung sind Sie aus Russland geflohen und leben seither im Exil in Westeuropa. Wie fühlt es sich an, die eigene Heimat verloren zu haben?

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Jens Böhme | So., 5. Januar 2025 - 15:57

"In Russland wurde meine Wohnung beschlagnahmt." - Weiter brauchte ich nicht lesen, um das derzeitige Rechtssystem in Russland zu verstehen. Vermutlich wurde Glukhovsky auch als Subjekt und/oder Element bezeichnet. DDR-Sozialisierte kennen noch solch Duktus.

Christoph Kuhlmann | So., 5. Januar 2025 - 21:45

Sie sind nicht in der Lage, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Menschen, deren Arbeit wertvoll ist, verlassen das Land, um nicht von den korrupten Schmarotzern ausgesaugt zu werden, welche die Macht des Diktators sichern. Was macht der Diktator, um beliebt zu sein? Er bietet dem Volk den Nationalismus als Ersatzreligion. Jeder Russe ist ein Übermensch, ups, das war Adolf. Aber im Grunde geht es immer um dasselbe. Dem oft gequälten Staatsvolk, dem man keinen Wohlstand liefern kann, ein elitäres Bewusstsein zu vermitteln. Solange ein Großteil der Verluste ethnische Minderheiten aus den Weiten Russlands und Schwerverbrecher betrifft, geht das. Putin hatte ca. 200 Milliarden EUR in der Kriegskasse. Die sind bald aufgebraucht. Der Boom des ersten Jahres wurde durch die Nachfrage der Armee ausgelöst. Dieselbe Nachfrage verursacht nun eine galoppierende Inflation. Die guten alten Lebensmittelmarken werden eingeführt. Wie sagte Bert Brecht doch? Das Fressen kommt vor der Moral!

G. Lenz | Mo., 6. Januar 2025 - 09:56

Der russische Bär kann es nicht, hat es nie gelernt. Und wenn mal ein einigermaßen Vernünftiger - siehe Gorbatschow - die Geschicke des Riesenreiches lenkt, muss er zwangsläufig ins Stolpern geraten. Denn Russland ist ein Land, das, so scheint es, nur in der tatsächlichen oder drohenden Auseinandersetzung eine gewisse - wenn auch fragwürdige - Bedeutung erhält.
Ausgestattet mit massiven Bodenschätzen, wäre eine Entwicklung hin zu breiterem Wohlstand und einer angemessenen Rolle auf Weltmärkten und politischer Bühne nach Ende des Sowjetsystems möglich und wünschenswert gewesen. Stattdessen ist ein Tiefpunkt in der Geschichte des Landes eingetreten, begleitet von innenpolitischer Grabesruhe. Der Begriff "Obervolta" mit Atomwaffen macht deutlich, wie Russland heute einzuschätzen ist. Kein Wunder: An der Spitze des Staates sitzt ein völlig unqualifizierter, ewiger KGB-Spitzel, der Stärke nicht durch wirtschaftliche Entwicklung zu zeigen vermag, sondern nur durch Krieg.
Armes Russland!

Obervolta war einst franz, Kolonie. Russl./SU hat sowohl die franz. als auch die dtsch. Invasion, letztere auch mittels brutalster Industriealisierung in den 30-iger Jahren, Wahrnahme vitaler Sicherheitsinteressen (Hitler-Stalin-Pakt; Besetzung der Baltenrepubliken; Winterkrieg gegen Finnland) und militär. Hilfe der US+GB abgewehrt und kämpft aus seiner und der Sicht anderer Staaten und Politiker gegen den Ausbau der US-Hegemonie, vorgetragen auch in Gestalt der NATO-Osterweiterung. D dürfte nunmehr aufgrund der erheblichen US-Bindung vor einem großen Dilemma stehen: Verbrannte Beziehungen zu Moskau und offene US-first-Politik auch auf Kosten bisheriger Verbündeter.
Die Folgen franz. Kolonisation waren auch in Obervolta nicht "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und sind am prägnantesten in Haiti zu besichtigen.
Der Konkurrenzkampf imperialistischer Staaten, einige davon sich als "Demokratien" bezeichnent, läuft wie schon vor vielen Jahren vorausgesehen u. kann in der Barbarei enden.

U.P.Witzens | Mo., 6. Januar 2025 - 10:25

Der Autor schreibt: "Das Leben im urbanen Russland ist prächtig, solange du keinen einzigen kritischen Ton von dir gibst.“ Wenn das entgegen aller westlichen Berichte, die vom Zerfall und Niedergang Russlands berichten, so ist, verwundert es nicht, dass die urbane Elite, aber anscheinend auch die Mehrheit der Russen, den Ukraine-Krieg befürwortet. Zumal der Westen mit seiner NATO-Osterweiterung ein Bedrohungs-szenario aufgebaut hat und somit für ein perfektes Feindbild sorgt.
Die Verfolgung des Autor wegen seiner Regimekritik (so dass er ins Exil gehen musste) ist eine verdammenswerte menschrechtswidrige Praxis, aber typisch für autoritäre Regime. Der Autor liefert interessante Einblicke in die russische Mentalität – allerdings aus der subjektiven Perspektive eines verfolgten Dissidenten. Den russischen Staat als menschenfressendes Monster zu bezeichnen, ist eine originelle Metapher und mag die Stalinzeit zutreffen, ist aber spätesten seit Gorbatschow von der Realität weit entfernt.

Romuald Veselic | Mo., 6. Januar 2025 - 10:26

Wenn man in die RUS-Geschichte eintaucht, kann man Horror-Literatur als Entspannung-Belletristik betrachten.

Anderseits, diese "barbarische Brutalität" war in bestimmten Epochen erforderlich, um nackt zu überleben, wenn man die Mongolen- & Tatarenstürme erfasst, sowie der Kampf gegen die Osmanen, Persien und Khanate in Sibirien u Mittelasien. Als "Folge-Lehre" nach dem Untergang der Byzanz, wo man feststellte, dass mit bestimmten Gegnern, nicht auf Dauer verhandeln kann/soll - Tribut/Vasallentum. Man muss sie vernichtend schlagen, was nur dann möglich ist, wenn man mit Menschen-Naturen disponiert, die das bewerkstelligen können. Mit "West-Moral" ist's nicht möglich - siehe Deutschland nach 2015.

Dieses Handeln übernahm auch VR China, siehe Xinjiang-Provinz. Wodurch gewisse Klientel chronisch kuscht und hinter dem Zaun bleibt. 😈

Detlef Beck | Mo., 6. Januar 2025 - 13:39

war lange Zeit im Inneren der SU "beschäftigt" und auch deshalb kein "Experte" für internat. Bez. und Geopol. etc. Als ein solcher hätte er die NATO-Osterweiterung vertraglich ausschließen müssen. Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, war er am Ende seiner Tage kein "Putinkritiker".

Detlef Beck | Mo., 6. Januar 2025 - 13:42

Immerhin können Sie sich ja mit dem designierten US-Präsidenten trösten.

Klaus Funke | Mo., 6. Januar 2025 - 15:07

sind des CICERO unwürdig. Muss man nicht lesen. Man weiß, was drin steht. Aber keine Angst. Demnächst dreht sich der Wind, obwohl Deutschland das letzte Land sein wird, dass neue Trends mitbekommt. Wenn man dann noch liest, wer dem Artikel zustimmt, weiß man, dass CICERO auch eine Insel für ewig Linksdrehende bleiben wird. Und damit ist CICERO eben auch ein Magazin, dass rechts blinkt und links fährt. Schade.

Es klingt so düster endgültig. Können Sie das "demnächst" zeitlich präzisieren?

Wissen Sie was, ich glaube das nicht, was Sie da posten u scripten.

Wen wollen Sie damit erschrecken? Warm-Pump-Groupies? Oder die übrigen 70 Geschlechtern (nach M/W) die man im "Westen" erfand?

Sven G. | Mo., 6. Januar 2025 - 16:24

Veronika, die Lenzpumpe ist - pünktlich zum Thema - da …

Wenn man die Hälfte der Kommentare gelesen hat, weiss man welches Geistes Kind …

Ihr neuer faustischer Held - der B-Videospiel-Autor - als Verdrängung und Alibi für die ererbte Schmach der Singulären Deutschen Verbrechen - wird als Erlöser und nützlicher Gefolgsmann gefeiert.

Mit welcher Westdeutschen Euphorie, Dank der Tagespolitik, wieder - der “Übermensch”, noch verbal, - über dem “Untermenschen” “triumphieren” kann, ist gelinde gesagt schon nicht mehr *-phob - sondern offen chauvinistisch bzw. rassistisch.

Das herrschaftliche Vokabular, die erniedrigenden Vergleiche, - Erinnerungen werden wach.

PS
Wikipedia: Victor Klemperer, LTI

“Er kommt zum Ergebnis, dass die Sprache in der Zeit des Nationalsozialismus die Menschen weniger durch einzelne Reden, Flugblätter oder Ähnliches beeinflusst habe als durch die stereotype Wiederholung der immer wieder gleichen, mit nationalsozialistischen Vorstellungen besetzten Begriffe.”

Albert Josef Schultheis | Mo., 6. Januar 2025 - 17:00

„Der russische Staat ist ein Menschenfresser“ - Super! So kennen wir doch den Iwan seit über 100 Jahren - primitives, verrohtes, kulturloses und arbeitsscheues Volk. Und das jetzt zu hören aus dem Mund eines "der prominentesten Putin-Gegner aus der russischen Kulturszene" - das passt natürlich in die kriegsbegleitenden Kampagnen des Mainstreams, nicht nur in Deutschland.
Ja, Russland ist im Krieg! Und es ist für die Russen ein Krieg um ihr Recht, so zu leben wie sie es wollen - als ein souveränes Volk, das selber über seine Geschicke entscheiden will - und besonders über seine begehrten Rohstoffe - ohne die großkotzige Übernahme und Vereinnahmung durch die Oligarchen in Washington, die gemäß der geopolit. Rezeptur eines Brzeziński glaubten, sich einfach holen zu können, was ihnen zusteht: die Ukraine und dann Asien! - Dumm gelaufen! Wieder ein Scheißkrieg der USA verloren für den verblödeten Westen. Mit den gewohnten verheerenden Folgen. Man hört auch viele positive Töne aus Russland!

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