Der saudische Journalist Jamal Khashoggi im Jahr 2012
Jamal Khashoggi, 2012 / picture alliance

Jamal Khashoggi - Empörung ist keine Politik

Der Journalist Jamal Khashoggi ist im Konsulat von Saudi-Arabien in der Türkei mutmaßlich auf grausame Art ermordet worden. Rufe nach Bestrafungen des autoritären Königreichs werden laut. Gleichzeitig ist es ein wichtiger politischer und geschäftlicher Partner. Was für Optionen hat der Westen?

Autoreninfo

Rudolf Adam war von 2001 bis 2004 Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes. Von 2004 bis 2008 leitete er als Präsident die Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Er ist Senior Advisor bei Berlin Global Advisors. Foto: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

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Am 2. Oktober 2018 betritt Jamal Khashoggi, ein saudischer Journalist der Washington Post, das Generalkonsulat Saudi-Arabiens in Istanbul. Er will amtliche Unterlagen für eine zweite Eheschließung abholen. Was danach passiert, wird vielleicht nie vollständig aufgeklärt werden. Doch es sorgt für diplomatische Spannungen in der Türkei, in den USA und auch in Deutschland. Klar ist nur: Khashoggi ist verschwunden und aller Voraussicht nach tot. Alles deutet darauf hin, dass er im Büro des Generalkonsuls befragt, gefoltert und schließlich ermordet und zerstückelt wurde. Der Fall droht zu einer schweren Belastungsprobe, vielleicht sogar zu einem Wendepunkt in den Beziehungen Saudi-Arabiens zur westlichen Welt zu werden. Und es könnte das Image des als Reformers angetretenen saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (kurz: MBS) nachhaltig beschädigen. 

Mitten hinein in den Nahost-Konflikt 

Der Ort des mutmaßlichen Mordes, Istanbul, ist dafür entscheidend. Die Türkei und Saudi-Arabien finden sich in Fragen der Nahostpolitik auf gegnerischen Seiten wieder: In Syrien will Saudi-Arabien den Machthaber Baschar al Assad und den schiitischen Einfluss des Iran zurückdrängen. Die Türkei kann sich mit Assad arrangieren, sofern es in den Kurdengebieten ruhig bleibt. Die Türkei und Israel sind zerfallen, Saudi-Arabien rückt näher an die Seite von Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und soll in den Plänen von US-Präsident Donald Trump eine Schlüsselrolle im Palästinakonflikt spielen. Saudi-Arabien hat das Emirat Katar isoliert und blockiert, die Türkei hilft mit einer Luftbrücke und unterhält dort einen Militärstützpunkt. 

Andererseits befindet sich die Türkei in einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise. Investitionen oder Kredite aus der arabischen Welt wären ein Rettungsanker. Die Türkei bezieht zwar nur knapp 10 Prozent ihrer Rohöleinfuhren (insgesamt 25 Millionen Tonnen) aus Saudi-Arabien, aber fast ein Drittel aus dem Iran. Wenn die USA mit verschärften Iran-Sanktionen Ernst machen, könnten diese Lieferungen gefährdet sein. Und für diese Ausfälle könnte am ehesten Saudi-Arabien Ersatz beschaffen. Gegenüber den USA hat die Türkei gerade den umstrittenen evangelikalen Pastor Andrew Brunson frei gelassen. Im Gegenzug wollen die USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium wieder aufheben. Wenn die Türkei weiterhin hauptsächlich aus dem Iran importiert, obwohl das Land von den USA sanktioniert wird, dürften neue, wesentlich schärfere US-Strafsanktionen fällig werden. Die Türkei steckt in einem Dilemma: Konfrontiert sie Saudi-Arabien zu hart, könnte sie die eigene Notlage verschärfen. 

Die Verstrickungen von Donald Trump

Ähnliches gilt für die USA, denn schließlich arbeitete Jamal Khashoggi für eine der angesehensten Zeitungen des Landes. Der Mord hat Empörung in Washington ausgelöst. Trump selbst hat Strafen angedroht, wenige Tage später aber die Unschuldsvermutung für das saudische Königshaus gefordert. Der Bericht von Außenminister Mike  Pompeo, der vor wenigen Tagen in Riad war, steht noch aus. Trumps private Geschäftsbeziehungen zu Saudi-Arabien geraten in den Fokus. Zum ersten Mal treibt diese Affäre einen Keil zwischen ihn und die republikanische Partei. Parteigrößen wie Lindsey Graham, Marco Rubio und Bob Corker kritisieren den Präsidenten öffentlich für dessen zu weiche Reaktionen. Und das drei Wochen vor den entscheidenden Midterm-Wahlen.

Für Trump steht viel auf dem Spiel. Er will Saudi-Arabien zu einem Eckstein seiner Nahostpolitik machen und sieht in dem Kronprinzen Mohammed bin Salman einen seiner engsten Verbündeten. Trumps erste Auslandsbesuch galt Riad. Zusätzlich hat Trump sich mit Rüstungsaufträgen in Höhe von 110 Milliarden US-Dollar gebrüstet. Saudi-Arabien kontrolliert als größter Ölexporteur den Weltmarktpreis für Rohöl. Wenn Saudi-Arabien die Förderung drosselt, könnte der Preis wieder in dreistellige Höhen schießen, zumal Trump sämtliche Lieferungen aus dem Iran blockieren will. Das aber wäre Gift für die Wirtschaftskonjunktur und damit für Trumps Anspruch, die US-Wirtschaft in Gang gebracht zu haben. Vor allem so kurz vor dem Wahltermin käme dies ungelegen.

Wer war Jamal Khashoggi?

Mit was für einem Land sich der US-Präsident sich einlässt, wird deutlich, wenn man den Fall Khashoggi näher betrachtet. Khashoggi war Journalist, der eine namhafte Tageszeitung in Saudi-Arabien geleitet hatte: Al Watan galt als regierungsnah, aber religionskritisch. Er wurde seines Postens enthoben, nachdem er salafistische Autoritäten kritisiert hatte. Der Großmufti und die Religionspolizei fochten einen erbitterten Streit gegen seine Zeitung. Es gab Aufrufe zum Mord. Die Zeitung zu kaufen galt als Sünde. 

Khashoggi wurde 2003 als Chefredakteur abgesetzt und erhielt Berufsverbot. 2007 erhielt er seine alte Position zurück und übte sie bis 2010 aus. 2017 ging Khashoggi freiwillig ins Exil in die USA.

Er hatte als Journalist mehrfach Osama bin Laden interviewt. Er kannte den islamistischen Terrorismus, seine Wurzeln und seine Gönner. Zwischen 2003 und 2007 diente Khashoggi als Berater des saudischen Botschafters in Washington, Prinz Turki al Faisal. Dieser war zuvor fast 30 Jahre lang Chef des allmächtigen und ominösen saudischen Geheimdienstes (Muchabarat) gewesen. 

Jamal Khashoggi ist ein Neffe des berüchtigten Adnan Khashoggi, eines der mächtigsten und reichsten Waffenhändlers. Zwischen 1960 und 1990 galt dieser als der reichste Mann der Welt. Ein gemeinsamer Vorfahr war Leibarzt von Abdulaziz ibn Saud, dem Gründer der heutigen saudischen Dynastie. Er war also bestens vernetzt und hatte Zugang zu den innersten Zirkeln der Macht.

Khashoggi übte deutliche Kritik nicht nur am Islamismus, sondern auch an den Herrschaftsmethoden des saudischen Königsclans. Seit 2017 schrieb er für die Washington Post.

Was passierte im Konsulat?

Regierungsnahe türkische Medien berichten gräuliche Details der letzten Minuten in Khashoggis Leben. Sie werden von staatlichen Stellen mit diesen Informationen versorgt. Danach gibt es Audio- und Videobeweise, wie Khashoggi gefoltert und bei lebendigem Leib zerstückelt worden sei. Sie berichten, dass am 2. Oktober zwei Sondermaschinen aus Riad einflogen. 15 Personen begaben sich direkt ins Generalkonsulat. Unter ihnen konnten vier Personen als Leibwächter des Kronprinzen Mohammed bin Salman identifiziert werden. Zudem sei der Chefpathologe des Innenministeriums, Dr. Salah al-Tubaigi, mit eingeflogen. Er habe eine Knochensäge bei sich gehabt. Alle 15 haben das Generalkonsulat wenige Stunden vor Khashoggi betreten, kurz darauf wieder verlassen und sind am gleichen Tag zurückgeflogen. So wird diese Mordgeschichte in immer schauerlicheren Einzelheiten bekannt, ohne dass sich die türkische Regierung offiziell äußert. Nur Präsident Recep Tayyip  Erdogan sagte, man habe Spuren von Gift im Generalkonsulat gefunden.

Am 16. Oktober wurden die Räume des Generalkonsulates von türkischen und saudischen Ermittlern gemeinsam durchsucht. Es stellte sich heraus, dass sämtliche Räume gründlich gereinigt und in mehreren Zimmern die Wände frisch gestrichen waren.

Zunächst behauptete die saudische Regierung, Khashoggi habe das Gebäude gesund und mit den gewünschten Dokumenten verlassen. Erst als klar wurde, dass diese Version völlig unglaubhaft ist, verbreitete Riad eine neue Version: Man habe Khashoggi verhören wollen, das Verhör sei außer Kontrolle geraten und Khashoggi unabsichtlich zu Tode gekommen. Kein Angehöriger des Königshauses habe etwas davon geahnt.

Was war das Motiv?

Was bis heute vor allem Rätsel aufgibt, ist das Motiv der mutmaßlichen Täter. Khashoggi mag den Autoritäten in Riad lästig gewesen sein. Er vermochte aber nicht die offizielle Politik in Washington zu beeinflussen. Seine Beiträge in der Washington Post fanden bei arabischen Lesern kaum Widerhall, sie konnten die politische Stabilität Saudi-Arabiens nicht bedrohen. Oder wusste er zu viele über Korruption, Verschwendung, Repression und lasterhaftes Treiben in der politischen Elite, über verdeckte Beziehungen zu Salafisten, Islamisten, Terroristen? Weshalb aber bringt man ihn dann so spektakuklär um, an einem Ort, wo sich die Spuren nicht verbergen lassen? Wer ihn töten wollte, hätte dies geschickter tun können: ein Raubmord, ein vorgetäuschter Verkehrsunfall, Gift, ein einsamer Auftragskiller. Weshalb diese barbarische Methode, deren Spuren sich vor forensischen Experten niemals verwischen lassen? Weshalb in einem Gebäude, das rings von Videokameras umgeben ist und das vermutlich auch im Inneren Überwachungseinrichtungen enthält? Alles deutet darauf hin, dass man in der Türkei sehr genau wusste, was innerhalb des saudischen Generalkonsulats vor sich ging. Man kann diese Erkenntnisse allerdings nicht öffentlich verwerten, weil sie auf illegale Weise erworben wurden. Deshalb der Ansatz, die Medien zu informieren, sich selbst aber bedeckt zu halten.

Bisherige Erkenntnisse lassen nur drei Hypothesen zu: Entweder Saudi-Arabiens Kronprinz bin Salman hat diesen Mord in dieser Form befohlen. Oder er hat Worte gesagt wie „Schafft mir diesen Kerl vom Halse!“ und übereifrige Mitarbeiter haben dies als Befehl aufgefasst. Oder hochrangige Kleriker haben Mitarbeiter des Kronprinzen für sich gewonnen und diese Tat vollbringen lassen, um den als reformfreudig und religionsfern geltenden Kronprinzen irreparabel zu beschädigen. Alle drei Hypothesen werfen ein beängstigendes Licht auf das Regierungssystem des Landes. 

Sind dem Westen die Hände gebunden?

Kein Wunder, dass die politischen Wellen hochschlagen. Rufe nach Sanktionen, nach Bestrafung werden laut. Das Problem ist: Saudi-Arabien ist nicht nur ein hochgerüsteter, sondern vor allem ein unvorstellbar reicher Staat. Auf dieses Geld schielen viele. Kronprinz bin Salman plant Investitionen von mehr als 500 Milliarden US-Dollar im eigenen Land, er investiert in viele Unternehmen, die ohne sein Geld nicht expandieren könnten, zu denen pikanterweise auch welche aus Trumps Immobilienimperium gehören. Man muss nicht so kaltschnäuzig wie Joe Kaeser von Siemens auftreten, der sagte, wenn er Kontakt mit Ländern vermeiden wolle, in denen Menschen verschwinden, müsse er zuhause bleiben. Kaeser war schon vorher aufgefallen durch ausgeprägte Liebedienerei gegenüber Männern wie Trump oder auch Russlands Präsident Wladimir Putin. 

Aber er hat in einem Punkt Recht: Es macht wenig Sinn, sich rhetorisch aufzuplustern, aber Krallen und Schnabel einzuziehen. Empörung ist keine Politik. Ein deutscher Satiriker hat nicht Unrecht: Weshalb sich über einen barbarischen Mord im Ausland aufregen, wenn öffentliche Enthauptungen, das Abhacken von Händen oder Auspeitschungen innerhalb Saudi-Arabiens an der Tagesordnung sind? Wie weit sind wir bereit, unsere Empörung in handfeste Entscheidungen zu übersetzen, die auch uns selbst weh tun können? Und was bewirken wir damit in der saudischen Gesellschaft? Wird diese sich nicht dann eher hinter den traditionellen Strukturen scharen? Dissidenten verschwinden in China und der britische Geschäftsmann Neil Haywood.  Russland lässt Gegner in Großbritannien mit Polonium und Novitschok vergiften. Der Westen hat nach dem Attentat auf Sergej Skripal russische Diplomaten ausgewiesen, sonst aber weitgehend auf business as usual gesetzt. Warum? Weil Russland ein Akteur ist, den man weder ignorieren noch isolieren kann. 

Die Politik des Möglichen

Was für Optionen hat der Westen Saudi-Arabien gegenüber? Auch hier könnten Diplomaten ausgewiesen werden. In jedem Fall dürfen Räume, in denen ein solches Verbrechen vermutet wird, keine diplomatische Unverletzlichkeit beanspruchen. Sollten die türkischen Ermittler Spuren gefunden haben, müsste das gesamte Generalkonsulat akribisch durchsucht werden. Saudische religiöse Propaganda lässt sich nicht von politischer Propaganda trennen. Sie sollte stärker eingedämmt und schärfer kontrolliert werden. Waffenverkäufe an Saudi-Arabien sollten überprüft werden – allerdings mit der realpolitischen Einsicht, dass Saudi-Arabien die Waffensysteme, die es im Westen nicht erhält, leicht in Russland kaufen kann. Kronprinz bin Salman war als erstes Mitglied der saudischen Königsfamilie mehrfach in Moskau. 

Saudi-Arabien war immer schon ein unpassender Partner für einen Westen, der auf liberale Werte und demokratische Strukturen setzt. Politik, vor allem Außenpolitik, muss einen Balanceakt vollbringen zwischen dem Wünschbaren und dem Möglichen. Es geht in der Politik, vor allem in der Sicherheitspolitik, weniger darum, das Bessere zu fördern, als das Schlimmere zu verhindern. Das strategische Ziel muss sein, Saudi-Arabien auf einen Reformkurs zu bringen ohne die innere Stabilität zu gefährden. Nach den Erfahrungen in Afghanistan, im Irak und in Libyen sollte jeder wissen, dass die Alternative zu einer Despotie nicht zwingend Demokratie ist. Ein Staatszerfall und Chaos in Riad und Jedda wäre noch fürchterlicher als das gegenwärtige Regime.

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Robert Flag | Fr., 19. Oktober 2018 - 09:04

Kashoggi war ein aktiver Unterstützer der Muslimbruderschaft. Das sollte nicht unerwähnt bleiben und man sollte ihn jetzt nicht zum Helden und Märtyrer machen. Er hat sich jahrelang für die Verbreitung des politischen Islam eingesetzt.
Das rechtfertigt natürlich keinen Mord, erklärt aber unter anderem Trumps Verhalten.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 22. Oktober 2018 - 15:51

Antwort auf von Robert Flag

aufwarten, dass der Countdown für Saudi-Arabiens Königshaus begonnen hat oder glaubte das wirklich, es dürfe sich als legitimiertes Haus der Wahabiten verehren lassen?
Politischer und fundamentaler Islam baut am Gottesstaat oder irre ich?
Was sind da Könige....
Geht es in diese Richtung, wäre es sinnlos, einen Prinzen zu ermorden, denn man will ja evtl. gegen diese "mobilmachen".
Dann trifft es auch schon mal einen, der sich davor sicher fühlte?
Von ganz weitem

Romuald Veselic | Fr., 19. Oktober 2018 - 09:48

Andrew Brunson frei gelassen. Nach wessen u. welchen Kriterien ist der Pastor umstritten? Dann müssen auch alle islamischen Geistlichen hierzulande umstritten sein.

Ein deutscher Satiriker hat nicht Unrecht: "Weshalb sich über einen barbarischen Mord im Ausland aufregen, wenn öffentliche Enthauptungen, das Abhacken von Händen oder Auspeitschungen innerhalb Saudi-Arabiens an der Tagesordnung sind? Wie weit sind wir bereit, unsere Empörung in handfeste Entscheidungen zu übersetzen, die auch uns selbst weh tun können?"
Eben das ist die Kalkulation der Saudis. Sie kennt in-und-auswendig dass berechenbare Wischiwaschi-Denken der "Westler", die eigenem Hedonismus ungestört frönen wollen. Wobei wenn man zusammen geschlossen gegen die Saudis vorgehen würde, wären die innerhalb eines Quartals am Boden und uns ein Ölbarrel für 10 Cent verkaufen werden.

Marie Werner | Fr., 19. Oktober 2018 - 11:02

Deutschland soll mal die Empörungswelle flach halten. In fast allen arabischen Ländern herrscht Unterdrückung, Todesstrafe, Folter...
In Deutschland herrscht durch das Staatsversagen die Ignoranz aller Opfer von Vergewaltigung, Mord und Terror etc..
Wo liegt denn da der Unterschied?

gabriele bondzio | Fr., 19. Oktober 2018 - 11:06

und dem Möglichen."...es ist schon richtig, dass deutsche Diplomaten des öfteren Mörderhände schüttelten und schütteln werden. Der derzeit überhöht gefahrene, moralische Beschuss, der Bürger (in Folge Flüchtlingspolitik), erweist sich bei solchen Ereignissen als Bumerang. Und das ist auch richtig so. Denn wenn man humanistisch begründete Ethik, in den Focus stellt, sollte man sich daran auch messen lassen können. Andererseits ist unzweifelhaft und an Hand vieler Beispiele nachweisbar, eine demokratische Lebenspraxis ist nicht zu exportieren. Bestes Beispiel ist der Krieg in Afghanistan seit 2001. Wünschenswert wäre auch keine weitere Instabilität im nahen Osten/Afrika. Weil hier weitere, große Fluchtbewegungen ausgelöst werden können. Hier ist diplomatisches Geschick gefragt.

Thorsten Rosché | Fr., 19. Oktober 2018 - 11:08

Schlicht gesagt. Wir können und werden uns mit keinen Staat der Welt anlegen. Außer dem Werfen von Wattebäuschchen - die wir aber möglichst schnell wieder einsammeln bevor sie noch entdeckt werden- vom Handelspartner.

Kostas Aslanidis | Sa., 20. Oktober 2018 - 07:31

Antwort auf von Thorsten Rosché

"Freiheitskämpferin" Merkel aber an. Da spielen Verluste keine Rolle. Wenn der Befehl in einem besetzten Land so lautet.

Jürgen Lehmann | Fr., 19. Oktober 2018 - 11:12

Die westliche Welt ist ein Irrenhaus geworden, wenn die Ermordung - oder Vergiftung - EINZELNER Personen bereits zu Staatskonflikten führt.
US-Strafsanktionen und ähnliche schwachsinnige Aktionen machen die Welt nur noch unsicherer.

Auch wenn die SAUDIS ein hochgerüsteter; und unvorstellbar reicher Staat sind, müssten hier schon seit längerer Zeit Aktivitäten des Westens gegen das extrem islamistische Staatsgebilde erfolgen.
Jetzt noch zu versuchen Saudi-Arabien auf einen Reformkurs zu bringen klingt sehr nach westlicher Phantasie
Ob ein Staatszerfall noch fürchterlicher wäre, als das gegenwärtige Regime, ist kein Grund mit diesem Land extreme „KAPITALISTISCHE“ Geschäfte zu tätigen, die dann zu einer Abhängigkeit führen.

Michael Murmurachi | Fr., 19. Oktober 2018 - 11:39

Gut dargestellt sind mögliche Interessen und deren Vertreter um die vermutete Ermordung Khashoggis. Die Türkei könnte dabei ein doppeltes Spiel spielen, wenn sie angeblich harte Beweise bis heute nicht vorgelegt hat. Interessant ist, dass Saudi-Arabien wohl einer Untersuchung des Generalkonsulats durch den „Gegner“ Türkei zugestimmt hat. Nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) – ein völkerrechtlicher Vertrag – ist das Konsulatsgelände unverletzlich, wenn auch kein exterritoriales Gebiet. Ohne Zustimmung Saudi-Arabiens wäre die Untersuchung nicht möglich gewesen.

Das, und die im Beitrag geäußerte Möglichkeit einer Beteiligung hochrangiger Kleriker, könnten für eine Entlastung der saudischen Regierung angeführt werden. Solange die Türkei die angeblich zweifelsfreien Beweise zurückhält, bleiben Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Das wird wohl auch für den Fall gelten, dass die Beweise nur eine Erfindung sind, um daraus politisches Kapital zu schlagen…

Armin Latell | Fr., 19. Oktober 2018 - 13:06

unser Maas Mänchen ja ein guter Diplomat, hat es sich doch für Äußerungen seines Vorgängers bei den Saudis entschuldigt. Jetzt dürfen wir bestimmt wieder Waffen und sonstige Technik dorthin verkaufen, man wird über das Finanzieren von Terroristen in Europa und die intensiven Versuche der Islamisierung hier großzügig hinwegsehen. Michael Moore: Ein Kapitalist wird Dir noch den Strick verkaufen, an dem Du ihn dann aufhängst, wenn der damit was verdient.

Wolfgang Tröbner | Di., 23. Oktober 2018 - 10:33

Antwort auf von Armin Latell

Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan des Herrn Augstein. Bezüglich des Auftretens deutscher Politiker, insbesondere von Maas, im Zusammenhang mit der Khashoggi-Ermordung kommt er aber zu einigen mehr als deutlichen Statements. "Was tun deutsche Politiker? Das, was sie am besten können: erst reden und dann nichts" und "Maas ist ein Außenministerdarsteller"(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-deutsche-aussenpol…)

Christa Wallau | Fr., 19. Oktober 2018 - 13:17

Der Fall dieses Journalisten zeigt: Seit der Antike und dem Mittelalter hat sich zwar die Zivilisation
enorm entwickelt und geändert, keineswegs jedoch der menschliche Charakter.
Machthaber, sind nicht und werden niemals s o sein, wie Phantasten und Illusionisten sie sich wünschen. Motto: "Wenn wir nur mit Freundlichkeit und Gerechtigkeit vorangehen, können wir die Welt verbessern!"
Die schieren Fakten, welche die menschliche Natur vorgibt, ignoriert die deutsche Politik in Person der Pfarrerstochter A. Merkel (sowie fast aller im Bundestag vertretenen Partei-Politiker) sträflich. Besonders die Grünen und Linken tun sich hier unrühmlich hervor.
Realisten sehe ich nur noch bei der FDP, der AfD
und der CSU. In den ehemaligen "Volksparteien"
sind sie so gut wie ausgestorben.
Wie "schief gewickelt" Merkel in dieser Hinsicht ist, zeigt gerade wieder ihr Beharren auf gemeinsamem Handeln der EU-Staaten in der
Migranten-Frage. Ihre Wunschvostellungen werden sich n i e erfüllen!

Klaus Schmid | Fr., 19. Oktober 2018 - 14:33

Hier geht es nicht um Kashoggi, sondern um eine geplante Demonstration "wir machen immer und überall was wir wollen, und ihr seid zu schwach um daran etwas zu ändern".

Dietrich Paul Kurtenbach | Fr., 19. Oktober 2018 - 16:27

Es gibt keinerlei Möglichkeiten als der Protest, falls dieser Mann in dem und durch das Konsulat umgekommen ist.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 22. Oktober 2018 - 16:20

Antwort auf von Dietrich Paul …

wenn ein Journalist auf "türkischem Boden" des "Herrschers" Erdogan ermordet wird?
Welchen Sinn würde es für Saudi Arabien machen, ihn zu exekutieren?
Der Mann hatte schon ein gewisses Alter.
Nein, ich tippe darauf, dass es darum geht, Saudi Arabien unter Druck zu setzen, genehme Politik zu machen.
Für wen, weiss ich aber nicht.
Das wird man sehen, sobald Saudi Arabien keine Wahl mehr hat, dem Druck stattzugeben.
Manche Menschen spielen auch noch im hohen Alter mit einer "Modelleisenbahn", andere mit Regierungen.
So what.
Der Nahe Osten sollte mit dem Krieg spielen aufhören und stattdessen seinen Einfluss stabilisieren und sichern.
Lächerlich anzunehmen, dies gelänge durch das "Wegputschen" der tradierten Herrscherhäuser.
Die Stabilität Englands ruht nicht zuletzt auf seinem Königshaus.
Die der Araber wären weniger wert?

Gerd Steimer | Fr., 19. Oktober 2018 - 16:49

und nach kurzer Schamzeit wieder business as usual reichen nicht aus, im Gegenteil, sie bestärken die Saudis letzendlich und bewirken nichts. Natürlich muss Augenmaß gewahrt werden, aber die Reaktionen müssen für das saudische Königreich für Jahre schmerzhaft sein. Der Schmerz muss zumindest so deutlich sein, dass sich dort grundlegend etwas ändert. Sicherlich bald gelieferte Sündenböcke dürfen nicht anerkannt werden. Vielfach gemachte Relativierungen mit anderen bestialischen Taten sind kontraproduktiv, es gibt immer irgendwo schlimmeres.

Andrèe Bauer | Fr., 19. Oktober 2018 - 18:22

Es wird spekuliert und die türkischen Zeitungen, alle inzwischen regierungsnah, veröffentlichen per Salami Taktik immer mehr grausige Details. Wobei alle anderen sich rein auf die Erzählungen der türkischen Regierung verlassen müssen. Das Tape halten diese schön unter Verschluss und es gibt sich widersprechende Informationen. Wenn alle Klarheit wollen, warum wird Erdogan nicht aufgefordert diese scheußliche Aufzeichnung unabhängigen internationalen Experten zur Prüfung zu übergeben? Nur damit kann zumindest teilweise Klarheit in diese widerwärtige Affäre gebracht werden.

allerdings ist es schon erstaunlich, dass die Türkei mit der Bekanntgabe der angeblichen Audio und Videobeweise zugibt, in einem Konsulat Abhör und Beobachtungsinstallationen zu betreiben.

Michaela Diederichs | Fr., 19. Oktober 2018 - 21:53

Warum übergibt die Türkei ihre Beweise nicht einer unabhängigen Untersuchungskommission? Das bleibt so unerklärlich wie dieser dilettantische Mord, der ja aber irgendwie auch wieder zugegeben wurde mit sehr bizarren Begründungen. Persönlich halte ich eine Bewertung aus der westlichen Welt immer für problematisch. Menschen anderer Kulturen ticken einfach anders. Wir legen immer unsere Wertmaßstäbe an. Die gelten für uns. Hand, Fuß, Kopf abhacken, steinigen sind normal bei den Saudis. Niemand plustert sich deswegen auf. Andere Länder, andere Sitten. Mein Gedanke: Erdogan behält seine Beweise für sich als Druckmittel, damit der Rettungsanker ggf. ausgeworfen werden kann und dann auch hält.

Fritz Gessler | Fr., 19. Oktober 2018 - 23:35

seit 100 jahren. mit hilfe grossbritanniens eingesetzt, mit hilfe der USA bis heute gehätschelt und gepflegt.
SA ist der schurkenstaat numero 1 - 100mal schlimmer als der iran.
das grosse problem mit allen menschenrechtlern, ob linken oder rechten ist leider: sie sind alle bestechlich.
würde das assad-regime in syrien sich nur ein zehntel der verbrechen und institutionellen unterdrückungsmassnahmen jemals erlaubt haben, der schrei nach intervention - 'bombardiert mekka!' wäre in EUSA ohrenbetäubend.
so aber? lahmste ausreden: bloss nicht den prinzen provozieren, sonst wird es noch schlimmer...
der haarsträubende barbarische foltermord an khashoggi ist tatsächlich der prüfstein für die aufrichtigkeit im kampf gegen islamistischen terror. auch für CICERO.

Jacqueline Gafner | Sa., 20. Oktober 2018 - 10:26

einschliesslich des Umstands, dass der mutmasslich in bestialischer Art ermordete Journalist sich anscheinend mutterseelenallein in das Konsulat von Saudi-Arabien in Istanbul begeben hat. Wer in einem Unrechtsstaat dieses Typs - stellvertretend für viele weitere rund um den Erdball sei hier nur der Iran genannt - nicht nur aufgewachsen ist und über Jahre gelebt hat, sondern da auch als Regimegegner gilt, müsste doch ein Mindestmass an Sicherheitsvorkehrungen treffen, bevor er sich in eine entsprechende "Schlangengrube" vorwagt, oder nicht? Und was die Aussenpolitik des Westens allgemein angeht, so scheint die in vordester Linie durch eigene Wirtschaftsinteressen getrieben zu sein; alles, was darüber hinausgeht, ist im besten Fall nur Beilage, selbst sicherheitspolitische Erwägungen mit eingeschlossen. Nein, Empörung ist bzw. ersetzt keine Politik, Geld scheffeln um jeden Preis indessen auch nicht, selbst wenn es angeblich nicht stinkt. Tut es eben doch, wie das krasse Beispiel zeigt.

Justin Theim | So., 21. Oktober 2018 - 11:37

Hören Sie doch auf mit dieser Hyperempörung! Kashoggi ist nicht ein zweiter Jesus Christus, der gekreuzigt wurde!
Ein Mord, ja, ein wahrscheinlich politischer sogar, ja, und sonst? Ist dieses Opfer mehr wert als die Frauen und Männer zusammen, die durch Messer in Freiburg, Kandel, Chemnitz und sonstwo umgekommen sind? Sind diese Morde nicht auch ideologisch-religiös-kulturell motiviert?

Ist die möglicherweise angeordnete Tat der Saudis verwerflicher als die politische Willensbildung der Merkel-Regierung, potentielle Terroristen und Mörder ungeprüft in unser Land zu lassen, mit den allseits bekannten Ergebnissen?

Ich sage nein! Menschenrechte sollen immer nur für andere gelten, deshalb sind sie nichts anderes als ein neues Hegemonialinstrument, mit dem man die eigene Bevölkerung genauso wie andere Staaten kujonieren kann.

Das soll diese abscheulichen Morde nicht entschuldigen. Wer jedoch darauf mit politischer Hypermoral reagiert, ist ein Heuchler!

Reinhold Schramm | Mo., 22. Oktober 2018 - 06:52

Wurde der Abtrünnige auf religiöse Weise hingerichtet, bei lebendigem Leib? Ist es im Islamischen Staat Saudi-Arabien nicht üblich, das auch Straftäter und kleine Diebe, die Gliedmaßen bei lebendigem Leib amputiert werden. Das sie auch mit dieser Strafe, auf der feudal-rechtlichen Grundlage der Auslegung der religiös-islamischen ''Scharia'', vorsätzlich körperlich bei vollem Bewusstsein verstümmelt werden.

Wäre es nicht auch in Deutschland an der Zeit, alle vom Islamischen Staat Saudi-Arabien mitfinanzierten Einrichtungen zu schließen und auch deren Vermögen aus feudal-religiösen Stiftungen und aus Privatvermögen der saudischen Finanziers zu beschlagnahmen.

Sieht hier nicht die deutsche Justiz und die Parlamentsmehrheit und Bundesregierung ihren (überfälligen) dringenden Handlungsbedarf?

PS: Alles nur Spekulation und ''Verschwörungstheorie'' gegen den (feudalen) ISLAM der Islamischen Monarchie? - und Geschäftspartner der Deutschen Wirtschaft.

Detlev Bargatzky | Mo., 22. Oktober 2018 - 15:23

Angriffs- und Vernichtungskrieg der Saudis im Jemen mit 100 Tausenden von Opfern gegen den Mord an 1 (in Worten: an einem) Journalisten?

Mit Sicherheit kein Grund zur Aufregung oder gar Stopp von Waffenlieferungen, oder? So ein Journalist ist doch bestimmt viel wertvoller als 100'000 Einwohner des Jemen.

Angesichts solcher Gegensätze und deren politische Folgen kann ich weder die deutsche Bundesregierung, noch die deutschen Medien auch nur noch ansatzweise ernst nehmen!

Die sollten sich alle in Grund und Boden schämen!

Guido Schilling | Mo., 22. Oktober 2018 - 19:38

Wen kümmert es wenn in Deutschland ein/e Deutsche/r gewaltsam zu Tode kommt?? Keine Sau. Kein Konzert, keine aufs äußerste empörte Verurteilung.
Aber wenn im Orient in reaktionären, autokratischen Staaten etwas abgeht, fühlen wir uns (der gute Westen) berufen das Geschehene zu verurteilen. Haben wir keine eigenen Probleme, die endlich gelöst werden müssten?

Reinhold Schramm | Di., 23. Oktober 2018 - 12:38

ISLAM, Scharia und Knochensäge im Einsatz.
Demnächst auch in EU und Deutschland gegen ungläubige Männer und Frauen? -- Kommt jetzt auch zunehmend die Rolle rückwärts ins feudal-religiöse Mittelalter, um Jahrhunderte vor der frühbürgerlichen Aufklärung im 18. Jahrhundert in Europa zurück.

Frank Rech | Di., 23. Oktober 2018 - 14:04

und Politik noch viel weniger. Das sind dann die "Werte". Im Moment spielt man Empörung, aber in 2 Wochen sieht das Ganze wieder anders aus.
Es könnte nur sein, daß die Saudis irgendwann nicht mehr mitspielen.