Milorad Dodik und Aleksandar Vucic auf der Allserbischen Versammlung, 08.06.2024 / picture alliance

Sicherheitspolitische Lektion für Berlin und Brüssel - Der CIA-Direktor fährt nach Bosnien

Während die EU in jahrzehntelangen Mühen die bosnischen Serben nicht von ihren Sezessionsplänen abbrachte, reüssiert der amerikanische Auslandsgeheimdienst mit einer Mischung aus Pragmatismus und Druck.

Autoreninfo

Alexander Rhotert forscht als Politikwissenschaftler zum ehemaligen Jugoslawien seit 1991. Er war 20 Jahre für UN, Nato, OSZE, OHR und EU tätig, zumeist zur Friedensumsetzung auf dem Westbalkan. Als Oberstleutnant und Interkultureller Einsatzberater der Bundeswehr arbeitete er zu Kosovo und Bosnien und Herzegowina. 
 

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Seit Jahren hält der bosnische Serbenführer Milorad Dodik den Westen mit der Drohung in Atem, den serbisch dominierten Teil von Bosnien und Herzegowina, die Republika Srpska (RS), abzuspalten und Serbien anzuschließen. Viel von dem, was europäische und amerikanische Diplomaten und Politiker immer wieder aufschreckte, ist bekannt, wie die Aufstellung und Ausrüstung von paramilitärischen Einheiten und Sonderpolizeiverbänden als Nukleus eigener Streitkräfte, vorbei an der gemeinsamen, multiethnischen Armee Bosniens. 

Doch Anfang Juni unternahmen Dodik und sein Hauptverbündeter, der serbische Präsident Aleksandar Vučić, konkrete Schritte, um den jahrzehntelangen Plan eines Großserbiens auch staatlich-politisch in die Tat umzusetzen. Der in Belgrad verabschiedete Plan der „Allserbischen Versammlung“ sieht koordinierte Aktivitäten vor und wurde von internationaler Seite verbal scharf verurteilt. Allerdings hat nur Washington bisher finanzielle Sanktionen erlassen, die insbesondere Dodik und seine Clique unter Druck gesetzt haben. Doch in Brüssel blieb man, wie so oft, passiv und konnte sich nicht einigen. Genau wie 1991, als bei Kriegsausbruch in Kroatien der damalige luxemburgische Außenminister Jacques Poos vollmundig verkündete: „Dies ist die Stunde Europas.“   

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Tomas Poth | Mo., 2. September 2024 - 14:44

Am Balkan hat sich schon so mancher verhoben. Man denke nur an das Attentat von Sarajevo, die Zündung zum ersten Weltkrieg.

Der Balkan ist gleichzeitig christlich-muslimisches Minenfeld. Der Zusammenbruch des muslimisch-osmanischen Reiches auf dem Balkan ist gerade etwas mehr als 100 Jahre her.

Dieser Konflikt wird durch muslimische Massenmigration nach Europa in anderer Form neu aufgelegt. Nicht durch Heere, sondern durch Unterwanderung und Aushöhlung. Die EU kneift in jeder Form, weicht dem Konflikt aus. Sie muß unabhängig von den USA diesen Konflikt einhegen.

Keppelen Juliana | Mo., 2. September 2024 - 15:59

Antwort auf von Tomas Poth

hallo wo denken sie hin das Regiment in der EU haben die USA. Und so wie es aussieht wird wieder ein Scharmützel zu Lasten der EU organisiert denn man muss wissen Serbien und Nord Kosovo sind christlich und Kosovo muslimisch. Das heißt bei einem Scharmützel würde wieder eine muslimische Welle auf uns zu rollen. Überhaupt sollten alle Alarmlampen aufleuchten wenn ein CIA Chef auf dem Balkan agiert das erinnert doch sehr an Georgien und Ukraine und natürlich an Jugoslawien. Na ja wir werden sehen.

... Fr. Keppelen, mit der derzeitigen Altparteien-Mischpoke wird das natürlich nichts mit einer EU-Souvernität. Außer die USA fordern dazu auf, indem sie sich stärker auf den Pazifikraum konzentrieren und sich aus Europa abziehen. Die Herausforderungen sind groß und wachsen stetig an. Die USA sind jetzt schon überdehnt.

Walter Bühler | Mo., 2. September 2024 - 14:55

Dass die deutsche und die EU-Außenpolitik im Bereich Balkan keine rühmliche oder auch nur konsquente Politik durchführen, ist allgemein bekannt.

Ich selbst bezweifle aber, dass Leute, die sich wie Herr Rothert aktiv an der bisherigen Politik beteiligt haben, heute die besten Ratgeber sind.

Und ob die von den US-Demokraten gesteuerte CIA daran interessiert ist, eine echte Lösung für den Kosovo zu finden, das steht noch weiter weg in den fernen NATO-Sternen.

Nicht in den Sternen steht, dass eine Verstärkung eines deutschen militärischen Engagements im Kosovo die Kraft der Bundeswehr weit übersteigen würde. Die Devise "Viel Feind, viel Ehr" würde in Deutschland nur zu einer Vergrößerung unserer militärischen Verwundbarkeit führen.

Slawische Bürgerkriege werden traditionell mit archaischer Grausamkeit und mit einem grenzenlosen Hass geführt. Dafür ist unsere inzwischen recht gemütlich gewordene Bundeswehr gar nicht geeignet.

Auch in Europa kann Deutschland nicht jedes Problem lösen.

Marija Ern | Di., 3. September 2024 - 10:09

Danke, Hr. Rhotert, für die genaue Einschätzung der Lage in Serbien und Bosnien! Dabei lasse ich USA und CIA außen vor. Es geht mir ausschließlich um niemals aufgegeben Ideen „Großserbiens“ die weiterhin vorhanden sind. Hätte Putin im „Blitzkrieg „ Ukraine überrollt hätte Vučić schon längst auch ein neuer Krieg angefangen!
Eine potenzielle Bedrohung durch Serbien bleibt leider bestehen…

Marija Ern | Di., 3. September 2024 - 11:07

Lieber Hr. Bühler,
ich lese gerne ihre Kommentare und auch heute stimme ich Ihnen in fast allen Punkten zu.

Aber, gestatten sie mir eine Frage: würden Sie Krieg zwischen Polen und, meinetwegen Slowakei oder, noch schlimmer, Russland - Ukraine als Bürgerkrieg bezeichnen???
MfG

Walter Bühler | Di., 3. September 2024 - 15:08

Antwort auf von Marija Ern

es ist durchaus möglich, dass der Begriff "Bürgerkrieg" in der Tat die gemeinten Sachverhalte nicht genau genug trifft. Wie soll man einen Krieg zwischen engen Nachbarn benennen?

Ursprünglich sind in Europa durch imperiale Mächte (Preußen, Österreich-Ungarn, Russland, Türkei, Polen-Litauen, ... aber auch Schweden und England, Dänemark und Frankreich) zahlreiche Vielvölkerstaaten entstanden, in denen unterschiedliche Völker - zwangsweise! - als Nachbarn zusammen leben mussten.

Beim Zerfall von Vielvölkersstaaten verwandeln sich leider die alten Nachbarn oft in neue Nationen, die sich gegenseitig belauern und sich gegenseitig abgrenzen. Insofern findet sich die Grausamkeit, die "echte" Bürgerkriege auszeichnet, auch in solchen "Nachbarschaftskriegen", die beim Zerfall imperialer Strukturen wie der Sowjetunion entstehen.

Vielleicht haben Historiker dafür schon längst einen besseren Fachbegriff gefunden; ich weiß es nicht.

Auf jeden Fall ist in meinen Augen jeder Krieg einer zuviel.