CDU-Unterstützer nach Bekanntgabe der ersten Prognosen im Konrad-Adenauer-Haus / dpa

Bundestagswahl 2021 - Die CDU ist an sich selbst gescheitert

Die ersten Wahlhochrechnungen sind da, und noch ist alles im Fluss. Es wird wohl ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Dennoch steht fest: Die Union ist gescheitert, und zwar an sich selbst. Sie hat es nicht vermocht, den Übergang zur Nach-Merkel-Ära zu organisieren. Jetzt braucht sie einen Neuanfang – doch wie der aussehen soll, ist völlig unklar.

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Natürlich ist es jetzt noch zu früh, um ein abschließendes Urteil treffen zu können. Die Ergebnisse sind im Fluss, und halbwegs Klarheit darüber, wer Deutschland künftig regieren wird, dürfte sich erst am Ende dieser Nacht einstellen. Es wird offenbar ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Aber eines steht dennoch schon fest: Die Unionsparteien fahren das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte ein. Und die CDU, die noch in diesem Wahlkampf immer wieder von sich behauptet hatte, die „letzte verbliebene Volkspartei“ in Europa zu sein, ist in brutalster Weise geschrumpft worden.

Mag sein, dass die Union auf den falschen Kandidaten gesetzt hatte. Aber Armin Laschet allein die Schuld an diesem Desaster in die Schuhe zu schieben, wäre genauso falsch wie verlogen. Mit einer knallharten Obstruktionspolitik hat der große bayerische Egomane seinen Teil dazu beigetragen, dass es so gekommen ist. Sollten die Unionsparteien tatsächlich nur als zweitstärkste Kraft aus dem Rennen hervorgehen, wird es keine Regierungsbeteiligung geben (zumindest nicht der CSU). Das hat Markus Söder unmissverständlich deutlich gemacht: Man spiele auf Sieg und nicht auf Platz, hieß die Devise.

Wie gesagt, noch ist alles offen, noch ist die Messe nicht gelesen. Aber so, wie es derzeit aussieht, heißt der nächste Bundeskanzler tatsächlich Olaf Scholz. Welche Koalition er dann anstrebt, bleibt weiterhin offen – aber eine „große“ mit CDU/CSU als Juniorpartner wird keine Option sein. Die SPD hat es mit Scholz jedenfalls geschafft, wieder Oberwasser zu gewinnen. Auch, indem sie ihren Kanzlerkandidaten zum alles entscheidenden Markenzeichen aufgebaut hatte. Scholz blieb in allem wenig konkret – bis hin zu seinem Verhältnis zur Linkspartei. Geschadet hat es den Sozialdemokraten nicht, im Gegenteil. „Respekt“ muss man da wohl (in Anlehnung an den Wahlkampfslogan) sagen angesichts der Diszipliniertheit, mit der insbesondere die linken Kräfte innerhalb der Sozialdemokratie sich in Zurückhaltung geübt haben.

Die falschen Kandidaten

Die FDP fährt ihre (offenbar eher bescheidene) Ernte ein von einem Feld bürgerlicher Wähler, das die Union ihr großzügig überlassen hatte; Christian Lindner hat nun vieles in der Hand, wenn es von morgen an darum geht, Regierungsmehrheiten zu finden. Für die Grünen ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung angesichts des Potentials, aus dem sie eigentlich hätten schöpfen können. Auch für sie gilt: Es rächt sich bitterlich, sich bei der Auswahl der Spitzenkandidatin von interner Parteienarithmetik leiten zu lassen. Hätten sie anstatt auf Annalena Baerbock auf Robert Habeck gesetzt, wäre Olaf Scholz heute wohl ganz woanders gelandet.

Für die Linke und die AfD gibt es keinen Grund zu feiern. Letztlich sind auch diese beiden Parteien vom linken und vom rechten Rand Opfer ihrer inneren Zerstrittenheit und ihres Spitzenpersonals geworden, das keine Strahlkraft zu entwickeln vermochte. Dennoch könnte die Linke, sofern es für den Wiedereinzug in den Bundestag reicht, noch von Bedeutung sein, wenn es jetzt für Scholz darum gehen sollte, Mehrheiten zu finden. Rot-Grün mit Duldung der Linksfraktion, diese Option ist ja ohnehin keineswegs vom Tisch.

Auch angesichts der Prognosen für Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, wo Amtsinhaberin Manuela Schwesig (SPD) einen triumphalen Sieg errungen hat und Franziska Giffey (SPD) sich anschickt, nächste Regierende Bürgermeisterin zu werden, bleibt festzuhalten: Mit der deutschen Sozialdemokratie ist immer noch zu rechnen. Zumindest, wenn sie auf die richtigen Kandidatinnen oder Kandidaten setzt. Denn dass die Bundestagswahl und die beiden Landtagswahlen in erster Linie Persönlichkeitswahlen waren, daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen. Die CDU spielt übrigens weder in der Hauptstadt noch im nördlichen Bundesland eine ernstzunehmende Rolle. Wie auch, wenn deren Spitzenkandidaten (Kai Wegner in Berlin und Michael Sack in Mecklenburg-Vorpommern) selbst bei ihren Landsleuten kaum bekannt waren.

Die CDU wird sich regenerieren müssen, wie es jetzt allenthalben so schön heißt. Wahrscheinlich in der Opposition. Völlig unklar aber ist, wie das eigentlich geschehen soll – und mit wem. Mit Angela Merkel hat die Union seit dem Jahr 2005 jede Wahl gewonnen. Und hat dann den Machtübergang nicht hinbekommen – ist damit letztlich an und mit Merkel gescheitert. Nein, mehr als das: Die CDU ist an sich selbst gescheitert und an ihrer Überzeugung, die „geborene“ Regierungspartei zu sein. Angela Merkel hat diese Partei von innen ausgehöhlt. Und diese Partei hat es aus Bequemlichkeit einfach mit sich geschehen lassen.

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Und was mir beim betrachten(Rückblick) der Artikel & Kommentare mir seit einen halben Jahr auf viel:
"Sie & Ihre Mannschaft betrachten die Politik seit einen halben Jahr wesentlich kritischer(analytisch genauer) als früher.
Ja, hätte es schon seit 2015 mehr Wahrheit gegeben wie bei "AM neue Kleider",
dann würde die Titanic im wesentlich ruhigeren Fahrwasser sich wie heutzutage befinden.
Aber ich gebe auch zu dem Artikel zu ihrem Wahlgang recht, dass Hass, Spaltung, Ausgrenzung & Differierung immer rücksichtsloser werden.
Und leider sind von dem konservativen Lager der CDU/CSU auch wieder keine Mahnende Worte zu hören. Geschweige von der Kirchenobrigkeit hier in Deutschland zu den geforderten von der Politik. Die zeigen aber lieber RESPEKT & DEMUT anderen Konventionen, als zu ihren Schutzbefohlenen Gemeinden & Christen.
Ich bete, dass es zu keinen Bürgerkrieg wie in früheren Zeiten kommt, denn dieser kleine Schritt der Grenzüberschreitung ist auch schnell getan. Keine Gewalt!

Urban Will | So., 26. September 2021 - 18:53

Scholz heißt, auch wenn die Roten knapp gewinnen sollten.
Das ist ja gerade das Gute am deutschen Wahlsystem. Nicht immer gewinnen die, die gewonnen haben.
So wie Kohl 1976.

Wie ich hörte, sind Laschet und Lindner befreundet.
Und es könnte für Jamaika reichen, je nachdem, was sich da noch tut bei d Hochrechnungen.

Man muss den Dingen ins Auge sehen. Mehr als Jamaika ist aus Sicht konservativ Denkender nicht drin.
Und lieber Wirtschaft und Finanzen in (anzunehmenden) gelben und schwarzen Händen als eines davon oder gar beide in grünen oder roten.
Jamaika hält die vom Klimawahn besessenen Grünen ein wenig im Zaum.
Was wohl nicht erfolgen wird: eine allzu ausgeprägte Erneuerung der Schwarzen. Klar sind die inhaltlich abgebrannt, aber man kann sich ja auch i d Regierung erneuern.
Was erfolgen wird: ein noch weiterer Schwenk n links durch d Roten. Gerade dann, wenn die SED – Nachfolger draußen bleiben sollten.
Aber das wäre gut, es gäbe zumindest etwas klarere Trennlinien.

Ingofrank | So., 26. September 2021 - 20:06

Es spielt doch keine Rolle, ob zwischen Platz 1+2 ob 1 od. 2 % liegen. Entscheidend ist doch der absolute Verlust von rd. 8…9% Minus.d.h. Abstrafung durch die Wähler der CDU/CSU bei letzterer etwas weniger. Soll der Merkellismus durch den Laschettismus weitergeführt werden? Noch einmal 4 Jahre Stillstand. Und, die werden uns alle wieder melken egal welche Koalition uns beherrscht. Vielleicht habe ich unter Schwarz, Grün + Gelb 100 € mehr / Jahr im Portmonee aber nut vielleicht. Aber, das macht den Bock auch nicht fett.
Eines ist schade (Gott sei Dank), dass es für die Befürworter für RRG nicht reicht. Ich hätte gern den Befürworten als Teil meiner Brüdern & Schwestern diese Erfahrung gegönnt. So o.k. F. Hein?
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Besten Dank lieber Herr Ingofrank! Die "Schwarzen" wie Sie sie nennen, brauchen ja auch gar nichts zu kapieren solange diese über Wendehälse aus Bayern und genügend Klatschhasen verfügen, die wie Söder seine Meinung betreffs "Der Sieger wird natürlich Kanzler" schneller wechselt als ich die Unterwäsche oder pflichtschuldigst den größten Verlierern aller CDU/CSU-Zeiten trotzdem minutenlangen Beifall zollen;). Und wie erwartet wandelt man das Debakel um in einen Triumph über die rote und braune Gefahr. Einzig MP Haseloff fand gestern Abend bei A. Will deutliche Worte zum Abschneiden seiner Partei, insbesondere im Osten, wo die angeblichen Verlierer der AfD so einiges mehr an Direktmandaten holten und die Linken locker die 5%-Hürden nahmen. Bin mal gespannt wie der "Ostbeauftragte" Monsieur Wanderwitz diesbezüglich wieder über das Demokratieverständnis meiner "Brüder und Schwestern" referiert;) LG

Dr.Andreas Oltmann | So., 26. September 2021 - 20:54

Das größteProblem der beiden „ Volksparteien“ besteht darin, dass 75% der Wähler weder den Einen noch den Anderen zutrauen, Deutschland in den nächsten Jahren zu führen. Der Wunsch der Wähler nach Beständigkeit und charismatischen Führungsfiguren ist stark, wie das Ergebnis von Frau Schwesig zeigt. Sie stellt eine eigene, überzeugende Persönlichkeit dar. Daran mangelt es SPD und CDU auf Bundesebene.

Hubert Sieweke | Mo., 27. September 2021 - 00:28

die Chance, einen prädestinierten Kandidaten mit Merz aufzustellen. Leider haben die Giftspritzen von Merkel jeweils vor der Stichwahl gewirkt, deshalb hatte ich mir damals schon gewünscht, dass das Desaster seinen Lauf nimmt. Genauso hatte ich es vorausgesehen, Die schlappe CDU, die für GARNICHTS mehr steht, entblödet sich noch immer mit Armin Laschet, laut zu rufen, wir sind die beste Partei!!!
Und Merkel sitzt derweil am Kamin in MeckPom und freut sich, dass sie die CDU von einst 46% auf endlich 24,5% gebracht hat.

Merz hätte diese Wahl locker gewonnen...

Gerhard Lenz | Mo., 27. September 2021 - 11:10

nach der so viele Foristen verlangen, hatte eine schwache Generalprobe.

H.G. Maaßen, AfD-Versteher und Rechtsaussenkandidat der Union, hat im Kampf um das Direktmandat eine krachende Niederlage gegen einen Sozi erlitten.
Und das in Thüringen.
Laschets Hoffnung, Maaßen könnte ein paar Stimmen von der AfD zurückerobern, hat sich als falsch erwiesen.

Ein allgemeiner Rechtsschwenk der Union würde in die völlige Pleite führen.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 27. September 2021 - 12:25

Eine klare und unmissverständliche Analyse. Das Problem UNION fing schon damit an, als Merkel jeden wegbiss, der ihr gefährlich werden konnte. Die CDU hat die Zeit nach Merkel nicht gedacht. Vielleicht glaubten die wirklich, dass ginge bis an ihr Lebensende. Aber jeder mediale Stern verblasst, so auch der von Merkel. Die Dunkelheit die aufzog, wollten die Merkelianer nicht erkennen, sie machten die Augen zu und hofften darauf, es wird schon irgendwie weiter gehen. Es wurde eben nicht an die Zeit danach gedacht und niemand als Kanzler, als künftige Vorsitzende und Minister aufgebaut. Lieber ließ man Angela herumwurschteln, war sie doch gefühlt die "Göttin". Diese CDU ließ ihre Entkernung und die Entpolitisierung zu, driftete immer weiter nach links ab, wurde in Teilen sozialdemokratisch und nun ist das passiert, was wir hier im Forum schon seit Jahren kommen sahen. Die CDU hat fertig, auch wenn es Laschet als Kanzler doch schaffen sollte. Diejenigen, die helfen könnten will man nicht.

was für alle Menschen überall auf der Welt Gültigkeit besitzt:

"Wer nicht hören will, muß fühlen!"

und:
"Wer mit Hunden zu Bett geht, steht mit Flöhen auf."

Klugen Politikern vom Schlage eines Adenauer oder Strauß wäre n i e m a l s der Fehler unterlaufen, die CDU oder gar die Kanzlerschaft einer Angela Merkel zu überlassen!!!
Menschenkenntnis gehörte aber leider nicht Kohls Stärken, und die reinen Karrieristen, die sich in den letzten Jahrzehnten vermehrt in der CDU eingefunden haben, waren erst recht nicht fähig zu erkennen, wohin sie die - angeblich so erfolgreiche (!) - Reise mit der Blume aus der Uckermark letztlich führt.
Nicht einmal die Umkehr-Chancen, die sich j e t z t mit einer Kanzlerkandidatur von Merz ergeben hätten, nutzten diese Egoisten, die um ihre Pfründe bangten.

Da kann man dann wirklich nur noch sagen: Selber schuld! (Siehe oben!)
Mein Mitleid hält sich in Grenzen.
Nein, schlimmer: Ich gestehe, daß ich diesen Absturz der heutigen CDU von Herzen gönne!

Heidemarie Heim | Mo., 27. September 2021 - 14:19

Auch hier wieder die Frage lieber Herr Marguier! Warum sollte sie? Ihre Interessen lagen doch zumindest in den letzten Perioden ihrer "Regentschaft" m.E. nach mehr darin unser Land nach außen hin zu vertreten. Den inneren Kleinkram, bei uns auch "Kruscht" genannt;) überließ das Kanzleramt doch seinen getreuen Vasallen. Die Zügel ihrer Richtlinienkompetenz zog sie immer nur dann an wenn es um persönliche Animositäten gegen bestimmte Personalien, wie z.B. Merz und Andere nicht ihr huldigenden ging, oder während einem ihrer Scheckheft-Besuche eine Wahl in Thüringen aus ihrer Sicht drohte aus dem Ruder zu laufen. Ansonsten drohte dem wie geschmiert laufenden Hofstaat kein Ungemach, zumal man sich bis zuletzt auch der Mitarbeit nahezu jeder der Oppositionsparteien im BT gewiss sein konnte. Warum, so nochmals meine Frage sollte sich die ungekrönte Beliebtheits-Königin aller Umfragen einen Zacken aus der Krone brechen was einen Nachfolger/in aus dem Kreis ihrer Untertanen betrifft;)? LG