Wissings Mann für die Bahn: Staatssekretär Michael Theurer, hier in der Lokomotive eines Güterzugs, kümmert sich um den Bahn-Ausbau / dpa

Deutsche Bahn - Störung im Betriebsablauf

Das „Deutschlandtempo“ kommt nicht in Gang, das Schienennetz ist marode. Das Bahn-Chaos wird sich in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch verschärfen. Fehlendes Budget, Bürokratie und Bürgerwiderstand stehen dem Zugbetrieb im Wege. Die Titelgeschichte unserer März-Ausgabe.

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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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An diesem kalten Wintertag Anfang Februar übertrifft die Bahn sich selbst: Aus dem Stuttgarter Hauptbahnhof schlängelt sich der ICE 565 durch die Weinberge in Richtung Südosten, es geht langsam voran, aber ab Wendlingen dreht der Lokführer auf: Hier beginnt die gerade eröffnete Neubaustrecke. Mehrere Kilometer rast der Zug mit 200 km/h durch den Tunnel, dann ein Stück entlang der A8, in Sekunden quert er die dritthöchste Brücke Deutschlands über das Fils­tal, schon erblickt man durchs Fenster die mit Schnee bestäubte Hochebene der Schwäbischen Alb. Vor Ulm rauscht der ICE wieder in den Tunnel, in 40 Minuten, zwei Minuten schneller als geplant, kommt er am Hauptbahnhof an. Hier, im Süden des Landes, fährt die Bahn seit Dezember so, wie man es gerne hätte im Jahr 2023, in der DB-Zentrale am Potsdamer Platz, im Kanzleramt, in deutschen Wohnzimmern.

Vom „neuen Deutschlandtempo“ hat Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Eröffnung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven gesprochen. Auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos lobte er die neue „Deutschlandgeschwindigkeit“, mit der die Bundesregierung Infrastruktur voranbringen will. In Stuttgart ist man – trotz aller Kämpfe – in der Moderne angekommen: Die Neubaustrecke ist fertig, der neue Hauptbahnhof, einer der modernsten der Welt, soll Ende 2025 in Betrieb gehen. 

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Urban Will | Do., 9. März 2023 - 08:55

ergänzen: Stumpfsinn, Egoismus und Unfähigkeit
Nur zwei - selbst erlebte Beispiele - nicht ausschlaggebend, aber repräsentativ für dieses Land und diese Bahn: man hält vor der Teilstrecke nach Mannheim einen Zug ca. 45 min in Stuttgart (!) fest, weil das „Notwasser“ nicht beladen ist. Wüstengebiete oder unwegsames Gelände auf dieser extrem langen Strecke sind mir nicht bekannt.

Man sperrt trotz Überfüllung einen ganzen Waggon, weil angeblich die Klimaanlage nicht geht. Die Temperatur dort drin ist angenehm, im Rest des Zuges stickig, da massiv überfüllt. Aber no chance, der Wagen bleibt leer.

Diese Beispiele laufen unter Stumpfsinn. Wer solches regelt, hat keinen Verstand, wer es einhält, noch weniger.

Egoismus: eine über Jahrzehnte gewachsene, grüne „Alles verweigern“ - Haltung in Sachen Infrastruktur, die zwar am liebsten das Auto verbieten möchte, aber auch alle Baumaßnahmen für Schienen, etc. ablehnt.

Unfähigkeit: hat man beim BER gesehen. Wir können es nicht mehr.

... in den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Wagen und Gleise in unsäglichem Zustand, der Lohn erbärmlich ... aber die Eisenbahner und Eisenbahnerinnen haben mit großer Würde ihren Job gemacht, und ehrgeizig nach Pünktlichkeit gestrebt.

Ich denke zur Zeit auch oft an das Personal bei der ukrainischen Bahn (und an die Bus- und LKW-Fahrer). Diese Menschen halten - trotz des Krieges! - offensichtlich den Betrieb so weit wie möglich und so gut wie möglich aufrecht.

Ich wage mir gar nicht vorzustellen, wie es in Deutschland bei einem militärischen Konflikt aussehen würde.

Ja, kann ich auch einen kleinen Beitrag liefern. Im „Studentensommer“ 1976 (4 Wöchiger Arbeitseinsatz + 3 Wochen Baltikum- Erkundung) fuhren etwa 50 Studenten vom Ostbahnhof Berlin zum Hbh nach Vilnius in Litauen. Fahrzeit, inkl Gestellwechsel an den Waggons an der polnisch russischen Grenze etwa 24 Stunden. Und der Witz dabei wir kamen ganz pünktlich zur avisierten Ankunftszeit in Vilnius an. Wie lange ist das wohl her. Im übrigen sind wir auf russischem Gebiet Stunden durch Birkenwälder gefahren und haben uns die Zeit mit polnischem „Büffelwodka“ der mit dem Grashalm, vertrieben. Ein Fläschchen für das super nette Begleipersonal wurde auch auf die deutsch sowjetische gemeinsam geleert. Aber nur
eine ……
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik
pS und da haben wir sehr sehr viel von Land und Leuten außerhalb jeglicher Propaganda mitbekommen.

... als Westberliner im Intershop gekauft. Es war ein gefährliches Zeug. Heute trinke ich das nicht mehr.

Trotzdem: Auf die Jugend!

Aber ja, damals sagte man einfach: "Ich fahre durch russisches Gebiet", wenn man durch sowjetisches Gebiet gefahren ist. Heute muss man sogar ganz sorgsam von Belarus sprechen (um Gottes Willen nicht "Weißrussland"!).

Walter Bühler | Do., 9. März 2023 - 09:58

Wie war das doch?

Wer verdankt dem rabiaten Protest gegen Stuttgart 21 seinen politischen Aufstieg?

Grüne Technikfeindlichkeit verbündet sich mit dem deutschen Eigenheim-Biedermeier, um das wohlige grüne Schlaraffenland zu schaffen - ein idyllisches Altersheim für alle, vom Säugling bis zum Greis - jedenfalls solange sie Land oder die richtigen Aktien besitzen.

Das grüne Deutschland träumt sich weg von seiner geographischen Lage im Herzen Europas, weg von seiner industriellen Struktur, weg von der Gegenwart in ein kindliches, romantisches Biedermeierland, von dem die Märchen erzählen.

Diese Woche haben „Klima-Protestler“ in WOB einen Zug mit neuen VW‘s gestoppt und zwei Waggons mit einem Straßenbahn-Banner verkleidet. Die Forderung: VW solle Straßenbahnen statt Autos herstellen. Straßenbahnen, für die es keine Schienen gibt und deren Bau die Renovierung von Bahnstrecken behindern würde (gleicher Berufszweig). Straßenbahnen, für die es bei VW keine Expertise gibt und bei der sehr viele Arbeitsplätze wegfallen würden
Derweil müssen wir bis 2025 warten, um in den ersten „bodengleichen“ ICE zu kommen- Umstellung bis 2040? Andere Züge werden Doppelstöckig und damit eine Abkehr vom behindertengerechten Einstieg.
Da sollen wir alle auf unseren PKW verzichten und mit dem ÖPNV fahren? Der soll noch häufiger fahren, auch wenn die tagsüber schon heute kaum Fahrgäste haben. Ist das wirklich „klima- und umweltfreundlich“?

Gabriele Bondzio | Do., 9. März 2023 - 10:32

Wenn ich von meinen Streifzug durch den Blätterwald zurückkomme, sitze ich ratlos da...den Kopf in die Hände gestützt. Und denke darüber nach, wohin „Oberleitungsschäden und die Weichenstörungen“ in vielen politischen Köpfen, die Regierungsverantwortung übernommen haben, noch führen soll.
Die politische Lokführung in DE ist mit vielen selbstverursachten (schlecht durchdachten) Eingriffen auf den direkten Weg nach Schilda.

Da wird auf neue Wärmepumpen umgeswitcht, der Renner der neuen Heizungsgeneration. Dabei weiß Keiner ob ausreichend Strom verfügbar ist. Stromrationierungen schon im Gespräch sind.
Nun hat sich noch ein neuer Aspekt ergeben. Es droht dem „klimafreundl. WP-Besitzer“ von Seiten der EU Ungemach. Da im Kältemittel umweltschädl. PFAS enthalten, welche verboten werden sollen.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, welche Störungen im politischen Betriebsablauf (kopfmäßig) gelöst werden müssen, ehe für die Bahn Mittel übrig bleiben.

Norbert Heyer | Do., 9. März 2023 - 11:18

Vor über 20 Jahren fuhren meine Frau und ich nach Amsterdam. Am Bahnhof Nimwegen stand auf einem großen Transparent: Streckenabschnitt der Zugverbindung von Rotterdam bis Grenze nach Deutschland vollendet. (Es ist die Direktverbindung durch ganz Europa bis nach China). Wir werden jetzt im kommenden Jahr - 20 Jahre später - vielleicht, hoffentlich, eventuell … im nächsten Jahr nachgezogen haben. Wir waren begeisterte Bahnfahrer, aber nicht eine Fahrt - keine einzige - ohne Probleme: Verspätungen, falsche Wagenreihung, Klimaanlage im Sommer als Heizung, im Winter als Kühlung, Speisewagen geschlossen, falsche Reiseunterlagen erhalten, Platzkarten doppelt vergeben und unbenutzbare Toiletten. Wir haben jetzt nach 20 Jahren unser Abo gekündigt. Denn jetzt mit dem 49-Euro-Ticket, da fängt der Spaß erst richtig an. Die Infrastruktur wurde sträflich vernachlässigt, immer wieder neue Chefs, immer neue Vorstellungen und Ideen, alles sollte besser werden, das genaue Gegenteil ist leider der Fall.

Robert Hans Stein | Do., 9. März 2023 - 18:05

Leute, macht's wie ich, fahrt Auto! Egal ob Diesel, Benzin oder elektrisch betrieben, jedem seinen eigenen Bahnhof oder seine Bushaltestelle geht ja nun wirklich nicht. Und wie komme ich zur näöchsten Verbindungsstelle? Mit dem Auto. Erst die Alternativen, dann der Umstieg!

Heidemarie Heim | Fr., 10. März 2023 - 11:38

In der Tat kann man als Zugreisender in Deutschland auf die Idee kommen, dass die reine Personenbeförderung in dem Saftladen unterste Schublade oder Bückware ist. Denn von kundenfreundlichen Betriebsabläufen ist die deutsche Bahn und ihre Liegenschaften (versiffte Bahnhöfe ohne Toiletten und Zugang für mobilitätseingeschränkte Menschen, Reisende mit Gepäcklast, Mütter mit Kinderwagen usw.)mittlerweile schon rein physisch dermaßen "komfortbefreit", dass das durch Verspätungen überstrapazierte Nervenkostüm fast als zweitrangig betrachtet werden kann. Außer man steht wie wir vor Jahren kurz vor dem Flughafen mit dem ICE, dessen Türschlussautomatik versagte und mich beim Einstieg samt Koffer schön langsam zusammen quetschte, ich daraufhin ein upgrade in die erste Klasse spendiert bekam mitten in der Pampa wie auf heißen Kohlen weil der lang ersehnte wie gut geplante Dom Rep-Flug incl. Bahnticket drohte ohne uns abzuheben. Heute bin ich zu alt für den Sch...;)bzw. die Servicewüste DB. MfG