- "Ich mag starke Frauenfiguren"
Sie ist eine der wichtigsten Geigerinnen der Gegenwart. Seit Herbert von Karajan sie als Wunderkind präsentierte, hat sie eine beispiellose Karriere aufgebaut. Was liest ein Star, der die meiste Zeit im Jahr durch die Welt reist? Ein Bibliotheksbesuch bei Anne-Sophie Mutter.
Sie ist eine zierliche, auffallend schöne Frau. Schmal und eher klein. Wenn sie jedoch auf einer Konzertbühne steht, in einem ihrer bodenlangen Galliano-Abendkleider, die Augen geschlossen, den Kopf anmutig geneigt, wirkt sie mit einem Mal erstaunlich groß. Die Stradivari "Dunn-Raven" aus dem Jahr 1710 liegt dann auf ihrer nackten Schulter, und der unverwechselbare Klang, die legendäre Präzision reißen ihre Zuhörerschaft in Europa, in Asien, in Amerika auf abenteuerliche Höhenflüge mit.
Von ihren Konzert-Tourneen kehrt Anne-Sophie Mutter nach München, in ihre luftige Villa in Bogenhausen zurück, zu den beiden Kindern, die sie nach dem Tod ihres ersten Mannes allein großgezogen hat. Dort, unter dem ausgebauten Giebeldach, befindet sich der Ort, an dem sie übt, beinahe jeden Tag, immer wieder auf- und abschreitend, mehrere Stunden lang. Sofas stehen zwischen Holzbalken und Klavier. Es ist ein Refugium der besonderen Art, ein länglicher Raum, der eine ruhige Atmosphäre ausstrahlt und wo sie am liebsten liest.
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