Wolf Schneider
Seine Bücher sind Pflichtlektüre für angehenden Journalisten: Wolf Schneider / dpa

Publizistik - Der Journalist und Sprachkritiker Wolf Schneider ist tot

Wolf Schneider war ein Freund der geschliffenen Rede, nicht nur als Talkshowmoderator. Viele seiner Bücher zur deutschen Sprache wurden Bestseller. Zuletzt engagierte er sich gegen die Auswüchse der Gender-Sprache. Nun ist er im Alter von 97 Jahren gestorben.

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Seine Bücher waren Bestseller, seine Urteile über Verirrungen der deutschen Sprache waren klar und eindeutig. Wolf Schneider, bekannter Journalist, Moderator und Sprachkritiker, ist am Freitag im Alter von 97 Jahren im oberbayerischen Starnberg gestorben, wie seine Familie mitteilte.

Als scharfzüngiger Moderator der „NDR Talk Show“ und als früherer Leiter der Henri-Nannen-Schule in Hamburg war er auch weit über die Medienbranche hinaus bekannt – was nicht zuletzt an seinen Büchern lag wie „Wörter machen Leute“, „Deutsch für Profis“ oder „Deutsch für Kenner“ mit Ratschlägen für klares, verständliches Deutsch.

Bei vielen angehenden Journalisten galten solche Titel jahrzehntelang als Pflichtlektüre, aber auch außerhalb der Medienbranche verkauften sich seine Attacken auf Blähwörter, unnötige Anglizismen, Satzungetüme und geschwurbelte Formulierungen bestens.

Schneider, 1925 in Erfurt geboren, war unter anderem Chef vom Dienst beim Stern und Chefredakteur der Welt, hatte aber auch als Autor einen Ruf. Er schrieb nicht nur sprachlich funkelnde „Streiflichter“-Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung und zahlreiche Reportagen etwa für das Magazin Geo, sondern auch mehr als zwei Dutzend Sachbücher.

Nichts gegen Sex

Wer gelesen werden wolle, müsse sich plagen, war Schneiders Motto. Verkürzt zu „Qualität kommt von Qual“ war es im Eingang der Henri-Nannen-Schule in Hamburg in Stein gemeißelt zu lesen. Schneider war ab 1979 der erste Schulleiter. Stern-Gründer Nannen selbst hatte sich ihn für diese Aufgabe gewünscht mit der Begründung, kein anderer könne das besser.

Als Schneider die Leitung der Schule 1995 an Ingrid Kolb abgab, war er in einem Alter, in dem andere lange in Rente sind. Er dagegen schrieb weitere Bücher, gab Seminare zu sprachkritischen Themen und engagierte sich unter anderem bei der Aktion Lebendiges Deutsch.

Hatte er in früheren Jahren noch gegen Anglizismen wie T-Shirt, Mountainbike oder Airbag gewettert und verlangt, dafür deutsche Entsprechungen zu verwenden, wurde er mit dem Alter in dieser Hinsicht milder. Zumindest gegen kurze, prägnante englische Lehnwörter wie „Sex“ sei nichts einzuwenden, befand er später.

Die Henri-Nannen-Schüler würdigte ihren langjährigen Chef auf Twitter: „Als Gründer und langjähriger Leiter der @Nannenschule, als Feind des faulen Kompromisses, als Zuspitzer und Unnachsichtiger hat er Hunderte von Schülerinnen und Schüler (und eben nicht: Schüler:innen) geprägt und ihre Leben verändert.“

Butter in dicken Scheiben

2019 gehörte Schneider zu den Initiatoren eines Aufrufs des Vereins Deutsche Sprache unter der Überschrift „Schluss mit dem Gender-Unfug“. In dem Text wurden unter anderem „lächerliche Sprachgebilde“ wie „die Radfahrenden“, „die Studierenden“ oder sogar „LuftpiratInnen“ und „IdiotInnen“ kritisiert und „als weitere Verrenkung noch der seltsame Gender-Stern“ aufs Korn genommen.

Vor zweieinhalb Jahren, kurz vor seinem 95. Geburtstag, sprach er mit der SZ ausführlich darüber, wie er das Ende des Zweiten Weltkriegs als junger Soldat erlebt hatte. „Ich ging am Abend in dem dunklen Park unseres sogenannten Gefechtsstands spazieren und fragte mich, wie das nun weitergehen soll“, schilderte er. Er habe auch Angst gehabt. „Die Sieger hatten ja allen Grund, uns sehr schlecht zu behandeln. Ich war in Polen Zeuge gewesen, wie wir die Polen behandelt hatten.“

Er habe seinen Kindern immer gesagt: „Wer so etwas mitgemacht hat, der genießt das spätere Leben umso mehr – jedenfalls viel mehr als jemand, der nicht weiß, wie dreckig es einem gehen kann. Noch heute schmiere ich die Butter nicht aufs Brot, sondern lege sie in dicken Scheiben darauf. Weil ich zehn Jahre lang keine hatte.“

Erst Anfang Oktober starb Wolf Schneiders Sohn Curt Schneider, der als Rätselautor beim SZ-Magazin gearbeitet hatte, bei einem Bergunglück.

Quelle: dpa

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Ernst-Günther Konrad | Fr., 11. November 2022 - 15:20

Neben Hajo Friedrichs und Scholl-Latour einer der ganz Großen im journalistischen Gewerbe. Immer klar verständlich, gradlinig und konsequent und dabei doch auch lernfähig und diskussionsfreudig. Ich frage mich nur, wo die von ihm geschulten Journalisten inzwischen abgeblieben sind, die den "alten" journalistischen Ethos noch leben und dafür eintreten. Im ÖRR und den Msm sind sie verschwunden oder halten still aus Existenzgründen oder weil sie sich von der links-grünen Ideologie haben einlullen und einfangen lassen. Und dennoch in hohem Alter bei klarem Verstand und brillanter Analyse und einer der Verteidiger unserer deutschen Sprache. 97 Jahr ein gesegnetes Alter. Ich hoffe, er konnte friedlich einschlafen im Kreise seiner Lieben.

Joachim Baumeister | Fr., 11. November 2022 - 16:19

Dieser Gender-Sprech und Schreibwahn der woken links-grünen Weltverbesserer. Ich hoffe, dass der Cicero weiter auf den Unsinn verzichtet, sonst müsste ich das Abo seiner Printausgabe kündigen. Und das möchte ich nicht!

Christa Wallau | Fr., 11. November 2022 - 16:36

dürfte dem alten Herrn den letzten Lebensmut geraubt haben. Es ist immer furchtbar, wenn ein Kind v o r seinen Eltern stirbt.

Curt Schneider, eines der drei Kinder von Wolf Schneider, der unter dem Kürzel "cus" jahrzehntelang die Kreuzworträtsel für das Freitags-Magazin der SZ lieferte, stand mir näher als sein Vater; denn ich bin eine begeisterte Kreuworträtsel-Löserin - je komplizierter, um so besser. In dieser Hinsicht sind die Rätsel von "cus" die vertracktesten, d. h. bei ihnen muß man tatsächlich um mehrere Ecken denken.
Curt Schneider konnte einen beim Tüfteln ganz schön ins Schwitzen bringen! In erster Linie wegen seines Rätsels bezogen wir die SZ am Wochenende.
Wolf Schneider möchte ich danken für seine lebenslange, vorbildliche Arbeit als Journalist und Ausbilder von Journalisten sowie für seinen unermüdlichen Einsatz für die Pflege unserer deutschen Sprache. Von der verkorksten Rechtschreibreform und dem Gendern hielt Wolf Schneider gar nichts.

Er möge ruhen in Frieden

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 13. November 2022 - 12:23

am Rande wahrgenommen, vlt. weil die Politik mein Leben beherrschte.
Das Bild zeigt einen bemerkenswert gutaussehenden Mann, der wohl auch so nach außen bildete.
Dann muss ich aber etwas ganz Wichtiges feststellen.
Auch wenn wir nicht immer alles sehen, auch nicht können, in unserer Angst aber nicht selten alles wollen und am besten sofort, worin wir evtl. doch noch sehr unseren Kleinsten ähneln, so sind wir aber wohl nie alleine.
Für die einen ist das Gottvertrauen, für die anderen die Philosophie, Wissenschaft, die Musik, ihr Garten etc.
und wenn wir dann wirklich selber sprechen wollen, muss auch nicht alles gleich stimmen.
Aber wenn wir nicht entfalten können, werden wir vielleicht nicht wachsen.
Für mich hatte ich das "betreute" Denken und Schreiben ausgesucht.
Das stelle man sich nicht unbedingt nur vor als "Überwachung", sondern als Gruppenraum.
Ich kann Foren in meinen Zeitungen empfehlen, den Zeitungen wie den Lesern.
Dann gibt es noch die Empfehlungen des Miteinander..
RIP