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Konflikt um die Krim - Ukraine in die Nato!

Halbherzige Sanktionen können Wladimir Putin in seinem Expansionsdrang nicht beeindrucken. Es ist höchste Zeit für Maßnahmen, die ihm wirklich wehtun: eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und der Ausbau amerikanischer Erdgasexport-Kapazitäten. Ein Kommentar

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Malte Lehming ist Autor und Leitender Redakteur des Berliner "Tagesspiegels".

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Es gibt nur zwei Dinge, unterhalb der Schwelle einer offenen Aggression, die Wladimir Putin in seinem Zugriff auf fremdes Territorium beeindrucken würden. Erstens: eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Zweitens: der massive Ausbau amerikanischer Erdgasexport-Kapazitäten. Das wären klare, mittelfristig wirksame Maßnahmen, die der russischen Regierung zumindest die Ernsthaftigkeit der Lage vor Augen führen könnten.

Hingegen sind Sanktionen wie Visa-Einschränkungen, G-8-Absagen oder das Einfrieren von Konten eher vom Willen gekennzeichnet, überhaupt etwas zu tun, als von der Notwendigkeit einer strategischen Neuausrichtung der westlichen Russlandpolitik motiviert. Ohne aber mit einer solchen zu drohen, kann sich Putin weiter im Glauben wiegen, ein Anschluss der Krim werde letztlich ebenso geduldet wie 2008 die Abspaltung von Ossetien und Abchasien.

Die Ukraine war 1995 das erste Land aus der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), das in das Nato-Programm „Partnership for Peace“ aufgenommen wurde. Seit Januar 2008 ist es ein Kandidat für den „Membership Action Plan“. Auf dem Nato-Gipfel in Bukarest, nur drei Monate später, wurde jedoch das Angebot einer Nato-Mitgliedschaft – insbesondere wegen des Widerstands von Frankreich und Deutschland – auf Eis gelegt.

Deutliches Signal an Moskau
 

Mit dem Wahlsieg von Viktor Janukowitsch im Jahre 2010 änderte dann auch die Ukraine ihr Verhältnis zur westlichen Verteidigungsallianz. Im Juni desselben Jahres beschloss das Parlament in Kiew, das Ziel einer Nato-Mitgliedschaft nicht weiter zu verfolgen. Zuvor hatte Putin ein Ultimatum gestellt: Sollte die Nato die Ukraine als Mitglied aufnehmen, würde Russland die Krim und die Ost-Ukraine annektieren.

Höchste Zeit also, den Spieß jetzt umzukehren und Moskau deutlich zu signalisieren: Sollte Russland die Krim und/oder die Ost-Ukraine annektieren, würde die Nato mit der neuen Regierung in Kiew über ein beschleunigtes Aufnahmeverfahren mit dem Ziel einer Vollmitgliedschaft verhandeln. Zwar äußerte sich die Mehrheit der Ukrainer in früheren Befragungen diesbezüglich mehrheitlich skeptisch bis ablehnend, doch dürfte sich diese Haltung sowohl aufgrund der jüngsten Ereignisse als auch wegen des Fehlens der russophilen Kräfte in der Krim und der Ost-Ukraine bei einem möglichen Referendum geändert haben.

Als zweite Maßnahme muss die Abhängigkeit vom russischen Erdgas verringert werden, durch die Länder wie die Ukraine, aber eben auch Deutschland, im hohen Maße erpressbar sind. Als Ersatz bietet sich Norwegen an, vor allem aber die USA. Amerikas Schiefergas-Revolution hat das Land zum Erdgas-Förderland Nummer eins gemacht. In einem gemeinsamen Brief an den Kongress haben in der vergangenen Woche Ungarn, Polen, die Slowakei und die Tschechische Republik eindringlich darum gebeten, die Kapazitäten für den Erdgas-Export auszubauen.

Doch noch beschleichen Barack Obama ökologische Skrupel gegenüber der Methode des „fracking“. Das „Foreign Affairs Committee“ des Repräsentantenhauses hat daher vor wenigen Tagen einstimmig eine Resolution verfasst, in der alle Schritte unterstützt werden, die die russische Energiedominanz in Europa vermindern und Exporte von amerikanischem Erdgas vergrößern. Die Bundesregierung – allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel und Energieminister Sigmar Gabriel – muss diesen Ball aufgreifen und schleunigst eruieren, wie sie die deutsche Energieabhängigkeit von Russland reduzieren kann. Sonst hat die Schande nie ein Ende, fortgesetzt jenen Bären zu füttern, dessen territorialer Appetit Europas Grenzen gefährdet.

 

 

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