- Amélie Nothomb: Attentat
Amélie Nothomb – als «Fräuleinwunder der belgischen Literatur» mit 39 inzwischen etwas in die Jahre gekommen – gilt als Spezialistin für die Eingemeindung des Grausamen, Abartigen und Monströsen in manierierte Versuchsanordnungen, die gern mit elementaren Dichotomien wie «Körper und Geist» spielen.
Amélie Nothomb – als «Fräuleinwunder der belgischen Literatur» mit 39 inzwischen etwas in die Jahre gekommen – gilt als Spezialistin für die Eingemeindung des Grausamen, Abartigen und Monströsen in manierierte Versuchsanordnungen, die gern mit elementaren Dichotomien wie «Körper und Geist» spielen. In «Attentat», ihrem fünften Roman in deutscher Übersetzung, untersucht sie die Verbindung zwischen Hässlichkeit und Schönheit, mit ausdrücklichem Seitenblick auf Victor Hugos «Notre-Dame» und die unglückliche Liebesgeschichte zwischen Esmeralda und Quasimodo. Ein Mann mit Namen Epiphane Otos, der in einem deformierten, ekelerregenden Körper das Leben meistern muss, meldet sich zu einem Casting, bei dem ein «hässlicher Mann für einen Kunstfilm» gesucht wird. Die Rolle bekommt er nicht («Wir drehen einen Kunstfilm, keinen Horrorfilm»), aber er lernt Ethel kennen, die schöne Hauptdarstellerin des Films. Sie erscheint Epiphane als Inbild der Schönheit – und damit als sein (begehrter) Gegenpol. Zwar ist Nothombs hässlicher Held intelligenter und eloquenter als Hugos bemitleidenswerter Buckliger, aber all seine klugen Gedanken zum Schicksal einer empfindsamen Seele in einem abstoßenden Körper bleiben papiernes Postulat – die Tragik seiner aussichtslosen Verehrung für Ethel wird, obwohl wortreich beschworen, nirgends spürbar. So bleibt die Verstrickung zwischen der Schönen und dem Monster nichts als eine ehrgeizige, philosophisch herausgeputzte Konstruktion von nachhaltiger Leblosigkeit.
Amélie Nothomb
Attentat
Aus dem Französischen von Wolfgang Krege.
Diogenes, Zürich 2006. 193 S., 18,90 €
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