- Ex-Menschenrechtsbeauftragter Löning fordert DFB-Stellungnahme
Der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, schließt sich der Kritik an den geplanten Weltmeisterschaften in Russland 2018 und Katar 2022 an. Fußballfunktionäre hätten die „verdammte Pflicht und Schuldigkeit“, ihre Stimme gegen Menschenrechtsverletzungen zu erheben
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) organisiert Tausende von deutschen Fussballvereinen unter seinem Dach. Er vertritt Hunderttausende, wenn nicht Millionen Fußballspielerinnen und Fußballspieler in Deutschland. Er arbeitet für heißblütige Begeisterte und kühle Analytiker. Fußball ist ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft. Die Vereine machen wertvolle Jugendarbeit. Sie geben Jugendlichen Selbstwertgefühl, sie eröffnen Chancen für Kinder, die woanders wenig Perspektive haben. Die Trainer bringen Jugendlichen bei, diszipliniert zu trainieren und dass Anstrengung und Leistung sich lohnen. Fußball ist für sehr viele der Herzschlag unseres Landes. Fußballspieler und -vereine stehen in der Mitte der Gesellschaft.
Aus dieser zentralen gesellschaftlichen Rolle erwächst auch Verantwortung. Nicht nur für die Fußballspieler, mit denen sie arbeiten, sondern darüber hinaus. So wie Wolfgang Niersbach, Philipp Lahm und Joachim Löw sich vor der Euro 2012 in der Ukraine klar zu Demokratie und Meinungsfreiheit bekannt haben, müssen Spieler und Verantwortliche in den Vereinen auch sonst Stellung beziehen. Sie sind nicht willenlose Subjekte anonymer Fußballfunktionäre der FIFA, sondern Bürger mit eigenem Gewissen, mit eigener Meinung.
Die Olympischen Spiele in Sotschi haben gezeigt, wie ein autoritärer Herrscher den Sport und die zahlreichen hochrangigen Besucher zum eigenen Glanz missbraucht hat. Bundespräsident Joachim Gauck und zahlreiche andere europäische Staatsoberhäupter hatten aus gutem Grund mitteilen lassen, dass sie diese Spiele nicht besuchen würden. Sie wollten nicht die Bühnenstaffage in Putins Legitimationsshow sein.
Eine Ohrfeige für Trainer und Freiwillige
Diese Frage müssen sich alle Spieler und Vereinsverantwortlichen auch stellen. Ein Auslandsspiel ist etwas anderes als ein weltweit beachtetes Turnier. Wird Putin die WM 2018 dazu gebrauchen, sich auf der Weltbühne vom Blut, das in der Ukraine geflossen ist, reinzuwaschen? Wird die Herrscherfamilie in Katar die Spiele nutzen, um sein autoritäres Regime als modern und weltoffen darzustellen?
Es ist allerhöchste Zeit, dass auch die UEFA eine klare Position bezieht. Im Vorfeld der Euro 2012 ist Michel Platini allen Fragen nach Verantwortung für Demokratie und Menschenrechte ausgewichen. Sein Diktum, dass der Sport sich aus der Politik herauszuhalten habe, ist eine Ohrfeige für all die Trainer und Freiwilligen, die sich in den Fußballvereinen engagieren. Es ist ein sehr bitterer Hohn in den Ohren derjenigen, die in den russischen Gefängnissen sitzen, weil sie sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben, wenn Menschen aus freien Ländern sagen, diese Dinge würden sie nichts angehen.
Der DFB bezieht immer wieder Position. Der DOSB, der Deutsche Olympische Sportbund, sollte es ihm endlich nachmachen. Beide sprechen für Millionen von Aktiven, Mitgliedern und Zuschauern aus einem freien Land. Auch für mich. Sie haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihre Stimme zu erheben.
Der FDP-Politiker Markus Löning war von 2010 bis 2013 Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe.
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