Parlamentarischer Rat 1949
Für die Väter und Mütter des Grundgesetzes standen die Grundrechte keineswegs unter Pandemievorbehalt: Schlusssitzung des Parlamentarischen Rats am 23. Mai 1949 / dpa

Corona-Politik und Grundgesetz - Vom Geist der Verfassung und vom Ungeist der Zeit

Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Recht auf körperliche Unversehrtheit: Diese und andere Grundrechte wurden von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes im Jahr 1949 als Abwehrrechte gegen den Staat verstanden. Heute gilt als Querdenker, wer sie auch in Pandemiezeiten hochhält. Die Intention des Grundgesetzes wird in ihr Gegenteil verkehrt.

Autoreninfo

René Schlott, geboren in Mühlhausen/Thüringen, ist Historiker und Publizist in Berlin.

So erreichen Sie René Schlott:

Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes hatte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung im Jahr 2019 die aufwendig gestaltete Website 70jahregrundgesetz.de freigeschaltet. Darauf erläutern Juristen, meist Lehrstuhlinhaber deutscher Universitäten, unter anderem die einzelnen Grundrechte in kurzen, 70 (!) Sekunden langen Videosequenzen. Zum „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ etwa führt eine Professorin aus: „Artikel 2 schützt zum einen, was wir sind, unseren Körper, unser Leben und unsere Freiheit. Deshalb dürfen wir nicht einfach ohne Grund verhaftet werden, und wir dürfen auch über medizinische Behandlungen selbst entscheiden.“ Und zu der in Artikel 8 garantierten Versammlungsfreiheit erläutert ein Professor: „Die Behörden haben die Pflicht, Veranstaltungen zu ermöglichen und zu schützen. Sie dürfen sie nur dann beschränken, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist.“

Die professoralen Statements sind erst drei Jahre alt und scheinen doch aus der Zeit gefallen. In beiden Videos werden Selbstverständlichkeiten ausgesprochen, auf die wir uns alle bis vor kurzer Zeit wahrscheinlich noch ohne längere Diskussion und ohne den Verdacht des Querdenkertums oder der Sympathie mit Rechtspopulisten hätten einigen können. Doch in diesen Zeiten flächendeckender, präventiver Demonstrationsverbote, die notfalls auch mit Polizeigewalt durchgesetzt werden, und in Zeiten anhaltender Forderungen nach einer allgemeinen, gegen jede Evidenz gerichteten Impfpflicht würden sie so mit Sicherheit nicht mehr formuliert werden. Der Zeitgeist ist längst über den Geist unserer Verfassung hinweggegangen.

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Urban Will | Mo., 21. Februar 2022 - 13:53

Der nach vorne einen fürchten...

Corona hat gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass Grundrechte geschreddert werden, letztendlich reicht die Zusammenarbeit von klar einseitig besetzter Politik (links – grüner Zeitgeist in allen Parteien außer einer) und Medien.

Der Artikel fasst sehr gut zusammen, was da alles los war in dieser noch so jungen Demokratie namens Deutschland.

Doch muss man klar feststellen: es ist noch schlimmer als hier dargestellt. Denn es gibt letztendlich nur noch einen Schutzwall gegen willkürlichen GR – Entzug und der sitzt in Karlsruhe. Dort sollte das garantiert werden, was so fürchterlich missbraucht wurde unter Corona.
Aber auch dort scheint man ihm verfallen, diesem Zeitgeist.
Die Regeln der Besetzung dieses höchsten Gerichtes sind offensichtlich dieser Demokratie ärgster Schwachpunkt.
Aber wie kann man dem beikommen?
Man muss die Besetzung trennen vom politischen Alltag. Da muss das Volk mitreden können!
So kann das nicht weitergehen.

Die Installation eines von der EU favorisierten unabhängigen Richterrats (den es in Deutschland nie gegeben hat) erweist sich nicht nur in Polen als brüchig. In einigen vermeintlich sehr rechtsstaatlichen EU-Ländern bemühen sich die Regierenden in Legislative und Exekutive intensiv um mehr Einfluss auf die Besetzung ihres „Unabhängigen Richterrats“. Das allerdings verschweigt die zuständige EU-Kommission.
Und in Deutschland denken die Parteien nicht im Traum daran, ihren Einfluss auf die höchsten Gerichte zugunsten einer funktionierenden Gewaltenteilung aufzugeben.
Auf Nachfragen wird der Missstand mit mangelnden Alternativen begründet.
Aber dem ist nicht so: Mit einem rein qualitativ orientierten Losverfahren unter Ausschluss der Legislative und der Exekutivorgane wäre es durchaus möglich, den Einfluss der Parteien auszuschalten.

Walter Bühler | Mo., 21. Februar 2022 - 20:01

Antwort auf von Bernhard Marquardt

... war Demokratie ohne Los nicht vorstellbar.

Das nur als Anmerkung.

Einnahme der wichtigsten Zentralen der Wirtschaft, der Ideologie & des Rechtswesen, der Finanzwirtschaft & des Handels müssen in die Hand der Arbeiter -& Bauernräte sein, um die sozialistische Revolution ausrufen zu können.

Alle zentralen Punkte müssen durch die kreativsten Kräfte des Sozialismus besetzt sein & dadurch in der Hand der Arbeiter -& Bauernmacht sein!

Und ist dies im Staatskapitalismus anders? Zumal, bei wem laufen die ganzen Fäden zusammen? Brüssel ist es jedenfalls nicht, so wie auch ein amerikanischer Präsident nur eine Marionette ist, der ganz schnell verunglücken kann.

Hinzu die schwerwiegende Aussage von Herrn Schäuble:

#Deutschland war zu KEINER ZEIT Souverän#

Diese Aussage kam von Herrn Schäuble, nicht von einen ...... Herrn Scholz!

Wenn es Amerika nicht einmal schafft, einen Herrn Bill Gates in die Schranken zu weisen, dass dieser sich um Dinge kümmert, die ihm gar nichts angehen & wovon er nichts versteht, da sieht man - ohne Worte & ohne Liebe wie Demut!

aus meiner Sicht sind aber nicht die "Regeln der Besetzung dieses höchsten Gerichtes" der ärgste Schwachpunkt dieser Demokratie. Der größte Schwachpunkt dieser einstigen Demokratie ist der ÖRR.

All diese Mißstände gäbe es nicht, würden die Medien unter der Ägide des ÖRR ihre Wächterrolle erfüllen.

Es geht noch einen Schritt weiter, nicht nur erfüllen die Medien ihre Wächterrolle nicht, viel schlimmer ist, daß sie ihre Stellung mißbrauchen, um die Gesellschaft vor sich herzutreiben. Der linke ÖRR gibt die Richtung vor und wacht dann über die Einhaltung der vorgegebenen Richtung!

Das ist ein Skandal sonders gleichen.

Wenn die Medien der Gesellschaft vorgeben, was sein darf und was nicht und dann auch noch die Einhaltung des Vorgegebenen überwachen, dann ist das eine Diktatur der Medien und keine Demokratie!

Der wichtigste und erste Schritt zur Rettung Deutschlands ist die Privatisierung oder besser Abschaffung des ÖRR.

dass der ÖRR in meinen Augen das größte Problem darstellt. Er macht durch seiner, einer Gehirnwäsche gleichkommender, Verbreitung von Meldungen Gewinner und Verlierer. Möglich, weil Politik und der ÖRR, in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Die Politik könnte es ändern. Warum sollte sie, sie fährt gut damit.
Besonders perfide ist, dass andere Journalisten sich nicht trauen eine andere Meinung zu vertreten, aus Angst an den Pranger gestellt zu werden. Was mit wirtschaftl. Nachteilen für sie und ihrer„Familie" verbunden sein könnte.
Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem, die durch unsere Wahlverfahren begünstigte Verwässerung der Gewaltenteilung. Man wählt, entscheidet und kontrolliert sich untereinander

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 21. Februar 2022 - 14:26

Recht und Gesetz verlieren, wenn diese nicht mehr „angewandt“, sondern (zeitgemäß!) ausgelegt werden. Dann wird jedes Recht zum Spielball der Mächtigen, die Gewaltenteilung aufgehoben, die Demokratie in eine Autokratie gewandelt.
Dass Gesetze nicht mehr nur nach dem Wortlaut angewandt werden, ist bereits seit geraumer Zeit der Fall. Schon der ehem. Präsident Voßkuhle sagte entsprechendes im Kamingespräch mit dem Cicero. Das wurde damals nicht hinterfragt. Es wäre für das Bestehen des Rechtsstaates, der Achtung vor den Vätern des GG und des GG selbst hilfreich gewesen.
Diese Väter haben bewusst hohe Hürden für Änderungen vorgesehen, tw. aus der Erfahrung heraus nicht einmal zugelassen. Wenn das jetzt durch „Interpretationen des Rechts“ gar durch das BVerfG. ausgehebelt wird, dann ist der Rechtsstaat an sein Ende gekommen und das hat nichts mit der Pandemie zu tun. Die kam nur für die Autokratie-Förderer zur rechten Zeit. China wird dafür als modernes Land gern als Vorbild genommen.

Christa Wallau | Mo., 21. Februar 2022 - 14:38

Gerade gegen diesen Grundsatz wurde in der Pandemie in schlimmster Weise verstoßen!

Caritas (= Nächstenliebe) hat man Tausenden von alten Menschen verweigert, die man monatelang ohne Besuch vereinsamen und viele von ihnen allein sterben ließ.

Den Kindern hat man die tägliche Begegnung mit ihren Freunden und den Unterricht vorenthalten und sie in großer Zahl in die Depression getrieben, ganz zu schweigen von der Zunahme häuslicher Gewalt gegenüber Kindern in den Zeiten der Lockdowns.

All das für einen fragwürdigen Schutz der Allgemeinheit, von dem man heute weiß, daß er nur in sehr geringem Maße wirkte bzw. schädliche Nebenwirkungen mit sich brachte.

Es ist tatsächlich in höchstem Maße erschreckend, wie in kürzester Zeit die verantwortlichen Politiker und sehr viele Bürger bereit waren, a l l e Prinzipien unseres Grundgesetzes über Bord zu werfen aus der egoistischen Angst heraus, selbst zu erkranken bzw. nicht schnell genug aus der Bedrohung herauszukommen.

Heidemarie Heim | Mo., 21. Februar 2022 - 14:51

Oder vielleicht übertrieben ausgedrückt "Schweigen unserer obersten Verfassungsorgane" mitsamt allen Verfassungsrechtlern beim aus dem Leben befördern hinderlicher Grundgesetzbestandteile von bewusst installierten Abwehrrechten des bürgerlichen Individuums gegen den Staat, und wenn ich es richtig interpretiere auch gegen eine anders meinende Mehrheit von Mitbürgern? Ob es einen wie immer gearteten Weg zurück zur Normalität und über 70 Jahre unangetastetes Grundrechteprinzip gibt werden wir spätestens am 20.03.22 erleben wenn das aktuelle Infektionsschutzgesetz zeitlich abläuft.
Doch wenn ich mir das momentan laute Blöken aus Reihen der MP*innen und der Regierung anhöre, die den Verlust ihres "Instrumentariums" an Vorgaben und Verordnungen befürchten und lauthals beklagen, überkommen mich wiederum starke Zweifel an deren Güte demokratischer Verfasstheit. Wer stoppt diese sich suspekt abzeichnende Entwicklung bzgl. staatlicher Ein-bzw.-Übergriffe? Danke werter Herr Dr. Schlott! MfG

Ingofrank | Mo., 21. Februar 2022 - 14:58

Wer braucht denn heute noch so ein antiquiertes Stück Papier. Erdacht von alten, toten, weisen Männern? Wir, die Elite der Jungen, oft nicht die hellsten Kerzen auf der Torte, weil ohne Berufsabschluss , dafür aber zu 100% links + grün besser noch ANTIFA , mit Eltern die die ersten waren, die Steine auf Polizisten warfen kurz 68 iger, dann noch antiautoritär erzogen, auf multikulti stehend, eine bunte Republick fordernd, wir die neue wissende und moralisch bestimmende Generation brauchen dieses Grundgesetz nicht. Wir nehmen die alte Verfassung der DDR schreiben statt SED und Parteien der Nationalen Front
einfach Fortschitts- & Klimapartei und alles ist in Butter.
Einen hoffentlich nie eintretenden Fall, verbunden mit einem nicht ganz Ernst gemeinten Gruß:
aus der Erfurter Republik

Bernhard Marquardt | Mo., 21. Februar 2022 - 15:19

Weder die schrecklichen Erfahrungen mit einem staatlich gelenkten Justizapparat im „Dritten Reich“ noch dessen Fortsetzung unter anderen Vorzeichen in der DDR haben die Bundesrepublik veranlasst, den Einfluss der Exekutive auf die Besetzung aller obersten Gerichte und Staatsanwaltschaften mit einer konsequenten Gewaltenteilung zu unterbinden.
Nach dem Ende des Faschismus hat Italien 1947 die Judikative der Exekutive entzogen. Spanien folgte diesem Beispiel nach der Franco-Diktatur 1978.
Die meisten Mitgliedsländer der Europäischen Union haben sich in modifizierter Form dem italienischen und spanischen Vorbild angeschlossen,
Deutschland bis heute nicht. Dass das von den jeweiligen Regierungsparteien beschickte BVerfG in jüngster Zeit den Schutz des Staates vor den Bürgern den Vorzug gibt anstatt umgekehrt, lässt nichts Gutes ahnen.

Sie kennen (wie ich ihren geschätzten Kommentar entnehme) sicher diese
Home page: © Udo Hochschild – gewaltenteilung.de

Auf der Udo Hochschild, ehemalige Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Dresden und ehemalige Vorsitzende eines Richterverbands, sehr anschaulich die Gewalteneinteilung in DE darstellt.

...und mit dem Schlußsatz die Frage aufwirft: "Deutsche Justiz – Wie gefährdet ist unser Recht?"

Günter Johannsen | Mo., 21. Februar 2022 - 15:30

"Wir, die Elite der Jungen, oft nicht die hellsten Kerzen auf der Torte, weil ohne Berufsabschluss , dafür aber zu 100% links + grün besser noch ANTIFA, mit Eltern die die ersten waren, die Steine auf Polizisten warfen... "
Die SED-Erben haben unser Land längst fest im Griff: "Vorwärts nimmer, rückwärts immer!"
Im überschwänglichen Glückstaumel wurden die Menschen nach der Friedlichen Revolution 1989 nachlässig gegenüber den revanchistischen Interessen der früheren Machthaber. Jetzt war es für alte Seilschaften aus SED & RAF mithilfe einer früheren FDJ-Sekretärin leichtes Spiel, die Menschen so zu vernebeln, dass die Aufarbeitung von vierzig Jahre SED-Unterdrückung und Stasi-Verbrechen in den Hintergrund rückte. Moralische Werte wurden verdreht – Vorzeichen ausgetauscht: aus Böse wurde gut - aus gut Böse! Erfüllungsgehilfe waren die linksdominierten Medien ... besonders die ÖR!
Frühere Seilschaften aus Ost und West verbündeten sich erneut! Der Rest ist allen hinlänglich bekannt!

Sabine Lehmann | Mo., 21. Februar 2022 - 16:35

Offensichtlich lässt sich der deutsche Bürger gerne für doof verkaufen. Die Diskussionsorgien über weitere Grundrechtseinschränkungen auf Verdacht und für Dinge, die eintreten KÖNNTEN, lässt die Frage aufkommen, ob manche noch alle Murmeln auf der Kette haben, finde ich. Als hätte ein Großteil geradezu Angst davor, dass Maske tragen gar verboten werden könnte. Das ist so absurd. Jeder, der will, kann doch auch machen was er möchte. Maske auf, Maske runter, zu Hause bleiben, Abstand halten, sich vom Leben und sozialen Kontakten verabschieden. Bitte schön, aber alle anderen, die ihr Leben und ihre freie Entscheidung zurück haben möchten, haben das Recht dazu. Das steht in unserer Verfassung, für die sich leider kein Schwein mehr zu interessieren scheint. Solche massiven Grundrechtseingriffe müssen begründet und verhältnismäßig sein. Eine Maske tragen zu müssen, ist ein massiver Eingriff und nicht mehr zu rechtfertigen. Aus Vorsorge verbietet sie sich nicht nur aus juristischen Gründen!

Sind es nur "Doofe"? Oder!

Wenn man Tag für Tag -sich- nur aus einer Richtung/Quelle informiert (wird), zweifellos ein Fehler. Deshalb nix andres hört, liest. Gegenteilige Meinungen von der Info-Quelle Tag für Tag stigmatisiert werden. Man Gefahr läuft, sich Diffamierungen auszusetzten, wenn man sich diesen Meinungen anschließt, die bis in den privaten (Kinder, Partner) Bereich hineinreichen. Auf absehbare Zeit keine Änderung sehen, nehmen viele wohl -was menschlich ist- hin, für doof verkauft zu werden, auch weil sie vielleicht andere Sorgen haben & halten auf Deutsch gesagt, ihre Schnauze. Dass geht nur gut, so lange der Krug, der zum Brunnen geht, nicht bricht.
"Für mich", ein weiterer Grund, warum einige sich für doof- verkaufen lassen ist, dass "juristisch" gesehen, Regeln/Gesetze nicht "logisch" sind. Wissenschaftliche Begründungen, z.B. für eine Impfpflicht, sich aber durchaus logisch anhören. Weshalb sich wohl auch viele impfen lassen, eine Impfpflicht aber ablehnen.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 21. Februar 2022 - 16:39

Der heutige Präsident des VG Wiesbaden war mein Dozent im Fach Staats- und Verfassungsrecht. Schwerpunkte waren die Artikel 1-20 GG, die nach Art. 79 Abs. 3 GG der Ewigkeitsklausel unterliegen, dürfen nicht in ihrem Wesensgehalt geändert werden. Da gerade die Polizei in vielen Fällen im Rahmen der Gesetze dort eingreifen war dieses Fach prüfungsrelevant zur Diplomierung. Die Ansprüche an uns wurden da sehr hoch angelegt, labern und Scheinverstehen führte zum Nichtbestehen. Und ja, auch von den grünen Büchern hörte ich, auf die der Dozent hinwies und die Fallbezogen als Kopien ausgeteilt wurden. Vielleicht liegt es daran, dass das GG derzeit ausgehöhlt und uminterpretiert wird, weil es nur eine provisorische Verfassung ist und selbst die Hüter des GG im BVerfG teils den grünen Band vergessen haben und politisch angepasst die Politik schützen und das GG als Abwehrrecht gegen den Bürger verstehen und eben nicht, wie es der Ursprung war umgekehrt. Nur der Souverän kann es richten.

Markus Michaelis | Mo., 21. Februar 2022 - 17:02

Auch ein GG ist nicht alles - so einfach ist die Welt nicht. Wäre Ebola so ansteckend wie Omikron .... Jeder in diesem Land sollte das GG als gesellschaftliche Grundlage akzeptieren, aber ich hoffe, dass niemand das GG als verpflichtend für seine eigene, individuelle Weltsicht und Werte sieht: wie könnte sonst das GG laufend angepasst, interpretiert (und verbessert?) werden? Religiöse Texthörigkeit wäre gegen das GG? Das GG hat eine Reise hinter sich: am Anfang mehr Abwehrrechte, dann mehr Betonung der Staatsaufgabe aktiv für gute Verhältnisse zu sorgen, heute eine starke Tendenz, richtige Werte für alle vorzugeben. Artikel sind umkämpft. Das GG ist auch flexibel, wie man sieht und kann alleine für den Einzelnen nicht die Lösung sein. Die Gesellschaft hat sich natürlich nach der im Moment vorgegebenen Interpretation zu richten - die morgen wieder anders sein kann.

In der Anwendung auf Corona jetzt bin ich beim Autor: man sollte die Grundrechte (ältere Interpretation) höher gewichten.

Sabine Lehmann | Mo., 21. Februar 2022 - 20:07

Antwort auf von Markus Michaelis

@M.Michaelis: Geehrter Herr Michaelis, mitnichten ist das Grundgesetz in allen Bereichen veränderbar.
Nach der Ewigkeitsklausel(Art.79 GG) sind die ersten, wichtigsten Grundartikel von Art. 1 bis 20 GG unantastbar. Und das ist auch gut so. Aus Weimar und dem Nationalsozialismus wollte man etwas gelernt haben, deshalb diese Klausel. Und eben genau um diese verankerten Grundrechte der ersten 20 Artikel unserer Verfassung geht es angesichts der aktuellen Corona-Diskussionen. Daran ändern auch sog. Notstandsgesetze nichts, zu denen sicher auch das Bundes-Infektionsschutzgesetz mit all seinen Grundrechts- und Freiheitseinschränkungen gehört.
Gesetze, die aufgrund einer nationalen Notlage die Aufhebung der Grundrechte implizieren, dürfen nicht alles und sind kein Eigenläufer. Wenn diese anfangen aus Unrecht neues Recht zu gestalten, hat jeder Bürger das Recht, und m.E. auch die Pflicht, Widerstand zu leisten. Dazu wurde Art. 20 Abs.4 ins Grundgesetz aufgenommen(Stichwort Sternmarsch 1969).

Gisela Fimiani | Mo., 21. Februar 2022 - 19:46

Zur Wohlstandsverwahrlosung gehört auch die geistige Verwahrlosung, sowie ein geschichtliches Analphabetentum. Es konnte ein Zeitgeist entstehen, der hochmütige, eitle Narren in politische Schlüsselpositionen spülte, die sich bildungs- und denkbefreite Staats(leicht)Gläubige zu Untertanen machte. Der Narren-Freiheit in Politik und Medien, ergeht sich nun, in unheilvollster Weise in der Verbiegung, Relativierung, Verhöhnung des GG. Erst wenn der Geist der Demut und des Verantwortungsbewusstseins, der das GG entstehen ließ, wenn die Ehrfurcht vor Art. 1, der aus gutem Grund der 1. Artikel ist, in seiner Tiefe erfasst, verstanden, verteidigt, gelebt wird, kann dem polit-medialen Irrsinn arroganter, rechtgläubiger, selbstgerechter Narren das Handwerk gelegt werden. Jeder von uns muß sich dafür zuständig fühlen, denn das GG ist unser aller Anker. Herrn Schlott gebührt aufrichtiger Dank für sein Besteben, die freiheitliche Demokratie für die uns Nachfolgenden vor Verblendung zu retten.

Albert Schultheis | Mo., 21. Februar 2022 - 22:56

Die Herrschenden brechen Recht und Gesetz, schränken elementare Grundrechte ein, nach Gutdünken, meistens ohne stichhaltige Begründung. Rechtfertigungen sind zu Abfertigungen degeneriert. Und denjenigen, die gegen die Rechtsbrüche aufbewahren, werfen sie vor, Recht zu brechen. Das Korrektiv war früher mal das Bundesverfassungsgericht als oberste Beschwerdestelle. Aber auch dieses ist der Gleichschaltung zum Opfer gefallen. MERKEL hat ganze Arbeit geleistet: nach Birne kam die Abrissbirne. Und der Ampel fällt nun ein zugerichteter Staat in den Schoß, in dem der Bürger vereinzelt, entrechtet und schutzlos staatlichen Übergriffen ausgeliefert ist.

Manfred Klein-Ilbeck | Di., 22. Februar 2022 - 08:59

Keinesfalls dürfen nur die Grundrechte aus Art 11 und 13 zur Pandemiebekämpfung eingeschränkt werden - wie der Verfasser unter Hinweis auf den Wortlaut des GG meint. Denn sowohl das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit steht in Art. 2, Abs. 2 Satz 2 unter Gesetzesvorbehalt, als auch die Versammlungsfreiheit in Art. 8 Abs. 2 - soweit es sich um Versammlungen "unter freiem Himmel" handelt.
Solche Gesetze müssen dem aus Art 3 hergeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen - was der richterlichen Überprüfung unterliegt. Dass diese auch effektiv stattfindet, zeigen die zahlreichen Eilentscheidungen, die verschiedene "Corona-Maßnahmen" wegen Unverhältnismäßigkeit aufgehoben haben.
Insgesamt stehen daher die pandemiebezogenen Maßnahmen von Verordnungs- und Gesetzgeber im Einklang mit der Verfassung - und nicht abseits derselben, wie Herr Schlott meint.

Bernhard Marquardt | Mi., 23. Februar 2022 - 16:32

Ein Gericht ist allen Instanzen üblicherweise neben dem/den hauptamtlichen mit zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.
Um einen gewissen Interessenausgleich zu schaffen, wird beispielsweise beim Arbeitsgericht ein Ehrenamtlicher von Gewerkschaftsseite vorgeschlagen, einer von der Arbeitgeberseite. So weit, so gut.
Da gibt es einen sozialgerichtlichen Zweig, in dem die regelmäßig beklagte Partei seit 1953 in allen Instanzen das Vorschlagsrecht für beide Ehrenamtlichen beansprucht.
Diese verfassungswidrige Besetzung des Gerichts nimmt Klägern jede Chance auf ein faires Verfahren.
Ursache ist eine Regelungslücke im Sozialgerichtsgesetz.
Das nach erfolgloser gerichtlicher Ochsentour angerufene BVerfG hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Vermutlich hat es die immensen Konsequenzen gescheut.