Auch während der Rede, die Seinfeld im Mai an der Duke University in North Carolina hielt, gab es „Free Palestine!“-Rufe / dpa

Seinfeld und Antisemitismus - Feindbild Humor

Der Pro-Palästina-Mob protestiert gegen den Komiker Jerry Seinfeld, weil er sich mit den israelischen Opfern des 7. Oktober solidarisiert hat. Wenn die Aktivisten auf Seinfeld treffen, stoßen der Geist des Westens und der Ungeist der Antiwestler frontal aufeinander.

Autoreninfo

Gideon Böss ist Roman- und Sachbuchautor und hat unter anderem über Religionen in Deutschland und Glücksversprechen im Kapitalismus geschrieben.

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Dass etwas grundsätzlich aus den Fugen geraten ist, merkt man spätestens, wenn der antisemitische Mob die Auftritte von Jerry Seinfeld ins Visier nimmt. Seinfeld erwähnte in früheren Interviews manchmal, dass er in seinem Leben noch nie Antisemitismus erlebt habe. Er wurde ins Goldene Zeitalter des amerikanischen Judentums hineingeboren, das Mitte des 20. Jahrhunderts begann und den Abbau vieler Vorurteile sah sowie die Verwandlung der Juden in „echte“ Amerikaner. Die Sitcom „Seinfeld“, von und mit Jerry Seinfeld, sollte dann ab Ende der 1980er Jahre selbst einen großen Beitrag zu eben diesem Goldenen Zeitalter beisteuern. Eine Serie über vier Freunde, in der es angeblich „um nichts“ ging. Sie wurde zu einem der erfolgreichsten Formate der Fernsehgeschichte und wird noch heute von Millionen geschaut.

Dass er noch nie Antisemitismus erlebt hat, kann Seinfeld mittlerweile leider nicht mehr behaupten. Was bedauerlich ist, denn er steht für alles, was den Westen in seiner besten Form auszeichnet: Humor, Toleranz, Empathie und sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Wobei der wertvollste Aspekt in dieser Aufzählung der Humor ist. Keine andere Kultur hat ihm einen solchen Stellenwert verliehen wie die westliche. Humor, oft selbstkritisch und selbstironisch, hilft beim Aufdecken von Ungerechtigkeit und ist so etwas wie eine eingebaute Absicherung gegen totalitäres Denken. Wer einen Sinn für Humor hat, kann die Verbissenheit und Selbstgerechtigkeit der Extremisten nicht teilen, ihre Absolutheit und ihre Menschenverachtung. Womit wir bei den Protesten gegen Jerry Seinfeld wären, die begannen, nachdem er sich mit den israelischen Opfern des Genozids vom 7. Oktober solidarisiert hat. Eine Geste, die für jeden Menschen, der mit etwas Empathie ausgestattet ist, selbstverständlich sein sollte.

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Günter Johannsen | So., 30. Juni 2024 - 09:46

da lass dich ruhig nieder: Böse Menschen haben keine Lieder (und auch keinen Humor)!

Chris Groll | So., 30. Juni 2024 - 10:24

Sehr schöner Artikel über jüdischen Humor und die dummen einfältigen, verbiesterten und fantasielosen Antisemiten. Es gibt ja auch bei uns im Land genug davon. Der gesamte Westen hat sich leider der "dunklen Seite" zugewandt.
Humor ist ein jüdisches Markenzeichen.
Verbiestert und fantasielos ist ein Markenzeichen der Linken und des Islam.

Albert Schultheis | So., 30. Juni 2024 - 10:26

Nur die Antisemiten und Aufklärungshasser sitzen mit einer Mehrzahl im Bundestag, sogar auf der Regierungsbank - bei uns wie in USA. Und sie dominieren die Hörsäle der philolgischen Fakultäten so wie die Stalinisten, Maoisten und Pol Potter der 70er Jahre. Was wir heute bei RotGelbGrüns erleben, sind deren Ziehkinder und Adeppten! Die Drecksarbeit draußen machen nicht mehr sie wie ihre Väter selbst, das lassen sie heute machen durch ihre deppen Vasallen, die AntiFa, die Hammerbande, die Hamas und die hergeschleusten Messermörder. Auf der Strecke bleibt das Shit Hole "Wertewesten", ausgebrannt, kaputt, versifft - hier wie dort.

Karl-Heinz Weiß | So., 30. Juni 2024 - 10:54

Die USA als "Schmelztiegel" - war das nicht seit eh und je eine der typischen amerikanischen Erzählungen, genau wie das im Beitrag beschriebene angebliche "goldene Zeitalter" ? Die gesellschaftliche Spaltung besteht seit Jahrzehnten und wurde nur durch Politik-Comedy Trump instrumentalisiert. Und dank Trump-Schwiegersohn Kushner werden ab November für die amerikanischen Antisemiten härtere Zeiten anbrechen. Biden hat seine Amtszeit nicht nur wegen seiner gesundheitlichen Probleme, sondern vor allem durch seine irrlichternde Migrationspolitik in den Sand gesetzt. Mit Zeitverzögerung ist nun die politische Umwälzung in Europa angekommen.

Frank Klaus | So., 30. Juni 2024 - 11:01

Ich würde eher sagen, dass der Humor beim Ertragen von Ungerechtigkeiten hilft, während im Aufdecken und Anprangern von Ungerechtigkeiten die Keimzelle des Totalitarismus liegt.
Und so ist der Westen selbst immer sein größter Feind, und zwar ab dem Punkt, wo er sich vom Christentum, also der Kunst, die weltlichen Dinge mit Humor zu sehen, weil sie eben nicht die letzten Dinge sind, losgelöst hat.
Am Ursprung des westlichen Totalitarismus stehen Gestalten wie Robespierre und Karl Marx. Letzterer vielleicht nicht ganz zufällig Jude. Vielleicht hätte Marx mehr westlicher, also christlicher Humor gut getan: Der Westler muss das Paradies nicht auf Erden verwirklichen, und er muss auch keine besonderen Taten vollbringen, um es sich zu verdienen, zum Beispiel indem er Ungläubige tötet (mal von den Kreuzzügen abgesehen, aber die sind 800 Jahre her): Der Westler, also der Christ, kann getrost erwarten, dass er nach seinem Tod einen gnädigen Gott finden wird.

Smilla Heller | So., 30. Juni 2024 - 11:45

Danke, lieber Herr Böss, für diesen genialen Artikel. In jeder Beziehung klug und auf den Punkt.

Ernst-Günther Konrad | So., 30. Juni 2024 - 12:43

Was mich erschüttert ist die Tatsache, dass die sich gegenseitig hassenden Menschen einander zu 99% gar nicht kennen. Man erklärt sich zum Feind, weil man die falsche Religion hat oder seine eigene Wahrheit und verliert jede Form von Menschlichkeit, wenn der eigene Fanatismus das eigene Denken lenkt. Und wer den Hass nicht selbst entzündet, läßt sich leider von anderen anzünden, übernimmt Vorurteile und Hass anderer, der in einem selbst schlummerte. Ich bin mir sehr sicher, das unter uns viele Menschen jüdischen Glaubens leben, die man als solche gar nicht erkennt und erst wenn sie sich selbst "outen" oder irgendwelche Umstände dazu führen, das man ihren Glauben erkennt, erst dann werden sie plötzlich zum "Feind". Man kennt Seinfeld als Schauspieler, Komiker und Satiriker und er hat genau solange uneingeschränkte Zustimmung, solange er nicht den "Juden" gibt und sich öffentlich bekennt? Was für Heuchler viele unserer Mitmenschen doch sind. Man kennt sich nicht, aber man hasst sich.

Philippe | So., 30. Juni 2024 - 14:17

Ein weitsichtige Artikel, der den Finger auf die Wunde legt: der Westen droht, seine Seele zu verlieren! Die gilt es zu verteidigen. Das tut man indem man sich seiner Ursprünge erinnert. Und indem man aufhört, ihn ständig zu verunglimpfen. Unsere Freiheit, unser Rechtsstaat, unsere Menschenrechte, unser Humor, unsere gesamte Kultur sind Ergebnis vor allem jüdisch-christlicher Eindrücke. Das sind die westlichen Werte. Daher die Konflikte mit der Einwanderung aus nicht-westlichen Kulturen. Das gilt es zu erkennen. Und den Westen zu helfen, sich zu verteidigen, nicht noch mit drauf rumzuhacken, wenn's ums Eingemachte geht. Es lebe der Westen!

Jens Böhme | So., 30. Juni 2024 - 15:52

Störer und Zerstörer gab und gibt es in allen politischen Strömungen und Hautfarben. Meinungen aushalten ist aus der Mode gekommen. Spätestens, als man mit dem Internet die vermeintliche Meinungsfreiheit entdeckte. Warum man an einem AfD-Parteitag stundenlang davor steht, um diesen zu crashen, hat weder was mit Humor, Intelligenz oder Haltungzeigen zu tun. Viel Geld für Veranstaltungen ausgeben, um sich dabei zu ekeln oder nervenverlierend sich zum Löffel zu machen, ist weder Vernunft, geistreich, noch irgendwas zeigbar Gutes. Entscheidend sind die Clicks und wiederkehrenden Meldungen in den Medien und im Internet. Die einen meinen, es sei Sport, die anderen, das sei Freizeitbeschäftigung, á la das Gute mit dem Nützlichen zu verbinden. Das Internet mit seiner Informationsflut zerstört die Grundlagen des freiheitlichen Westen.

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