CSU-Wahlplakat zur Bundestagswahl 2021 / dpa

Wahlrechtsreform - Wie die Union die Ampel-Trickser austricksen könnte

Die Bundestagswahl 2025 wird die erste sein, bei der Wahlkreissieger nicht automatisch ins Parlament einziehen. Das geht zu Lasten von CDU und CSU. Doch die Unionsparteien könnten die Ampel austricksen – wenn ihre Bewerber als Unabhängige kandidieren.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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SPD, Grüne und FDP haben das zentrale Anliegen ihrer Wahlrechtsreform durchgesetzt: Das 2025 zu wählende Parlament wird kein „Bläh-Bundestag“ (Bild) wie 2021 sein. Damals zogen 736 Abgeordnete ins Parlament ein, statt der vom Wahlgesetz eigentlich vorgesehenen 598. Der Grund: 34 Überhangmandate hatten 103 Ausgleichsmandate nach sich gezogen. Damit soll Schluss sein. Künftig hängt die Zahl der Mandate, die eine Partei erringt, ausschließlich vom Zweitstimmenanteil ab. Überhang- und Ausgleichsmandate entfallen.

Das erreicht die Ampel dadurch, dass nicht mehr jeder Wahlkreissieger nach Berlin darf. Ein Beispiel: Eine Partei gewinnt in einem Bundesland 25 Direktmandate. Nach dem Zweitstimmenanteil stehen ihr aber nur 20 zu. Die Folge: Die 5 Wahlkreissieger mit dem niedrigsten Stimmenanteil innerhalb ihrer Partei gehen leer aus. Das Verfassungsgericht hat diese Methode für rechtens erklärt. Nur: Nicht alles, was verfassungskonform ist, ist auch logisch und verständlich. Die meisten Wähler werden nicht verstehen, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen nicht in den Bundestag einzieht. Da haben die Karlsruher Richter einen einfachen, allerdings abgehobenen Rat parat: sich an Neues gewöhnen.

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Tomas Poth | Di., 6. August 2024 - 15:47

Die Ampel austricksen, nun gut geht mit der AfD Koalitionen ein, das wäre der wirkungsvollste Trick und würde helfen Deutschland vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Aber die CDU ist ja nur zu feige und kuscht vor den Regierungs-Kartellmedien.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 6. August 2024 - 17:25

Antwort auf von Tomas Poth

Würden diese von Herrn Dr. Müller-Vogg vorgeschlagenen Tricksereien das ohnehin beschädigte Vertrauen der Bürger in die etablierten Parteien nicht noch mehr schädigen?

Direktkandidaten hatten einen hohen Wert, als diese noch 40% und mehr holten. Heute genügen dafür aufgrund der Parteienvielfalt ggf. 20%. Nach neuem Wahlrecht kommen zunächst die Direktkandidaten ins Parlament, es sei denn das Zweitstimmenergebnis gibt weniger Plätze her. Das Prozedere durch „unabhängige“ Kandidaten auszutricksen kann auch nach hinten losgehen, weil dann ja, wie der Autor schrieb, die Zweitstimme nicht mehr gilt. Was, wenn bei der nächsten Wahl die Konkurrenz z. B. die SPD 30 Direktmandate in Bayern holt, aber wenige Zweitstimmen bekommt? Sozusagen als Strafe? Das könnte einer tricksenden CSU genauso ergehen.

Ich wäre übrigens dafür, den Einzug eines Unabhängigen in den Bundestag von der Stimmenzahl abhängig zu machen. Beispielsweise durch eine definierte %-Zahl.

ich habe die Hoffnung längst begraben, die aktuellen Umfragewerte der CDU/CSU, FDP, SPD & Grünen belegen eigentlich nur eines, gut 60% des Wahlvolks ist nicht willens und oder in der Lage die Realität zu sehen bzw. aus ihr Konsequenzen zu ziehen. Zählt man PDS & BSW dazu, dann sind es über 70%!

Wie sonst ist es möglich, daß gut 30% der Wähler offensichtlich der Meinung sind, daß die Union die Probleme lösen kann/wird die die Union geschaffen hat und das, obwohl sich die Union weder von ihrer Heiligkeit A. Merkel noch dem grünlinken Übel distanziert hat, im Gegenteil, Merz will mit den Grünen koalieren!

Die Mehrheit der Wähler begreift es einfach nicht!

@ Herr Poth, eine charmante Idee, dafür bräuchte es allerdings eine konservative CDU, die gibt es aber nicht, Merz ist ein opportunistischer Blender der mit wenig Aufwand ins Kanzleramt will, egal wie und mit wem und der Rest der CDU wurde in 16 Jahren Merkel auf linksgrünsozialistisch getrimmt!

Volker Naumann | Di., 6. August 2024 - 17:31

Antwort auf von Tomas Poth

Warum einen Trick?

Die Umfrage (Stand 03.08.2024) gibt 30,9 % für die Union und
17,4 % für die AfD an (FDP unter 5%).

Die zwei stärksten Parteien im Parlament bilden mit 48,3 % eine
stabile Regierung, der Rest ist Opposition.

Die Wählertäuschung mit der "Scheinunabhängigkeit" ist doch
eigentlich wieder ein Ergebnis des "Einmauerns" der Union.

Wenn alles nicht geht, kann man ja noch über Losen oder Würfeln
nachdenken, nur ja nicht über das Naheliegende.

MfG

Gerhard Lenz | Di., 6. August 2024 - 17:48

Antwort auf von Volker Naumann

selbst austricksen! Oder genauer: Selbst zerstören!

Sich Weidel, Hoecke, Chrupalla, Brandner & Co. ausliefern?

Unvorstellbar.

Das wäre der Anfang vom Ende unseres Deutschlands.

Tomas Poth | Mi., 7. August 2024 - 11:07

Antwort auf von Volker Naumann

Laut aktueller Umfrage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg würden mehr als 40% der Bürger in diesen Bundesländern eine Regierungsbeteiligung der AfD begrüßen! Also auf gehts. Die Rettung unseres Landes kommt aus dem Osten der Republik. Der Westen ist noch zu sehr mit dem 68er-Revoluzzermist und sozialistischer Selbstversklavung verblödet.

Thomas Hechinger | Di., 6. August 2024 - 16:30

Ich bin nicht überzeugt, daß ein solches Unterlaufen des Gesetzes juristisch wasserdicht wäre. Formal ist ein CSU-Mitglied, das im Auftrag der CSU als Unabhängiger antritt, zwar kein CSU-Bewerber, inhaltlich aber doch. Und da das jeder weiß, gibt es Schwierigkeiten. Ich erinnere mich an einen Fall vor vielen Jahren, als es einmal bei einer Kommunalwahl in Bayern zwei CSU-Listen gab, weil die Junge Union mit einer eigenen Liste antrat (war es in München?). Das wurde dann untersagt, weil die Junge Union nicht so tun könne, als hätte sie mit der CSU nichts zu tun.

Und noch etwas. Fraktionen sind Zusammenschlüsse von Abgeordneten. Sie brauchen nicht genau den Parteien entlang gebildet zu werden. Deshalb können sich parteilose Abgeordnete auch Fraktionen anschließen. Auch gibt es unzählige Beispiele, wo Abgeordnete Fraktionen verlassen haben. Gerade bei der AfD ist es ein beliebtes Spiel, gewählte AfD-Abgeordnete nicht in die Fraktion aufzunehmen, jüngst der Fall Krah im Europaparlament.

Wolfgang Borchardt | Di., 6. August 2024 - 16:52

Wahlverfahrens mag zweifelhaft sein, die der alten Parteien ist es allemal. Das haben sie mit ihrer Politik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hinteichend bewiesen.

Dirk Bangert | Di., 6. August 2024 - 17:46

Lieber Herr Müller-Vogg, dass Sie die CDU &CSU gut finden, finde ich nicht schlimm, aber es scheint Ihnen doch in diesem Artikel ausschließlich um das Wohlergehen Ihrer geliebten Unionsparteien zu gehen.
Darf ich freundlich daran erinnern, dass sehr viele Miseren in Deutschland eindeutig auf CDU/CSU geführte Regierungen zurückzuführen sind?
Außerdem finde ich komisch, dass Sie die größte Trickserei nicht nur nicht kommentieren, sondern geradezu schützenwert finden: Diese seltsame Doppelfraktion CDU/CSU hat doch schon immer zum verfassungsrechtlichen Himmel gestunken. Das Bundesland Bayern hat mehr Gewicht im Bundestag als alle anderen Bundesländer zusammen...stellen Sie sich vor die "Sozen" hätten so etwas erfunden, würden sie das dann auch so schützen wollen?

R. Blank | Di., 6. August 2024 - 18:56

Es muss jedem Wähler klar sein bzw. klar gemacht werden, dass seine Erststimme nur noch gilt, wenn mit der Zweitstimme die Partei des Kandidaten der Erststimme gewählt wird. Das dürfte nicht so schwer zu verstehen sein. Also gibt es eigentlich nur noch eine Stimme. Erststimme = Zweitstimme!

Günter Johannsen | Di., 6. August 2024 - 20:07

Die LinXen wussten schon immer, dass sie nur durch Trickserei an die mcht kommen werden. das scheint ihnen wohl jetzt gelungen zu sein?
Es ist und bleibt Wahlbetrug und Betrug am Souverän, wie auch die "Brandmauer gegen räächts" schlicht eine Brandmauer gegen den Willen des Volkes ist!

Edwin Gaza | Di., 6. August 2024 - 20:38

Wenn das so rechtens wäre, könnte man es mit Bauernschläue noch verbessern.
CSU stellt in Niederbayern in einigen Wahlkreisen keinen Direktkandidaten auf, überlässt den den Freien Wählern. Dafür stellen die keine Landesliste auf. Die CSU bekommt mehr Zweitstimmen und Aiwanger ist in Berlin. Winwin. Oder?

Angelika Schmidt | Di., 6. August 2024 - 21:51

Ich glaube ich höre nicht richtig! Dass viele Bürger und Bürgerinnen kein Vertrauen mehr in Politiker haben, lässt sich nicht abstreiten. In die Medien btw. auch nicht... Dass unsere Demokratie auf dünnem Eis steht, liegt sicher auch an der politischen Gepflogenheit "gelegentlich" zu tarnen,zu tricksen und zu täuschen. Aber meinen Sie ernsthaft, dass das Tarnen, Tricksen und Täuschen eine konstruktive Problemlösung ist? Ich halte solche Ideen für einen Ausdruck intellektueller Verwahrlosung. Sowas kann ich als Verfechterin eines demokratischen Rechtsstaat einfach nicht gut heißen, bei aller Liebe nicht.

Stefan Jarzombek | Di., 6. August 2024 - 23:30

... indem sie die Brandmauer zur AfD einreisst.
Was glaubt die CDU/CSU denn, was im Falle einer Regierungsbildung mit diesen Leuten erst für Tricks von Links/Grün kommen würden. 😉

S. Kaiser | Mi., 7. August 2024 - 09:43

Da ringt das schwarze Herz mit sich selbst, so hört sich das an. Aber ob jetzt "legal, illegal, scheißegal" oder "legal und legitim", worauf es doch schlussendlich ankommt, ist, wie gehabt wieder in den BT einziehen zu können. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Politikberater zu solchen Konstrukten raten würden. Vor allem, wenn man dann auch noch sinnbildlich gesprochen einen „Beipackzettel“ zur Erklärung beilegen muss. Nur weil man selbst Politiker, Politikjournalist oder interessierter Laie ist, darf man nicht von sich auf andere schließen. Die Mehrheit der Bürger wählt doch Parteien nach Gewohnheit ("schon immer CDU/CSU gewählt"), nach Impuls oder schlicht, um sich in der Mehrheit zu wähnen. Eine Differenzierung nach Personen mag auf kommunaler Ebene funktionieren, aber mMn nicht auf Bundesebene. Höchstens vllt noch bei wenigen und wirklich sehr breit aufgestellten und bekannten Persönlichkeiten. Insofern, Gedankenspiele ohne Substanz.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 7. August 2024 - 11:08

Wo sind wir hingekommen. Eines der wichtigsten Instrumente unserer Demokratie - das Wahlrecht-, soll mit Tricksen, Täuschen und letztlich Betrügen zum Spielball der Parteien werden. Schämen Sie sich Herr Dr. Müller-Vogg. Ihr Artikel zeigt mir nur eines, wie weit ein parteigebundener Journalist bereit ist zu denken, um einen Artikel zu verkaufen und auch seine Ehrhaftigkeit. Was halten Sie davon mal verschiedenste Modell zur Änderung des Wahlrechtes zu denken und uns zu präsentieren. Wäre es nicht die Aufgabe der Politiker ein halbwegs gerechtes und nicht ausuferndes Wahlrecht neu zu erdenken? Von jeder Partei ein Vertreter und entsprechende viele Verfassungsjuristen, am besten ehem. Verfassungsrichter sollten losgelöst vom Parteienproporz sich Gedanken machen, das Wahlrecht neu zu denken und dabei nochmals den BT von 598 in Richtung 400 zu verkleinern.
Da könnte die Politik Vertrauen zurückgewinnen und auch gleich die Parteienmacht endlich einhegen. Wenn sie denn will.