- Monument für den „kurzfingrigen Vulgären“
Der Trump Tower, erbaut 1983, ist ein Symbol für den Politikstil des Donald Trump: bombastisch, mafiös und narzisstisch. Schon in den 80ern glich dessen Leben einer Reality-Show. Eva C. Schweitzer beschreibt in ihrem Buch „Trump Party – Der weiße Wahn“, wie der republikanische Kandidat mit allen Mitteln an die Spitze drängt. Ein Vorabdruck
Der Trump Tower in New York ist ein Monument für Donald J. Trump, Immobilienentwickler, Reality-TV-Star und womöglich nächster Präsident der USA. Vor den Glastüren, an der Fifth Avenue, wo die TV-Kameras lauern und die Security Besucher auf Waffen kontrolliert, grüßt eine Trump-Uhr.
In der Lobby, eine Orgie in rosa Marmor mit einem Wasserfall über vier Stockwerke, sind Vitrinen mit Trump-Tassen, Trump-Krawatten, Trump-T-Shirts, Trump Schokolade, den roten Basecaps „Make America Great Again“, die er bei seinen Wahlkampfauftritten trägt, und Trumps Bestseller, von The Art of the Deal bis zum Golfratgeber. Im Tower ist auch die Trump Bar, das Trump Café, das Schmuckgeschäft seiner Tochter Ivanka und, zwischen der Trump-Eiscremetheke und dem Trump Grill, der Trump-Geschenkeladen. Auf der Rolltreppe des Tower schwebte Trump im Herbst 2015 herab, an seiner Seite seine dritte Frau Melania, und verkündete, er wolle Präsident der USA werden. Und hier triumphierte er, als die letzten beiden Rivalen, Ted Cruz und John Kasich, das Handtuch warfen.
Die Mafia baute mit
Der Trump Tower, 1983 eröffnet, ist der erste Wolkenkratzer des Developers und damals der größte der Stadt. 68 Stockwerke hat er nach Trump-Zählung, tatsächlich sind es 58. Am Bau waren Anthony „Fat Tony“ Salerno beteiligt, von der Mafiafamilie Genovese und Paul „Big Paul“ Castellano von der Mafiafamilie der Gambinos. Das war damals in New York nicht unüblich, und Trump ist ein New Yorker aus der Zeit, als das Leben hier noch ein bisschen härter und gemeiner war.
Im Trump Tower wohnen arabische Scheichs, chinesische Banker, haitianische Diktatoren, europäische Steuerflüchtlinge und Celebrities wie Bruce Willis und Andrew Lloyd Webber. The Apprentice wurde hier, in der Vorstandsetage der Trump Organization gedreht, wo Trump in jeder Folge einen Möchtegern-Karrieristen feuert. Und hier leben die Trumps auch, Donald, Melania und ihr zehnjähriger Sohn Barron, mit Blick über den Central Park. Das dreistöckige Apartment hat einen offenen Kamin aus weißem Marmor, neogriechische Säulen, Deckengemälde, Kristallleuchter und vergoldete Vasen; Brannons Spielzeug-Mercedes parkt in der Ecke. Auf einem Kaffeetisch steht ein Portrait des Vaters Fred Trump, vor dem der Developer zeitlebens ein bisschen Angst hatte, erzählt Barbara Res, die Bauleiterin des Trump Tower. „Trump ist ein brillanter Verkäufer, der beste, den ich je gesehen habe“, sagt sie.
„Damals war er noch normaler, nicht so bombastisch“
Res wohnt heute in einem Landhaus am See in New Jersey; im Arbeitszimmer hängt ein Bild von ihr mit Hillary Clinton. „Donald war der am wenigsten sexistische Boss, für den ich jemals gearbeitet habe“, sagt sie. Er engagierte sie, nachdem sie auf einer Baustelle einen Architekten angeschrien hatte. „Der hatte versucht, uns für ein Problem verantwortlich zu machen, an dem er schuld war“. Trump sei damals noch anders gewesen als heute. „Er hatte zwar schon diese Attitüde, entweder bist du großartig oder ein Versager. Aber er war noch normaler, nicht so bombastisch. Er ging zu Fuß vom Büro zur Baustelle. Und er hatte Sinn für Humor. Er machte Witze, auch über sich selber. Dieser Trump trat in dem Woody-Allen-Film Celebrity auf. In dem satirischen Bilderbogen der New Yorker Gesellschaft erzählt er einer Reporterin, er wolle die St. Patrick‘s Cathedral an der Fifth Avenue abreißen und durch einen „wunderschönen Wolkenkratzer“ ersetzen.
Steven Spielberg hat ebenfalls eine Wohnung im Trump Tower. Trump, erzählt Res, habe es arrangiert, dass Paul Goldberger, der Architekturkritiker der New York Times, Spielberg getroffen habe, als er den Wolkenkratzer besichtigte. „Das hat Goldberger so begeistert, dass er einen freundlichen Artikel geschrieben hat“, sagt Res. Spielberg hat dem Developer schon 1990 ein Denkmal gesetzt, mit Gremlin II, wo kleine Monster einen hyper-intelligenten Wolkenkratzer in Manhattan (beinahe) zerlegen. Daniel Clamp, gespielt von John Glover, ist eine sympathischere Version von Trump, Minuten nach der Katastrophe dabei, dies zu Geld zu machen. Das Logo des Clamp Tower ist eine rotierende Weltkugel, plattgepresst von einer Zange.
„Trump denkt, Regeln gelten nicht für ihn“
Res glaubt, dass er schon damals sein Leben als Reality-TV-Show sah. Und das bedeutete, sich gut zu verkaufen. Er posierte (am Telefon) als sein eigener Pressesprecher, um Gerüchte zu streuen, Lady Di wolle ein Apartment im Trump Tower kaufen. „So trieb er die Preise nach oben“. Er soll auch als sein eigener Anwalt einen Brief geschrieben haben, an das Satireblatt The Onion. „Leute wie Trump sind anders als Du und Ich“, sagt Res. „Trump denkt, Regeln gelten nicht für ihn.“
Der „kurzfingrige Vulgäre“ (Vanity Fair-Chefredakteur Graydon Carter) nennt sich „politisch unkorrekt“. Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Der Mann ist eine Beleidigungs-Boombox. Er gestikuliert nicht nur wie Benito Mussolini, er tweetet auch Sprüche des Duce – „Es ist besser, einen Tag als Löwe zu leben, als hundert Jahre als Schaf“ an Millionen von Twitter-Follower. Er will Amerika für Moslems sperren - er behauptete, Tausende von Muslimen hätten bei dem Anschlag von 9/11 öffentlich gejubelt. Er will eine Mauer zu Mexiko bauen, um „Vergewaltiger“ draußen zu halten, einen Handelskrieg mit China anfangen, die Schulden der USA eliminieren, indem er Konkurs anmeldet, IS-Gefangene foltern und die Familien von Terroristen umbringen lassen.
Bei einer Debatte im März auf Fox News versicherte er seinem Konkurrenten Marco Rubio aus Florida, seine Finger seien nicht zu kurz. Und auch anderswo sei er groß genug gebaut. Und genauso groß will er Amerika machen.
Demokraten und Republikanern laufen die Stammwähler weg
Trump argumentiere wie „jede erfolgreiche autoritäre Bewegung der neueren westlichen Geschichte“, schreibt Matt Taibbi im Rolling Stone: Er sagt, der einfache Mann werde von einer Verschwörung inzestuöser Eliten betrogen. Dabei zählt Trump auch die Mainstream Media zu den Eliten, die er zügeln werde, wenn er im Weißen Haus sei. Er werde es einfacher machen, die New York Times zu verklagen.
Francis Fukuyama von der Stanford University in Kalifornien versteht Trumps Anziehungskraft. „Bei den Demokraten haben die Rednecks keine Stimme mehr“, sagt Fukuyama bei einem Vortrag in der American Academy in Berlin. „Die machen nur noch ›Identity Policy‹ für Schwule, Transsexuelle, Latinos und Frauen. Und die Republikaner kümmern sich auch nicht um die armen Weißen; die sind für Free Trade und das hat die Arbeiter in Amerika verarmen lassen.“ Deshalb liefen beiden Parteien die Stammwähler in Scharen weg.
Eva C. Schweitzer: Trump Party - Der weiße Wahn. Wie Amerikas Neue Rechte nach der Macht greift. Manahatta Publishing. Erscheint Anfang Juni 2016. 288 Seiten,12 Euro. Dieses Buch ist die aktualisierte Version des 2012 im gleichen Verlag erschienenen Werkes „Tea Party. Die weiße Wut“
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