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Barack Obama - No, he can't

Er ist angetreten, die Vereinigten Staaten von Amerika zu reformieren. Doch von seinen Plänen ist bisher nicht viel umgesetzt. Wie sieht die Reform-Bilanz des US-Präsidenten aus?

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Junge, Barbara

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Barack Obama nimmt am langen ovalen Tisch in der Mitte des Roosevelt Raums im Weißen Haus Platz. Im Rücken die Fahne der Vereinigten Staaten, um ihn versammelt die Spitzen der amerikanischen Versicherungswirtschaft und Gesundheitsexperten seiner Verwaltung, 20 Leute insgesamt. Es ist Freitagnachmittag, ein Tag nachdem der US-Präsident persönlich die Schuld an der endlosen Reihe technischer und formaler Probleme bei der Einführung der Gesundheitsreform auf sich genommen und Verbesserungen angekündigt hat. Mit einem hastig einberufenen Spitzentreffen versucht er nun wieder in die Offensive zu kommen. „Damit in den kommenden Jahren alle Amerikaner die bezahlbare Gesundheitsversorgung haben, die sie verdienen“, sagte Obama, „wollen wir das jetzt schaffen“.

Nur knapp zwei Kilometer Luftlinie entfernt tritt zur gleichen Zeit auf dem Capitol Hill das Repräsentantenhaus zusammen. Auf der Tagesordnung steht ein republikanischer Entwurf zur Aufweichung der Bedingungen für die künftig obligatorischen Krankenversicherungen. Und trotz des von Obama angedrohten Vetos stimmten 39 Demokraten für die Vorlage. Die muss noch durch den Senat, doch für den Präsidenten sind die Stimmen seiner eigenen Leute gegen sein eigenes Projekt auch jetzt schon eine PR-Katastrophe. Experten nennen das Repräsentantenhaus-Votum ein „verstörendes Zeichen“, wie das Wall Street Journal den früheren Clinton-Berater William Galston am Wochenende zitierte. Und Barack Obama ringt in diesen Tagen um mehr, als um seine Gesundheitsreform.

Welche Probleme hat Obama?

Die Gesundheitsreform - auch „Obamacare“ genannt – ist sein größtes Projekt und momentan auch sein größtes Problem. Das von Anfang an umstrittene Gesetzespaket ist bislang auf geringe Resonanz gestoßen. Zudem ist die Einführung von technischen Pannen begleitet. Für besonderen Unmut sorgt gegenwärtig, dass entgegen Obamas Zusage viele bereits versicherte US-Bürger ihre bestehenden Verträge aufgeben müssen und den Versicherungen zufolge unter Umständen teurere Policen abschließen müssen.

In diesem Sommer konnten die Amerikaner aber auch beobachteten, wie ihr Präsident durch die Syrien-Krise wie im Nebel manövrierte. Nicht rechtzeitig gesehen hat Obama auch, dass er seinen Favoriten für die Notenbank-Führung, Larry Summers, nicht gegen die massiven Widerstände im Kongress würde durchsetzen können. Im Haushaltsstreit war Obama zwar letztlich erfolgreich, eine Lösung der zugrunde liegenden Etat-Probleme jedoch ist mitnichten nicht in Sicht. Und die NSA-Affäre hat den Präsidenten inzwischen auch in den Vereinigten Staaten selbst viel an Glaubwürdigkeit gekostet. Nachdem durch Edward Snowden bekannt geworden war, in welchem Umfang die NSA die Kommunikation sowohl der Amerikaner als auch weltweit ausspäht, versprach der Präsident Aufklärung und Transparenz. Zwar sind inzwischen Gesetzesverschärfungen auf der Tagesordnung des Kongresses, aus dem Weißen Haus jedoch ist noch keine politische Initiative gekommen.

Schon frühe Versprechen konnte Obama nicht halten. Noch immer sitzen mehr als 150 Menschen im Gefangenenlager Guantanamo. Das Lager, bekannt geworden durch die Bilder von Häftlingen, die in orangefarbenen Anzügen hinter Metallzäunen leben müssen, wollte Obama innerhalb eines Jahres nach seiner ersten Wahl zum Präsidenten schließen. Zwar haben sich die Verhältnisse dort gebessert, eine Schließung aber ist nicht absehbar.

Als im Dezember 2011 ein Jugendlicher in der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown im Bundesstaat Connecticut ein Blutbad unter den Schülern anrichtete, versprach Obama, die Waffengesetze zu verschärfen. Der Verkauf sollte strenger kontrolliert werden, für Sturmgewehre strebt Obama nach schärferen Auflagen. Wie in vielen anderen Fragen, scheiterte Obamas Emmissär, Vize-Präsidenten Joe Biden, bislang am vehementen Widerstand der Republikaner. Per Verordnung, die keiner Kongresszustimmung bedürfen, setzte Obama nur eine Minimal-Version der Restriktionen durch.

Millionen Einwanderer warten auf die Einlösung Obamas Versprechens

Die politische Spaltung blockiert inzwischen auch das zweite große politische Reformwerk der Obama-Agenda. Schon, bevor er das erste Mal zum Präsidenten der USA gewählt wurde, versprach Obama ein großzügigeres neues Einwanderungsgesetz. Die Reform ist ohne Frage eines seiner größten Projekte, und sie gilt gleichzeitig als seine Herzensangelegenheit. Als etwas, woran sich Obama messen lassen will, wie er selbst sagte. Konkret sieht das Gesetz vor, den etwa elf Millionen illegalen Einwanderern schrittweise den Weg zur US-amerikanischen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Einem neuen Plan des Senats zufolge sollen die Einwanderer eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sich nach 13 Jahren einbürgern lassen können – sofern sie polizeilich nicht aufgefallen sind, ihre Steuern nachzahlen und sich erkennbar um Integration bemühen.

Davon würden besonders die vielen Latinos profitieren, die am schnellsten wachsende Minderheit im Land. Prognosen gehen davon aus, dass sie im Jahr 2050 knapp ein Drittel der amerikanischen Bevölkerung ausmachen. Aber schon heute haben sie viel Einfluss.

So wurde Obama auch deshalb wiedergewählt, weil er vor einem Jahr am Kongress vorbei einen kleinen Teil des Reformpaketes eigenmächtig in Kraft setzte. Demnach dürfen junge Immigranten mit Schulabschluss nicht mehr abgeschoben werden und erhalten das Recht, sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben. Diese Regelung wurde zunächst auf zwei Jahre begrenzt. Der Präsident hätte zwar unter Umständen die Möglichkeit, wieder im Alleingang eine Verlängerung anzustreben. Für eine umfassende und dauerhafte Gesetzesänderung aber ist er auf die Zustimmung des Kongresses angewiesen. Doch zu Beginn seiner zweiten Amtszeit sieht es nicht danach aus, dass er eine Chance bekommt, die Reform überhaupt durchsetzen. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, jedenfalls kündigte an, in diesem Jahr nicht mehr darüber abzustimmen – auch nicht über einen Kompromissvorschlag.

Die vorerst letzte große Einwanderungsreform wurde 1986 unter Präsident Ronald Reagan durchgesetzt. Obama wollte nun derjenige sein, der künftig für eine neue Einwanderungspolitik der USA steht. „Es ist an der Zeit, einen besseren Weg zu finden, die hoffnungsvollen Einwanderer in diesem Land willkommen zu heißen“, sagte der Präsident noch zu Beginn dieses Jahres. „Amerika ist für viele für immer noch das Land voller Möglichkeiten.“ Die Möglichkeiten für Obama, eines seiner wichtigsten Projekte doch noch durchzubringen, scheinen jedoch begrenzt zu sein.

Wie sehr glauben die Amerikaner noch an ihren Präsidenten?

Er steht an einem Wendepunkt seiner Präsidentschaft. „Yes, we can“, hatte Obama versprochen, als er die Amerikaner im Jahr 2008 davon überzeugte, nach den turbulenten Bush-Jahren – in denen der amtierende Präsident George W. Bush über den Irak-Krieg, die wachsende Schere zwischen arm und reich und eine strauchelnde Wirtschaft mehr und mehr an Glaubwürdigkeit verloren hatte – ihm das Vertrauen zu schenken. Doch kann dieser Präsident es wirklich? Das fragen sich nun mehr und mehr Amerikaner. Seit dem 1. Oktober und dem Inkrafttreten der ersten Stufe der Gesundheitsreform ist das Vertrauen des Volkes in den Präsidenten um zehn Prozentpunkte gefallen. 44 Prozent, weniger als die Hälfte der Amerikaner, trauen Barack Obama zu, seine politischen Versprechen auch zu halten. Nur noch 41,4 Prozent der Bürger sind generell mit der Leistung ihres Staatsoberhauptes zufrieden, ermittelte Rear Clear Politics als Durchschnitt jüngster repräsentativer Umfragen. Der bisherige Tiefpunkt für Obama hatte im Oktober 2011 bei 42 Prozent gelegen. In zwei Erhebungen sackte der Zustimmungswert für seine Politik sogar auf 39 Prozent ab. Wesentlicher Grund für die Kritik dürften die Probleme bei der Einführung der Gesundheitsreform sein.

Denn dass es Obama an Überzeugungen mangelte, behauptet in den USA niemand. Die Kompetenz jedoch, seine Vorstellungen auch in praktische Politik umzuwandeln, wird mehr und mehr kritisch gesehen. Und Barack Obama hat den Amerikanern genug Grund gegeben, daran zu zweifeln. Seit die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewonnen haben, ist der Präsident, der angetreten war, das Land über Parteigrenzen hinweg zur wirtschaftlichen Erholung zu führen, im „gridlock“, der parteipolitischen Blockade gefangen. Er selbst gibt sich betont entspannt, veröffentlicht auf seiner Facebookseite Bilder mit Familie und Hund. Die Kommentare darunter allerdings sind oft kritisch, manchmal hämisch. Von seinem Ziel, das Land zu einen, ist er dabei weit abgekommen. Politische Wegbegleiter beschreiben das, was das Land derzeit beobachten kann, beschönigend als „den aufrechten Gang“. Obama verfolge seinen politischen Ziele und lasse sich auf dem Weg nicht von ihnen abbringen. Man könnte es aber auch als Unfähigkeit beschreiben, die Realitäten anzuerkennen. Aus dem kraftvollen „Ja, wir können es“, ist, so wirkt es zumindest, inzwischen ein trotziges „Ich will aber“ geworden.

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