- Entpören Sie sich!
Empörung ist kein Ersatz für Politik, auch wenn sie sich so nennt. Emotionalisierung und Personalisierung verhindern, dass Politik sich erneuern kann. Dabei wäre genau das im Augenblick dringend erforderlich
Kennen Sie das? Nach ein paar ruhigen Tagen über Weihnachten ohne allzu viele schlechte Nachrichten (ok, da war die Helene-Fischer-Show, aber die blende ich aus) möchte man sich wieder in die aktuelle Nachrichtenlage einfinden. Doch das ist schwieriger als gedacht, denn Nachrichten in Reinform tauchen ja kaum mehr auf. Was man sieht, sind die Empörungswellen und wie diese schäumend an den Ufern des Mainstreams aufrollen, um sich sofort wieder zurückzuziehen und der nächsten Welle Platz zu machen.
Und die Wellen folgen einander ohne Unterlass. Das Jahr hat kaum begonnen, da fällt es schon schwer, den Überblick zu behalten, denn: Die Auslöser dieser Wellen sind immer seltener ausformulierte Inhalte tatsächlicher Debatten, sondern sie agieren nur noch als Schlagwortgeber. Es sind also oft nur wenige Informationen, die darüber entscheiden, ob und wenn ja wie stark man als Einzelner nun in die eine Empörung einsteigt, während man eine andere vorbeiziehen lässt. Man kann ja schließlich nicht auf jeden Zug aufspringen. In der Regel wählt man eine gewisse politische Richtung oder einen bestimmten Themenbereich, dessen Erregung man aufgreift. Doch selbst diese oberflächliche Entscheidung wird zunehmend schwieriger, denn ob eine Welle nun gefühlt eher „von links“ oder „von rechts“ kommt, ist kaum noch zu unterscheiden.
Viel Lärm um viel zu wenig
Als „rechte“ Empörungswellen gelten gemeinhin all jene, die sich durch fast allergische Reaktionen auf Personen wie Greta Thunberg, Angela Merkel, Heiko Maas, Annalena Baerbock und Robert Habeck oder auf Schlüsselbegriffe wie Feinstaub, Tempolimit, Veganer, divers-sexuelle Menschen, Migranten und auf Straftäter auszeichnen, deren Nationalität in der Berichterstattung nicht erwähnt wird. Ebenso gereizt reagieren sie auf Kritik an der AfD sowie auf Satire im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sofern sie das eigene Weltbild attackiert. Hinzu kommen vermeintliche Panikattacken wegen immer neuer Flüchtlingsströme, Steuererhöhungen und der unaufhaltsam voranschreitenden globalen Mullah-Verschwörung, die uns angeblich alle versklaven wird.
Als „links“ werden Empörungswellen eingestuft, die eher durch Naturgewalten wie den Klimawandel, Donald Trump, Boris Johnson oder Dieter Nuhr ausgelöst werden, durch Nazis hinter jeder Häuserecke, durch planetenmordende Dieselfahrer, Fleisch-Fetischisten und durch alte weiße Männer, die Kinder und Jugendliche lieber auf der Schulbank als auf den Straßen sähen. Angereichert werden diese Wellen durch die entsprechend selektierte Weltsicht: Alles brennt vor Hitze, gleichzeitig ersaufen alle im polaren Schmelzwasser, und wenn wir nicht an Umweltverpestung, Online-Mobbing oder medialer Reizüberflutung sterben, dann nächste Woche im Dritten Weltkrieg, und zwar nicht durch iranische, sondern durch amerikanische Bomben.
Empörung ist antipolitisch
Ohne Empörung geht nichts mehr. Und wer sich nicht empört, gilt als naiver und gefährlicher Verharmloser, egal von was. Und da dieser Druck, gefälligst mitzuereifern, so stark ist, ist die Empörung mittlerweile an die Stelle des Engagements getreten. Die Aufregung an den Gestaden des Mainstreams gilt als Indiz für dessen Vielfalt, Aufgewühlt- und Wildheit. Die öffentlichen Erregungszustände werden interpretiert als Folge einer tiefen Spaltung der Gesellschaft entlang altbekannter politischer Trennlinien. Nach langen Jahren der politischen Alternativlosigkeit vermischt sich hier die Furcht vor einer stärkeren Polarisierung mit dem Wunsch nach grundlegenden Veränderungen.
Beide, sowohl die Furcht als auch der Wunsch, sind aber eher unbegründet. Denn obgleich viel Getöse die politische Landschaft aufwühlt, so ist die Empörung doch überaus volatil, haltlos und oberflächlich. Viel spannender und auch entscheidender sind nicht die vermeintlich extremen Gegensätze, sondern deren Gemeinsamkeiten. Sie nutzen Inhalte als Sprungbretter in die emotionalisierte Polit-Arena der Empörungskultur. Hier duelliert man sich dann mit alten und hohlen Phrasen und großer Klappe, jedoch fast ohne ernstzunehmende Substanz. Was allein zählt, ist die Macht des Augenblicks, der kurzfristige Imagegewinn und das Spektakel, das nur solange hält wie der Schaum vor den Mündern der Aufgepeitschten.
Intolerant aus Angst
Die Empörungskultur hat zwar verschiedene Ausprägungen, sie ist aber im Kern eben gerade weder links noch rechts. Tatsächlich ist sie das Resultat des völligen Einsturzes von ehemals „rechten“ und „linken“ Visionen und Weltbildern. Wir haben es nicht mit einem politischen Verdrängungskampf zu tun, in dem eine dynamische politische Kraft Veränderungen einfordert. Wir sehen heute eher die Implosion der alten Politik. Was übrigbleibt in ihren Ruinen, sind Wehleidigkeit und Opferhaltung und daraus resultierend desorientierte Paranoia und Hass gegenüber Abweichlern. Auf diesem Niveau angekommen, sind politisches Erbe und ideologische Herkunft faktisch irrelevant.
Die Empörungskultur zeigt weder nach rechts noch nach links, sie weist den Weg zurück in Zeiten, in denen es rechts und links als politische Parameter noch gar nicht gab, sondern die Meinung von Hetzern, Ketzern, Predigern, Aufwieglern und Abergläubigen gemacht wurde. Sie ist gewissermaßen voraufklärerisch, sie tarnt sich je nach Vorliebe als identitär und individualistisch, zugleich als globalisiert, kultursensibel und umweltbewusst. Und sie ist alles andere als vielfältig, denn sie straft jede Abweichung sofort und unwiderrufbar mit Exkommunizierung. Diese „emotionale Demokratie“ ist keine, denn sie nimmt politischen Dissens persönlich und verneint die Möglichkeit, dass Menschen unterschiedlicher Meinung sein können, ohne sich die Schädel einzuschlagen.
Aufgeregt aus Ruinen
Diese Empörungsspirale kennt kein natürliches Ende. Und es ist auch kein Privileg religiös motivierter Empörung, die eigene Position mit Gewalt durchzusetzen. Fünf Jahre nach dem islamistischen Attentat auf die Redaktion des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ ist klar: Unsere Gesellschaft ist seitdem keineswegs weniger emotional geworden, im Gegenteil. Ihre Paranoia gegenüber Abweichlern nimmt so beständig zu wie die Bereitschaft, vor Intoleranz einzuknicken.
Was sind die Ursachen für das Erstarken dieser Empörungskultur? Sie ist eine Folge des jahrelangen Fehlens ernsthafter politischer Alternativen und des daraus resultierenden argumentativen Wettstreitens. Die „GroKo der Alternativlosigkeit“, die seit vielen Jahren immer mehr Menschen in die Politikverdrossenheit vertrieb, hat dazu geführt, dass Menschen die Rolle von politischer Debatte und Argumentation geringschätzen. In der Alltagskultur ist derlei kaum noch vorhanden. Insofern ist es kein Wunder, dass nun, wo dieser Konsens immer mehr zerbröselt, die Gesellschaft darauf nicht mit einer politisch aufgeklärten Haltung reagiert, sondern emotional und panisch.
Was hilft: Luftholen und nachdenken
Das Positive daran: Die alten politischen Parameter „links“ und „rechts“ existieren tatsächlich nur noch als Ballons. Je mehr heiße Luft hineingeblasen wird, desto mehr verlieren sie an Bodenhaftung. Unsere Empörungskultur macht deutlich, wie wenig Relevanz diese alten Kategorien noch haben. Wir sollten die Größe der Ballons nicht mit deren Bedeutung verwechseln, sondern immer und wo es eben geht, mit Nadelstichen die Luft herauslassen, um sie auf ihre wahre Größe herunterzuholen.
Empörung ist kein Ersatz für Politik, auch wenn sie sich so nennt. Emotionalisierung und Personalisierung verhindern, dass Politik sich erneuert. Mich interessiert nicht mehr, ob sich jemand links oder rechts nennt. Mich interessiert, wie ruhig und rational jemand in einer Debatte seinen Standpunkt vertritt. Nur von denen ist tatsächlich Substanzielles, Konkretes und Kontroverses zu erwarten. Genug der oberflächlichen Empörung, es ist Zeit für Entpörung!
Eine Auswahl von Texten dieser Kolumne aus den letzten beiden Jahren hat Matthias Heitmann in seinem Buch „Schöne Aussichten. Die Welt anders sehen“ veröffentlicht (154 S., EUR 9,99). Es kann hier bestellt werden.
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Ein gutes Gefühl, ein gesundes Gefühl, die Empörung. Sie erleichtert und beflügelt oft die Kraft, die es braucht, die Verhältnisse zu ändern.Stand am Beginn von Revolten und großen oder kleineren Revolutionen.
Wo liegen die Ursachen, wenn eine so wünschenswerte Gefühlslage zum zahnlosen Tiger mutiert? Cui bono? Nutznießer sind gewiss die, die sich an ihrem Regierungsposten festhalten, der schon lange nur noch ein beharrliches Festhalten ist, fernab von jeder entschlossenen und auch notwendigen Gestaltung. Solche Empörungswellen entzünden sich immer an etwas, was lanciert wird. Medien haben gewiss einen großen Anteil, vielleicht auch die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung. Der Bruder der Empörung ist der Kampf gegen rechts, der Kampf gegen links, der Kampf gegen irgendwas. Mit diesem Geschwisterpaar lässt sich die Politikverdrossenheit bestens und gefahrlos kanalisieren. Sie läuft sich schlicht und einfach tot.
.... ruhig und rational“.... diese Verfasstheit wäre nicht nur eine Wohltat, sie allein kann die Demokratie retten. Angereicht mit Selbstkritik und einem Denken, das den Zweifel, den möglichen Irrtum immer einschließt, könnte die Gesellschaft neue, alte Ufer entdecken.
"Satire im öffentlich-rechtlichen Rundfunk" ist in diesem Kontext auch nicht schlecht.
Sie haben zwar absolut recht, ich glaube aber nicht, dass es dazu kommt sondern, dass die Empörungswelle immer höhere Amplituden erreicht und in der Forderung nach Verboten bestimmter Meinungen und Auftritten entsprechend verdächtigter Personen münden wird. Auf der anderen Seite werden alle halbwegs rational denkenden und handelnden Personen bestenfalls als naiv gebrandmarkt und werden sich zunehmend mit entsprechenden Verboten belegt wiederfinden. Der Blockwart und Denunziant ist via Twitter, Instagram und Facebook gut vernetzt und die Denunziation wird einen gnadenlosen shitstorm hervorrufen, der dann wiederum als gerecht verteidigt wird, denn es ist eben kein Mobbing, weil derjenige es verdient hat, wie konnte er nur eigenständig denken.
Das ist das Problem unserer gesamten Medienwelt. Sie geben nicht Nachrichten zur Information weiter und überlassen es dem Leser welche Rückschlüsse er zieht, sonder verkaufen Meinungs- und Gesinnungsbilder. Die Medien in ihrem Auftritt werden zur Lenkung der Massen bewußt so gemacht wie wir es tagtäglich erleben.
... leider - und dass man für diese Einseitigkeit auch vierteljährlich "gerupft" wird, für mich eine Schande!
dass in den Medien immer weniger informiert wird. Zudem wird zwischen Fakten und Meinungen nicht mehr klar getrennt. Die Abwesenheit kontroverser Diskussionen in der Politik lässt den Informationsfluss stocken. Rede und Gegenrede waren gezwungen Fakten zu nennen, die ihre Positionen untermauerten. Dieser Prozess ist weitgehend zum erliegen gekommen. Man kann heute dutzende Artikel zu einem Thema lesen, ohne im mindesten informiert zu sein. Die meisten Journalisten sind offenbar nicht willens oder in der Lage, Kontexte zu vermitteln, Nachrichten in diese einzuordnen und die neue Situation intelligent zu analysieren. Stattdessen scheint einer vom anderen abzuschreiben. Ich würde mich durchaus auch über unentschlossene Kommentare und Prognosen freuen, die zwei oder drei der wahrscheinlichsten Alternativen nennen und dem Leser die Entscheidung überlassen, welche er für die wahrscheinlichste hält. Die sozialen Medien mit ihren Shitstorms und Hetzkampagnen tun ein Übriges ...
Ist ja alles sehr richtig. Das Problem ist nur, dass Empörte nicht so sehr die Welt anders sehen wollen , sondern schlicht und einfach verändern wollen (oder vielleicht auch umgekehrt dieses verhindern möchten). Die Empörung hat die Kraft des religiös Voraufklärischen. Dadurch, dass nicht rational argumentiert, sondern emotional gekämpft wird kann eher unmittelbar Druck ausgeübt werden, den beweislastige Argumente oft nicht zusammenkriegen. D.h. im Empörungsmodus hofft man vielleicht mehr zu bewirken als sich im Dickicht komplex-detaillierter Diskussionen zu verlieren.
Das neue Jahr ist schon ein Weilchen.
Wir trinken Kaffee, essen Teilchen.
Reden über Politik:
"Amerikaner sind zu dick!"
Und Trump führt Krieg mit dem Iran.
Jedenfalls fängt er irgendwie an.
Die Zeiten wechseln immer weiter.
Und was steht dann am Ende der Leiter?
Wahrscheinlich eine neue Zeit.
Sie zu bringen sind wir bereit!
Am Ende stinkt der Fisch vom Kopf.
Und Suppe bleibt immer noch im Topf.
DIE REPUBLIK WIRD SICH VERÄNDERN ...
()
(Tork Poettschke, Dortmund, *1980)
aber sie hat erst so richtig Schwung aufgenommen, als 2013 eine kleine Gruppe von ehrenwerten Leuten es gewagt hat, eine neue Partei zu gründen, die alles Bisherige hinterfragte.
Eine e c h t e Oppositionspartei eben.
Da ging das ganze Theater los!
Anstatt sachlich zu bleiben, erhob sich eine
Abwehrschlacht auf unsterstem Niveau.
Der untadelige Herr Lucke stand am Pranger wie ein Dieb oder Vergewaltiger.
Seitdem schaukelt sich die Empörungswelle höher und höher.
Warum?
Nun, weil die Kaste der Meinungsbestimmer partout nichts von ihrer Macht abgegen wollte und lieber in Kauf nahm, daß die Gesellschaft sich
spaltete. Die Arroganz war stärker als die Vernunft.
Inzwischen sind die Wunden, die man sich gegenseitig zugefügt hat, immer tiefer geworden und es gelingt gar nicht mehr, vorbehaltlos miteinander umzugehen.
Wenn solches Verhalten die "Oberen" vorleben, wieso wundert man sich dann, wenn Millionen von "Normalbürgern" es ihnen im Netz gleichtun?
Müssen Sie eigentlich jeden Beitrag dazu missbrauchen, Ihre AfD-Werbung zu verbreiten? Können sie eigentlich auch einfach nur mal beim Thema bleiben?
Im Übrigen unterstelle ich Ihnen Unredlichkeit, wenn ausgerechnet Sie jetzt für Herrn Lucke Sympathie zeigen: Als Unterzeichnerin des Stuttgarter Aufrufs haben Sie genau die Gruppen innerhalb der AfD unterstützt (Hoeckes Flügel usw.), die daran beteiligt waren, Lucke davonzujagen.
Ich kann dem in keiner Weise zustimmen. Ja, ich finde das Gesagte völlig daneben, geradezu zynisch, so als ob der Autor sich selbst völlig aus der Schusslinie nehmen und sagen wollte: "Kinder, seid friedlich!" während er das Zeit- und Gesellschaftsgeschehen däumchendrehend als Spiel mit Zimmsoldaten betrachtet. Wenn in der Politik so vieles falsch läuft, wie dies schon seit Jahren geschieht, kann man nicht sub specie aeternitatis die Welt betrachten, ohne dem Relativismus zu verfallen. Und wenn man in unserer Politik nicht mehr die Konsequenzen politischen Handelns debattiert und sich nur noch hinter der Moral verbarrikadiert, hilft den davon Betroffenen nicht der Ruf nach mehr Gelassenheit. Eine solche Position vermag nur jemand einzunehmen, der sein Schäfchen im Trockenen hat und sich vor den Konsequenzen nicht fürchten muss. Und dass hier kein Fakir, Stoiker oder Yoga-Erleuchteter schreibt, der selbst bei eigener Betroffenheit die Ruhe zu bewahren versteht, davon gehe ich aus.
, der das Schild in die Höhe hält, sollte mir einmal erklären, was für ihn einmal "Faschismus" ist.
Der schwammigste Progriff aller Zeiten.
Ich denke, da käme er in Erklärungsprobleme.
Die wissen es schon.
Das ist ja heute eine Generalmetapher für Leute, die anderer Meinung sind, als man selbst.
Ich sehe das auch so wie Herr Heitmann.
Im Detail ist es trotzdem interessant, warum sich über welche Dinge empört wird. Viele Anliegen sind berechtigt - die Art damit umzugehen verstehe ich aber nicht mehr.
Ein Punkt unter vielen, der aber mir aufstößt, ist der Gegensatz zwischen dem Selbst-Anspruch der absoluten Toleranz und Offenheit gegenüber allem, was nicht nach objekt-universellen Kriterien böse ist. Das beißt sich nach meiner Wahrnehmung so eklatant mit der Widersprüchlichkeit einer sehr vielfältigen Welt. Faktisch scheint mir jeder schnell an seine Toleranzgrenzen zu kommen - als Ausweg bleibt aber nur irgendetwas als böse zu erklären. Die Möglichkeit einer Abgrenzung und des "einfach anders" fehlt.
fragte Ingolf Lück in der Wochenschau dereinst als Herbert Görgens am Ende seines Auftritts.
Wenn ich sehe und höre, wie Menschen aus der dritten und weiter dahinter liegenden Reihen mit "skandalträchtigen" zum Teil verrückten Äußerungen in den soz. Medien es schaffen, innerhalb kürzester Zeit in die bundesdeutschen Haushalte zu schaffen, wundert mich nichts mehr. Jeder Depp kann via Twitter drohen, wiedersprechen, behaupten und beleidigen. Nein, wir können denen den Saft nicht abdrehen, wir können sie aber mit Missachtung strafen. Zuvorderst die Politik und die Medien müssten hier umsteuern, nicht jede Äußerung hochpuschen und einen Stellenwert schaffen, den der Absender nicht verdient hat. Mich empört weniger ein Meldungsinhalt als die Tatsache, wie damit umgenagen wird. Meine Empörung zeigt sich in Kopfschütteln, vielleicht mal zu Hause schimpfen und dann in Debattenforen sachlich meine Meinung dazu sagen. Und nein, ich komme nicht ins Fernsehen. Dafür reicht die GEZ-Gebühr nicht.
Sie treffen hier den Kern der Sache sehr gut.
Am meisten beeindruckt hat mich der Satz:
„Diese „emotionale Demokratie“ ist keine, denn sie nimmt politischen Dissens persönlich und verneint die Möglichkeit, dass Menschen unterschiedlicher Meinung sein können, ohne sich die Schädel einzuschlagen.“
Schon länger frage ich mich, warum das so ist und ich teile Ihre Meinung, dass die lähmende „Groko – Zeit“ hier einen wesentlichen Anteil hat.
Mehr noch sind aber die Medien hier in die Pflicht zu nehmen. Sie transportieren all diesen „Empörungsunsinn“ und leben ihn sogar vor.
So etwa ist es fast schon masochistisch, in diesen Tagen eine Talkrunde im ö.r. Fernsehen zu betrachten.
Wesentliche Triebkraft dieser „emotionalen“ Demokratie sind Medien, die in selbstgerechter Manier sich eine „Erziehungsaufgabe“ auferlegt haben, diese aber meinen mit Pflichtgesinnung und Duckmäuserei vor der ihrer Gesinnung entsprechenden Regierung erfüllen zu müssen.
Also, herr heitmann ist meine greta. Das buch muss her. Trotzdem (tja, ich kann nicht anders): die schuld auf die groko zu schieben, darüber würde ich gerne weiter nachdenken. Denn beide lager vereint ja die unzufriedenheit mit den gegenwärtigen verhältnissen. Und alle fühlen sich irgendwie betrogen. Ob das bei einer polarisierteren regierung besser wäre? Für ein lager vielleicht schon. Ob da die wirkung von politiker- debatten, z.b. im bundestag, nicht überschätzt wird? Jetzt fehlt nur noch einer, der sagt: ein ruck muss durch D gehen. Die einen bekommen zunehmend zweifel am eingeschlagenen weg, der funktionierte, solange er nur für privilegierte westler galt. Die anderen bekämpfen den zweifel mit dem appell an den volkskörper: durchgreifen, durchsetzen, gegen das kapital, gegen die eliten, gegen die weltveränderer, gegen die träumer. Dafür müssen dann natürlich alle an einem strang ziehen, wenn nicht, ist es die schuld der anderen. Aber vielleicht sind das nur meine projektionen.