Graffiti mit Porträt von George Orwell in Belgrad / dpa

Zum 120. Geburtstag von George Orwell - Gewalt-Dystopien und der sanfte Totalitarismus der Zukunft

Vor 120 Jahren wurde George Orwell geboren. Mit seinen Romanen „Animal Farm“ und „1984“ gelangte er zu Weltruhm. Doch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt: Orwells Dystopien waren naiv. Der Totalitarismus der Zukunft braucht keine Gewalt.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Kaum ein Schriftsteller hat solche Spuren in unserer Alltagssprache hinterlassen wie George Orwell: „Großer Bruder“, „Neusprech“, „Doppeldenk“, „Gedankenpolizei“ oder „Wahrheitsministerium“ kennen auch Menschen, die nie ein Buch des britischen Autors in Händen hatten. Und auch eine Reihe griffiger Formulierungen Orwells sind zum Allgemeingut geworden: „Alle Tiere sind gleich, manche Tiere sind gleicher“, „Big brother is watching you“, „Freiheit ist Sklaverei“, „Unwissenheit ist Stärke“.

Wer Orwells berühmteste Romane „Farm der Tiere“ und „1984“ heutzutage liest, bekommt fast zwangsläufig ein ungutes Gefühl. Und das nicht, weil die beiden Meisterwerke so unglaublich aktuell sind. Vielmehr wirken die in den beiden Romanen beschriebenen Regimes in ihrer Grausamkeit, Brutalität und Rücksichtslosigkeit unendlich anachronistisch. Genau diese Einsicht ist jedoch alles andere als beruhigend, im Gegenteil.

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Jens Böhme | Sa., 24. Juni 2023 - 17:47

Als geborener und aufgewachsener DDRler bis 1989 schon erlebt. Es gab nicht ständig Strafe auf der Straße oder in der Kneipe. Totalitarismus im "menschlichen Antlitz" macht es subtil. Deshalb war es ja so unfassbar, nicht greifbar. Zumal wusste man nicht, wer vertrauenswürdig war. Die Coronazeit und insbesondere der öffentlich-staatliche Impfdruck ist ein Wesensmerkmal stattfindenen Totalitarismus. Desweiteren die Cancelkultur, Ausladung, weil man mit diesem oder jenen gesehen wurde und keine (traditionell maoistische) Selbstkritik nachfolgte. Der Großteil der Bürger merkt nicht, dass sie in den Totalitarismus eingespannt werden. Bildung, Bildung, Bildung! Derzeit wird gefachsimpelt, Heranwachsene noch weniger zu fordern und zu fördern. Sport ohne Anreiz, Prüfungen ohne Qualität, 4-Tage-Schule, noch weniger Lehrkräfte, noch mehr sogenannte KI, die nichts Individuelles produziert. Das Thema Fachkräftemangel kommt nicht aus dem Nichts.

Ingo frank | Sa., 24. Juni 2023 - 18:24

kurz bei der Betrachtung auf dem Weg zur Diktatur und das ist Bildung und damit auch die Fähigkeit die Ziele einer Diktatur zu erkennen und auch zu bekämpfen. Nur ein dummes Schaf lässt sich zum Schlächter führen. Und wenn durch jahrelange Grün rote Bildungspolitik im Ergebnis ein 1/4 der Grundschüler weder lesen, schreiben und damit auch nicht rechnen können, ist klar wo die Reise hin geht und was letztlich das Ziel der grün roten Schwachmaten ist. Zum Gleichschalten braucht’s Hessline , Böhmermänner & co. Wir sind auf einem guten Weg.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Chris Groll | Sa., 24. Juni 2023 - 18:48

Danke für diesen Artikel mit der Kurzbiografie von Orwell.
Allerdings tritt auch in einem postmodernen totalitären System (so bezeichne ich unser System) die Polizei um fünf Uhr morgens Türen ein. (Siehe Prof, Hockertz, Paul Brandenburg usw. usw.)
Auch gehe ich davon aus, daß die Menschen, die nicht mitmachen, bestraft werden. Besser gesagt, sie werden von allem ausgeschlossen (siehe Sozialkredit-System, wird ja schon praktiziert), Sie werden auf diese Weise hart bestraft.
"Freiheit ist Sklaverei? Im dem autoritären Staat der Zukunft braucht das kein Wahrheitsministerium zu verkünden. Das werden die Bürger von sich aus übernehmen: Die Debatten um Corona und Klima lassen grüßen." Da stimme ich Ihnen zu 100% zu. Die Menschen sind nicht mehr willens, selbst zu denken. Sie glauben gerne, was ihnen vorgebetet wird.
Schon Benjamin Franklin sagte:
"Wer Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. "“

Urban Will | Sa., 24. Juni 2023 - 22:52

nicht mit Orwell vergleichbaren Film „Demolition Man“.
Er wurde 1993 gedreht und spielt im Jahre 2032, also einer Zeit, die gar nicht mehr so weit vom Heute entfernt liegt.
1993 stellte man die Welt von 2032 dar als „politisch korrekt“,es galt als „bäh“, zu fluchen, Sex zu haben, sich ungesund zu ernähren, die Umwelt „zu verschmutzen“,etc.
Alle „Überirdischen“ leben einheitlich, Abweichler werden nicht geduldet.
Es gibt eine zweite Welt, unterirdisch, wo es im Film so zugeht, wie es in den 90ern halt zuging.
Was mich aber – ich sah den Film nicht ganz, kenne ihn aber von früher und sah ihn vor vielen Jahren, als auch „unsere Welt“ noch ein andere war, zum letzten mal – am meisten „schockte“: die fiktive Welt von 2032, oben beschrieben, gleicht unserer heutigen in erschreckendem Maße. Nicht nur das Leben selbst, auch die Meinungen sind gesteuert, werden beeinflußt, die Menschen lassen sich bereitwillig in Bahnen zwingen. Ohne Gewalt, wie hier v. Hr. Grau beschrieben. Erschreckend.